Türkisches Parlament billigt Militäreinsatz in Libyen für weitere zwei Jahre / Flugzeugabsturz nahe Ankara mit hochrangigen libyschen Militärs an Bord / Proteste insbesondere in Misrata Zawiya und Tripolis spiegeln Frustration über desaströse wirtschaftliche Lage und Wut über korrupte und unfähige Institutionen und Regierung wider / Pakistan schließt mit Haftar Abkommen über Waffenlieferungen / US-amerikanische Sicherheitsfirma bildet 111. Brigade von az-Zubi aus / Deutlicher Rückgang der Öleinnahmen / Libyen wurde zu illegalem Bitcoin-Handelsplatz / Hannah Tetteh erstattete vor dem UN-Sicherheitsrat Bericht über Lage in Libyen: keine Fortschritte beim politischen Fahrplan / Hoher Anstieg von Depressionen und psychischen Erkrankungen / Weitere Brandausbrüche in al-Asabia / Treffen zwischen Agila Saleh und Takala in Paris geplatzt / Flughafen al-Kufra wichtiges Logistikzentrum für sudanesische Rapid Support Forces / Bewaffnete tschadische Opposition zieht aus Süden Libyens ab / Moussa Ibrahim beim Russland-Afrika-Forum in Kairo
Der 24. und 25. Dezember sind in Libyen offizielle Feiertage aufgrund der Feiern zu Libyens 74. Jahrestag der Unabhängigkeit. Libyen erlangte am 24. Dezember 1951 seine „Unabhängigkeit“ durch die UN-Generalversammlung mit nur einer einzigen Stimme Mehrheit. Die Stimme gehörte dem haitianischen Delegierten, der offenbar „falsch“ abgestimmt hatte.
Besatzungsmacht Türkei
+ Das türkische Parlament billigte am 22. Dezember Erdoğans Dekret zur Verlängerung des Einsatzes türkischer Truppen in Libyen um zwei weitere Jahre.
+ GelaNews: Flugzeugabsturz nahe Ankara mit hochrangigen libyschen Militärs an Bord. An die offizielle Version, die einen technischen Defekt als Ursache benennt, glaubt kaum jemand. Viele stellen sich dagegen die Frage, wer die westlibysche Militärführung aus dem Weg räumen wollte und an wen die Botschaft gerichtet war.
+ Laut Al-Jazeera steht die Türkei in Libyen vor einer heiklen Aufgabe: In den nächsten zwei Jahren gilt es, die potenziellen Gewinne gegen die möglichen Risiken abzuwägen.
Zu den wichtigsten dieser Gewinne zähle die Etablierung eines geopolitischen Stützpunkts in Nordafrika, der der Türkei einen weiten regionalen Einflussbereich verschafft. Die militärische Präsenz schlage sich in politischem Einfluss nieder und positioniere Ankara als unverzichtbaren Partner bei künftigen Vereinbarungen in Bezug auf Libyen.
Diese Präsenz sei Bestandteil einer umfassenderen türkischen Strategie im Mittelmeerraum, in der die militärische Rolle zu einem Eckpfeiler des Aufbaus nachhaltigen regionalen Einflusses und zu einem aktiven Element bei der Gestaltung eines Sicherheitssystems geworden ist, durch das Ankara seine Position als einflussreiche Macht in der regionalen Machtdynamik festigen will.
+ Ali Fuad Gokce (Politologe): Die türkische Präsenz in Libyen birgt Risiken, die sich noch verschlimmern könnten. Aufgrund seiner umfassenderen Pläne im östlichen Mittelmeer ist Ankara gezwungen, seine Partnerschaft mit Libyen aufrechtzuerhalten. Ein Rückzug der Türkei könnte Libyen die Möglichkeit eröffnen, alternative Abkommen über die Abgrenzung der Seegrenzen mit anderen Ländern wie Griechenland oder Italien oder Ägypten abzuschließen, was alle Vorteile zunichtemachen könnte, die Ankara im Rahmen des zuvor mit Tripolis unterzeichneten Abkommens zur Ziehung der maritimen Seegrenzen erzielt hat.
+ Die türkische Zeitung „Muhalif Haber“ schreibt: Die Verlängerung des Einsatzes türkischer Streitkräfte in Libyen um zwei weitere Jahre ist Teil eines Projekts zur Errichtung eines neuen osmanischen Militärstützpunkts. Auf dem Mitiga Flughafen wurde ein Stützpunkt errichtet und moderne Waffen werden per Schiff dorthin transportiert.
Das gegen Libyen verhängte Waffenembargo sei wirkungslos, und ausländische Staaten stellten Milizen Ausbildung und Ausrüstung zur Verfügung. Die türkische Präsenz in Libyen umfasse auch Finanzkriminalitätsnetzwerke. So transferiere das Netzwerk, das im Istanbuler Stadtteil Laleli gegründet wurde und als „Laleli Wäscherei“ bekannt ist, Milliarden Lira über Kreditkarten libyscher Staatsbürger in die Türkei.
Erdogan versuche, seine Militärpräsenz in Libyen durch die Doktrin des Blauen Vaterlandes zu legitimieren, die den Wunsch der Türkei widerspiegelt, die Grenzen des Osmanischen Reiches im Mittelmeer wiederherzustellen.
Proteste / Demonstrationen
+ Der Parlamentsabgeordnete Dschaballah asch-Schaibani: Das Land stürzt, wie 2011 geplant, in den Abgrund. Die einzige verbleibende Lösung ist, auf die Straßen und Plätze zu gehen und Sitzblockaden durchzuführen, um einen vollständigen Stillstand zu erzwingen.
+ Die Bewegung Aufstand der Jugend westlicher Städte rief für Freitag, den 19. Dezember 2025, zu friedlichen Versammlungen auf, um gegen die Liquiditätsknappheit, die hohen Preise, die schlechten Lebensbedingungen und die politische Sackgasse zu demonstrieren.
„Unser Heimatland wird gespalten, und die UN-Mission sowie die Großmächte profitieren davon.“
+ Aufstand der Jugend westlicher Städte Tripolis und az-Zawia kündigte für Mittwoch, der 24. Dezember, einen Volksaufstand gegen Korruption und Spaltung an. Gefordert werde die Abhaltung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sowie eine einheitliche Regierung. Das Motto: Genug der Korruption! Genug des Chaos!
