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Schlagwort: Zentralbank

Kurznachrichten Libyen – 21. bis 31. August 2024  

Aufruf zu Revolutionsfeiern am 1. September / Saif al-Islam Gaddafi nimmt Stellung zur Rückgabe von Immobilien / Präsidialrat übernimmt in Abstimmung mit Dabaiba-‚Regierung‘ Libysche Zentralbank (CBL) – Bisheriger CBL-Chef al-Kebir flieht ins Ausland – Als Reaktion erklärt die Hammad-‚Regierung‘ und das Parlament im Osten die Schließung aller Erdölfelder, Verladehäfen und sonstiger Ölanlagen / AFRICOM in Bengasi und Tripolis / Weiter Zoff um Grenzübergang Ras Adschdir / Parlamentspremier Osama Hammad in Mauretanien und im Tschad / Aoun bleibt laut Gericht Erdölminister / al-Mischri als Staatsratsvorsitzender bestätigt / Schwere Unwetter auch im Norden Libyens

Absetzung des CBL-Chefs al-Kebir und Schließung aller Ölfelder und Anlagen

+ Stand 31. August: Dramatische Zuspitzung beim Streit um die Erdöleinnahmen. Die Libysche Zentralbank (CBL) wurde im Handstreich vom Präsidialrat gekapert, der mit der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis unter einer Decke steckt. Der bisherige CBL-Chef, as-Siddiq al-Kebir, verließ fluchtartig das Land. Aus Protest dagegen schloss die Parlaments-‚Regierung‘ im Osten die Erdölfelder und Verladehäfen. Der libysche Erdölexport geht daraufhin um 75 Prozent zurück.
Befürchtet wird, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ in Zusammenarbeit mit dem Präsidialrat auch das Parlament und den Staatsrat auflösen und die Spaltung Libyens vorantreiben will.
https://gela-news.de/libyen-die-einen-haben-das-geld-die-anderen-haben-das-oel

+ Die USA ließen am 31. August verlauten, dass „die Unsicherheit, die durch die jüngsten einseitigen Maßnahmen geschaffen wurde, dazu geführt haben, dass us-amerikanische und internationale Banken ihre Beziehungen zur CBL neu bewerten und in einigen Fällen die Finanztransaktionen pausieren lassen, bis es mehr Klarheit über die legitime Regierungsführung der CBL gibt. Wir sind besorgt, dass weitere Störungen mit internationalen Korrespondenzbanken der libyschen Wirtschaft und dem Wohlergehen der libyschen Haushalte schaden könnten.“
Die Dabaiba-‚Regierung‘ fühlte sich durch die US-Erklärung bestätigt. Sie ließ verlauten: „Wir bekräftigen unser Engagement, die Souveränität Libyens und unser anhaltendes Vertrauen in den US-Dollar und die US-Institutionen zu respektieren, insbesondere angesichts der aktuellen Herausforderungen, Spannungen und des Kampfes um Einfluss in Afrika.‎“
https://libyaherald.com/2024/08/u-s-calls-for-steps-to-maintain-the-credibility-of-the-cbl/
https://libyaherald.com/2024/08/tripoli-libyan-government-responds-to-u-s-statement-on-cbl-crisis-sees-statement-as-positive/

+ Parlamentspräsident Agila Saleh lehnte am 31. August weiterhin die Entscheidung des Präsidialrats, einen neuen CBL-Chef zu ernennen und die Verwaltung der Bank umzustrukturieren, entschieden ab. Saleh forderte Gespräche mit dem Staatsrat bezüglich der Umsetzung der vom Wahlvorbereitungsausschusses erarbeiteten Ergebnisse.
https://libyareview.com/47842/libyan-parliament-speaker-upholds-stance-on-libyas-central-bank-crisis/

+ Al-Kebir schlug dem Parlamentspräsidenten Agila Saleh in einem Brief mehrere Namen für die Mitgliedschaft im Direktorium der Zentralbank vor. Auf der Liste stehen Ahmed Faradsch al-Hassi, Tariq Faradsch al-Warfalli, Wissam as-Saadi al-Kilani, Ali Abdul Rahman Dhawi, Abdul Latif at-Tunisi und Abu Bakr al-Dschaffal.
https://x.com/libyapress_2010/status/1830006700868292762
https://x.com/SaifFuture/status/1830011489509429340

Grenzübergang Ras Adschdir / Zuwara

+ Milizen in Zuwara riefen am 23. August für alle Militärsektoren der Stadt Alarm aus und sperrten die Hauptstraße. Jede Streitmacht, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit, die sich den Verwaltungsgrenzen der Stadt Zuwara nähere, sei ein legitimes Ziel.
[Es geht um die Kontrolle des Grenzübergangs zu Tunesien, Ras Adschdir.]
https://x.com/libyapress_2010/status/1826728335919165853

+ Die Sicherheitspolizei des Grenzübergangs von Ras Adschdir kündigte am 26. August den Stopp des Transitverkehrs in Richtung Tunesien an.
https://x.com/libyapress_2010/status/1828154198644691062

+ Am 27. August erreichten bewaffnete Konvois aus Tripolis, die Salah an-Namrusch, stellvertretender Generalstabschef der westlibyschen Milizen, bereits angekündigt hatte, die Küstenstraße bei Abu Kamasch (Zuwara), die von Einheimischen blockiert worden war. Es kam zu Zusammenstößen.
https://x.com/libyapress_2010/status/1828491676861751800

