Kämpfe in az-Zawiya / Türkei verhindert Krieg in Tripolis, um eigene Agenda nicht zu gefährden / Suspendierung des Bürgermeisters von Zintan / Keine Fortschritte bei Umsetzung des Plans der UN-Mission / Weiterhin keine Freilassung ehemaliger Dschamahiriya-Beamter und von Hannibal Gaddafi / Gesundheitsversorgung auf dem Nullpunkt: Krankenhäuser können wegen Mangels an medizinischem Material nicht mehr operieren / Beginn des neuen Schuljahres: fehlende Lehrer und mangelhafte Bildungsqualität / In zwei Jahren Neuverschuldung von 24 Milliarden EUR / Dollarisierung des Handels / 40 Prozent der Libyer unterhalb der Armutsgrenze / Öleinnahmen für korrupte Machenschaften verwendet / Kontrolle über das östliche Mittelmeer: Belt and Road oder East-Med-Pipeline / Trump-Berater Massoud Boulos vermischt politische Öl-Verhandlungen mit familiären Geldgeschäften
Kämpfe in az-Zawiya
+ In den frühen Morgenstunden des 24. Septembers kam es in der Nähe der Raffinerie von az-Zawiya zu Zusammenstößen zwischen der Security Threats Agency und der Kabowat-Gruppe aufgrund der Festnahme einiger ihrer Mitglieder.
Die Schulen blieben geschlossen und die Bürger wurden aufgerufen, in ihren Häusern zu bleiben.
Die az-Zawiya Oil Refining Company forderte alle Konfliktparteien zu einer sofortigen Feuereinstellung auf.
Die General Electricity Company gab bekannt, dass das Stromnetz infolge der Kämpfe beschädigt wurde.
Ein Mitglied der Petroleum Facilities Guard, Mohammed Salem Khamadsch, wurde durch den Einschlag einer Mörsergranate getötet.
Das 103. Infanteriebataillon (Sala-Bataillon/Kommando Othman al-Lahb) nahm ebenso wie der Stability Support Apparatus (Hassan Abu Zariba) im Kampfgebiet Aufstellung, um den Konflikt zu beenden.
Mufti Sadiq al-Gharyani hält den Zawiya-Krieg für einen Kampf zwischen ehemaligen Gefangenen der Deterrence Force und der Dabaiba-‚Regierung‘.
Mitglied des Ältestenrats und der Notabeln von az-Zawiya riefen dazu auf, die Vernunft walten zu lassen und die Zusammenstöße sofort zu beenden.
Die Kämpfe wurden beendet.
Militär / Milizen / Gewalt
+ Am 18. Oktober eröffneten Bewaffnete das Feuer auf den Hauptsitz der Staatsanwaltschaft von Tripolis-Süd im Gebiet al-Falah. Die Union der Mitarbeiter von Justizbehörden forderte die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen auf.
+ Am 18. Oktober erschossen in Tripolis Bewaffnete eine Person auf der Autobahn. Die Täter flüchteten.
+ Am 20. September kam es in der libyschen Küstenstadt Dschanzur (westlich von Tripolis) zu Scharmützeln zwischen zwei rivalisierenden Fraktionen, zum einen Verbündete von Abdul Rachman Fathi Tarh (alias al-Hankura) und zum anderen Mitglieder der Gruppe von Arif Schalal at-Tarbaqi, einem Verbündeten von Munir as-Suwaih. Beide Gruppierungen sollen am Drogenhandel beteiligt sein. Die Zusammenstöße führten zur Schließung der Küstenstraße.
Am 21. September fanden in Dschanzur erneut bewaffneten Zusammenstößen statt.
Es wurde auch das Krankenhaus gestürmt. Khalil al-Hassi: Die Verbündeten von Abdullah at-Trabelsi verbreiten Chaos und Terror.
Einwohner von Dschanzur forderten den Generalstaatsanwalt, die Dabaiba-‚Regierung‘ und den Generalstabschef dazu auf, die Militärlager nach den jüngsten Zusammenstößen im Wohngebiet zu räumen. Tausende Zivilisten seien in Lebensgefahr gewesen. Sollten die Forderungen ignoriert werden, sei ein Volksaufstand zu erwarten.
+ Die Nationale Institution für Menschenrechte dokumentierte die Entführung des Bürgermeisters von Abu Salim (Tripolis), Abdul Rahman al-Hamdi. Es handle sich dabei um ein kriminelles Verschwindenlassen, da unklar ist, wer für seine Verschleppung verantwortlich ist. Sein Verbleib müsse unverzüglich geklärt werden.
+ Der TikToker Mohammed al-Kander wurde nach seiner Rückkehr aus Ägypten am 20. September in Dschamil verschleppt. Die Entführung wurde von einer Gruppe unter der Führung von Akram Hanisch durchgeführt, der mit Othman al-Lahb (103. Bataillons) in Verbindung steht.
+ Am 22. September kam es in der Stadt Sabratha zu bewaffneten Zusammenstößen. Die sogenannte Capo-Gruppe begann, die Bewohner des Gebiets anzugreifen, nachdem eine RBG-Granate auf das Capo-Rasthaus abgefeuert worden war.
+ Der Stability Support der Sicherheitdirektion (SSS) dokumentierte in einem Videoclip die Beschwerde eines Bürgers, nachdem der SSS seinen Sohn angegriffen und ihn gezwungen hatte, Säure zu trinken, um an die Geheimnummern der in seinem Besitz befindlichen Visa-Karten zu gelangen. Als der junge Mann starke Vergiftungserscheinungen aufwies, wurde er ins Krankenhaus gebracht, wo er verstarb.
Es scheint mehrere Fälle dieser Art gegeben zu haben.
+ Die Nationale Institution für Menschenrechte forderte Aufklärung über den Verbleib von Adel Massud Radwan, Mitarbeiter des Zentrums für juristische Expertise, der am 1. Oktober 2024 in Bengasi von Mitgliedern der Haftar-treuen Tariq-bin-Ziyad-Brigade verschleppt worden war.
+ Am 22. September dokumentierte Khalil al-Hassi, wie die mit Osama Nadschim verbundene Kriminalpolizei einen Bürger in den Kofferraum eines Autos stopft.
+ Am 24. September blockierten Demonstranten mit brennenden Reifen die Straße im Gebiet Abu Kammasch für Reisende, die auf den Weg nach Tunesien waren.
