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Schlagwort: Libyen (Seite 1 von 42)

Der UN-Sondergesandte für Libyen reicht seinen Rücktritt ein

Abdoulaye BathilyAm 16. April gab der UN-Sondergesandte für Libyen, Abdoulaye Bathily, während einer Pressekonferenz in New York offiziell seinen Rücktritt bekannt. Nachfolgerin wird seine bisherige Stellvertreterin und US-Amerikanerin Stephanie Khoury. Ein abgekartetes Spiel.

Der senegalesische Politiker und Diplomat Abdoulaye Bathily war seit dem 3. September 2022 Leiter der UN-Sondermission in Libyen (UNSMIL). Er hatte die Nachfolge des Slowaken Jan Kubis angetreten, der seinerseits im November 2021 überraschend zurückgetreten war. Von November 2021 bis zum Amtsantritt von Bathily bestimmte die US-Amerikanerin Stephanie Williams den UN-Kurs in Libyen. Die US-Amerikanerin Stephanie Khoury wurde nun zur neuen UN-Sondergesandten für Libyen ernannt.

Die Nachfolge

Vor dem Amtsantritt Bathilys war die Stelle des UNSMIL-Leiters lange unbesetzt geblieben, da im UN-Sicherheitsrat keine Einigung über den Nachfolger von Kubis erzielt werden konnte. Die Ernennung des Afrikaners Abdoulaye Bathily im September 2022 wurde weithin positiv aufgenommen. Den Stellvertreterposten bekam im März 2024 die US-Amerikanerin Stephanie Khoury.  Und so wiederholt sich auch jetzt bei Bathilys Rücktritt das Spiel, das die UN bereits mit Stephanie Williams betrieben hatte, nämlich dass in kritischen Zeiten wiederum eine US-Amerikanerin den Posten des UN-Sondergesandten für Libyen besetzt.

Dieses gängige Muster ist immer wieder zu beobachten. Die USA stimmen zwar einer Stellenbesetzung zu, drücken dafür aber als Stellvertretung eigene Wunschkandidaten durch. Bei Bedarf entledigt man sich des Chefs und setzt seinen Stellenvertreter an dessen Stelle. Jetzt also eine Stephanie Khoury in Libyen.

Bathilys Scheitern

Bathily hatte sich kurz vor seiner Rücktrittsankündigung bezüglich der libyschen Politiker dahingehend geäußert, dass „es mit einem tiefen Gefühl der Enttäuschung einhergeht und entmutigend ist, Personen in Machtpositionen zu sehen, die ihre persönlichen Interessen über die Bedürfnisse ihres Landes stellen“. Es sei hartnäckiger Widerstand geleistet worden, um die Wahlen zu verzögern. Die Wünsche von 2,8 Millionen registrierter libyscher Wähler würden missachtet. Die Schuld daran gab Bathily dem Präsidenten des Hohen Staatsrats, Mohamed Takala, dem Premier der Tripolis-Regierung, Abdul Hamid Dabaiba, dem Parlamentspräsidenten Agila Saleh, dem LNA-Kommandeur General Khalifa Haftar und dem Präsidialratspräsidenten Mohamed al-Menfi.

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Kurznachrichten Libyen – 01. bis 15. April 2024

Gerade erreichte uns die Nachricht, dass Abdoulaye Bathily am 16. April seinen Rücktritt vom Amt des UN-Sondergesandten für Libyen erklärt hat.

Militärische Lage verschärft sich / Zusammenstöße von Milizen im westlichen Libyen / US-Militär in Luftwaffenstützpunkten von Misrata und Uqba bin Nafi (al-Watija) / Schwere Korruptionsvorwürfe gegen Dabaiba / Grenze Ras Dschadir bleibt geschlossen / Russland rüstet im Osten auf / Das BIP ist seit 2010 um 54 Prozent gesunken

Angespannte Lage

+ Die Milizen wissen, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ weder über Autorität noch über das Gewaltmonopol verfügt, nicht in der Hauptstadt Tripolis, nicht im westlichen Libyen und im gesamten Libyen sowieso nicht. Die Vorgänge in Tripolis wurden von Dabaiba nicht einmal kommentiert. Wenn die UNSMIL (UN-Sondermission für Libyen) fordert, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sei dies heuchlerisch, denn dort wisse man genau, dass die Dabaiba-,Regierung‘ nicht in der Lage ist, die Milizen, von denen sie gestützt wird und die ihre Existenz garantieren, zur Rechenschaft zu ziehen. Da die Dabaiba-‚Regierung‘ an der Macht bleiben möchte, gaukelt sie eine Art von Stabilität vor. Ebenso möchten die Milizen, die finanziell bestens von der instabilen Lage profitieren, keinesfalls eine Veränderung wie sie durch demokratische Wahlen herbeigeführt werden könnte. Auch der Ruf nach Wahlen von der sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ sind reine Lippenbekenntnisse, insgesamt ist man mit den bestehenden Verhältnissen zufrieden.
https://libyaherald.com/2024/04/tripolis-latest-brief-militia-clashes-have-wide-international-consequences-analysis/

+ Die französische Zeitung Le Monde berichtet darüber, wie die Dabaiba-‚Regierung‘ erodiert. Das Land stehe derzeit am Rande des Staatsbankrotts, die Sicherheitslage in der Hauptstadt Tripolis sei schlecht und die Spannungen mit dem Befehlshaber der Libyschen Nationalarmee (LNA), Khalifa Haftar, nähmen zu. Dazu käme der Streit mit dem Chef der Libyschen Zentralbank al-Kebir. Zwischen al-Kebir und Ibrahim Dabaiba, einem Neffen von Abdul Hamid Dabaiba, soll der Streit so heftig gewesen sein, dass al-Kebir aus Angst um seine Sicherheit fast eineinhalb Monate in der Türkei Zuflucht gesucht habe, bevor er nach Tripolis zurückkehren konnte. Beide Seiten werden von unterschiedlichen Milizen unterstützt: Dabaiba von der 444. Brigade unter Mahmoud Hamza und al-Kebir von der Rada Force unter Abdul Rauf Kara. Durch die Kämpfe um den Grenzübergang zu Tunesien Ras Dschadir werde das Land weiter destabilisiert.
Libyen stecke in einer verhängnisvollen Sackgasse fest. Neu sei, dass die rivalisierenden politischen Kräfte inzwischen unterschiedslos im Osten und Westen agieren und nicht mehr in östliche und westliche Territorien aufgeteilt werden können.
Le Monde schlussfolgert, dass das Pulverfass Libyen in Kürze explodieren könnte.
 https://www.lemonde.fr/afrique/article/2024/04/03/en-libye-l-assise-du-premier-ministre-dbeibah-fragilisee_6225825_3212.html

