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Schlagwort: Afrika (Seite 1 von 10)

Die UN-Resolution 1973 vom 17.  März 2011 und der Beginn des Nato- Bombenkriegs gegen Libyen aus späterer britischer Sicht

Muammar al-Gaddafi

Vor genau 13 Jahren, am 17. März 2011, besiegelte eine UN-Resolution den Untergang Libyens.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des britischen Unterhauses legte im Jahr 2016 einen Bericht vor, in dem die Inkompetenz und Ignoranz der britischen Regierung und ihrer Geheimdienste beim Nato-Krieg gegen Libyen offengelegt wurde. Der Bericht befasste sich sowohl mit den wahren Gründen für den Regime Change in Libyen als auch mit dessen verheerenden Folgen. 

Die Aufgabe des Ausschusses war es, die Intervention und den Zusammenbruch des libyschen Staates zu untersuchen sowie künftige politische Optionen des Vereinigten Königreichs zu eruieren.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten ist ein vom britischen Unterhaus eingesetztes Gremium zur Prüfung von Ausgaben, Verwaltung und Politik des Außen- und Commonwealth-Amtes und der damit verbundenen öffentlichen Einrichtungen.

Der Bericht des britischen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten von 2016 [1]

Im März 2011 führten Großbritannien und Frankreich mit der Unterstützung der USA die ‚internationale Gemeinschaft‘ bei der Intervention in Libyen an. Offiziell sollte die Intervention dazu dienen, Zivilisten vor Übergriffen zu schützen. Fünf Jahre später, 2016, kam der Bericht des britischen Unterhausausschusses zu dem Ergebnis, dass „diese Politik nicht von einer exakten Geheimdienstarbeit geprägt war. Beispielsweise überschätzte die Regierung fälschlicherweise die Bedrohung der Zivilisten und sie sahen nicht, dass ein signifikanter Teil der Rebellen aus Islamisten bestand. Im Sommer 2011 wurde die begrenzte >Intervention zum Schutz von Zivilisten< zur opportunistischen Politik des Regimewechsels mit militärischen Mitteln ausgeweitet. […] Das Ergebnis war der politische und ökonomische Kollaps, Kämpfe zwischen Milizen und zwischen Stämmen, eine humanitäre und eine Migrantenkrise, umfangreiche Menschenrechtsverletzungen, die Verbreitung des Waffenarsenals von Gaddafi in der ganzen Region und das Anwachsen des IS in Nordafrika.“

Die Spezialistin für Libyen am Royal United Services Institut, Alison Pargeter, äußerte sich in dem Bericht schockiert über den Mangel an Kenntnis „über die historische und regionale Komplexität in Libyen“. Es sei nie gefragt worden, wieso der Aufstand in Bengasi und nicht in der Hauptstadt Tripolis seinen Anfang nahm und die Bedeutung der Stämme und Regionen sei unberücksichtigt geblieben.

In dem Bericht musste eingestanden werden, dass die Luftangriffe der Nato die Bedrohung durch islamistische Extremisten verschlimmert habe. Der Aufstand der ‚Rebellen‘ wäre wohl erfolglos geblieben, wenn er keine militärische Unterstützung durch das Ausland erfahren hätte. Medien wie Al-Jazeera und Al-Arabiya hätten unbewiesene Gerüchte über Gaddafi und die libysche Regierung verbreitet. Die Nato-Bombardierungen hätten Libyen in eine humanitäre Katastrophe gestürzt, tausende Menschen getötet und hunderttausende vertrieben, wodurch Libyen aus dem Land mit dem höchsten Lebensstandard in Afrika zu einem vom Krieg zerrütteten failed state wurde.

Der Bericht stellte fest: „Trotz seiner Rhetorik wurde die Annahme, Muammar Gaddafi hätte das Massaker an Zivilisten in Bengasi angeordnet, durch die verfügbaren Beweise nicht belegt.“ Gaddafi habe im Februar eine emotionale Rede gehalten, in der er sagte, „es sind nur sehr wenige“, „es sind ein paar Terroristen“, und dabei auf al-Kaida-Führer verwiesen, die er als „Ratten“ bezeichnete. Seine Aussage, er werde „Libyen Stück für Stück, Haus für Haus, Wohnung für Wohnung, Gasse für Gasse“ von diesen ‚Rebellen‘ säubern, sei in einem geschmacklos abgemischten Video eines israelischen Reporters weltweit verbreitet worden. Daneben sei Gaddafi vom britischen Außenminister William Hague falsch zitiert worden, der behauptet hatte, Gaddafi habe damit gedroht, „von Haus zu Haus, von Zimmer zu Zimmer zu gehen, um sich an der Bevölkerung von Bengasi zu rächen“. Hague: „Viele Leute werden sterben.“