Dabaibas Krieg
+ Der Journalist Khalil al-Hassi: Zur Übergabe des Mitiga- und des Ain-Zara-Gefängnisses an das Justizministerium bildete Dabaiba ein Komitee. Dieses steht unter Leitung von Machmud al-Yassir, der ein Onkel von Mohammed Burqiqa ist.
Sowohl al-Yassir als auch sein Neffe hätten aufgrund ihrer Allianz mit Baschagha enge Verbindungen zu Abdel Rauf Kara, dem Kommandanten der Deterrence Force.
Burqiqas Name wurde erstmals durch die Beschlagnahmung der Akte von Musa as-Sadr aus der Generalstaatsanwaltschaft, die er den Libanesen im Austausch für einen finanziellen Deal übergab, bekannt. Burqiqa verfügt über großen, auch medialen Einfluss.
+ Laut Mohammed Schaaban al-Mardas (ehemaliger Botschafter) möchte die Türkei nicht, dass Dabaiba an der Macht bleibt, denn er habe den Krieg angezettelt. Bei einem Krieg würde die Türkei viel von ihrem Einfluss und ihren Verbindungen zu den Milizen verlieren, da sich viele Länder an dem Konflikt beteiligen würden.
Dabaiba habe den Krieg ausgelöst, indem er bestimmte Personen ermorden ließ.
+ Der vom IStGH gesuchte und gerade von Dabaiba abgesetzte ehemalige Kommandeur der Kriminalpolizei, Osama Nadschim, soll laut britischen Recherchen in Großbritannien über Finanz- und Immobilienvermögen in Höhe von schätzungsweise 12 Millionen Pfund Sterling verfügen.
+ Das Libysche Zentrum für Sicherheits- und Militärstudien sieht das Sicherheitsabkommen zwischen der Dabaiba-‚Regierung‘ und der Deterrence Force lediglich als den Beginn einer neuerlichen Konfrontation, nur mit anderen Mitteln.
Es gebe immer noch keine offizielle Bekanntgabe der getroffenen Vereinbarungen. Dies deute darauf hin, dass es Hindernisse für die vollständige Umsetzung des Abkommens gibt. Kara werde den Verlust seiner militärischen Macht nicht zulassen.
+ Achmed Hamza (Nationale Institution für Menschenrechte) erklärte, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ die Durchsetzung des Rechts lobe, während die Bürger in Tripolis dem Sicherheitschaos und der steigenden Kriminalität ausgeliefert sind. Die sogenannten Maßnahmen zur Strafverfolgung seien zu einem Deckmantel für die Beseitigung bestimmter Parteien geworden.
+ Khaled al-Mischri (Präsidialrat) in einem Interview: Dabaiba verwechsle den Begriff „Staat“ mit dem Begriff „Regierung“. So seien beispielsweise die Deterrence Force keine Miliz außerhalb der staatlichen Autorität, sondern dem Präsidialrat unterstellt.
Der Versuch des Dabaiba-Clans, zum „Haftar“ der westlichen Region aufzusteigen, diene dessen persönlichem Vorteil.
Die Herrschaft von Clans habe alle Institutionen durchdrungen, vom Präsidialrat über die beiden Regierungen und die De-facto-Herrschaft im Osten wie im Westen, sogar in den Milizen. Auch der Sohn des Muftis Sadiq al-Gharyani wurde Mitglied des Fatwa-Komitees.
Die vom 6+6-Komitee erlassenen Wahlgesetze verlangten von jedem Präsidentschaftskandidaten die Aufgabe seines Amtes, und zwar nicht nur von Militärangehörigen, sondern von allen Amtsinhabern. Die Ablehnung von Doppelstaatsbürgern bei der Kandidatur für ein Amt sei Gesetz. Haftar könne zur Wahl antreten, wenn er sein Militäramt und seine us-amerikanische Staatsbürgerschaft aufgibt.
Mischri ist der Ansicht, dass viele zunächst kritische Medienschaffende von Dabaiba gekauft wurden, um anschließend positiv über ihn zu berichten.
Die Ausgaben für die UN-Mission sollen erheblich gekürzt werden, wenn bis Ende Oktober keine Fortschritte erzielt werden. Hannah Tetteh habe die Teilnehmerzahl bei den Kommunalwahlen übertrieben, um den falschen Eindruck eines Fortschritts in Libyen zu erwecken. Die meisten Mitarbeiter der UN-Mission profitierten vom Status Quo, und daher bestehe innerhalb der Mission kein wirklicher Wille, eine Lösung zu finden.
Bezüglich des Präsidialrats erklärte al-Mischri, dass dessen Vorsitzender Takala lediglich als Angestellter von Dabaiba fungiere und keine Entscheidungen gegen die Dabaiba-‚Regierung‘ treffen könne.
Die Libyer wünschten sich sehnlichst Präsidentschaftswahlen. 2,7 Millionen hätten sich für die Wahl registriert, die entweder Saif al-Islam Gaddafi oder Haftar hätte gewinnen können. Es sei inakzeptabel, wie Haftar das Militär in Familienbesitz gebracht habe.
Es sei ein Problem festzustellen, wer Libyer ist und wer nicht und wer das Wahlrecht hat. Mehr als fünf Prozent der Bevölkerung im Fessan seien heute Nicht-Libyer. Im Fessan befinde sich Libyens großer Reichtum, darunter auch Gold. Heute tummelten sich dort Geheimdienste aus der ganzen Welt.
Suspendierung des Bürgermeisters von Zintan
+ Die Dabaiba-‚Regierung‘ suspendierte den Bürgermeister von Zintan, Taher Misbah Abu Dschanah, wegen angeblicher Amtsverstöße.
+ Honoratioren und Älteste von Zintan gaben am 21. September den Abbruch der Beziehungen zur Dabaiba-‚Regierung‘ wegen der willkürlichen Suspendierung des Bürgermeisters bekannt. Zintan werde keiner Partei erlauben, seine Institutionen zu manipulieren. „Wir fordern die sofortige Rücknahme dieser willkürlichen, politischen Entscheidung und eine offizielle Entschuldigung bei der Bevölkerung von Zintan.“
+ Abu al-Gasim Guraisch, Scheich von Zintan, warnt die Dabaiba-‚Regierung‘ davor, die Bevölkerung von Zintan zu provozieren. Der Bürgermeister sei rechtmäßig gewählt worden.
+ Die Nationale Versammlung libyscher Parteien verurteilte die Entscheidung der Dabaiba-‚Regierung‘, den Bürgermeister der Gemeinde Zintan von seiner Arbeit zu suspendieren. Es müsse die Achtung der Ergebnisse demokratischer Wahlen in den Gemeinden sichergestellt sein.