+ Der Parlamentsausschuss für Verteidigung und nationale Sicherheit verurteilte Dabaibas Verfügung, ein Grundstück am Misrata Luftwaffenbasis Air College an AFRICOM zu übergeben. AFRICOM will von dort aus ‚Terrorismusbekämpfung‘ betreiben.
Der Ausschuss bezeichnete diese Entscheidung als nicht zu rechtfertigen und sah darin eine faktische Übergabe des Landes an ausländische Streitkräfte. Dabaiba sei für die Anwesenheit ausländischer Militärs verantwortlich. Rückkehr der Kolonialstützpunkte.
Nicht erwähnt wurde, dass der Befehlshaber der LNA, Khalifa Haftar, den größten Teil Ostlibyens den Russen überlassen hat.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1779920487457382655

+ Das Büro des US-Verteidigungsattachés besuchte am 5. April Militäreinheiten der Dabaiba-‚Regierung‘ in Misrata und Khoms.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1776011672236306526

+ In einer zunehmend prekärer werdenden Sicherheitslage, insbesondere in der libyschen Hauptstadt Tripolis, bildet das US-Unternehmen Amentum Mitglieder von Tripolis-Milizen aus. US-Militär wird auf dem Militärstützpunkt Uqba bin Nafi (al-Watija) stationiert. Washingtons Mann in Libyen ist der allseits unbeliebte ‚Premier‘ in Tripolis, Abdul Hamid Dabaiba.
https://gela-news.de/amentum-in-libyen-waehrend-sich-im-westlichen-libyen-immer-wieder-milizen-bekaempfen-weiten-dort-die-usa-ihren-militaerischen-einfluss-aus

+ Am 06. April lief ein türkisches Frachtschiff beladen mit Waffen, Raketen und militärischer Ausrüstung im Hafen von al-Chams (westliches Libyen) ein.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1776720680039453008

Milizenkämpfe im westlichen Libyen

+ Ein bei Milizenkämpfen in der westlibyschen Stadt Zawiya am 3. April durch Querschläger verletzter Zehnjähriger ist im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen. Bei den Kämpfen wurden drei weitere Jugendliche verletzt, mehrere Fahrzeuge zerstört und elektrische Leitungen beschädigt.
https://libyareview.com/43055/ten-year-old-boy-falls-victim-to-militia-clashes-in-al-zawiya/

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Amentum in Libyen. Während sich im westlichen Libyen immer wieder Milizen bekämpfen, weiten dort die USA ihren militärischen Einfluss aus

Frieden für LibyenIn einer zunehmend prekärer werdenden Sicherheitslage, insbesondere in der libyschen Hauptstadt Tripolis, bildet das US-Unternehmen Amentum Mitglieder von Tripolis-Milizen aus. Washingtons Mann in Libyen ist der allseits unbeliebte ‚Premier‘ in Tripolis, Abdul Hamid Dabaiba.

Amentum ist ein US-Unternehmen, das in Zusammenarbeit mit dem US-Außenministerium Antiterror-Programme, das heißt Training von Sicherheitskräften ausländischer Staaten, durchführt. Das Ziel von Amentum in Libyen sei es, die von den USA trainierten Milizenmitglieder in die militärischen Kräfte der Dabaiba-‚Regierung‘ zu integrieren. Es soll eine Vereinbarung über die Ausbildung von drei bewaffneten Milizen mit Abdul Hamid Dabaiba geben.

Nachdem westliche Staaten aus den Sahelländern Niger, Mali und Burkina Faso vertrieben wurden, verbrachten die USA am 11. April einen Teil ihrer Streitkräfte sowie militärische und logistische Ausrüstung von ihrem bisherigen Militärstützpunkt in Agadez (Niger) zum Luftwaffenstützpunkt Uqba bin Nafi (al-Watija) im westlichen Libyen, den das Nato-Mitglied Türkei seit 2020 besetzt hält. Die US-amerikanische paramilitärische Gruppe habe bereits mit intensiver Luftaufklärung im Bereich des Mitiga-Luftwaffenstützpunkts bei Tripolis und des Uqba-bin-Nafi-Stützpunkts (al-Watija) begonnen. Die USA wollen nach dem Rauswurf aus dem Niger unbedingt weiter den nordafrikanischen Raum überwachen sowie ihren Verbündeten in Tripolis, Abdel Hamid Dabaiba, schützen. Dessen Machtbasis bröckelt, nachdem verschiedene Milizen im Westen von ihm abgefallen sind und immer wieder Milizenkämpfe, auch innerhalb Tripolis, aufflammen.

USA dementieren – ein bisschen

Der Sprecher des US-Außenministeriums dementierte, dass Amentum „mehrere bewaffnete Gruppen ausbildet“. Allerdings bestätigten die USA die Ausbildung von libyschen Sicherheitskräften, „die meisten“ dieser Ausbildungen fänden aber nicht in Libyen selbst, sondern im Rahmen eines „globalen Programmes“ außerhalb des Landes statt. Koordiniert werde das Ganze vom „Büro für diplomatische Sicherheit“.