+ Aufstand der Jugend West-Tripolis warnte die Libyer, sich an der für den 24. Dezember geplanten „Nationalkonferenz“ zu beteiligen, die sie als „verdächtig und irreführend“ durch die Dabaiba-‚Regierung‘ bezeichnet. Es handle sich dabei um eine Aneignung des Namens und einen Versuch, den Willen des libyschen Volkes zu umgehen. Dabaiba wolle seine ‚Regierung‘ recyceln.
+ Die Schutztruppen von Tripolis unterstützen die Anti-Dabaiba-Volksbewegung. Die Forderung nach Säuberung der staatlichen Institutionen habe in der jetzigen Phase oberste Priorität.
+ Der Medienvertreter Hassan Bakir rief für den 24. Dezember zu einer Demonstration gegen alle gegenwärtigen politischen Gruppierungen auf, da sie für die Verarmung, den Hunger und die Demütigung der Libyer verantwortlich seien.
+ Die Bewegung Stimme der Gerechtigkeit rief die Libyer dazu auf, vom 24. bis 26. Dezember auf die Straße zu gehen, um gegen die Dabaiba-‚Regierung‘ zu protestieren und deren Rücktritt zu fordern.
+ Die Bewegung Küste und Berge des Westens rief zu Massendemonstrationen gegen die Dabaiba-‚Regierungen‘ und die Parallelregierung von Osama Hammad auf, um gegen das Chaos und die politischen Spaltung zu protestieren. Die UN-Mission sei für die gegenwärtige Situation politisch und moralisch voll verantwortlich. Die Zentralbank müsse die Finanzierung der beiden Regierungen beenden.
„Wir fordern die Bildung einer Einheitsregierung zur Beendigung der Spaltung, deren einzige Aufgabe die Überwachung der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ist.“
+ Am 19. Dezember fanden in Misrata Anti-Dabaiba-Demonstrationen statt. In Sprechchören wird der Sturz von Dabaiba, Haftar, Agila und Hammad gefordert.
Die Staatsanwaltschaft müsse Ermittlungen gegen die „Zwei-Clan-Erdöl-Company“ Arkano einleiten.
+ Am 24. Dezember fanden Demonstrationen in der Stadt az-Zawiya statt, bei denen der Rücktritt der Dabaiba-‚Regierung‘ gefordert wurde.
Demonstranten in Misrata forderten die Auflösung aller politischen Gremien, sowohl im Osten als auch im Westen. Aufstand der Jugend von Misrata hielt vor dem Gerichtsgebäude der Stadt eine Kundgebung ab, in der sie die Entfernung aller politischen Institutionen forderte, da sie zu einer Belastung für die Nation geworden sind. „Nein zur Militärherrschaft… Nein zur Clanherrschaft… Libyen ist ein ziviler Staat, und die Souveränität liegt allein beim Volk.“ Alle korrupten Personen und Kriminellen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Diejenigen, die sich die Hände mit dem Blut von Libyern befleckt oder deren Lebensgrundlage geplündert haben, dürften auf keine Gnade hoffen. Die geplünderten Gelder müssten zurückgegeben werden.
Die Demonstranten bekräftigten, dass die Volksbewegung so lange andauern werde, bis alle Forderungen erfüllt sind, allen voran der Rücktritt der korrupten Regierungen.
Rede von Salah Badi in Misrata: Jeder Libyer hat ein Recht auf seine Heimat; wir haben kein Problem mit den Kindern und Enkeln von Muammar Gaddafi. Diejenigen, die heute das Land führen, die Agenten und Verräter, sind auch diejenigen, die die NATO nach Libyen geholt haben und das Land zurückwarfen. Die Opportunisten und Korrupten haben Libyen in einen Kalten Krieg und einen langsamen Tod gestürzt und konnten sich mit Hilfe ihrer Handlanger und des Abschaums der Gesellschaft an der Macht halten. Jeder korrupte Opportunist, der an die Macht kam und das Volk unterdrückt, muss vertrieben werden.
Diejenigen, die heute Angst haben, auf die Straße zu gehen, sind nahe am Verrat, denn das Land wird gedemütigt, auch von den Banken. Schande über diejenigen, die in ihren Häusern und Cafés sitzen. Die Schande überdauert das Leben, ihr Feiglinge und Agenten.
Dieser Wahnsinnige im Osten hat ein Militärabkommen mit Pakistan unterzeichnet, als wäre er ein Staat. Er ist derjenige, der die Söldner ins Land geholt hat, und heute verschachern sie die Libyer und säen Zwietracht unter ihnen.
+ Suleiman al-Bayudi (Pärsidentschaftskandidat) sieht durch die Demonstrationen in Misrata das Projekt der Regierungsumbildung der Dabaiba-‚Regierung‘ als gescheitert an. Sie habe ihre wichtigste Unterstützerbasis und ihre Hochburgen verloren.
+ Al-Mahdi Abdel-Aati (Politaktivist aus Misrata) stellte Abdelhamid und Ibrahim Dabaiba die Frage, wie sie mit Stehlen und Zerstören fortfahren können, nachdem sich Land und Volk gegen sie gewendet hat. Sie sollten sich schämen.
Weitere Proteste
+ Einwohner von Zinten protetierten dagegen, dass Banden die Zementfabriken in der Stadt kontrollieren und 80 Prozent der Produktion monopolisieren, während die Bürger keinen Zement erhalten.
Bewaffnete Banden, die die Zementfabriken kontrollieren und die Erzeugnisse dieser Fabriken seit vielen Jahren für ihre eigenen Interessen nutzen, schädigten die Bürger.
Dabaiba wurde zum Eingreifen aufgefordert.
+ Der Verband der Muskeldystrophie-Patienten rief zu seinem 22. Protest in Tripolis auf. Er informierte, dass bereits 172 Patienten wegen unzureichender Behandlungsmöglichkeiten sterben mussten.