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Kurznachrichten Libyen – 01. bis 15. März 2024

Wirbel um 27 % Devisenwechselsteuer / Gespräche von libyschen Politakteuren in Tunis und Kairo bezüglich Wahlprozess / Libyen und Türkei scheitern bei Vermittlungsversuch im Sudankrieg

+ Am 02. März werden Milizenkämpfe aus az-Zawiya im Nordwesten Libyens gemeldet, bei denen auch mittelschwere und schwere Waffen zum Einsatz kommen. Es sind mehrere Tote und Verletzte zu beklagen. Die Sicherheit auf der Küstenstraße wurde stark beeinträchtigt. Die Universität stellte größtenteils den Betrieb ein.
https://libyareview.com/42136/libyan-government-calls-for-immediate-ceasefire-in-al-zawiya/

+ 10. März 2024: Beginn des heiligen Fastenmonats Ramadan.

+ Die Menschen in az-Zawiya schmücken die Mauern ihrer Stadt im Ramadan mit Bildern von Muammar al-Gaddafi sowie seiner Söhne Khamis Muammar Gaddafi und Saif al-Islam Gaddafi.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1767508178122555599

+ Während der ‚Premierminister‘ der Tripolis-‚Regierung‘, Abdel Hamid Dabaiba, nicht mehr von den Geschäftsleuten von Misrata, die eng mit der Türkei verbunden sind, unterstützt wird, umwirbt Russland den Oberbefehlshaber der LNA, Khalifa Haftar. Es geht dabei um einen Marinestützpunkt im Hafen von Tobruk und die Errichtung eines Ausbildungszentrums für ihre afrikanischen Söldner nahe Bengasi.“
Voltaire, internationale Nachrichten – N°78 – 15. März 2024

+ Saadi al-Gaddafi postete am 02. März auf X: „Gütige Menschen gibt es überall in Libyen. Ich übersende den guten Menschen in der Stadt Misrata meinen Friedensgruß. Es ist an der Zeit, Mansour Daou und Ahmed Ibrahim freizulassen, um eine nationale Versöhnung und die Rückkehr zu Brüderlichkeit und Harmonie innerhalb der libyschen Bevölkerung zu ermöglichen.“
https://twitter.com/SaadiQaddafi/status/1763822544350548078

+ Während einer groß angelegten Militärübung der Libyschen Nationalarmee (LNA) in der Gegend um Sirte gab sich deren Oberkommandierender Khalifa Haftar kämpferisch. Er erklärte sich bereit, „mutige Entscheidungen zu treffen, um jedem entgegenzutreten, der sich in das Schicksal der Nation einmischt“. Er müsse niemanden um Erlaubnis bitten.
https://www.agenzianova.com/de/news/libia-haftar-alza-la-voce-la-pazienza-sta-per-esaurirsi-pronti-a-decisioni-coraggiose/

Treffen in Tunis und Kairo

+ Bei einem Treffen in Tunesien Ende Februar einigten sich das libysche Parlament und der Staatsrat, insgesamt vertreten mit 120 Mitgliedern, auf die Einsetzung einer neuen Regierung, die den Wahlprozess einleiten soll. Auch ein neuer Premierminister soll bestimmt werden.
Es wurde ein Ausschuss gebildet, der innerhalb eines Monats über den Stand der Bemühungen berichten soll.
https://libyareview.com/42071/libyan-parliament-state-council-agree-to-form-new-government/

+ Auf Einladung des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit, trafen sich in Kairo der Staatsratsvorsitzende Mohammed Takala, der Präsidialratsvorsitzende Mohamed al-Menfi, und Parlamentspräsident Agila Saleh. Einigkeit über das weitere Vorgehen in Libyen bezüglich des Wahlprozesses wurde nicht erzielt, die politische Stagnation hält an.
Voltaire, internationale Nachrichten – N°78 – 15. März 2024