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Kurznachrichten Libyen – 16. bis 31. März 2024

Eklat um Kontrolle des Grenzübergangs Ras Dschadir / Streit um Einführung einer Devisenwechselsteuer / Proteste gegen Absetzung von Gas- und Ölminister Aoun / Raketenangriff auf Wohnhaus von Abdel Hamid Dabaiba / Auch LNA setzt Teilnahme am Versöhnungsprojekt aus

Rückblick

+ Am 19. März 2011 wurden die ersten Nato-Bombenangriffe auf Libyen geflogen.
https://gela-news.de/die-un-resolution-1973-vom-17-maerz-2011-und-der-beginn-des-nato-bombenkriegs-gegen-libyen-aus-spaeterer-britischer-sicht

+ Gedenktag 28. März: Am 28. März 1970 verließ der letzte britische Soldat die Al-Adam-Militärbasis in Tobruk, die anschließend in Gamal-Abdel-Nasser-Militärbasis unbenannt wurde. Damit waren alle Briten von libyschen Militärstützpunkt vertrieben.
2011 kehrten die Briten während des Nato-Krieges nach Libyen zurück.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1774285883933409439

Auseinandersetzung um libysch-tunesischen Grenzübergang Ras Dschadir und dessen Schließung

+ Am 19. März wird von bewaffneten Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften des Innenministeriums der Dabaiba-‚Regierung‘ und lokalen Milizen aus Zuwara auf der libyschen Seite des Grenzübergangs Ras Dschadir zu Tunesien berichtet. Die tunesischen Behörden haben ihre Seite des Grenzübergangs geschlossen. Zuwara ist eine Berber-Stadt, die die Kontrolle über den Grenzübergang nicht aufgeben wollen. An der Grenze boomt der Schmuggel von subventionierten Gütern, insbesondere Treibstoff, nach Tunesien.
Der Gemeinderat von Zuwara machte die Tripolis-‚Regierung‘ für „ das Chaos und die Unruhen, die aus ihren provokativen Aktionen resultieren“. Sie forderte Dabaiba auf, einzugreifen und den „Provokationen“ seines Innenministers Imad Trabelsi ein Ende zu setzen. Der Grenzübergang wurde mit Berber-Fahnen geschmückt.
https://libyaherald.com/2024/03/armed-clashes-between-government-forces-and-local-zuwara-forces-at-libyan-tunisian-border-crossing-tunisia-closes-border/
https://libyareview.com/42555/investigation-reveals-extortion-by-militias-at-libya-tunisia-border/
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1770130782943686874
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1770664957459235007
Foto: https://twitter.com/SaifFuture/status/1771709335866851740

+ Am 25. März bewegten sich schwer bewaffnete Militärfahrzeuge in Konvois unter der Berber-Flagge von Nafusa in Richtung Zuwara , um die Milizen zu unterstützen, die den Grenzübergang Ras Dschadir  kontrollieren.
Der Oberste Rat der Berber (Amazigh) machte die Dabaiba-‚Regierung‘ für den möglichen Ausbruch eines Krieges verantwortlich, der sich von der Küste bis in die Berge ausweiten könne, falls Zuwara angegriffen oder Ras Dschadir gewaltsam zurückerobert werde.
Es wird vermutet, dass der Innenminister in Tripolis, Imad Trabelsi, nicht über ausreichende militärische Kräfte verfügt, um die Militanten am Grenzübergang Ras Dschadir zu besiegen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1772337027872116807
https://twitter.com/SaifFuture/status/1772286880110858579

+ Der Innenminister der Dabaiba-‚Regierung‘, Imad Trabelsi, erklärte, auch mit Gewalt die Kontrolle über den Grenzübergang wieder erlangen zu wollen. Trabelsi erklärte auch, dass Zuwara subventionierten Treibstoff für die libysche Bevölkerung abzweigt, um damit Schmuggelgeschäfte zu betreiben.
Erdöl wird von der Zawiya-Raffinerie über den Fischereihafen in Zuwara zu Öltankern und Seebanden geschmuggelt.
https://libyaherald.com/2024/03/after-loss-of-control-of-the-libyan-tunisian-border-crossing-to-local-militias-interior-minister-vows-to-regain-control-even-through-use-of-force/
https://twitter.com/SaifFuture/status/1771151569280479596
https://twitter.com/SaifFuture/status/1771154955459506460

+ Als Reaktion auf die Übernahme des Grenzübergangs Ras Dschadir durch die Berber von Zuwara erteilte der stellvertretende Generalstabschef der Westregion, Generalleutnant Salah an-Namrusch, sieben bewaffneten Gruppen und Brigaden die Anweisung, sich zusammenzuschließen und rasch ein vollständig mit Personal und Waffen ausgestattetes Bataillon aufzustellen.
Die in dem Befehl genannten Brigaden sind die Infanteriebrigade 555, die Kampfbrigade 444, das Infanteriebataillon 103, die Mechanisierte Brigade 111 und die Infanteriebrigaden 51, 52 und 62, was auf eine umfassende militärische Mobilisierung hindeutet.
https://libyareview.com/42751/libya-orders-rapid-mobilisation-of-forces/

+ Aufnahmen vom 27. März zeigten, wie sich ein großes Militäraufgebot der Tripolis-‚Regierung‘ in Richtung zum tunesischen Grenzübergang Ras Dschadir bewegt.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1773033053155099105
Foto: https://twitter.com/alwasatengnews/status/1773009431942345206/photo/1

+ Am 28. März wird berichtet, dass die Militärkräfte aus Tripolis, die Joint Task Force, die Kontrolle über den libysch-tunesischen Grenzübergang Ras Dschadir wiedererlangt haben. Die Berberbeflaggung wird vom Grenzübergang und von der östlichen Einfahrt nach Zuwara entfernt.
https://libyaherald.com/2024/03/tripoli-government-forces-regain-control-over-ras-jedir-libyan-tunisian-border-crossing/
Foto: https://twitter.com/alwasatengnews/status/1773404719634903291/photo/1
https://twitter.com/SaifFuture/status/1773065374876975544

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Die UN-Resolution 1973 vom 17.  März 2011 und der Beginn des Nato- Bombenkriegs gegen Libyen aus späterer britischer Sicht

Muammar al-Gaddafi

Vor genau 13 Jahren, am 17. März 2011, besiegelte eine UN-Resolution den Untergang Libyens.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des britischen Unterhauses legte im Jahr 2016 einen Bericht vor, in dem die Inkompetenz und Ignoranz der britischen Regierung und ihrer Geheimdienste beim Nato-Krieg gegen Libyen offengelegt wurde. Der Bericht befasste sich sowohl mit den wahren Gründen für den Regime Change in Libyen als auch mit dessen verheerenden Folgen. 

