Parlament und Staatsrat einigen sich auf neuen Zentralbankvorstand / Siddiq al-Kebirs Zeiten als Chef der Libyschen Zentralbank sind vorbei / Ölförderung sollte wieder anlaufen
Wie berichtet, wurde der seit 2011 die Libysche Zentralbank (CBL) leitende as-Siddiq al-Kebir vom Präsidialrat in Tripolis am 18. August 2024 für abgesetzt erklärt. Die Räumlichkeiten der Zentralbank wurden im Handstreich eingenommen und Muhammad asch-Schukri als neuer CBL-Chef ausgerufen. Das Parlament im östlichen Libyen lief dagegen Sturm, da die Ernennung und Absetzung des Zentralbankchefs dem Parlament in Absprache mit dem Staatsrat obliegt und nicht dem Präsidialrat. Allerdings hatte das Parlament vormals al-Kebir ebenfalls abgesetzt und an seiner Stelle auch Muhammad asch-Schukri eingesetzt. Diese Entscheidung machte das Parlament nun rückgängig und verlangte die Wiedereinsetzung von al-Kebir.
Die Absetzung al-Kebirs durch den Präsidialrat soll in Absprache mit der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis erfolgt sein. Grund soll die Unzufriedenheit mit der Neuverteilung der Ölgeldeinnahmen zu Gunsten der östlichen Machthaber gewesen sein.
Als Protest gegen die Absetzung von al-Kebir stoppte der östliche Militärmachthaber Khalifa Haftar die Erdölförderung und sperrte die Erdölanlagen, was Libyen an den Rand des wirtschaftlichen Ruins brachte. Haftar soll allerdings Erdöl auf eigene Rechnung exportiert haben. Ali Misbah Abu Sabiha, Vorsitzender des Obersten Rates der Stämme und Städte von Fezzan, warnte, dass Libyen eine Spaltung des Landes drohe.
Al-Kebir hatte stets die Unterstützung der USA und der ‚internationalen Gemeinschaft‘, denen vor allem wichtig war, dass Erdöl- und Erdgas flossen. Dafür verteilte al-Kebir die Gelder an die östlichen und westlichen Machthaber, die damit ihre Milizen finanzierten, die sie bis heute an der Macht halten und die Spaltung vorantreiben.
An einem größeren Konflikt schien allerdings niemanden gelegen zu sein, denn auch auf Intervention der UNSMIL unter der Leitung der US-Amerikanerin Stephanie Khoures wurde am 30. September 2024 eine Kompromisslösung gefunden, der sowohl das Parlament als auch der Staatsrat zustimmten. Weder kehrt al-Kebir in das Amt zurück, noch wird dieses von Muhammad asch-Schukri oder seinen Stellvertretern ausgeübt, sondern Nadschi Issa Belkasim wurde zum neuen Gouverneur der Libyschen Zentralbank ernannt. Den Stellvertreterposten erhielt Marei Mufta Rahil al-Barasi. Innerhalb von 10 Tagen nach der Ratifizierung der Vereinbarung soll ein neuer Bankvorstand gebildet werden. Nadschi Issa ist seit über 30 Jahren im libyschen Bankwesen tätig und war auch Berater von al-Kebir.
Es wird erwartet, dass der östliche Militärmachthaber Khalifa Haftar den Stopp der Ölförderung aufhebt.
Die Vorgänge um die Zentralbankkrise im Detail
+ Ali Misba Abu Sabiha, Vorsitzender des Obersten Rates der Stämme und Städte des Fessan erklärte: Sollten sie sich nicht über die Aufteilung der Beute einigen können und die CBL-Krise durch die Ernennung einer Marionette zum CBL-Chef beenden, wird es zur Spaltung des Landes kommen.
https://x.com/libyapress_2010/status/1837204918915985774
+ Issa al-Araibi, Vorsitzender des parlamentarischen Energieausschusses drohte mit einer Spaltung der Zentralbank in eine Tripolis- und eine Bengasi-CBL.
https://x.com/libyapress_2010/status/1837428183928340484
+ Am 22. September brach der libysche Dinar im Scharzmarkt aufgrund der Auswirkungen der CBL-Krise und der Schließung von Ölfeldern gegenüber dem Dollar ein, so dass der Preis für einen USD bei 8,09 LYD lag.
https://x.com/libyapress_2010/status/1837779590879523315
+ Der libysche Dinar brach gegenüber dem USD weiter ein. Der Preis für einen USD stieg auf 9,35 LYD.
https://x.com/libyapress_2010/status/1837841388299333689
+ Der hohe USD-Preis trieb die Warenpreise auf Rekordniveau. Libyen erlebte einen starken Anstieg für Grundnahrungsmittel, was das Leid der Bürger, die unter der Last einer zunehmenden Wirtschaftskrise leben, noch verschlimmerte.
https://x.com/libyapress_2010/status/1837900952927387745
+ Es wird befürchtet, dass die CBL-Krise dazu führen könnte, dass die libyschen Öleinnahmen unter internationale Vormundschaft geraten. Spekuliert wird, dass ausländische Kräfte Libyen ein Programm „Nahrung für Öl“ auferlegen.
https://x.com/libyapress_2010/status/1837536092179853318
https://x.com/libyapress_2010/status/1837542318745829628
+ Der US-Gesandte für Libyen, Richard Norland, erklärt, dass der Schritt des Präsidialrats, al-Kebir, auch genannt „der große Freund“, zu entlassen, einseitig war. Die Situation sei auch schwierig, weil unklar sei, wer die Wahlen zum Vorsitzenden des Staatsrats gewonnen hat, al-Mischri oder Takala, und wer im Staatsrat tonangebend sei.
https://x.com/libyapress_2010/status/1837854534044938712
https://x.com/libyapress_2010/status/1837854462590816431
https://x.com/libyapress_2010/status/1837864355779826135
https://x.com/libyapress_2010/status/1837865011731136760
https://x.com/libyapress_2010/status/1837891188445052930
+ Laut LibyaDesk sind aufgrund des makroökonischen Schocks durch die Turbulenzen um die Besetzung des Amtes der Zentralbankchefs und die Schließung der Ölfelder soziale Unruhen zu erwarten. Der LYD verfalle und die Preise steigen. Allerdings habe sich die Kraftstoffkrise aufgrund von Lieferungen aus dem östlichen Libyen beruhigt.
Bezüglich der Zentralbankkrise fehlten signifikante Fortschritte, Agila Saleh bespräche sich nur mit al-Mischri vom Staatsrat. Bezüglich der internationalen Verbindungen und dem finanziellen Stand des Landes existierten vor ehemaligen und der aktuellen CBL-Führung widersprüchliche Aussagen.
https://news.libyadesk.com/macroeconomic-turmoil-lays-groundwork-for-social-unrest-in-libya/
https://news.libyadesk.com/the-central-bank-crisis-puts-libya-at-an-impasse/