+ Die Union der Bürgermeister der Gemeinden al-Dschabal, Wirschefana, Suf al-Dschin und Gasr al-Akhyar verurteilte die Suspendierung des Bürgermeisters der Gemeinde Zintan. Der für die Suspendierung zuständige Minister für Kommunalverwaltung müsse entlassen werden.
Besatzung
+ Laut AfricaIntelligence ist Erdogan entschlossen, Dabaiba trotz der Fragilität seiner Position zu unterstützen, weil dies die Aufrechterhaltung der zwischen den beiden Ländern unterzeichneten bilateralen Verteidigungsabkommen ermöglicht und zudem den Abschluss lukrativer Verträge über den Verkauf militärischer Ausrüstung sicherstellt.
Die Türkei habe Dabaiba davor zurückgehalten, einen Angriff auf die Deterrence Force zu starten, da dessen Ausgang höchst ungewiss gewesen wäre.
+ Der türkische Außenminister Hakan Fidan erklärte in Bezug auf Libyen, dass es zwischen Ägypten und der Türkei eine gute Geheimdienstzusammenarbeit gebe, die noch verbessert werden sollte.
+ Am 18. September wurden zum zweiten Mal in Folge Überwachungsdrohnen der US Navy vor der Küste von Tripolis und Zawiya gesichtet.
+ Am 19.September überwachte eine US-Drohne länger als 16 Stunden ununterbrochen den Luftraum von Tripolis.
+ Am 21. September startete ein Flug im östlichen Libyen vermutlich mit dem Ziel Akaba/Israel.
+ In der mediterranen Wirtschaftszone zwischen Griechenland und Libyen wurde eine israelische IAI Heron-Drohne der griechischen Küstenwache gesichtet.
+ Laut Middle East Online hat der IStGH erneut gefordert, Saif al-Islam Gaddafi zu verhaften. Dies könnte der Versuch sein zu verhindern, dass sein Name wieder auf der politischen Bühne Libyens in den Vordergrund tritt.
Der IStGH-Haftbefehl gegen Saif al-Islam wurde bereits 2011 erlassen. Dagegen reichte Libyen Klage ein mit der Begründung, es sei befugt, über die Anklage gegen Saif al-Islam selbst zu entscheiden. Die libyschen Behörden sind der Ansicht, dass die gegen Saif al-Islam ergangenen Gerichtsurteile ausreichend sind und Gerechtigkeit geschaffen wurde.
+ Abdul Hamid Issa Khader (Anführer aus Misrata): „Schande über alle, die die NATO ins Land geholt und sich darüber gefreut haben. Verflucht mögen diejenigen sein, die über Generationen hinweg Schande über die Kinder und Enkel gebracht haben.“
UNO / UN-Mission
+ Arab Weekly (London): Hannah Tetteh könnte sich gezwungen sehen, sich für die vierte Option des Beratungsausschusses zu entscheiden, nämlich das Parlament und den Staatsrat durch eine neue verfassunggebende Versammlung, die im Rahmen eines inklusiven nationalen Dialogs gebildet wird und eine breite Vertretung aller Teile der Gesellschaft vorsieht, zu ersetzen.
+ Die Website Al-Araby al-Dschadid (Katar) moniert, dass noch immer Unklarheit über Hannah Tettehs Zeitplan für die Umsetzung des UN-Fahrplans herrscht.
Es sei die Rede von 12 bis 18 Monaten gewesen, seitdem habe Tetteh aber klargestellt, dass es sich dabei nicht um verbindliche Termine handelt.
In libyschen Kreisen mehrten sich die Forderungen, mit der Umsetzung des Fahrplans zu beginnen und alle derzeitigen politischen Gremien auf Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta aufzulösen.
Die UN-Mission ihrerseits erklärte, ihr Mandat basiere auf Kapitel VI, das sich auf friedliche Beilegungen konzentriere. Sie sei nicht befugt, Regierungen einzusetzen oder abzusetzen. Kapitel VII beziehe sich auf spezifische Fragen wie das Waffenembargo und das Einfrieren von Vermögenswerten.
+ Senussi Ismail erklärte, dass die Schritte hinter den Erwartungen, den politischen Prozess wirklich in Gang zu bringen, zurückbleiben. Es sehe nicht danach aus, als seien die libyschen Parteien bereit, eine einheitliche Regierung und landesweite Wahlen anzustreben.
+ Hannah Tetteh informierte am Rande der UN-Generalversammlung in New York hochrangige Beamte aus den USA, Ägypten, Frankreich, Deutschland, Italien, Katar, Saudi-Arabien, der Türkei, den Emiraten und Großbritannien über die neuesten politischen und sicherheitspolitischen Entwicklungen in Libyen.
+ Am Rande der UN-Generalversammlung diskutierten der Präsidialratsvorsitzende al-Menfi und Trumps Berater Masoud Boulos die politische Lage in Libyen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Zusammenarbeit in politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Fragen.
Al-Menfi traf sich auch mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Achmed Aboul Gheit.
+ Vor dem UN-Quartier in Bani Walid fand ein Protest gegen die als ungerecht bezeichnete UN-Resolution Nr. 7 statt.
Politische Gefangene
+ BBC berichtete, dass der 74-jährige Abu al-Mariami al-Massud, der mit Dabaibas Hilfe in die USA verschleppt wurde, laut Aussage vor dem us-amerikanischen Gericht in Libyen zu einem falschen Geständnis über den Lockerbie-Absturz gezwungen worden sei. In Libyen hätten ihn drei maskierte Männer verschleppt, ihm seine Medikamente vorenthalten sowie ihn und seine Familie bedroht. Er sei in einem Geheimgefängnis ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und seine Verfahrensrechte seien ihm verweigert worden.
Aus Angst um sich und seine Familie habe er damals ein Geständnis abgelegt. Dieses erzwungene Geständnis dürfe vor Gericht nicht gegen ihn verwendet werden.
Auch das Verteidigerteam von Abu al-Mariami wies auf den physischen und psychischen Druck zur Erpressung eines Geständnisses hin, dem ihr Mandat ausgesetzt war. Es gebe keine offiziellen Dokumente, die ein Geständnis belegten.
Al-Mariami al-Massud befinde sich in den USA in Einzelhaft und es werde auch dort starker Druck auf ihn ausgeübt. Dem libyschen Verteidigungsteam werde der direkte Zugang zu ihm verwehrt.