Die Aufgabe des Ausschusses war es, die Intervention und den Zusammenbruch des libyschen Staates zu untersuchen sowie künftige politische Optionen des Vereinigten Königreichs zu eruieren.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten ist ein vom britischen Unterhaus eingesetztes Gremium zur Prüfung von Ausgaben, Verwaltung und Politik des Außen- und Commonwealth-Amtes und der damit verbundenen öffentlichen Einrichtungen.

Der Bericht des britischen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten von 2016 [1]

Im März 2011 führten Großbritannien und Frankreich mit der Unterstützung der USA die ‚internationale Gemeinschaft‘ bei der Intervention in Libyen an. Offiziell sollte die Intervention dazu dienen, Zivilisten vor Übergriffen zu schützen. Fünf Jahre später, 2016, kam der Bericht des britischen Unterhausausschusses zu dem Ergebnis, dass „diese Politik nicht von einer exakten Geheimdienstarbeit geprägt war. Beispielsweise überschätzte die Regierung fälschlicherweise die Bedrohung der Zivilisten und sie sahen nicht, dass ein signifikanter Teil der Rebellen aus Islamisten bestand. Im Sommer 2011 wurde die begrenzte >Intervention zum Schutz von Zivilisten< zur opportunistischen Politik des Regimewechsels mit militärischen Mitteln ausgeweitet. […] Das Ergebnis war der politische und ökonomische Kollaps, Kämpfe zwischen Milizen und zwischen Stämmen, eine humanitäre und eine Migrantenkrise, umfangreiche Menschenrechtsverletzungen, die Verbreitung des Waffenarsenals von Gaddafi in der ganzen Region und das Anwachsen des IS in Nordafrika.“

Die Spezialistin für Libyen am Royal United Services Institut, Alison Pargeter, äußerte sich in dem Bericht schockiert über den Mangel an Kenntnis „über die historische und regionale Komplexität in Libyen“. Es sei nie gefragt worden, wieso der Aufstand in Bengasi und nicht in der Hauptstadt Tripolis seinen Anfang nahm und die Bedeutung der Stämme und Regionen sei unberücksichtigt geblieben.

In dem Bericht musste eingestanden werden, dass die Luftangriffe der Nato die Bedrohung durch islamistische Extremisten verschlimmert habe. Der Aufstand der ‚Rebellen‘ wäre wohl erfolglos geblieben, wenn er keine militärische Unterstützung durch das Ausland erfahren hätte. Medien wie Al-Jazeera und Al-Arabiya hätten unbewiesene Gerüchte über Gaddafi und die libysche Regierung verbreitet. Die Nato-Bombardierungen hätten Libyen in eine humanitäre Katastrophe gestürzt, tausende Menschen getötet und hunderttausende vertrieben, wodurch Libyen aus dem Land mit dem höchsten Lebensstandard in Afrika zu einem vom Krieg zerrütteten failed state wurde.

Der Bericht stellte fest: „Trotz seiner Rhetorik wurde die Annahme, Muammar Gaddafi hätte das Massaker an Zivilisten in Bengasi angeordnet, durch die verfügbaren Beweise nicht belegt.“ Gaddafi habe im Februar eine emotionale Rede gehalten, in der er sagte, „es sind nur sehr wenige“, „es sind ein paar Terroristen“, und dabei auf al-Kaida-Führer verwiesen, die er als „Ratten“ bezeichnete. Seine Aussage, er werde „Libyen Stück für Stück, Haus für Haus, Wohnung für Wohnung, Gasse für Gasse“ von diesen ‚Rebellen‘ säubern, sei in einem geschmacklos abgemischten Video eines israelischen Reporters weltweit verbreitet worden. Daneben sei Gaddafi vom britischen Außenminister William Hague falsch zitiert worden, der behauptet hatte, Gaddafi habe damit gedroht, „von Haus zu Haus, von Zimmer zu Zimmer zu gehen, um sich an der Bevölkerung von Bengasi zu rächen“. Hague: „Viele Leute werden sterben.“

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Kurznachrichten Libyen – 01. bis 15. März 2024

Wirbel um 27 % Devisenwechselsteuer / Gespräche von libyschen Politakteuren in Tunis und Kairo bezüglich Wahlprozess / Libyen und Türkei scheitern bei Vermittlungsversuch im Sudankrieg

+ Am 02. März werden Milizenkämpfe aus az-Zawiya im Nordwesten Libyens gemeldet, bei denen auch mittelschwere und schwere Waffen zum Einsatz kommen. Es sind mehrere Tote und Verletzte zu beklagen. Die Sicherheit auf der Küstenstraße wurde stark beeinträchtigt. Die Universität stellte größtenteils den Betrieb ein.
https://libyareview.com/42136/libyan-government-calls-for-immediate-ceasefire-in-al-zawiya/

+ 10. März 2024: Beginn des heiligen Fastenmonats Ramadan.