+ Die Bewegung gegen Siedlungen in Misrata protestierte dagegen, dass illegale Migranten im Notfallkrankenhaus von Misrata eine Arbeitserlaubnis bekommen, während die Jugend der Stadt keine Arbeit findet. Dies sei ein direkter Angriff auf die libysche Sicherheit.
+ Einwohner der Region Bata in al-Dschebel-al-Akhdar protestierten gegen Stromausfälle, die bis zu 24 Stunden andauern. Daneben seien Treibstoff und Gas knapp.
Militär / Milizen / Gewalt
+ In der Nacht zum 21. Dezember eröffneten Mitglieder der Interventions- und Kontrollstreitkräfte in al-Choms das Feuer auf ein Fahrzeug der 112. Einheit. Dabei wurde Schuaib Hamuda durch Schüsse getötet und al-Muntasir Aqneiber schwer verletzt.
+ Am 24. Dezember wurde Baschir bin Radschab (Cousin von Machmud bin Radschab/52. Infanteriebrigade) im Gebiet von az-Zawiya durch mehrere Schüsse lebensgefährlich verletzt. Für den Anschlag verantwortlich ist die al-Grinat-Miliz, der Mohammed Bahrun (alias „die Maus“), Kommandeur der 1. Unterstützungstruppe von az-Zawiya, angehört.
+ Die Nationale Menschenrechtsinstitution verurteilte die gesetzlich nicht gedeckte Festnahme und Folter des tunesischen Staatsbürgers Ghassan Ben Ali al-Mutaiyar in den Gefängnissen des Stability Support Appartus in der Stadt Zuwara.
+ Achmed at-Tohamy (Autor): Die Finanzierungsquellen von Haftars Truppen sind zwar geheim, doch es heißt, dass sie sich durch den Verkauf von Öl finanzieren.
Haftar schloss mit einer Reihe von Ländern Abkommen über Waffenlieferungen, obwohl der UN-Sicherheitsrat ein unbefristetes Waffenembargo gegen Libyen verhängt hat.
Auch die Milizen im westlichen Libyen kaufen Waffen und verletzen damit UN-Sanktionen und internationales Recht.
+ Laut LibyaPress beauftragte die 111. Brigade unter dem Kommando von Abdul Salam az-Zubi (Dabaiba-‚Regierung‘) die berüchtigte us-amerikanische private Sicherheitsfirma Blackwater mit der Ausbildung ihrer Mitglieder. Blackwater hatte 2019 Haftar beim Angriff auf Tripolis unterstützt und nennt sich heute Academi.
Der ehemalige Eigentümer von Blackwater, Erik Prince, kehrte kürzlich über den Energiesektor nach Libyen zurück. Sein Unternehmen firmiert nun unter dem neuen Namen Freedom First.
+ Mukhtar al-Dschahawi, Kommandeur der Reservedivision der Anti-Terror-Einheit: Die Einheit unseres Landes und seine Befreiung von all jenen, die seine Zukunft gefährden, ist eine nationale Priorität, die die Einigkeit aller Libyer erfordert.
Besatzungsmächte
+ The Guardian berichtete, dass die Ukraine am 19. Dezember einen Drohnenangriff auf einen russischen Öltanker vor der Küste Libyens durchgeführt hat, der schwere Schäden verursachte. Der Angriff ereignete sich am Tag von Wladimir Putins jährlicher Jahresendpressekonferenz. Putin erklärte, Russland werde auf die jüngsten ukrainischen Angriffe auf die Tanker der Schattenflotte reagieren.
Der Tanker war zuletzt am 16. Dezember im Hafen von Suez in Ägypten vor Anker gelegen.
Dazu al-Mabruk Abu Ammid (ehemals Ratsvorsitzender von Wirschefana): Ausländische Interventionen könnten Libyen in einen Krieg ziehen und es in ein internationales Schlachtfeld verwandeln. Daran bestehe keinerlei Interesse.
+ Bloomberg: Trotz des UN-Waffenembargos gegen Libyen schloss Pakistan den größten Waffendeal seiner Geschichte im Wert von 4,6 Milliarden Dollar mit Khalifa Haftar ab. Das Abkommen umfasst eine breite Palette militärischer Ausrüstung für Land, See und Luft, darunter auch JF-17-Kampfjets.
Analysen
+ The Geopolitical Desk: Die führenden Köpfe Westlibyens sprechen vom „Aufbau des Staates“, doch der eigentliche Kampf dreht sich um Geld, Aufträge und Einfluss. Das Ergebnis ist ein System, das sich ständig selbst zerstört.
Unter Dabaiba wurde Korruption zum Geschäftsmodell. Sicherheitsbeamte platzierten Loyalisten in Ministerien und staatlichen Unternehmen und verwandelten öffentliche Institutionen in private Einnahmequellen.
Der Milizenkommandeur Ghaniwa al-Kikli beherrschte dieses System jahrelang. Als er zu mächtig wurde, gingen Dabaiba und seine Verbündeten aus Angst und Konkurrenzdenken gegen ihn vor. Er wurde im Mai 2025 ermordet.
Sein ehemaliger Verbündeter, der stellvertretende Verteidigungsminister az-Zubi, nutzte die entstandene Lücke. Nun kämpft er mit dem Chef des Rechnungsprüfungsamtes, Khalid Schakschak, um die Kontrolle über das überaus wichtige Vertragsprüfungsamt.
Dieses Amt kontrolliert millionenschwere Staatsaufträge. Der Verlust dieser Position schnitt az-Zubi von enormen Einnahmen ab. Jeder Versuch, sie zurückzuerobern, könnte neue Gewalt auslösen – und seine Verbündeten könnten ihn als Nächsten verraten.
Trotzdem wird az-Zubi von internationalen Akteuren weiterhin als Stabilisator betrachtet.
+ Al-Arab (London): Libyen steht an einem Scheideweg: umfassende Reformen oder Zusammenbruch. Korruption wurde zum Mittel für die Erlangung politischen und wirtschaftlichen Einflusses mittels Regierungsverträgen. Korruption hat sich zu einer tiefgreifenden Strukturkrise entwickelt, die die Grundfesten des Staates bedroht.
Diese Korruption führt zu einer Schwächung der Kaufkraft wegen steigender Preise und Inflation und zu einer Liquiditätskrise, während grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und Bildung aufgrund von Misswirtschaft und Plünderung des Staates leiden.