Man werde vor dem Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker in Tansania Klage gegen die Dabaiba-‚Regierung‘ einreichen.
Die Familie von al-Mariami stehe vor erheblichen finanziellen Herausforderungen, um us-amerikanische Kanzleien mit dem Fall beauftragen zu können.
+ Der Prozess gegen den ehemaligen Geheimdienstchef Generalmajor Abdullah as-Senussi, Achmed Ibrahim, Mansur Daw und andere Persönlichkeiten der ehemaligen Dschamahiriya-Regierung wurde ein weiteres Mal verschoben, nun auf den 27. Oktober.
Hannibal Gaddafi
+ Der libanesische Justizminister Adel Nassar bestätigte, dass das Justizministerium auf ein Urteil des Untersuchungsrichters wartet, ob Hannibal Gaddafi, Sohn von Oberst Muammar Gaddafi, freigelassen wird. Hannibal ist seit 2015 unrechtmäßig im Libanon inhaftiert.
+ Der Bruder von Hannibal, as-Saadi Gaddafi, kommentierte die Erklärung des libanesischen Ministers: „Ihr Mut und Ihre Entschlossenheit, Gerechtigkeit zu erreichen und Rechtschaffenheit aufrechtzuerhalten, sind ein Leuchtfeuer, das den Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit erhellt.“ Er sagte: „Ihre aufrichtigen Bemühungen, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken und die Rechte der Unterdrückten zu verteidigen, erwärmen unsere Herzen und heben unsere Stimmung. Wir unterstützen Sie nachdrücklich und fordern Sie auf, diesen beschwerlichen Weg fortzusetzen und die misstönenden und tyrannischen Stimmen zu ignorieren, die versuchen, das Licht der Gerechtigkeit auszulöschen.“
+ Laut der Zeitung al-Arab löste die Aussage des libanesischen Justizministers zur Möglichkeit der Freilassung von Hannibal Gaddafi im Libanon eine Welle politischer und rechtlicher Kontroversen aus. Insbesondere der as-Sadr-Clan deutete mögliche Eskalationsschritte an.
+ Der libanesischer Justizminister Adel Nassar bestritt, im Fall Hannibal Gaddafis in die Entscheidungsfindung einzugreifen. Der Fall liege in den Händen des Justizermittlers, der eine Entscheidung im Einklang mit dem Gesetz zu treffen habe.
+ Der ehemalige libanesische Präsident Amin Gemayel wies darauf hin, dass Hannibal Gaddafi zum Zeitpunkt des Verschwindens von Musa as-Sadr zwei Jahre alt war und auch später keinerlei Verbindung zum Geheimdienst oder zur Politik hatte. Hannibals Verhaftung sei eine bizarre Angelegenheit und mache dem libanesischen Regime keine Ehre.
+ Fathi asch-Schabli (Partei Stimme des Volkes): Hannibal Gaddafi ist ein Gefangener, der wie eine Schachfigur in einem erbärmlichen politischen Spiel unter Berufung auf Imam Musa as-Sadr missbraucht wird.
Der Libanon sei ein Staat ohne Gesetz, ein Dschungel, in dem die Schwachen gnadenlos unterdrückt werden und die Justiz zu einem Erpressungsinstrument wurde.
Muammar Gaddafi
+ Am 23. September 2009 trat Muammar Gaddafi vor die UN, zerriss die Charta und verurteilte Kriege, Besatzungen und Kolonialverbrechen. Sein Widerstand war ein Aufruf an Afrika und die Unterdrückten, Gerechtigkeit und Menschenwürde zu fordern.
Sein ehemaliger Sprecher Ibrahim Moussa: Die Philosophie, Kultur und Vision von Muammar Gaddafi reichte über Libyens Grenzen hinaus.
+ Said Raschwan (Wirtschaftsexperte) weist darauf hin, dass entgegen anderslautender Nachrichten Muammar Gaddafi niemals einen Palast oder ein luxuriöses Haus in Tripolis besaß. Sein Haus entsprach dem der libyschen Mittelschicht.
Der ägyptische Medienstar Machmud Saad entschuldigte sich zwischenzeitlich für seine Aussage und erklärte, dass Gaddafi keinen Palast hatte.
+ Issam Darduri, 2011 Mitglied der Sicherheitskräfte des tunesischen Karthago-Flughafens und Präsident der tunesischen Organisation für Sicherheit, sagte aus, dass im Jahr 2011, vor dem Umsturz in Libyen, große Mengen von LSD-Pillen und Captagon von Europa über Tunis nach Libyen eingeführt wurden.
Als damals Gaddafi vor der Einfuhr dieser Drogen warnte, sei dies mit Skepsis und Spott aufgenommen worden. Darduri habe damals gewusst, dass in Gaddafis Worten viel Wahrheit steckte und man sie hätte beachten müssen.
+ Hafez al-Ghuwail (Politikwissenschaftler): Das Merkwürdige ist, dass die Libyer im Jahr 2025 das fordern, was sie bereits 2010 – und sogar weit mehr – hatten.
Medizinische Versorgung
+ Das Abu-Salim-Unfallkrankenhaus teilte am 22. September mit, dass chirurgische Eingriffe aufgrund des Mangels an medizinischem Material ausgesetzt und auf Notfalloperationen beschränkt werden.
+ Die Anästhesieabteilung des Ali-Omar-Askar-Krankenhauses gibt bekannt, dass sie aufgrund der Nichtverfügbarkeit wichtiger Medikamente, insbesondere Anästhetika, keine Operationen durchführen kann.
+ Die Vereinigung der Patienten mit Muskeldystrophie gibt den Tod von Abdulsalam Miftah Hadiya aus der Stadt Choms bekannt. Er sei aufgrund des Mangels an den grundlegendsten Behandlungsmitteln verstorben. Die Vereinigung: Wie viele Abdulsalam müssen wir verlieren, bevor der Staat seine Verantwortung gegenüber den Patienten wahrnimmt?!
+ Kriegsversehrte demonstrierten am 22. September vor dem Sitz der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis und forderten die unverzügliche Bereitstellung der ihnen zustehenden finanziellen und medizinischen Leistungen.
+ As-Sadiq al-Gharyani prangerte an, dass ein Krankenhaus zwar eine kostenlose Behandlungen für Krebspatienten anbietet, die Krebsbehörde jedoch die Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus eingestellt hat. Dafür schicke die Nationale Krebsbehörde Patienten zu exorbitanten Kosten zur Behandlung ins Ausland.