+ Trotzdem gab sich Saudi-Arabien optimistisch und ließ verlauten, es begrüße die Ergebnisse des jüngsten Treffens in Kairo. Auch AL-Generalsekretär Gheit lobte die Gespräche und kündigte die Bildung eines technischen Ausschusses an, um die offenen Fragen zu klären. Es soll ein Folgetreffen geben.
https://libyareview.com/42350/saudi-arabia-welcomes-outcomes-of-arab-league-meeting-on-libya/

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Sudan – der nächste zerstörte afrikanische Staat

Abdel Fattah Burhan

Abdel Fattah al-Burhan

Mohamed Hamdan Dagalo

Mohamed Hamdan Dagalo

In Afrika kämpfen verschiedene Akteure verbittert um Einflusszonen, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Der derzeitig blutigste Schauplatz ist der Sudan, wo es um geostrategische Interessen und um die Ressource Gold geht.

 

Im April letzten Jahres begann der verheerende Krieg im Sudan, den Thierry Meyssan als die schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt, noch vor dem Gaza- oder dem Ukraine-Krieg, bezeichnet. (1) Von der Weltöffentlichkeit weitgehend ignoriert, bekämpfen sich im Sudan zwei ehemals verbündete Generäle, jeweils befeuert von ihren ausländischen Unterstützern, ohne dass ein Ende der Schlachten in Sicht wäre. Die ‚reguläre Armee‘ SAF kämpft für den ‚Regierungschef‘ General Abdel Fattah al-Burhan, die aufständische Miliz Rapid Support Force RSF wird von General Mohamed Hamdan Dagalo (alias Hemeti) befehligt. General al-Burhan ist der Vorsitzende des sudanesischen Übergangsrats, während RSF-Kommandant Dagalo vor Ausbruch der Kämpfe sein Stellvertreter war. Inzwischen ist die al-Burhan-‚Regierung‘ von der Hauptstadt Khartum nach Port Sudan geflohen, wo sie von Ägypten mit Waffen beliefert wird. Al-Burhan hat bereits die Kontrolle über die Hälfte des Landes verloren. Augenblicklich konzentrieren sich die Kämpfe auf al-Faschir, die Hauptstadt von Nord-Darfur. Deren Ausgang könnte sich als entscheidend für den weiteren Kriegsverlauf erweisen. (2)

Inzwischen haben laut den Vereinten Nationen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem offiziellen sudanesischen Militär SAF und den paramilitärischen Milizen der RFS tausende Menschenleben gefordert und mehr als sechs Millionen von Kriegsflüchtlingen innerhalb des Landes erzeugt, weitere 1,7 Millionen Menschen mussten in die Nachbarländer fliehen. (3)

Die bedeutendste Einnahmequelle des Sudans ist der Export von Gold, deren größte Minen Dagalo und seine RSF kontrollieren. Der Sudan liegt bei den Goldproduzenten Afrikas an dritter Stelle.

Ausländische Akteure

Die Unterstützerfronten sind verwirrend. Als sicher gilt, dass Russland auf Seiten der RSF von Dagalo steht, während die USA inzwischen sogar die Ukraine auf Seiten von al-Burhans SAF für sich kämpfen lässt. Allerdings hatte die sudanesische Regierung Russland einen Militärstützpunkt am Roten Meer zugesagt, dieses Abkommen wurde jedoch noch nicht bestätigt. Die Vereinigten Arabische Emirate unterstützen Milizenführer Dagalo und wollen damit Katar, ihren Rivalen und großen Unterstützer der Moslembruderschaft, schwächen, während der ägyptische Präsident as-Sisi, ein ausgemachter Feind der Moslembrüder, der aber aufgrund der riesigen Wirtschaftsprobleme politisch manövrierunfähig, überraschender Weise und vermutlich auf Druck der USA die Position des von der Moslembruderschaft unterstützten al-Burhan stärkt. Im benachbarten Libyen sind die Unterstützerseiten ebenso gespalten wie das Land selbst: Der Osten unter der Herrschaft der Libyschen Nationalarmee LNA und seines Oberkommandierenden Khalifa Haftar verhilft den Dagalo-Milizen zu Erfolgen, während das unter dem Einfluss des Westens, der Moslembruderschaft beziehungsweise der Türkei stehende westliche Libyen auf al-Burhan setzt. (4)