+ Der Rat für Internationale Angelegenheiten des Nahen Ostens: Libyen befindet sich seit dem Sturz Gaddafis im Jahr 2011 in einer Spirale bewaffneter Konflikte, während sich die Zivilgesellschaft seit Jahren auf die Ausarbeitung eines Plans für den politischen Übergang und nationale Wahlen konzentriert.
Die Kriege in Libyen haben immenses menschliches Leid und wirtschaftlichen Schaden verursacht. Rund 823.000 Menschen, darunter fast eine Viertelmillion Kinder, sind dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Mehr als 147.000 Menschen sind Binnenvertriebene und etwa 900.000 sind Migranten. Der Konflikt hat die libysche Wirtschaft schätzungsweise 576 Milliarden US-Dollar gekostet.
Der Zusammenbruch der Sicherheitsstrukturen zwang viele lokale Gemeinschaften, sich auf Stammesmediation und lokale Versöhnungskomitees zu stützen, um Streitigkeiten beizulegen und ein gewisses Maß an Sicherheit innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten. Libyen blickt auf eine lange Tradition der Stammesstrukturen zur Konfliktlösung zurück, insbesondere in ländlichen Gebieten.
Eines der wichtigsten Versöhnungsabkommen war das Abkommen zwischen Misrata und Tawergha, das Tausenden vertriebenen Einwohnern von Tawergha die Rückkehr in ihre Stadt ermöglichte.
Diese Versöhnungsbemühungen spielten eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung lokaler Konflikte und der Verhinderung ihrer Eskalation.
Die Realität ist jedoch leider, dass immer wieder dieselben Akteure, die vom Chaos profitieren, gestärkt werden. So bleibt das westliche Libyen in einem Teufelskreis gefangen.
Innerlibysche Nachrichten
+ Ibrahim Habaschi: Der Einzige, der Wahlen wirklich will, ist Saif al-Islam Gaddafi, weil er weiß, dass er – ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen – gewinnen wird.
+ Die Wahlkommission annullierte die Ergebnisse der Kommunalwahlen in Sirte und al-Abyar aufgrund von Unregelmäßigkeiten in den Wahllokalen.
+ Der Parlamentsabgeordnete Ali at-Takbali hält die von Dabaiba angestrebte Kabinettsumbildung für ein Manöver, um Zeit zu gewinnen. Es stelle sich die Frage, warum Dabaiba die Besetzung von mehr als 15 vakanten Ministerposten von insgesamt 35 verzögert, darunter wichtige Dienstleistungsressorts wie Bildung und Gesundheit.
Jetzt versuche er, Minister aus dem Osten in seine Regierung einzubinden, um seine Regierung als ‚Einheitsregierung‘ darzustellen.
+ Der Konsensblock innerhalb des Staatsrats lehnte die vom Staatsratsvorsitzenden Takala-angestrebte Umbesetzung der Mitglieder des 6+6-Ausschusses (Parlament und Staatsrat) ab und forderte die UN-Mission auf, sich nicht damit zu befassen. Die UN-Mission solle stattdessen auf den bisherigen Erfolgen aufbauen und den 6+6-Ausschuss bei der weiteren Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen.
+ Salah al-Bakusch (politischer Berater): Agila und Takala sind nicht in der Lage, Einfluss auf die politische Szene in Libyen zu nehmen, dies sei nur Haftar und Dabaiba möglich.
Agila sei im Parlament umstritten; es gebe dort Bestrebungen, ihn zu Fall zu bringen.
Die Akteure, die die Bühne beherrschen, wollten weiterhin unter internationaler und UN-Schirmherrschaft Abkommen abschließen. Es werde keine Wahlen geben, die Legitimität werde nicht wiederhergestellt und die Wirtschaft werde weiter schwächeln.
+ Die Zeitung Scharq al-Awsat ist der Meinung, dass das von us-amerikanischer Seite eingefädelte Abkommen zwischen Haftar und Dabaiba die Bildung einer gemeinsamen Regierung zur Folge haben könnte. Innenminister Trabelsi könnte der Ausschluss drohen, dies hänge jedoch von der einflussreichen Stadt Zintan ab, aus der Trabelsi stammt.
+ Laut Anwar Sawan (Ältestenrat von Misrata): Unter der Dabaiba-‚Regierung‘ sei Libyen eine gespaltene Klassengesellschaft geworden, wobei sich die unteren Klassen, die täglich ihrer Arbeit nachgehen, vor den Geldautomaten drängelten, in der Hoffnung, tausend Dinar zu erhalten.
+ Mohammed Maazeb (Staatsrat): „Die Deckung der Grundbedürfnisse und die Bewältigung der Krisen der Bürger gehören nicht zu den Prioritäten der beiden Regierungen in Libyen.“
Die Eröffnung eines Stadions, Museums, Parks oder auch einer neuen Straße sei den Bürgern egal oder werde sogar kritisiert.
Die Einweihung von Großprojekten sei nur dazu da, internationale Aufmerksamkeit zu erregen.
Wirtschaft und Finanzen
+ Der Zentralbankchef forderte Dabaiba auf, mit einem Erlass Importe zu verbieten, die außerhalb der üblichen Bankgeschäfte abgewickelt werden. Die über den Schwarzmarkt finanzierten Importe würden durch die Veruntreuung von Devisen finanziert und die Gesundheit der Bürger gefährden. Die Zentralbank hoffe auf das Eingreifen von Dabaiba und dessen Weisung an das Wirtschaftsministerium, zum 1. Januar einen diesbezüglichen Beschluss zu erlassen.
Die Nichteinhaltung internationaler Standards werde zum Zusammenbruch der Beziehungen zwischen libyschen Banken und internationalen Finanzinstitutionen führen und damit zu einer Kostenerhöhung. Die Federal Reserve Bank of New York habe bereits restriktive Maßnahmen für die Dollar-Transaktionen verhängt, die noch verschärft werden könnten. Der libysche Staat werde ab diesem Jahr einer umfassenden Bewertung durch die Financial Action Task Force (FATF) unterzogen. Libyen könnte dabei als Land identifiziert werden, dass Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht einhält und deshalb auf die schwarze oder zumindest graue Liste der Financial Action Task Force gesetzt wird, was ein Finanzembargo gegen Libyen zur Folge hätte.