+ Libyen belegt im Jahr 2025 laut dem CEOWORLD-Index den achten Platz unter den rückständigsten Ländern in Bezug auf das Gesundheitssystem.
Von 110 Ländern mit den besten Gesundheitssystemen nimmt Libyen den 103. Platz ein, noch hinter Sudan, Kongo, Kamerun und Uganda.
Innerlibysche Nachrichten
+ Al-Araby al-Dschadid-Website: Zu Beginn des Schuljahrs bestünden bei den Eltern Sorgen über die steigenden Kosten und die mangelhafte Bildungsqualität. Es fehle Fachpersonal, der chronische Lehrermangel sei nicht behoben. Daneben fehlten in den Schulen Toiletten, Fenster, Heizungen und Freizeitbereiche.
Privatschulen seien keine Alternative, da sie vor allem teuer sind, ohne den Schülern echte Qualität und angemessene Betreuung zu bieten.
Die herrschende Korruption sei offensichtlich, nachdem der ehemalige Bildungsminister wegen Veruntreuung von Geldern für den Druck von Schulbüchern zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde.
+ Die Versammlung der Lehrergewerkschaft forderte die sofortige Auszahlung der ausstehenden Gehälter und eine Krankenversicherung für alle. Die Gewerkschaft sei vereint und umfasse den Osten, Westen und Süden. Jeder Angriff auf die Gewerkschaft werde als Angriff auf alle Lehrer angesehen. Daher werde der Rücktritt des Generalsekretärs abgelehnt, da nur die Generalversammlung befugt ist, einen solchen Rücktritt anzunehmen oder abzulehnen. Der Gewerkschaftsakkreditierungsausschusses des Parlaments habe seine Befugnisse klar überschritten.
+ Hossam el-Gamati (Menschenrechtsaktivist) deckte Verträge für Scheinprojekte mit gefälschten Siegeln in der Gemeinde Zliten auf. Zu den Beteiligten zählten Miftah Hammadi, der Mitglied des Gemeinderats ist, sowie Osama Hammad, Fawzi al-Maqla und der Parlamentsabgeordnete Ezz ad-Din Gwerib.
+ Die Dabaiba-‚Regierung‘ hob die Entscheidung des ehemaligen Allgemeinen Volkskomitees aus dem Jahr 2009 auf, das al-Falah-Gebiet als gemeinnütziges Projekt einzustufen.
+ Laut einem Beschluss von Mohammed Baayu (Vorsitzender der Libyan Media Corporation Bengasi) wird die Ausstrahlung des der Dabaiba-‚Regierung‘ angeschlossenen libyschen nationalen Radio- und Fernsehsenders in den Gebieten Bengasi, Sebha und Sirte eingestellt.
+ Fathi asch-Schabli (Partei Stimme des Volkes) hält die 14 Millionen USD, die in Bengasi für eine arabische Medienkonferenz verprasst wurden, für eine riesige Verschwendung in einer Zeit, in der die libysche Bevölkerung Probleme habe, Treibstoff, Medikamente und sogar Mehl oder Milch für ihre Kinder zu kaufen.
+ Der Staatsanwalt ordnete die Inhaftierung des ehemaligen Bürgermeisters und Beamten der Gemeinde ar-Radschban wegen Unterschlagung an.
+ Bewohner von Bani Walid lehnten einen Besuch der Amazigh-Delegation (Berber) ab, da er zu internen Konflikten unter den Menschen von Warfalla führen könnte. Jeder Versuch, den Warfalla-Stamm aus dem arabischen Lager zu lösen, werde abgelehnt.
Gefordert werde die Abhaltung eines Forums für alle libyschen Stämme ohne Ausnahme, um das libysche soziale Gefüge wiederherzustellen.
+ Asaad Zahio (Nationale Union Libyscher Parteien): Es muss nationale Kräfte geben, die großen Mut und Kühnheit besitzen und Verantwortung übernehmen, indem sie erklären, dass die importierten und unpatriotischen Ideen abzulehnen sind.
Die Menschen sollten die Möglichkeit haben, jemand Ehrlichen zu finden, der die Nation versöhnt.
Seit 2018 befände man sich in einer Blockadesituation und sei nicht in der Lage, einen verfassungsmäßigen Rahmen für die Durchführung von Wahlen zu schaffen. Das Land steuere mit Hochdruck auf Zerfall und Zersplitterung zu, während um Macht, Positionen und Institutionen gekämpft wird.
„Wissen die Machtkämpfer in Tripolis beispielsweise, was an der Grenze passiert?! Wissen sie vom Ölhandel und -schmuggel?! Wissen sie vom Menschen- und Drogenschmuggel?“
Wirtschaft / Finanzen
+ Achmed Hamza (Institution für Menschenrechte) geht davon aus, dass es in Libyen angesichts der Klassenunterschiede zu einer Hungerrevolte kommen werde. Vierzig Prozent der Libyer lebten unterhalb der Armutsgrenze.
+ Der Journalist Achmed Senussi berichtete, dass die General Electric Company (GEC) Glasfaserkabel zur Zählerablesung und zur Turbinenüberwachung, aber nicht für Internetverbindungen nutzt.
Mohammed Gaddafi übertrug einst das Eigentum an diesen Kabeln an das Telekommunikationsnetz. Der Geschäftsführer der Telekommunications Holding Company ist heute Yussef Buzweida, der die Glasfaserkabel vom Telekommunikationsnetz auf das Stromnetz übertragen hat.
Als Buzweida dann Libya Telecom (Hatef Libya) übernahm, wurden die Glasfaserkabeln für 100 Millionen LYD pro Jahr von GEC gepachtet. Telecom schloss zusätzlich einen Vertrag mit einem privaten Unternehmen ab, um Glasfaserkabeln zu mieten. Die Gewinne wurden 30 (Telecom) zu 70 Prozent (privates Unternehmen) verteilt.
Buzweida, der diese merkwürdigen Vereinbarungen getroffen hat, sei sowohl Vorsitzender der Telecommunications Holding Company wie auch der Vorsitzende von Libya Telecom.
+ Das bilaterale Handelsvolumen zwischen der Türkei und Libyen erreichte in den ersten acht Monaten diesen Jahres drei Milliarden US-Dollar.
Türkische Bauunternehmer haben bislang für 641 Projekte Auftragsvergaben im Wert von 31,5 Milliarden US-Dollar abgeschlossen.