+ Die Menschen in az-Zawiya schmücken die Mauern ihrer Stadt im Ramadan mit Bildern von Muammar al-Gaddafi sowie seiner Söhne Khamis Muammar Gaddafi und Saif al-Islam Gaddafi.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1767508178122555599

+ Während der ‚Premierminister‘ der Tripolis-‚Regierung‘, Abdel Hamid Dabaiba, nicht mehr von den Geschäftsleuten von Misrata, die eng mit der Türkei verbunden sind, unterstützt wird, umwirbt Russland den Oberbefehlshaber der LNA, Khalifa Haftar. Es geht dabei um einen Marinestützpunkt im Hafen von Tobruk und die Errichtung eines Ausbildungszentrums für ihre afrikanischen Söldner nahe Bengasi.“
Voltaire, internationale Nachrichten – N°78 – 15. März 2024

+ Saadi al-Gaddafi postete am 02. März auf X: „Gütige Menschen gibt es überall in Libyen. Ich übersende den guten Menschen in der Stadt Misrata meinen Friedensgruß. Es ist an der Zeit, Mansour Daou und Ahmed Ibrahim freizulassen, um eine nationale Versöhnung und die Rückkehr zu Brüderlichkeit und Harmonie innerhalb der libyschen Bevölkerung zu ermöglichen.“
https://twitter.com/SaadiQaddafi/status/1763822544350548078

+ Während einer groß angelegten Militärübung der Libyschen Nationalarmee (LNA) in der Gegend um Sirte gab sich deren Oberkommandierender Khalifa Haftar kämpferisch. Er erklärte sich bereit, „mutige Entscheidungen zu treffen, um jedem entgegenzutreten, der sich in das Schicksal der Nation einmischt“. Er müsse niemanden um Erlaubnis bitten.
https://www.agenzianova.com/de/news/libia-haftar-alza-la-voce-la-pazienza-sta-per-esaurirsi-pronti-a-decisioni-coraggiose/

Treffen in Tunis und Kairo

+ Bei einem Treffen in Tunesien Ende Februar einigten sich das libysche Parlament und der Staatsrat, insgesamt vertreten mit 120 Mitgliedern, auf die Einsetzung einer neuen Regierung, die den Wahlprozess einleiten soll. Auch ein neuer Premierminister soll bestimmt werden.
Es wurde ein Ausschuss gebildet, der innerhalb eines Monats über den Stand der Bemühungen berichten soll.
https://libyareview.com/42071/libyan-parliament-state-council-agree-to-form-new-government/

+ Auf Einladung des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit, trafen sich in Kairo der Staatsratsvorsitzende Mohammed Takala, der Präsidialratsvorsitzende Mohamed al-Menfi, und Parlamentspräsident Agila Saleh. Einigkeit über das weitere Vorgehen in Libyen bezüglich des Wahlprozesses wurde nicht erzielt, die politische Stagnation hält an.
Voltaire, internationale Nachrichten – N°78 – 15. März 2024

+ Trotzdem gab sich Saudi-Arabien optimistisch und ließ verlauten, es begrüße die Ergebnisse des jüngsten Treffens in Kairo. Auch AL-Generalsekretär Gheit lobte die Gespräche und kündigte die Bildung eines technischen Ausschusses an, um die offenen Fragen zu klären. Es soll ein Folgetreffen geben.
https://libyareview.com/42350/saudi-arabia-welcomes-outcomes-of-arab-league-meeting-on-libya/

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Sudan – der nächste zerstörte afrikanische Staat

Abdel Fattah Burhan

Abdel Fattah al-Burhan

Mohamed Hamdan Dagalo

Mohamed Hamdan Dagalo

In Afrika kämpfen verschiedene Akteure verbittert um Einflusszonen, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Der derzeitig blutigste Schauplatz ist der Sudan, wo es um geostrategische Interessen und um die Ressource Gold geht.

 

Im April letzten Jahres begann der verheerende Krieg im Sudan, den Thierry Meyssan als die schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt, noch vor dem Gaza- oder dem Ukraine-Krieg, bezeichnet. (1) Von der Weltöffentlichkeit weitgehend ignoriert, bekämpfen sich im Sudan zwei ehemals verbündete Generäle, jeweils befeuert von ihren ausländischen Unterstützern, ohne dass ein Ende der Schlachten in Sicht wäre. Die ‚reguläre Armee‘ SAF kämpft für den ‚Regierungschef‘ General Abdel Fattah al-Burhan, die aufständische Miliz Rapid Support Force RSF wird von General Mohamed Hamdan Dagalo (alias Hemeti) befehligt. General al-Burhan ist der Vorsitzende des sudanesischen Übergangsrats, während RSF-Kommandant Dagalo vor Ausbruch der Kämpfe sein Stellvertreter war. Inzwischen ist die al-Burhan-‚Regierung‘ von der Hauptstadt Khartum nach Port Sudan geflohen, wo sie von Ägypten mit Waffen beliefert wird. Al-Burhan hat bereits die Kontrolle über die Hälfte des Landes verloren. Augenblicklich konzentrieren sich die Kämpfe auf al-Faschir, die Hauptstadt von Nord-Darfur. Deren Ausgang könnte sich als entscheidend für den weiteren Kriegsverlauf erweisen. (2)

Inzwischen haben laut den Vereinten Nationen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem offiziellen sudanesischen Militär SAF und den paramilitärischen Milizen der RFS tausende Menschenleben gefordert und mehr als sechs Millionen von Kriegsflüchtlingen innerhalb des Landes erzeugt, weitere 1,7 Millionen Menschen mussten in die Nachbarländer fliehen. (3)

Die bedeutendste Einnahmequelle des Sudans ist der Export von Gold, deren größte Minen Dagalo und seine RSF kontrollieren. Der Sudan liegt bei den Goldproduzenten Afrikas an dritter Stelle.