+ Die Händler auf dem al-Maschir-Markt in Tripolis wollen den Markt ab 20. Dezember schließen, um gegen die Schuldzuweisungen für Preissteigerungen und die Komplexität der Lizenzierungsverfahren durch die Zentralbank zu protestieren. Man solidarisiere sich mit den Kollegen auf dem Venicia-Markt in Bengasi.
Es bestehe die Bereitschaft zum Dialog mit den zuständigen Behörden.
+ Der Staatsrat lehnte das Gesetz zur Rückzahlung der öffentlichen Schulden ab und forderte die Zentralbank auf, von seiner Umsetzung abzusehen. Jede ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema der öffentlichen Verschuldung müsse auf der Offenlegung der vollen Wahrheit über die Ursachen der Schulden und die beteiligten Parteien sowie auf der Ermittlung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten beruhen.
+ Präsidentschaftskandidat Suleiman al-Bayudi weist darauf hin, dass der Rechnungshofbericht für das Jahr 2024 noch immer nicht veröffentlicht wurde. Derartiges habe es seit 2011 nicht gegeben.
Dazu der Wirtschaftsjournalist Achmed Senussi: Das Rechnungsprüfungsamt hat die Veröffentlichung seines Berichts so lange verzögert, bis es nicht mehr möglich ist, Korruption aufzudecken.
+ Laut Omar Zarmuh (Professor für Wirtschaftswissenschaften) haben die Menschen das Vertrauen in die Banken verloren und wollen ihr Geld abheben. Dies kann dazu führen, dass Banken zahlungsunfähig werden und Konkurs anmelden müssen.
Die von der Zentralbank angekündigte Verteilung von Bargeld in Höhe von vier Milliarden LYD reiche bei weitem nicht aus, da allein die Gehälter der Staatsbediensteten monatlich 10 Milliarden LYD übersteigen.
+ Mukhtar al-Dschadid (Wirtschaftsexperte): Wir haben eine Regierung im Westen, die etwa 110 Milliarden Dinar ausgibt, und eine Regierung im Osten, die etwa 60 Milliarden Dinar ausgibt. Diese Ausgaben unterliegen weder im Osten noch im Westen einer Kontrolle und erfordern zu ihrer Deckung US-Dollar.
Aus diesem Grund wurde der Wechselkurs zu Jahresbeginn angehoben, und es ist möglich, dass er noch vor Jahresende erneut angehoben wird. Das Problem wurzelt in der Konkurrenz zweier Regierungen um die höchsten Staatsausgaben.
+ Laut Helmi al-Gamati (Wirtschaftswissenschaftler) werde die Inflation steigen, weil die Wirtschaft in einem nahezu nicht vorhandenen Produktionsumfeld vom Konsum angetrieben wird, zusätzlich zu dem anhaltenden Dilemma, dass der Staat wie eine reiche Volkswirtschaft ausgibt, aber wie eine fragile Volkswirtschaft produziert. Dieser Widerspruch wird dazu führen, dass 2026 erhöhter Druck auf die Banken ausgeübt und die Kluft zwischen Realeinkommen und Lebenshaltungskosten wachsen wird.
+ Libyen-Experte Abdul Sattar Hatita: Die wirtschaftliche Lage ist untrennbar mit der politischen Lage verbunden, da der größte Teil der Öleinnahmen, die in die Zentralbank fließen, an militärische Einheiten und Milizen im Osten und Westen geht. Ein Milizenführer habe 300 Mitglieder und reicht eine Liste mit 5.000 Namen ein, um für diese fiktiven Personen, die angeblich eine bestimmte Einrichtung bewachen, Sold zu erhalten.
Es gebe zwar einige Länder, die mit den politischen Kräften im östlichen oder westlichen Libyen verbündet sind, aber es seien die Libyer selbst, die ausländischen Interventionen die Tür öffneten.
Die Großmächte, allen voran die USA, konkurrierten um den großen libyschen Kuchen und verteilten Krümel an die Länder der Region, ebenso wie an das libysche Volk und die Kriegsparteien.
+ NovaAgenzia berichtete, dass Libyen aufgrund mangelnder Aufsicht und Stromsubventionen zu einem illegalen Bitcoin-Handelsplatz geworden ist. Libyens Strompreis zählt zu den weltweit niedrigsten.
In Libyen wird etwa 0,6 Prozent der weltweiten Rechenleistung erbracht, die für das Bitcoin-Mining eingesetzt wird. Damit liegt das Land vor allen anderen afrikanischen und arabischen Ländern und sogar vor vielen europäischen Volkswirtschaften.
Erdöl / Erdgas
+ Die Zentralbank gab einen deutlichen Rückgang der ihr seit Anfang Dezember zugeflossenen Öleinnahmen bekannt. Sie beliefen sich auf lediglich 581 Millionen US-Dollar. NOC-Chef Masoud Suleiman widersprach der Erklärung der Zentralbank. Die Aussage über den Rückgang der Öleinnahmen sei unzutreffend und soll nur dazu dienen, um die NOC für allgemeine Misserfolge verantwortlich zu machen.
Abdul Hamid al-Fadhil (Professor für Wirtschaftswissenschaften) hält die Expansion der Arkano Company für einen der Hauptfaktoren für den Einbruch der Öleinnahmen.
Laut Mahdi Abdel-Aati hat Arkano seinen Produktionsanteil am at-Tahara-Feld beträchtlich erhöht.
+ Abubakr Abu al-Gasim (akademisches Rechnungswesen): Fast drei Viertel der Öleinnahmen fließen in diese sogenannten National Oil Company (NOC) ab. Die National Oil Corporation sei wie ein schwarzes Loch, das seit Jahren die Öleinnahmen veruntreut. Das müsse gestoppt werden.
UN-Mission
+ Das Parlamentsmitglied Dschaballah asch-Schaibani: Die UN-Mission ist Teil des internationalen Spiels „Teilung, Einigung, Normalisierung, systematische Plünderung und Verlust der Heimat“. Alle politischen Lösungen seien gescheitert.