Gescheiterte Vermittlungsbemühungen

Ende Februar versuchten die Türkei und der von der ‚internationalen Gemeinschaft‘ in Libyen eingesetzte ‚Premierminister‘ Abdul Hamid Dabaiba im Sudan-Konflikt zu vermitteln. Dazu hatte der den Moslembrüdern nahestehende Dabaiba al-Burhan und Dagalo zu „indirekten“ Gesprächen in die libysche Hauptstadt Tripolis eingeladen – direkte Gespräche wurden von den Konfliktparteien abgelehnt. Am 26. Februar empfingen Dabaiba und der Vorsitzende des libyschen Präsidialrats, Mohamed al-Menfi, zunächst General al-Burhan, der sich als erstes für die Aufnahme zehntausender Bürgerkriegsflüchtlinge in dem selbst instabilen Libyen bedankte. Drei Tage später, am 29. Februar, traf General Dagalo von der RFS ein, der seine Sicht der Dinge erläuterte.

Die Gespräche führten zu keinem Ergebnis und die libysch-türkische Vermittlungsbemühung gilt als gescheitert, auch wenn Dagalo sie als „fruchtbar und konstruktiv“ beschrieb. (5) Es hieß, Dagalo wäre einem Waffenstillstand mehr zugeneigt gewesen als al-Burhan.

Bei einem anschließenden Besuch in Ägypten konnte al-Burhan die Befürchtungen as-Sisis bezüglich seiner Nähe zur in Ägypten bekämpften Moslembruderschaft nicht entkräften, hatte sich vorher in Tripolis al-Burhan doch heimlich mit dem extrem-islamistischen Mufti al-Gharyan getroffen. (6)

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Denkschrift von Saif al-Islam von 2017 zu den Ereignissen des Jahres 2011

Saif al-Islam al-GaddafiAm 17. Februar 2024 jährt sich zum 13. Mal der Beginn des sogenannten ‚Aufstands‘ gegen die libysche Dschamahirija-Regierung und Oberst Muammar al-Gaddafi. Sein Sohn, der jetzige Präsidentschaftskandidat Dr. Saif al-Islam Gaddafi, verfasste dazu im Oktober 2017 für den Herland Report eine Denkschrift, die sich mit den schicksalsträchtigen Ereignissen des Jahres 2011 und der darauffolgenden Zeit auseinandersetzt.

Heute stellt sich die Situation in Libyen verändert dar. Nachdem ein fragiler Waffenstillstand geschlossen wurde, ist Libyen durch zwei illegitime ‚Regierungen‘ gespalten. Die Bevölkerung verarmt, viele politische Gefangene sind immer noch eingesperrt, die Infrastruktur verfällt und die Korruption treibt höchste Blüten, während die sogenannten politischen ‚Führer‘ weiterhin bestrebt sind, Wahlen hinauszuzögern, wenn nicht gar zu verhindern, um sich und ihren ausländischen Patronagen die Macht zu sichern. Libyen ist zum Spielball ausländischer Mächte verkommen.

Saif al-Islam Gaddafi ist inzwischen libyscher Präsidentschaftskandidat und dringt auf die baldige Abhaltung demokratischer Wahlen.

DENKSCHRIFT ZU LIBYEN: LÜGEN ÜBER DEN STAAT, SEINE FÜHRUNG UND DIE ARMEE

von Dr. Saif al-Islam Gaddafi [Oktober 2017]

Im Namen Allahs, des Gütigen und Barmherzigen.

Diese Denkschrift hat das Ziel, einige der Sachverhalte klar zu benennen, die in den letzten sechs Jahren das Leiden des libyschen Volkes verursachten. Dr. Saif al-Islam, Sohn von Muammar al-Gaddafi, benennt die am libyschen Volk verübten, furchtbaren Verbrechen.

Diese Verbrechen wurden im Namen einer humanitären Intervention begangen. Es hieß, Zivilisten sollten geschützt, Demokratie und Wohlstand gebracht werden. Die NATO-Staaten griffen Libyen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Waffen und mit Hilfe einiger arabischer Staaten und einzelner Libyer an. Die Rechtfertigung dafür war genauso falsch wie diejenige für die Invasion im Irak 2003, denn in Wirklichkeit handelte es sich um die systematische Zerstörung eines souveränen Staates und einer friedlichen Nation.

Die Denkschrift will diese Verbrechen Menschenrechtsorganisationen, NGOs und der internationalen Gemeinschaft zur Kenntnis bringen, um Libyen und seinen Menschen in ihrem unermüdlichen Einsatz beizustehen, dieses kleine Land wiederaufzubauen.