Ausländische Akteure

Die Unterstützerfronten sind verwirrend. Als sicher gilt, dass Russland auf Seiten der RSF von Dagalo steht, während die USA inzwischen sogar die Ukraine auf Seiten von al-Burhans SAF für sich kämpfen lässt. Allerdings hatte die sudanesische Regierung Russland einen Militärstützpunkt am Roten Meer zugesagt, dieses Abkommen wurde jedoch noch nicht bestätigt. Die Vereinigten Arabische Emirate unterstützen Milizenführer Dagalo und wollen damit Katar, ihren Rivalen und großen Unterstützer der Moslembruderschaft, schwächen, während der ägyptische Präsident as-Sisi, ein ausgemachter Feind der Moslembrüder, der aber aufgrund der riesigen Wirtschaftsprobleme politisch manövrierunfähig, überraschender Weise und vermutlich auf Druck der USA die Position des von der Moslembruderschaft unterstützten al-Burhan stärkt. Im benachbarten Libyen sind die Unterstützerseiten ebenso gespalten wie das Land selbst: Der Osten unter der Herrschaft der Libyschen Nationalarmee LNA und seines Oberkommandierenden Khalifa Haftar verhilft den Dagalo-Milizen zu Erfolgen, während das unter dem Einfluss des Westens, der Moslembruderschaft beziehungsweise der Türkei stehende westliche Libyen auf al-Burhan setzt. (4)

Gescheiterte Vermittlungsbemühungen

Ende Februar versuchten die Türkei und der von der ‚internationalen Gemeinschaft‘ in Libyen eingesetzte ‚Premierminister‘ Abdul Hamid Dabaiba im Sudan-Konflikt zu vermitteln. Dazu hatte der den Moslembrüdern nahestehende Dabaiba al-Burhan und Dagalo zu „indirekten“ Gesprächen in die libysche Hauptstadt Tripolis eingeladen – direkte Gespräche wurden von den Konfliktparteien abgelehnt. Am 26. Februar empfingen Dabaiba und der Vorsitzende des libyschen Präsidialrats, Mohamed al-Menfi, zunächst General al-Burhan, der sich als erstes für die Aufnahme zehntausender Bürgerkriegsflüchtlinge in dem selbst instabilen Libyen bedankte. Drei Tage später, am 29. Februar, traf General Dagalo von der RFS ein, der seine Sicht der Dinge erläuterte.

Die Gespräche führten zu keinem Ergebnis und die libysch-türkische Vermittlungsbemühung gilt als gescheitert, auch wenn Dagalo sie als „fruchtbar und konstruktiv“ beschrieb. (5) Es hieß, Dagalo wäre einem Waffenstillstand mehr zugeneigt gewesen als al-Burhan.

Bei einem anschließenden Besuch in Ägypten konnte al-Burhan die Befürchtungen as-Sisis bezüglich seiner Nähe zur in Ägypten bekämpften Moslembruderschaft nicht entkräften, hatte sich vorher in Tripolis al-Burhan doch heimlich mit dem extrem-islamistischen Mufti al-Gharyan getroffen. (6)

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Nachrichtenüberblick Libyen – 16. bis 28. Februar 2024

Jahrestag der libyschen Nakba (Katastrophe) am 17. Februar 2011 / Kurzfristige Schließung wichtiger Erdgas- und Erdölanlagen / Gerichtsentscheid: MoU mit Türkei bezüglich Kohlenwasserstoffe ungültig / / Zinten zieht Unterstützung für Dabaiba-Regierung zurück / Milizenkämpfe im westlichen Libyen / Absturz des Wohlstandsniveaus und der libyschen Währung

17. Februar 2011 – Tag der Nagba für Libyen

+ Rückblick auf die Ereignisse des 17. Februars 2011 als Beginn des Aufstands gegen die libysche Dschamahirija-Regierung und Oberst Muammar al-Gaddafi. Denkschrift des Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi von 2017.
Für die meisten Libyer ist der Tag des 17. Februar 2011 der Tag der Großen Katastrophe (Nakba).
Nachdem 2020 ein fragiler Waffenstillstand geschlossen wurde, spalten heute zwei illegitime ‚Regierungen‘ Libyen. Die Bevölkerung verarmt, viele politische Gefangene sind immer noch eingesperrt, die Infrastruktur verfällt und die Korruption treibt höchste Blüten, während die sogenannten politischen ‚Führer‘ weiterhin bestrebt sind, Wahlen hinauszuzögern, wenn nicht gar zu verhindern, um sich und ihren ausländischen Patronagen die Macht zu sichern. Libyen ist zum Spielball ausländischer Mächte verkommen.
https://gela-news.de/denkschrift-von-saif-al-islam-von-2017-zu-den-ereignissen-des-jahres-2011

+ Im Osten des Landes wird der 17. Februar nicht mehr gefeiert. Die Dabaiba-‚Regierung‘ versucht sich immer noch mit einer Feier auf dem Grünen Platz in Tripolis.
AgenziaNova spricht von einer immer stärker anwachsenden Bedeutung der Gaddafi-Anhänger in ganz Libyen, die den 17. Februar 2011 als große Katastrophe für das Land empfinden.
https://www.agenzianova.com/en/news/Libya%2C-the-eastern-government-declares-the-UN-envoy-persona-non-grata/

Dabaiba-‚Regierung‘ unter Druck

+ Am 17. Februar 2024, Jahrestag des Beginns der Revolte von 2011, erklärte Zinten öffentlich in einer Videobotschaft, dass es die Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis nicht länger anerkennen will, denn diese sei für die sich ständig verschlechternde Lage in Libyen verantwortlich.
Die Honoratioren von Zinten riefen das gesamte libysche Volk dazu auf, sich zu vereinen.
Die Tripolis-Regierung müsse gestürzt und die ausländischen Militärs aus Libyen vertrieben werden. Ein Oberster Rat solle das Land zu freien und fairen Wahlen führen.
https://libyareview.com/41718/zintan-withdraws-support-for-libyas-gnu-3/

+ In der Stadt Zinten forderten Demonstranten die Absetzung der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis. Die Demonstranten trugen Bilder von Abdulhamid Dabaiba sowie von Ali Dabaiba und seinem Sohn Ibrahim Dabaiba bei sich, denen vorgeworfen wurde, korrupt zu sein, Vetternwirtschaft zu betreiben, das libysche Volk zu verraten und eine Normalisierung mit Israel anzustreben.
https://libyareview.com/41938/public-displays-of-dissent-against-government-of-national-unity-in-libyas-zintan/

+ Das Berufungsgericht von Tripolis annullierte das zwischen der Dabaiba-Regierung in Tripolis und der Türkei geschlossene Memorandum of Understanding (MoU) zu Kohlenwasserstoffen.
Die Dabaiba-‚Regierung‘ hatte nie die Befugnis, solch eine weitreichende Vereinbarung ohne die Zustimmung des  Parlaments, das das MoU mit der Türkei vehement ablehnt, zu treffen.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1759625036007080136