+ As-Sanousi Basikri (Libyschen Zentrums für Forschung und Entwicklung) schrieb, dass Hannah Tetteh selbst zu dem Schluss gekommen sei, dass „der politische Prozess von der herrschenden politischen Klasse als Geisel benutzt wird, um den Status quo aufrechtzuerhalten“. Sie habe in ihrem Bericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei den drei Säulen ihres Fahrplans keine Fortschritte erzielt wurden.
„Wenn die Aufgabe der von der UN-Mission geschaffenen Gremien – des Beratungsausschusses und des Strukturierten Dialogs – lediglich darin besteht, Theorien zu entwickeln und Vorschläge einzureichen, dann ist dies nichts weiter als ein intellektueller Luxus und eine Verlängerung der Libyen-Krise.“
+ Habib al-Amin: Wenn die UN-Mission wirklich die Meinung der Libyer hören wollte, könnte sie einfach zwei Referenden durchführen: eines über die geänderte Verfassung von 1951 und eines über den von der Verfassungsgebenden Versammlung erarbeiteten Verfassungsentwurf. Ebenso könnte es ein Referendum abhalten über zwei strittige Punkte in Agilas Wahlgesetzen, nämlich zur Kandidatur von Militärangehörigen und von Doppelstaatsangehörigen. Das Volk könnte dann jeweils entscheiden.
Die UN-Mission bevorzuge politische Reden ohne Taten und sei nicht ernst zu nehmen. Das Land stehe heute nicht an einem Scheideweg, sondern am Rande des Abgrunds.
UN-Sicherheitsrat
+ Hannah Tetteh erstatte am 19. Dezember vor dem UN-Sicherheitsrat Bericht über die Lage in Libyen. Sie erklärte, dass die ersten Schritte des Fahrplans, nämlich die Umstrukturierung der Wahlkommission und die Prüfung zur Änderung der Wahlgesetze noch nicht abgeschlossen sind. Es sei diesbezüglich aufgrund des wachsenden Misstrauens noch keine Einigung zwischen Parlament und Staatsrat zustande gekommen.
Zum Strukturierten Dialog, dessen erstes Treffen am 1./15., Dezember in Tripolis stattfand, führte Tetteh aus, dass einige Mitglieder aufgrund der politischen Umstände nicht daran teilnehmen konnten.
Tetteh erklärte, dass der finanzielle Niedergang die wirtschaftliche Instabilität verschärfe, das Vertrauen in den libyschen Dinar untergrabe und das Vertrauen in die staatlichen Institutionen schwäche.
Die Kommunalwahlen in Bengasi, Sebha und Sirte seien erfolgreich verlaufen, die Sicherheitslage im westlichen Libyen bleibe fragil. Man sei besorgt über anhaltende Menschenrechtsverletzungen. Morde und Tötungen in Haftanstalten seien weiterhin an der Tagesordnung.
Die UN-Mission sei bestrebt, ihre Präsenz in Ostlibyen zu verstärken und innerhalb der UN-Mission eine eigene Wirtschaftsabteilung einzurichten.
+ Der Vertreter Libyens, Taher as-Sunni, forderte, dass die Namen einer Reihe libyscher Staatsbürger von der Sanktionsliste gestrichen werden, da die Gründe für ihre Aufnahme seit mehr als 15 Jahren nicht mehr bestehen und diese Frage nicht weiter politisiert werden sollte.
Es dürften keine Schlupflöcher bleiben, die die Übergangsphasen, die Libyen durchlaufen hat, verlängern oder politische Einheiten daran hindern könnten, am Wahlprozess teilzunehmen. Die Fehler der Vergangenheit dürften sich nicht wiederholen.
Dem Wunsch des libyschen Volkes nach einer gleichzeitigen Beendigung aller derzeitigen politischen Gremien durch faire und transparente Wahlen müsse nachgekommen werden.
+ Großbritannien zeigte sich besorgt, dass nach vier Monaten die wichtigsten Meilensteine des Fahrplans immer noch nicht umgesetzt sind.
+ Frankreich hält die Wiedervereinigung Libyens für unabdingbar, um Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten. Die Spannungen müssten ein Ende haben.
+ Die USA forderten Sanktionen gegen Einzelpersonen oder Institutionen, die den politischen Prozess behindern oder untergraben. Es gebe keine Möglichkeit, Wahlen abzuhalten, außer durch die Überwindung der bestehenden politischen Spaltungen.
+ Russland forderte, die Umsetzung des Fahrplans zu beschleunigen, die Wahlkommission auszutauschen und die Wahlgesetze zu ändern, um den Erfolg der Wahlen zu gewährleisten. Eine anhaltende politische Spaltungen gefährde die Erfolgsaussichten jedes politischen Prozesses.
Trotz des bestehenden Waffenembargos würden bei Zusammenstößen rund um Tripolis schwere Waffen eingesetzt.
Eine vom Ausland betriebene Regulierung der Arbeit libyscher Finanz- und Wirtschaftsinstitutionen sei völlig inakzeptabel.
Jetzt sei der politische Weg entscheidend, wirtschaftliche und militärische Stabilität würden sich daraus mit der Zeit ergeben.
Man habe festgestellt, dass der UN-Sicherheitsrat von seinem Beschluss, Vermögenswerte zum Wohle künftiger libyscher Generationen einzufrieren, abgewichen ist.
+ Algerien. Libyen benötige freie und transparente Wahlen und die Vereinigung aller öffentlichen Institutionen. Die libysche Eigenverantwortung müsse im Mittelpunkt stehen.
Die libyschen Vermögenswerte im Ausland verringerten sich aufgrund der Misswirtschaft einiger Finanzinstitute. Die dafür Verantwortlichen müssten gefunden werden, der Schaden behoben und eine Entschädigung geleistet werden.
Das Memorandum, das es der Libyschen Investitionsbehörde ermöglichen würde, ihre eingefrorenen Barreserven zu reinvestieren, müsse umgesetzt werden. Seit der Verabschiedung der diesbezüglichen UN-Resolution sei bereits ein Jahr vergangen.