Ein Abkommen zur Gründung der Gemeinsamen Wirtschafts- und Handelskommission (JETCO) werde bald in Istanbul unterzeichnet.
Es gebe 50 wöchentliche Flugverbindungen zwischen beiden Ländern und es werde ein vereinfachtes Visaabkommen angeboten.
+ Middle East Monitor: Die unter Haftars Kontrolle operierende Hammad-‚Regierung‘ hat die höchsten Schulden in der modernen Geschichte Libyens verursacht.
Die Bekämpfung des Währungschaos‘ in Libyen sei von entscheidender Bedeutung für die Sicherheit der Mittelmeer- und Sahelregion sowie Europas selbst. Die unkontrollierten Milliarden könnten Chaos anstatt Frieden finanzieren. Libyen befinde sich heute inmitten eines finanziellen und sicherheitspolitischen Sturms.
In nur zwei Jahren sei eine gewaltige Neuverschuldung von 129 Milliarden LYD (rund 24 Milliarden Euro) angehäuft worden, wodurch die Gesamtverschuldung auf 284 Milliarden LYD anstieg. Für ein Land mit etwa sechs Millionen Einwohnern seien diese Zahlen katastrophal. Wo ist das Geld geblieben?
Durch das Drucken von Geld habe das Militärregime im Osten seine Ausgaben finanzieren können, obwohl es weder Zuweisungen von Öleinnahmen noch eine legitime Kreditaufnahmebefugnis gab. Die Prüfung der Libyschen Zentralbank durch Deloitte ergab, dass Milliarden von Dinar in die Wirtschaft gepumpt wurden.
Beunruhigend sei der Geldfluss in Ostlibyen wegen seiner Rolle bei der Unterstützung des russischen Afrikakorps.
Auch die Rapid Support Forces des Sudan erhielten indirekte finanzielle Unterstützung über Libyen.
So seien Libyens finanzielle Turbulenzen ein Multiplikator der regionalen Krise. Seine Schattenwirtschaft destabilisiere Libyen im Inneren und weite sich auf die Nachbarländer aus. Die Schwere der libyschen Währungskrise beschränke sich nicht nur auf finanzielles Missmanagement, sondern diene vielmehr als Multiplikator der strategischen Bedrohung. Die Anhäufung von Schulden in Bengasi stehe im Zusammenhang mit der Finanzierung von Söldnern, regionalen Konflikten, illegalen Wirtschaftszweigen und Flüchtlingskrisen. Dies könne zum Zusammenbruch der libyschen Wirtschaft führen, mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung und destabilisierenden Auswirkungen in ganz Afrika und Europa.
+ Die Wirtschaft unterliege einer Dollarisierung. Der US-Dollar sei für Verkäufer und Käufer die einzige Möglichkeit geworden, plötzliche Preiserhöhungen und den Verlust der Kaufkraft der LYD zu vermeiden. Händler tätigten die Geschäfte in USD, da dieser angesichts der Abwertung des Dinar auf dem Parallelmarkt als stabiler gilt. Die meisten Geschäfte verlangten die Zahlung in USD, da der Handel mit LYD riskant geworden ist, insbesondere angesichts der Knappheit von 25-Dinar-Banknoten. Aufgrund der schrumpfenden Liquidität akzeptierten viele Geschäfte LYD nur zum doppelten Preis.
+ Am 23. September traf eine weitere Lieferung Bargeld im Wert von 357 Millionen LYD aus dem Ausland über den Flughafen Mitiga bei der Zentralbank ein. Dies soll die Liquidität verbessern.
+ Der Zentralbankchef Nadschi Issa suspendierte den Generaldirektor der Aman Bank for Investment and Trade, Achmed ad-Dukali.
Erdöl/Erdgas
+ Laut Crisis24 stehen Unternehmen, die in Libyen investieren möchten, vor großen Herausforderungen. Investitionen in Libyen seien mit sicherheitspolitischen, lokalen und rechtlichen Risiken verbunden, die internationale Unternehmen berücksichtigen müssten. Rund achtzig Prozent der Ölvorkommen befinden sich im Sirte-Becken und werden von beiden ‚Regierungen‘ im Eigeninteresse benutzt.
Die Öleinnahmen würden für korrupte Machenschaften verwendet, man denke an die Arkana Oil Company, die das historische Monopol der National Oil Corporation auf Ölexporte umgehen will.
Durch den Treibstoffschmuggel würden Einnahmen in nie dagewesener Höhe erzielt.
Nach libyschem Recht ist das gesamte Öl in Staatsbesitz, sodass nur die National Oil Corporation exportieren und Konzessionen oder Genehmigungen an private Unternehmen vergeben darf.
+ Nadschwa al-Bischti (ehemals NOC) erklärte, dass es dieselben sind, die die Treffen zwischen Masoud Boulos und den libyschen Parteien koordinierten, die auch die Situation in Libyen kontrollierten, nämlich Katar und Italien.
Das östliche Mittelmeer und die Seegrenzen
+ Bei dem kürzlichen Dabaiba-Haftar-Treffen in Rom unter Federführung der USA seien auch die umstrittenen libyschen Seegrenzen erörtert worden. Es wurde die Gründung einer Gesellschaft aus beiden libyschen Lagern vorgeschlagen, an der sich mehrere Länder der Region im Rahmen einer Mittelmeerpartnerschaft beteiligen sollen.
+ Mohammed al-Harari (Außenministerium der Dabaiba-‚Regierung‘) erklärte nach einem Besuch in Griechenland, dass es einen neuen Verhandlungsprozess zur Festlegung der Seegrenzen geben soll, der alle neuen Entwicklungen berücksichtigt.
+ Der türkische Politikanalyst Muhannad Hafizoglu sieht in der Vereinbarung des Außenministeriums der Dabaiba-‚Regierung‘ mit Griechenland, in Tripolis ein weiteres Treffen bezüglich der Festlegung der Seegrenzen abzuhalten, eine Zuspitzung des Verhältnisses zur Türkei und Ägypten. Dies richte sich gegen die strategischen Interessen Libyens.
Es seien große Überraschungen in Libyen zu erwarten. Die Türkei werde bei der Festlegung der Seegrenze keine Kompromisse eingehen. Sollte Dabaiba die Verabschiedung des Abkommens durch das Parlament blockieren, werde ihm die Türkei ihre Unterstützung entziehen.
+ Der türkische Politikanalyst Feras Oglu sieht Griechenland nicht in der Lage, die Rolle der Türkei in Libyen zu übernehmen. Die Türkei profitiere sowohl militärisch als auch wirtschaftlich von dem von Khalifa Haftar begonnenen Tripolis-Krieg.