+ Parlamentspräsident Agila Saleh untersagte am 20. Februar allen Behörden und Firmen, Gelder der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis zur Verfügung zu stellen: Namentlich genannt sind u.a.: Libysche Zentralbank, Staatsanwaltschaft, Rechnungsprüfungsbüro, Regulierungsbehörde, Ölkonzerne, Wirtschaftsentwicklungsfonds, Kommunikationsunternehmen.
Als Grund nannte Saleh die rechtswidrige Verschwendung von Mitteln. Die Dabaiba-‚Regierung‘ sei abgelaufen. Jegliche Auszahlung von Mitteln an die Dabaiba-‚Regierung‘ stelle einen Verstoß gegen das Gesetzes Nr. 2 von 1979 über Wirtschaftskriminalität dar.
https://en.alwasat.ly/news/libya/430224

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Ein „Achtes Weltwunder“: Der libysche Great-Man-Made-River

Karte Great-Man-Made-River-Project„Wasser statt Waffen“, unter dieses Motto stellte Muammar al-Gaddafi das größte Wasserbau-Ingenieurwerk der Welt, das der libyschen Bevölkerung die Versorgungssicherheit mit dem wichtigsten aller Lebensmittel garantieren soll. Beschädigt durch Nato-Bomben im Jahr 2011 wird der künstliche Fluss bis heute von Milizen bedroht, und auch seine Instandhaltung ist gefährdet.

Libyen – der wasserreiche Wüstenstaat

Libyen ist ein an Ressourcen zweifach gesegnetes Land, denn sein größter Reichtum ist nicht, wie viele denken, das Erdöl, sondern es ist das Wasser, jenes lebensnotwenige Element, das auf unserem Planeten immer knapper wird und um das deshalb, wie Harald Welzer in seinem Buch über Klimakriege befürchtet, die erbarmungslosesten Kriege des 21. Jahrhunderts geführt werden könnten. (1)

Die Bedeutung von riesigen unterirdischen Süßwasserreservoirs und deren Nutzbarmachung ist in einem Land, das zu 95 Prozent aus Wüste besteht, nicht hoch genug einzuschätzen. Die Wadis füllen sich meist nur einmal im Jahr zur Regenzeit mit Wasser, kein einziger natürlicher Fluss führt das ganze Jahr Wasser. Im Süden Libyens regnet es in manchen Gebieten gerade einmal alle 25 Jahre, wobei die Feuchtigkeit oft noch in der Luft verdunstet. An der Mittelmeerküste mit mediterranem Klima ist zwar in den Wintermonaten mit Regen zu rechnen, doch durch Einsickern des Meerwassers hat das Grundwasser einen relativ hohen Salzgehalt und senkt so die Trinkwasserqualität.

Die Entdeckung der Wasservorkommen

Auf der Suche nach Öl stieß man 1953 in der Sahara unvermutet auf einen riesigen Speicher von fossilem Wasser, den sogenannten Aquifer. Dieser Wasserspeicher aus der letzten Feuchtperiode, als es in der Sahara noch grünte und blühte, ist bis zu 2.000 Meter tief. Das mineralarme fossile Wasser ist zwischen 14.000 und 38.000 Jahre alt und gilt als das größte unterirdische Frischwasservorkommen der Erde. Wichtige Lagerstätten des fossilen Nass‘ sind die vier großen Becken von Kufra, Sarir, Tazerba und Mursuk (Dschebel Hasuna), wo das Wasser in nubischem Sandstein gespeichert ist. Nach Berechnungen des UN-Zentrums für Umwelt und Entwicklung für die arabische Region und Europa (Cedare) in Kairo reichen die Vorräte des Aquifers bei den jetzigen Entnahmeraten noch 4.860 Jahre. (2)

Der Fund großer Mengen Süßwasser in der Wüste kam in den 50er Jahren einem Wunder gleich. Um dieses Wasser nutzbar zu machen, musste ein Plan erdacht werden, wie das Nass zu fördern und an die Küste zu transportieren sei, wo der Großteil der libyschen Bevölkerung lebt. Die libysche Dschamahirija-Regierung gründete in der Ära des Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi 1983 die Great Man-Made River Authority, um das Projekt zu entwickeln und zu verwalten. Es entstand der Plan für eine riesige Wasserpumpanlage in der Gegend der saharischen Kufra-Oase im Südosten des Landes, von wo das Süßwasser durch Röhren mittels eines gigantischen Wasserleitungssystem an die Küste gepumpt werden sollte, um die dort in den Städten lebende  Bevölkerung mit Frischwasser zu versorgen beziehungsweise zur Bewässerung in der Landwirtschaft nutzbar zu machen. Ursprünglich war vorgesehen, die Wüste im Bereich der Wasserförderanlagen im großen Stil als landwirtschaftliche Anbauflächen zu nutzen. Jedoch haben sich die Projekte bei Kufra und Sarir aufgrund der starken Wasserverdunstung und der hohen Kosten nicht als sinnvoll erwiesen, und so wurde die Entscheidung gefällt, das Wasser nicht vor Ort zu verwenden, sondern es an die Küste zu leiten.

Pumpanlagen und Wasserpipelines

1983 vergab Gaddafi die ersten Aufträge an bundesdeutsche Röhrenhersteller und koreanische Baufirmen, doch schon bald gelang es, das gesamte Know-how auf Libyen zu übertragen und die Anlagen in Eigenregie zu übernehmen.

Das an die Oberfläche gepumpte Wasser wird hauptsächlich mithilfe des natürlichen Gefälles, aber auch unter dem Einsatz von Pumpen als großer künstlicher Fluss unterirdisch zur Küste geführt. An der Küste speist das fossile Wasser große, ebenfalls menschengemachte Seen, die durch Verdunstung das Mikroklima verbessern.