Außerdem werde der sofortige Abzug aller ausländischen Streitkräfte, Kämpfer und Söldner aus dem Land gefordert.
Weitere Nachrichten aus Libyen
+ Die Brandausbrüche in al-Asabia halten an. Laut dem Gemeinderat kam es inzwischen zu beträchtlichen Schäden. Am 19. Dezember wurden zwei neue Brände registriert und am 20. Dezember drei weitere. „Wir fordern die zuständigen Behörden auf, die Untersuchung der Umstände dieser Brände, die zu einer täglichen Bedrohung für die Bewohner und ihr Eigentum geworden sind, zu beschleunigen.“
+ Fotos zeugen von langen Schlangen vor den Tankstellen in Tripolis.
+ Laut einem Bericht von World Population Review belegt Libyen im Jahr 2025 den dritten Platz in der arabischen Welt in Bezug auf Depressionen und psychische Erkrankungen. Dem Bericht zufolge trugen die Anhäufung traumatischer Ereignisse und schwieriger persönlicher Erfahrungen sowie der Druck des Alltags zu diesem signifikanten Anstieg der Depressionsraten in Libyen bei.
Die tatsächlichen Zahlen lägen wohl noch beträchtlich über den gemeldeten.
+ Ein verzweifelter libyscher Patient in der Türkei berichtete, dass das Büro des libyschen Gesundheitsattachés in Istanbul keine Dienstleistungen anbietet. Es würden dort nur Empfänge für Gäste und Diplomaten stattfinden.
+ Eine Frau und ihre beiden Töchter kamen bei dem Einsturz eines Hauses in der Altstadt von Tripolis ums Leben.
+ Im alten Rixos-Hotel von Tripolis brach am 20. Dezember ein Großbrand aus.
Libyen und das Ausland
+ Frankreich. Das vorbereitete Treffen zwischen Agila Saleh und Mohammed Takala in Paris wurde kurzfristig ohne Angabe von Gründen abgesagt.
Dazu der Journalist Khalil al-Hassi: Die Vorbereitungen für das Treffen arteten in einen Streit zwischen Agila und Takala aus. Es wurden enorme Summen für die beiden Privatflugzeuge, von denen eines Agila Saleh und Hamid as-Safi beförderte und das andere al-Lafi und Takala, sowie für ihre Hotels verschwendet.
+ Frankreich. Zwei ehemalige französische Banker wurden wegen Betrugs an der libyschen Investitionsbehörde (LIA) und Diebstahls von 11,4 Millionen Pfund verurteilt.
+ Ägypten. Der ägyptische Außenminister Badr Abdel-Aty: Wir unterstützen eine umfassende politische Lösung unter der Führung der Libyer selbst, mit rein nationaler Verantwortung, die den Zustand der Spaltung beenden und Sicherheit und Stabilität wiederherstellen wird.
+ Ägypten. Im Jahr 2025 wurden etwa mehr als 2.600 ägyptische Staatsbürger aus dem östlichen und westlichen Libyen nach Ägypten zurückgeführt.
+ Sudan. Laut Reuters hat sich der unter Haftars Kontrolle stehende Flughafen al-Kufra zu einem wichtigen Logistikzentrum der Rapid Support Forces zur Versorgung mit Waffen, Treibstoff und Söldnern entwickelt. Diese Nachschubroute habe eine entscheidende Rolle bei der Eroberung von al-Fascher durch die RSF im vergangenen Oktober gespielt und es ihr ermöglicht, ihre Kontrolle über Darfur zu festigen.
Der Rückzug der RSF aus Khartum verlagerte den Schwerpunkt des Krieges nach Darfur, wodurch die Wiedereröffnung der Nachschubwege aus Libyen eine entscheidende Bedeutung zukam.
+ Tschad. Laut Africa Intelligence verlassen Teile der bewaffneten tschadischen Opposition den Süden Libyens und ziehen in den Norden des Tschad, um zu einer Einigung mit dem tschadischen Präsidenten Mohamed Idriss Deby zu kommen. Der Militärische Kommandorat zur Rettung der Republik Tschad hält sich seit 2016 im Süden Libyens auf.
Die tschadische Armee strebe eine Koordination mit Haftars Miliz Subul as-Salam an, die ein Gebiet kontrolliert, das als Sarra-Dreieck bekannt ist, das Dreiländereck Libyen, Sudan und Ägypten umfasst, und als Drehscheibe für Waffen- und Mineralienschmuggel gilt.
+ Russland/Niger. Laut der italienischen Zeitung Il Foglio flog Russland Uran, das aus der Arlit-Mine in Niger gewonnen wurde, auf dem Luftweg über die Hmeimim-Basis in Syrien und die al-Khadim-Basis in Bengasi aus. Der Transport wurde ohne Genehmigung der Internationalen Atomenergiebehörde durchgeführt, was rechtliche und sicherheitstechnische Risiken birgt.
Historischer Rückblick
+ Das ehemalige Mitglied des Nationalkongresses, Mohammed Margham, bestätigte in einem Interview, dass es sich bei denjenigen, die 2011 auf die Straße gingen, um Personen aus der extremistischen islamistischen Bewegung handelte. Diejenigen, auf deren Schultern, die Februarrevolution stand und die die Kämpfe ausfochten, seien weder säkular noch eine föderalistische Bewegung gewesen, sondern vielmehr eine islamistische Bewegung, die die Einsetzung des Scharia-Rechts forderte.
Oberst Muammar Gaddafi hatte bereits im Februar 2011 gesagt, dass al-Kaida hinter den Ereignissen stand, die damals durch Libyen fegten. Auch Oberst Gaddafis Sohn und heutiger Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi vertrat 2011 diese Ansicht.
+ Laut Gasim as-Salihi (ehemaliger omanischer Botschafter in Libyen), der Muammar Gaddafi mehrmals persönlich traf, war Gaddafi ein eifriger Leser und ein großer Denker, der über einen umfassenden kulturellen Hintergrund verfügte. Gaddafi sei als Anführer einer Nation und nicht als deren Staatsoberhaupt gesehen worden. Viele betrachten Gaddafi als Theoretiker, und sein Grünes Buch als die Dritte Welttheorie.