Die maritime Grenzziehung zwischen Libyen und der Türkei könnte ein Druckmittel für Verhandlungen mit Griechenland sein. Griechenland könne keine souveränen Entscheidungen treffen, die zu Konflikten mit anderen europäischen Ländern wie z. B. Frankreich führen.
Dabaiba könne nicht ignorieren, dass Griechenland Teil der Europäischen Union ist, da er sonst in Konflikt mit mehreren europäischen Ländern gerät. Dadurch gerate Dabaiba unter Druck, denn der Konflikt im östlichen Mittelmeerraum sei ein Konflikt zwischen politischen und regionalen Blöcken und nicht zwischen einzelnen Ländern.
Da die us-amerikanischen Interessen nicht vollständig mit den europäischen Interessen übereinstimmen, werde dies den Druck auf Dabaiba verringern, die Probleme mit Griechenland hinsichtlich der maritimen Grenzziehung zu lösen.
Das Abkommen über die libysch-türkische Seegrenze hänge bedrohlich über allen europäischen Ländern.
Das Gleichgewichtsspiel im östlichen Mittelmeerraum sei komplex und Israel spiele im Geheimen eine wichtige Rolle. Israels Interessen würden von mehreren Parteien vorangetrieben, um die türkischen Interessen zu bedrängen.
+ Die Greek City Times sieht im östlichen Mittelmeer den Ausbruch eines geopolitischen Hurrikans, in dessen Zentrum die Türkei, Israel, Libyen und Griechenland stehen.
Die chinesische Diplomatie sei entschlossen, die Einbeziehung Libyens in die EastMed-Pipeline-Pläne zu verhindern, an denen unter anderem Griechenland und Israel beteiligt sind. Die Einbeziehung Libyens in die strategischen Energiepläne des Westens werde als ernstes Hindernis für die Belt and Road Initiative gesehen. Die East-Med-Pipeline sei Teil des umfassenderen Projekts des Wirtschaftskorridors Indien-Nahost-Europa (IMEC).
In Tripolis versuchten Politiker, Trump und Israel zu beschwichtigen, das gleiche geschehe im östlichen Libyen, indem man Israel Gefälligkeiten anbietet. Damit soll der chinesische Einfluss in Libyen eingedämmt werden. Dem stünden allerdings die türkische Militärpräsenz und die chinesischen Wirtschaftsaktivitäten in Libyen im Wege.
Der Prozess der Integration eines vereinten Libyens in die chinesisch-türkische Achse habe begonnen und die Parteien bewegten sich langsam in Richtung einer strategischen Allianz, was sowohl den Plänen Israels als auch denen seines Verbündeten Griechenland ernsthafte Hindernisse in den Weg legt.
Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass eine Militärdiktatur, wie Haftar lange gehofft hatte, die Zustimmung der Bevölkerung bekommen wird.
+ The Times of Israel stellt die Frage, ob die Türkei gemeinsam mit Libyen einen Raubzug auf den Meeresboden plant. Maltas jüngste öffentliche Ablehnung der maritimen Grenzziehung durch Tripolis und die Türkei sei nicht bloß eine Beschwerde, sondern ein Wendepunkt, der Risse in der Geopolitik des östlichen Mittelmeers offenbare.
Malta habe Einspruch erhoben, da das libysch-türkische Abkommen Maltas Festlandsockel und seine Rechte an den Inseln verletze. Die maritimen Grenzen legen die Gebiete für die Kontrolle von Explorationsrechten, Meeresbodenkonzessionen und die Rechtsinstrumente für Energieunternehmen fest.
Durch die Internationalisierung des Konflikts stiegen die politischen und juristischen Kosten für Tripolis und Ankara und der Konflikt werde in Foren verlagert, in denen es schwierig ist, die Rechte kleiner Staaten außer Kraft zu setzen.
Libyen und das Ausland
+ Palästina/Israel. Thuraya at-Tuwaibi (Menschenrechtsexpertin) berichtet von dem Plan, Palästinenser organisiert über Ägypten und Jordanien nach Libyen zu bringen.
Hunderte Palästinenserinnen würden unter dem Vorwand vorgeladen, sie seien die Ehefrauen libyscher Männer.
Arbeitsverträge würden ohne zugrunde liegende Jobangebote für ganze Familien abgeschlossen. Einige internationale Organisationen haben internationale Abkommen zur Ansiedlung und Beschäftigung von Arbeitskräften geschlossen und palästinensische Familien in diese Abkommen einbezogen. Dies stelle eine Form der Ansiedlung dar, die durch Arbeitsverträge geschützt ist.
+ USA/GB. Tim Eaton (Chatham House, Royal Institute of International Affairs) und die NYT enthüllten, dass sich zu der Zeit, als sich der Trump-Vertraute Massoud Boulos zur Verhandlung von Ölverträgen in Tripolis aufhielt, sein Sohn Michael und dessen Frau Megan an der südfranzösischen Küste auf einer Luxusyacht mit dem türkischen Milliardär Ergument Baygan trafen. Baycan ist Eigentümer des zwielichtigen Unternehmens BGN, das in Korruptionsfälle in Libyen in Zusammenhang mit Ölhandel verwickelt ist und Verbindungen zu Ibrahim Dabaiba und Haftar hat. Bei dem Treffen soll es darum gegangen sein, wie man aus dem Boulos-Dabaiba-Deal Kapital schlagen könne.
Hochrangige Vertreter der US-Regierung warnten Massoud Boulos vor der Gefahr, die Geschäfte seiner Familie mit der diplomatischen Tätigkeit der Regierung in Libyen zu vermischen, da dies zu diplomatischen Streitigkeiten in politisch sensiblen Regionen führen könnte.
+ USA. Arab Weekly: Die offensichtliche Bevorzugung der Dabaiba-‚Regierung‘ durch Massoud Boulos drohe die Spannungen mit der östlichen Region zu verschärfen und könnte die ohnehin schon fragmentierte politische Landschaft Libyens noch weiter verkomplizieren. Boulos priorisiere die Handelsabkommen und Chancen für us-amerikanische Unternehmen.
+ USA. Masoud Boulos, Berater von Trump für afrikanische Angelegenheiten, erklärte, in ständigem Kontakt mit beiden Parteien in Libyen zu sein und Vertreter beider Parteien würden Washington besuchen.