Libyen am Scheideweg: Der Anfang

Die Agonie Libyens begann am 15. Februar 2011 mit den üblichen Protesten und Demonstrationen für die im Abu-Salim-Gefängnis Inhaftierten. Die Demonstrationen wurden schon bald von Mitgliedern dschihadistischer Gruppen wie der Libyan Islamic Fighting Group LIFG gekapert. Sie griffen Polizeistationen und Armeeunterkünfte in Derna, Bengasi, Misrata und az-Zawaj an, um Waffen für den geplanten Krieg gegen das libysche Volk und seine rechtmäßige Regierung zu erbeuten.

Gleichzeitig wurde eine Propagandamaschinerie in Gang gesetzt. Daran beteiligt waren Al-Jazeera, Al-Arabia, BBC, France 24 und andere Sender, die das libysche Volk aufforderten, sich gegen die Staatspolizei zu stellen, als diese versuchte, Regierungsgebäude und Volkseigentum vor Angriffen und Plünderungen zu schützen.

Auf Straßen, Brücken und in den Gebäuden der Sicherheitskräfte spielten sich entsetzliche Szenen ab, in deren Verlauf die Demonstranten unvorstellbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen. Sicherheitskräften, Militärpersonal und Polizisten wurden die Kehlen durchschnitten, es wurde ihnen das Herz herausgerissen und ihre Körper zerstückelt. Es war eine Show von tierischer Brutalität.

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Nachrichtenüberblick Libyen – 01. bis 15. Februar 2024

Höchste Reisewarnung für Libyen / Milizenkämpfe im Westen / Aufmarsch der LNA in Sirte / Erneut Androhung der Schließung von Öl- und Gasanlagen / Aufstellung eines russischen Militärcorps für Afrika / Abschaffung der Kraftstoffsubventionen und Privatisierungen im großen Stil für 2024 geplant / 40 Prozent der Libyer in Armut

Militär – Milizen

+ Am 07. Februar gaben die Behörden der USA strenge Reisewarnungen für Libyen heraus. Es wurde die höchste Warnstufe ausgegeben und US-Bürgern vor Reisen in das Land grundsätzlich abgeraten. Als Grund wurden erhebliche Sicherheitsbedenken und potenziell lebensbedrohliche Gefahren genannt, hervorgerufen durch die anhaltende politische Instabilität, den immer wieder kehrenden Ausbruch von Gewalt und die Aktivitäten von Milizen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1755552898409189643

+ Am 09. Februar stürmte die Miliz Stability Support Apparatus (von Ghnewa al-Kikli) in Tripolis das Hauptquartier der Anti-Terror-Milizen, beschlagnahmte deren Waffen und Fahrzeuge und beschädigte das Gebäude, woraufhin die sogenannte Anti-Terror-Miliz ihre Kräfte in Tadschura und Tripolis mobilisierte.
Auch in Misrata wurden Milizen mobilisiert und in der Hauptstadt, im Gebiet von Abu Salim, Tripolis waren Schüsse zu hören.
Am 10. Februar brachen Milizenkämpfe in Gharyan aus und am 12. Februar wurden Kämpfe aus az-Zawiya gemeldet.
https://twitter.com/MstrMax11/status/1756045983916380458
https://twitter.com/MstrMax11/status/1756047288143626536
https://twitter.com/MstrMax11/status/1756087033330540809
https://twitter.com/LibyaReview/status/1756135247371018382
https://twitter.com/LibyaReview/status/1757002775001481689

+ Am 14. Februar berichtete LibyaReview, dass sich die Libysche Nationalarmee (LNA) von Khalifa Haftar auf eine >historische< Militärübungen nach dem 17. Februar in Sirte vorbereitet. Es sollen über 7.000 Fahrzeuge und 25.000 Soldaten daran teilnehmen.
Wie AgenziaNova meint, soll diese Militärübung in der Sirte-Wüste und um das Gebiet der Stadt Dschufra, die die beiden Haftar Söhne Saddam und Khaled befehligen, eine Machtdemonstration vor dem 17. Februar, dem Jahrestag der sogenannten ‚Rebellion‘ des Jahres 2011, sein. Russlands Militärhilfe kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.
Video: https://twitter.com/LibyaReview/status/1757746871429107820
https://www.agenzianova.com/en/news/Libya-Haftar%27s-sons-show-their-muscles-and-send-their-units-to-Sirte-and-Jufra/

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Saif al-Islam Gaddafi zurück auf öffentlicher Bühne: Besuch in Bani Walid und voraussichtlich Teilnahme am AU-Gipfel in Brazzaville