+ Am 22. Dezember jährt sich zum 33. Mal der Jahrestag des Absturz des Fluges 1103 der Libyan Arab Airlines im Jahr 1992. Bei dem Inlandsflug der Boing 727 mit 159 Passagieren an Bord von Bengasi nach Tripolis stürzte das Flugzeug kurz vor der Landung ab. Alle Insassen starben. Der Fall wurde bis heute nicht aufgeklärt.
Die Tragödie ereignete sich einen Tag vor dem Jahrestag des Lockerbie-Bombenanschlags.
Zweites Russland-Afrika-Partnerschaftsforum in Kairo
+ „In der ägyptischen Hauptstadt Kairo sind Außenminister und hochrangige Diplomaten aus Russland und mehr als 50 afrikanische Staaten zur 2. Ministerkonferenz des Russland-Afrika-Partnerschaftsforums zusammengekommen. Im Mittelpunkt der Konferenz steht die Vertiefung der Wirtschafts-, Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen Moskau und dem Kontinent.“
+ Der ägyptische Präsident as-Sisi und der russische Außenminister Sergej Lawrow betonten bei ihrem Treffen am 20. Dezember in Kairo die Notwendigkeit, die Souveränität Libyens, die Integrität seines Territoriums und die Ressourcen seines Volkes zu bewahren. Eine Eskalation in der Region müsse verhindert werden.
+ Der tunesische Außenminister und seine ägyptischen und algerischen Amtskollegen betonten während der zweiten Ministerkonferenzrunde beim Russland-Afrika-Forum in Kairo die Wichtigkeit der Koordinierung im Rahmen des dreiseitigen Konsultationsmechanismus, um unter der Schirmherrschaft und Unterstützung der Vereinten Nationen in Libyen eine einvernehmliche politische Lösung zu erreichen.
+ Moussa Ibrahim, ehemaliger Sprecher von Muammar Gaddafi und heute Sekretär der African Legacy Foundation, war Teilnehmer beim Russland-Afrika-Forum. Video: „Ein offener Dialog mit afrikanischen Führungskräften über Afrikas Rolle in einer sich wandelnden Welt.“
Ibrahim Moussa sprach mit Tete António, dem Außenminister von Angola, und mit der stellvertretenden südafrikanischen Ministerin für internationale Beziehungen, Thandi Moraka – mit Letzterer auch über die Entschlossenheit Südafrikas, Israel für den Völkermord strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen – über Libyen, Ägypten und Äthiopien sowie über Afrikas Möglichkeiten für wirtschaftliche Partnerschaften mit Russland, China, Indien und Brasilien.
+ Moussa Ibrahim in Kairo beim Russland-Afrika-Forum im Gespräch mit Tete António, dem Außenminister von Angola, der 2011 als Gesandter der Afrikanischen Union in Libyen tätig war. Tete António sagte, Gaddafi sei einer der wichtigsten Führer der Befreiung und Einheit in der Geschichte des Kontinents gewesen, und diejenigen, die sich gegen ihn wandten, hätten sich zu Feinden ihres eigenen Landes gemacht, das über Jahre hinweg zerstört wurde.
Er sagte auch, dass der Westen damals jede friedliche Lösung der Libyen-Krise mit Gewalt blockiert habe und auch heute nicht zu deren Lösung beitragen werde, und dass die Afrikanische Union selbst die Verantwortung für die Lösung afrikanischer Konflikte übernehmen müsse.
Aus den Nachbarstaaten
+ Sudan. „Die Interimssicherheitskräfte der Vereinten Nationen für Abyei (UNISFA) werden ihre Logistikbasis in Kadugli, Sudan, nach dem ‚abscheulichen Angriff‘ vom vergangenen Wochenende evakuieren, bei dem sechs bangladeschische Mitglieder der Friedenstruppen getötet und acht weitere schwer verletzt wurden.“
+ Sudan. „Tel Avivs Doppelstrategie. Israel hält sich im Sudan alle Optionen offen und will vor allem einen Einflussgewinn Irans verhindern. E r hat sich zum afrikanischen Teilstück des Kampfes um eine neue Weltordnung ausgeweitet: der im April 2023 ausgebrochene Krieg zwischen der sudanesischen Armee (Sudanese Armed Forces, SAF) unter General Abd al-Fattah al-Burhan und den »Schnellen Eingreiftruppen« (Rapid Support Forces, RSF) unter General Mohammed Hamdan Daglo. […] Die Regierungstruppen von Burhan werden von einer antiwestlichen, aber in sich widersprüchlichen Melange von Staaten unterstützt. Die RSF wiederum haben primär die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als Financier, den Tschad als Aufmarschgebiet und Libyen als logistisches Drehkreuz. Im Windschatten der sich diplomatisch passiv gebenden USA agiert dabei ein stiller Akteur: Israel. […] […] Laut dem US-Internetmagazin Responsible Statecraft ist Israel ein Machtfaktor hinter den Kulissen und versucht, Sudan in eine breitangelegte Front gegen Iran zu integrieren. […] Tel Aviv dürfte im Sudan versuchen, den Konflikt am Köcheln zu halten, um sich weiterhin alle Optionen offenzuhalten.“
jW – 24.-26.12.2025
+ Allianz der Sahelstaaten. „Weichenstellung in Bamako. Mali, Burkina Faso und Niger sind zu ihrem zweiten Gipfeltreffen zusammengekommen.“ Dieser fand am 22. und 23. Dezember 2025 statt. „Zu den Programmpunkten zählt die Aufstellung gemeinsamer integrierter Militäreinheiten vor allem zur Abwehr der Dschihadisten. […] Wichtige ökonomische Weichenstellungen sollten auf dem Gipfel ebenfalls erreicht werden. […] “ Durch die Neuaushandlung von Minenverträgen mit internationalen Firmen zugunsten der öffentlichen Hand konnte die Republik Mali soeben 1,2 Milliarden US-Dollar zusätzlich in den Staatshaushalt holen. Geplant ist auch eine Ersetzung der an die französische Zentralbank angebundenen neokolonialen Währung CFA-Franc durch ein eigenes regionales Zahlungsmittel. “
jW – 24.-26.12.2025





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