+ EU. Hossam ad-Din Abdeli (Politologe): Die Angst Europas vor einer Eskalation in Libyen bestehe seit dem Sturz des Regimes im Jahr 2011.
Die Europäer seien in Libyen weder die stärkste noch die einflussreichste Partei. Sie beschäftigten sich ausschließlich mit der Frage der irregulären Migration und den Gas- und Ölressourcen Libyens, die für den Energiesektor des alten Kontinents wichtig sind. Europa selbst leide unter wirtschaftlichen Problemen und könne keine unabhängigen Entscheidungen treffen. Derzeit spielten in Libyen Russland, die Türkei und die USA wichtige Rollen.
+ Türkei/Russland/Italien/Frankreich/EU. Laut Karim Mezran (Rafik Hariri Center for the Middle East) ist die Spaltung Libyens das stabilste Ergebnis der Nato-Intervention von 2011. Nach elf Jahren ohne Wahlen hätten sich die Korrupten im Status Quo verschanzt und bildeten dort die herrschende Klasse. Lokale Störenfriede bauten darauf, dass ausländische Sponsoren sie vor den Konsequenzen schützen. Libyen sei hart umkämpft.
Die Türkei habe sich im Rahmen eines Sicherheitsabkommens mit Truppen im Westen festgesetzt und nutze ihre Position in den Seestreitigkeiten im Mittelmeerraum.
Russland habe Wagner-Kämpfer auf Ölfeldern und Stützpunkten stationiert und nutzt Libyen als logistische Drehscheibe für Operationen in Afrika.
Italien priorisiere die Migrationskontrolle und ENI-Geschäfte, während Frankreich sich für Partnerschaften zur Terrorismusbekämpfung in der Sahelzone eher für Haftar einsetze.
Die USA unterstützten offiziell den UN-Prozess und konzentrierten sich nun auf die Terrorismusbekämpfung.
Die EU beschränke sich auf die Eindämmung der Migration und finanziere Internierungslager, die oft von Milizen betrieben werden.
+ VAE. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben für das Jahr 2026 Anträge auf Touristen- und Arbeitsvisa für neun Ländern, darunter Libyen, ausgesetzt.
Die Botschaft der VAE in Libyen bestreitet dies.
+ Sudan/Kolumbien. Die britische Zeitung The Telegraph berichtete über kolumbianische Söldner, die über Libyen an die Front im Sudan geschickt werden, um in Darfur die Rapid Support Forces zu unterstützen.
+ Frankreich. Der französisch-libanesische Geschäftsmann Ziad Takieddine, der im Verdacht stand, an der illegalen Finanzierung von Sarkozys Wahlkampf durch Libyen beteiligt gewesen zu sein, und ein wichtiger Prozesszeuge war, ist pünktlich zur Sarkozys Urteilsverkündung verstorben.
Migration
+ 93 Migranten waren am 19. September auf einem Ölversorgungsschiff gestrandet, darunter drei schwangere Frauen und sieben Kinder. Die deutsche NGO Sea-Watch forderte Italien zum sofortigen Eingreifen auf, damit diese Menschen nicht nach Libyen zurückgebracht werden.
+ The Guardian: Schleuser sind Teil des offiziellen Militärapparats von Tripolis, der von Libyens stellvertretendem Verteidigungsminister Abdul Salam az-Zubi angeführt wird. Videos zeigen, wie kurdische Flüchtlinge auf ein Rettungsboot geschmuggelt werden. Sie berichteten Mediterranea Saving Humans, dass eine libysche Miliz sie aus einem Internierungslager zum Rettungsboot gebracht habe.
Gerettete gaben an, dass vier Kurden aus Angst vor einer Falle sich weigerten, den Milizionären zu folgen, und dabei getötet wurden.
Durch Partnerschaften zwischen Milizen und Internierungslagern seien die Menschen Erpressung, Folter, sexueller Sklaverei, Entführungen gegen Lösegeld ausgesetzt.
Italien habe 2017 mit der Tripolis-‚Regierung‘ ein Abkommen geschlossen, das es ermöglicht, in den Gewässern abgefangene Migranten zwangsweise nach Libyen zurückzubringen.
+ France 24: Von Migranten in Libyen veröffentlichte und verifizierte Videos zeigen Dutzende Flüchtlinge, die auf dem Boden eines Internierungslagers in Tobruk ohne Decken oder Matratzen zusammengepfercht liegen. Die Videos belegen Misshandlungen und Folter.
Jeder Sudanese, der das Lager verlassen will, müsse dafür Geld an die Wärter bezahlen.
+ Die Partei Stimme des Volkes warnte vor den Gefahren einer internationalen Umgehung der libyschen Souveränität, indem einige in Libyen tätige internationale Organisationen das humanitäre Problem der Migration ausnutzen, um Druck auf Libyen auszuüben.
Libyen habe die Genfer Konvention von 1951 nicht ratifiziert und die Verpflichtungen aus der Flüchtlingskonvention der Organisation für Afrikanische Einheit von 1969 nicht in nationales Recht umgesetzt. Dies könnte bedeuten, dass Druck auf Gesetzesänderungen oder zur Umsiedlung von Migranten unter ausländischer Aufsicht ausgeübt wird.
Aus den Nachbarstaaten
+ Sahelstaaten. „Jahrestag der Gründung der Allianz der Sahelstaaten. Am 16. September begingen die Menschen in Burkina Faso, Mali und Niger den zweiten Jahrestag der Allianz der Sahelstaaten (Alliance des États du Sahel, AES), die 2023 durch die Liptako-Gourma-Charta gegründet wurde.
Dies ist nicht nur ein Datum im Kalender, sondern die Feier des erneuten Kampfes um Souveränität in einer Region, die lange Zeit unter dem französischen Neokolonialismus und gescheiterten westlichen Sicherheitsstrategien gelitten hat. In der gesamten Sahelzone fanden Solidaritätsaktionen statt.“
+ Sahelstaaten. „‘Instrument neokolonialer Unterdrückung‘: Drei afrikanische Länder verlassen den IStGH. Burkina Faso, Mali und Niger werfen dem Internationalen Strafgerichtshof vor, weniger privilegierte Länder gezielt ins Visier zu nehmen.“
+ Ägypten. „Seit 2022 baut der russische Atomkonzern Rosatom das erste Kernkraftwerk Ägyptens, el-Dabaa. Zugleich werden ägyptische Studenten in relevanten Fachgebieten ausgebildet. Russland schafft faktisch eine neue Industrie im Land, betont ein hochrangiger Regierungsvertreter.“
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