Saif al-Islam al-Gaddafi

Am 18. Januar besuchte Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi die Stadt Bani Walid, um sich mit Führern von Sozial- und Jugendverbänden sowie Honoratioren der Stadt zu treffen. Gesprächsthema war die Position hinsichtlich der Vorbereitungstreffen zur Nationalen Versöhnungskonferenz, aus denen sich das Team Saif al-Islam Gaddafi zurückgezogen hat. Voraussichtlich wird Saif al-Islam aber am hochkarätig besetzten Gipfel des Libyen-Ausschusses der Afrikanischen Union in Brazzaville teilnehmen

 Nachdem am 17. Januar der stellvertretende Präsidialratsvorsitzende al-Lafi das Team Saif al-Islam Gaddafi zur Teilnahme am Versöhnungstreffen am 27. Januar in Misrata aufgerufen hatte, erklärte der Leiter des Gaddafi-Teams, Ali Masibah Abu Sabiha, dass man als Mitglied des Versöhnungsausschusses keine Aufforderung zu einer Sitzungsteilnahme von al-Lafi benötige. Al-Lafi versuche, den Versöhnungsprozess zu manipulieren.

Ebenfalls am 17. Januar hatte die Gefangenenvereinigung betont, dass sie die geplante Sitzverteilung bei der Vorbereitungssitzung zur Versöhnungskonferenz ablehnt. Auch wolle sie nicht an einem Forum beteiligt sein, an dem auch Mufti al-Gharyani teilnimmt, der zu einem Gutteil für das Chaos im Land verantwortlich ist. Der alleinige Vertreter beim Aussöhnungsprozess sei Dr. Saif al-Islam Muammar al-Gaddafi.

Gründe für den Rückzug des Teams Saif al-Islam Gaddafi von den Vorbereitungstreffen

Vor seinem Besuch am 18. Januar in Bani Walid hatte das Team Saif al-Islam Gaddafi seinen endgültigen Rückzug aus den Sitzungen der Vorbereitungstreffen bekanntgegeben. Es müssten zuerst einige Dinge wieder an die richtige Stelle gerückt werden. Protestiert wurde unter anderem wegen der Teilnahme des radikal-islamistischen Mufti Sadiq al-Gharyani aus Tripolis. Außerdem sei das Team Saif al-Islam bei der Sitzverteilung benachteiligt worden.

Bereits vorher hatte sich das Team Saif al-Islam in einer Mitteilung bei der Afrikanischen Union und dem Präsidialrat über eine Reihe von Verstößen und über Korruption im Zusammenhang mit der abzuhaltenden Versöhnungskonferenz beschwert. Es war ein Schreiben des stellvertretenden Vorsitzenden des Präsidialrats, Mohamed al-Menfi durchgesickert, aus dem hervorging, dass al-Gharyani dem Präsidialrat und der Dabaiba-‚Regierung‘ gedroht hatte, falls die Dschamahirija-Vertretung Gehör finden sollte.

Unterstützung der Stämme und Städte für Gaddafi

Der Sozialrat des Ghadhadfa-Stammes unterstützte die Entscheidung des Teams Saif al-Islam, sich von den Versöhnungstreffen zurückzuziehen und betonte Saif al-Islams Autorität als Führer der Dschamahirija. Alle Versuche des Präsidialrats, die Dschamahirija zu spalten, seien aufs Schärfste zu verurteilen. Anweisungen anderer Parteien würde man sich nicht unterwerfen, Prinzipien könnten nicht aufgegeben werden. Bedauert wird, dass als Zeichen des guten Willens für eine Aussöhnung keine Freilassung der seit 2011 in Haft befindlichen politischen Gefangenen stattfand.

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Teilnahme des Teams Saif al-Islam Gaddafi an Aussöhnungskonferenz wahrscheinlich

In einem Schreiben vom 8. Januar ersucht der kongolesische Präsident Denis Sassou N’Guesso den libyschen Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi um die Teilnahme an der innerlibyschen Versöhnungskonferenz am 28. April 2024 in Sirte und beteuert den Einsatz der Afrikanischen Union für die politischen Gefangenen in Libyen.

Der Präsident der Republik Kongo, Denis Sassou N‘Guesso, ist der Beauftragte der Afrikanischen Union zur Begleitung des Versöhnungsprojekts in Libyen. In dieser Funktion wandte sich Präsident Sassou N’Guesso am 8. Januar 2024 mit einem Schreiben an den „Hochverehrten Saif al-Islam Gaddafi – Präsidentschaftskandidat“.