+ Am 28. August erklärte Salah an-Namrusch, dass die Straße zum Ras-Adschdir-Grenzübergang wieder fei und der Transitverkehr möglich sei.
Daraufhin kündigte der Vorsitzende des Obersten Libyschen Berberrates, al-Hadi Barqiq eine allgemeine Mobilmachung an, um die Möglichkeiten des Volkes, die von den Dabaiba-Milizen zerstört werden, zu erhalten. Bei den Zusammenstößen von Abu Kamasch habe es sich um einen bewaffneten Angriff auf einen Sitzstreik von Zivilisten gehandelt. Dies bezeichnete Barqiq als „Milizenterrorismus“ und ein Vorspiel zum Bürgerkrieg.
https://x.com/libyapress_2010/status/1828522905568760313
https://x.com/libyapress_2010/status/1828538482589082007
https://x.com/libyapress_2010/status/1828541839068291495
https://x.com/libyapress_2010/status/1828789266950074521

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Libyen: Die einen haben das Geld, die anderen haben das Öl

Dramatische Zuspitzung beim Streit um die Erdöleinnahmen. Die Libysche Zentralbank (CBL) wurde im Handstreich vom Präsidialrat gekapert, der mit der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis unter einer Decke steckt. Der bisherige CBL-Chef, as-Siddiq al-Kebir, verließ fluchtartig das Land. Aus Protest dagegen schloss die Parlaments-‚Regierung‘ im Osten die Erdölfelder und Verladehäfen. Der libysche Erdölexport geht daraufhin um 75 Prozent zurück.
Befürchtet wird, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ in Zusammenarbeit mit dem Präsidialrat auch das Parlament und den Staatsrat auflösen und die Spaltung Libyens vorantreiben will.

Libyens Institutionen

Wie bekannt, rivalisieren in Libyen zwei Regierungen um die Macht. Zum einen die von der ‚internationalen Gemeinschaft‘ anerkannte, sogenannte ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis unter dem Premierminister Abdul Hamid Dabaiba, der in Personalunion auch Verteidigungsminister ist. Zum anderen existiert das im Jahr 2014 mit einer Wahlbeteiligung von nur 18 Prozent gewählte Parlament im östlichen Libyen, das ebenfalls von der ‚internationalen Gemeinschaft‘ anerkannt ist, nicht anerkannt aber ist die vom Parlament berufene Regierung von Premierminister Osama Hammad.

Militärische Unterstützung erhält die Dabaiba-‚Regierung‘ hauptsächlich von Tripolis-Milizen, bekannt durch häufige Scharmützel, die sie untereinander austragen, und von der Nato-Schutzmacht Türkei. Die Tripolis-‚Regierung‘ musste erst kürzlich eine Niederlage einstecken, als ihr Schützling Mohamed Takala gegen Khaled al-Mischri bei der Wahl des Staatsratsvorsitzenden unterlag. Dabaiba schien die Macht zu entgleiten.

Den Osten und Süden Libyens mit den wichtigsten Erdölfeldern wie das Scharara-Ölfeld und Ölverladehäfen wie as-Sidra beherrschen militärisch Khalifa Haftar und seine Söhne mit ihrer Armee, unterstützt von Russland. Daneben sind natürlich auch andere Nato-Staaten in Libyen aktiv, so die USA, Frankreich und Italien.

Neben dem beratenden Organ des Staatsrats existiert der Präsidialrat unter Mohammed al-Menfi, der sich als eine Art offizielles Staatsoberhaupt von Libyen und als Oberbefehlshaber der militärischen Kräfte im westlichen Libyen versteht, und eng mit der Dabaiba-‚Regierung‘ verbündet ist.

Sowohl die Dabaiba-‚Regierung‘ im Westen als auch das Parlament im Osten beziehen ihr Geld, mit dem auch die für den Machterhalt so wichtigen Militär- und Milizkosten beglichen werden, von der Libyschen Zentralbank (CBL) in Tripolis, welche die mit Erdöl- und Erdgasexporten erzielte Einnahmen verwaltet und verteilt und somit die wichtigste Institution Libyens darstellt. Im Verlauf dieses Jahres überwies die National Oil Company (NOC) bereits 11,662 Milliarden USD an die CBL.

Seit Oktober 2011 wurde diese Zentralbank (CBL) von as-Siddiq al-Kebir geführt, Darling von Weltbank und Internationalem Währungsfonds, libyscher Partner und Ansprechpartner für die USA schlechthin. Doch das könnte sich geändert haben.

Die handstreichartige Übernahme der Libyschen Zentralbank

Am 18. August erklärte der Präsidialrat den Chef der Zentralbank, Siddiq al-Kebir für abgesetzt und ernannte an seiner Stelle Mohammed Abdel Salam asch-Schukri zum neuen Chef der CBL. Die Vorzeichen kehrten sich um; war bisher stets al-Kebir vom Parlament bekämpft und – wenn auch folgenlos – als abgesetzt erklärt und asch-Schukri präferiert worden, lief nun das Parlament mit Unterstützung von Haftar und seinem Militär Sturm gegen die Absetzung al-Kebirs und will ihn unbedingt im Amt halten. Was war geschehen?

Al-Kebir wurde seit einiger Zeit vorgeworfen, den ostlibyschen Wünschen mehr gewogen zu sein und die Gelder zum Vorteil des Parlaments und dessen Haftar-Militär und zum Nachteil der Dabaiba-‚Regierung‘ und deren Tripolis-Milizen umschichten zu wollen. Bereits Ende 2023 war al-Kebir für einige Wochen in die Türkei geflüchtet, da er sich von den Tripolis-Milizen bedroht fühlte.

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