1991 wurde der erste Strang der Wasserpipeline eingeweiht. Mit dieser Leitung werden auch heute noch die Städte Adschdabiya und Bengasi im Nordosten sowie Sirte im Zentralnorden versorgt. 1996 folgte die Fertigstellung der Phase 2, die die Hauptstadt Tripolis und 2006 die Stadt Gharian in den Nafusa-Bergen an die fossile Wasserversorgung anschloss. In der Phase 3 wurde auch für die Stadt Tobruk im äußerster Nordosten Libyens die Wasserversorgung durch ein neu erschlossenes Brunnenfeld ermöglicht. Die Planungen sahen vor, dass ab 2013 insgesamt 1.149 Tiefbrunnen 2,4 Milliarden Kubikmeter fossiles Wasser pro Jahr gefördert werden, davon waren 28 Prozent für die Haushalte und 70 Prozent für die Landwirtschaft vorgesehen. Von den insgesamt fünf Bauphasen des Projekts konnten bis zum Ausbruch des Nato-Kriegs gegen Libyen im Jahr 2011 nur die ersten drei realisiert werden.

Das „Achte Weltwunder“

Dieser große künstliche Fluss, dessen Röhren sieben Meter tief im Saharasand versenkt sind, stellt zweifelhaftlos das bedeutendste Projekt der Gaddafi-Ära dar und wurde nicht nur vom Deutschlandfunk als das „Achte Weltwunder“ bezeichnet. (3) Es ist mit 4.000 Kilometern das größte jemals von Menschen erschaffene Röhrensystem der Welt. Die Röhrendurchmesser betragen vier Meter, so dass sogar Lastkraftwagen darin Platz fänden. 2008 fand der Great-Man-Made-River Eingang ins Guinness-Buch der Rekorde.

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Denkschrift von Saif al-Islam von 2017 zu den Ereignissen des Jahres 2011

Saif al-Islam al-GaddafiAm 17. Februar 2024 jährt sich zum 13. Mal der Beginn des sogenannten ‚Aufstands‘ gegen die libysche Dschamahirija-Regierung und Oberst Muammar al-Gaddafi. Sein Sohn, der jetzige Präsidentschaftskandidat Dr. Saif al-Islam Gaddafi, verfasste dazu im Oktober 2017 für den Herland Report eine Denkschrift, die sich mit den schicksalsträchtigen Ereignissen des Jahres 2011 und der darauffolgenden Zeit auseinandersetzt.

Heute stellt sich die Situation in Libyen verändert dar. Nachdem ein fragiler Waffenstillstand geschlossen wurde, ist Libyen durch zwei illegitime ‚Regierungen‘ gespalten. Die Bevölkerung verarmt, viele politische Gefangene sind immer noch eingesperrt, die Infrastruktur verfällt und die Korruption treibt höchste Blüten, während die sogenannten politischen ‚Führer‘ weiterhin bestrebt sind, Wahlen hinauszuzögern, wenn nicht gar zu verhindern, um sich und ihren ausländischen Patronagen die Macht zu sichern. Libyen ist zum Spielball ausländischer Mächte verkommen.

Saif al-Islam Gaddafi ist inzwischen libyscher Präsidentschaftskandidat und dringt auf die baldige Abhaltung demokratischer Wahlen.

DENKSCHRIFT ZU LIBYEN: LÜGEN ÜBER DEN STAAT, SEINE FÜHRUNG UND DIE ARMEE

von Dr. Saif al-Islam Gaddafi [Oktober 2017]

Im Namen Allahs, des Gütigen und Barmherzigen.

Diese Denkschrift hat das Ziel, einige der Sachverhalte klar zu benennen, die in den letzten sechs Jahren das Leiden des libyschen Volkes verursachten. Dr. Saif al-Islam, Sohn von Muammar al-Gaddafi, benennt die am libyschen Volk verübten, furchtbaren Verbrechen.

Diese Verbrechen wurden im Namen einer humanitären Intervention begangen. Es hieß, Zivilisten sollten geschützt, Demokratie und Wohlstand gebracht werden. Die NATO-Staaten griffen Libyen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Waffen und mit Hilfe einiger arabischer Staaten und einzelner Libyer an. Die Rechtfertigung dafür war genauso falsch wie diejenige für die Invasion im Irak 2003, denn in Wirklichkeit handelte es sich um die systematische Zerstörung eines souveränen Staates und einer friedlichen Nation.

Die Denkschrift will diese Verbrechen Menschenrechtsorganisationen, NGOs und der internationalen Gemeinschaft zur Kenntnis bringen, um Libyen und seinen Menschen in ihrem unermüdlichen Einsatz beizustehen, dieses kleine Land wiederaufzubauen.

Libyen am Scheideweg: Der Anfang

Die Agonie Libyens begann am 15. Februar 2011 mit den üblichen Protesten und Demonstrationen für die im Abu-Salim-Gefängnis Inhaftierten. Die Demonstrationen wurden schon bald von Mitgliedern dschihadistischer Gruppen wie der Libyan Islamic Fighting Group LIFG gekapert. Sie griffen Polizeistationen und Armeeunterkünfte in Derna, Bengasi, Misrata und az-Zawaj an, um Waffen für den geplanten Krieg gegen das libysche Volk und seine rechtmäßige Regierung zu erbeuten.

Gleichzeitig wurde eine Propagandamaschinerie in Gang gesetzt. Daran beteiligt waren Al-Jazeera, Al-Arabia, BBC, France 24 und andere Sender, die das libysche Volk aufforderten, sich gegen die Staatspolizei zu stellen, als diese versuchte, Regierungsgebäude und Volkseigentum vor Angriffen und Plünderungen zu schützen.

Auf Straßen, Brücken und in den Gebäuden der Sicherheitskräfte spielten sich entsetzliche Szenen ab, in deren Verlauf die Demonstranten unvorstellbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen. Sicherheitskräften, Militärpersonal und Polizisten wurden die Kehlen durchschnitten, es wurde ihnen das Herz herausgerissen und ihre Körper zerstückelt. Es war eine Show von tierischer Brutalität.

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