In dem Brief beglückwünscht Präsident N’Guesso den Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi zu seiner Entschlossenheit und seinem Mut, mit denen es ihm gelang, die Meinungsverschiedenheiten unter seinen libyschen Brüdern zu überwinden. Sassou N‘Guesso drückt auch seine Freude darüber aus, die Vertreter der libyschen Parteien am 28. April 2024 bei der Versöhnungskonferenz in der Stadt Sirte begrüßen zu dürfen.

Noch am 14. Dezember, dem Tag des letzten Vorbereitungstreffens für die Sirte-Versöhnungskonferenz, hatte der Leiter des Teams Saif al-Islam Gaddafi in einer Erklärung dem libyschen Präsidialrat mangelnde Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung des Versöhnungsprojekts vorgeworfen und den Rückzug des Teams Saif-al-Islam aus dem Versöhnungsprojekt bekanntgegeben. Als Grund wurde die Nicht-Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen zur Freilassung ehemaliger Regimeangehöriger, die seit 2011 ohne formelle Anklage inhaftiert sind, genannt.

Nun bekräftigt Präsident N’Guesso in seinem Schreiben die große Bedeutung, die die Afrikanische Union dem Schicksal der politischen Gefangenen in Libyen beimisst, da deren Freilassung auch zur allgemeinen Beruhigung des Landes beitragen werde. Wörtlich heißt es: „Wir werden keine Mühen scheuen, um dies zu erreichen.“

Der kongolesische Präsident versichert dem libyschen Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi seine unerschütterliche Unterstützung und ermutigt ihn, seine Bemühungen fortzusetzen, „damit es uns gemeinsam gelingt, in Ihrem schönen Land Frieden und Ruhe wiederherzustellen und allen Ihren Landsleuten eine bessere Zukunft zu garantieren“.

Nachrichtenüberblick Libyen – 17. November bis 16. Dezember 2023

Dieser Libyenbericht gibt einen kurzen Überblick über die wichtigsten Ereignisse zwischen dem 17. November und 16. Dezember 2023.

 + Oscar Zumenu schreibt am 17. November auf X, dass das politische Team des Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi erklärte, es sei für das libysche Volk an der Zeit, „über andere Optionen nachzudenken, auch wenn diese schwierig und bitter sind, denn sie sind notwendig, um Libyen zu retten. Die UN-Mission und die internationale Gemeinschaft zeigen keinerlei Ernsthaftigkeit und haben auch nicht den Wunsch, Wahlen abzuhalten. Es stört sie auch nicht, dass das Chaos anhält.“
https://twitter.com/Zoumenouoscar/status/1725316040803094945

+ Am 19. November meldete sich Saadi al-Gaddafi, dritter Sohn von Muammar al-Gaddafi und Bruder von Saif al-Islam Gaddafi, auf X zu Wort: „Die alten Gaddafi-Zeiten werden nicht zurückkehren. Sie gelten als eine historische Erfahrung, die einen großen Einfluss auf die Geschichte der Region und der Welt hatte. Ich rufe dazu auf, am Aufbau eines neuen, modernen Systems mitzuarbeiten, in dem die Libyer zusammenstehen und von dem alle profitieren können. Nutzt die positiven Aspekte der damaligen Regierung, vermeidet dessen negative Aspekte, lernt aus den Fehlern.“
Dieser Aufruf wurde von Saadi am 25. November durch folgendes Statement ergänzt: „Ich weiß, dass es Menschen gibt, die uns lieben und die wollen, dass wir zurückkehren. Doch hört mir zu: Die damalige Regierung wird nicht zurückkehren, weder als politisches System, noch in seiner Praxis, nicht als Denkweise und auch nicht als Regierungsmethode. Unsere Rückkehr an die Macht wird auf demokratischem Weg erfolgen. Die Anstrengungen aller müssen gebündelt und die Vorstellungen zusammengeführt werden, um ein nationales Projekt zu entwickeln, das das Land voranbringt. Ich hoffe, dass die Jugend hierbei sowie bei allen Projekten bzw. einem neuen Regierungssystem eine entscheidende Rolle spielt.
Um erfolgreich und legitim sein zu können, muss sich Libyen im Rahmen von Versöhnung, Verfassung und Demokratie bewegen. Denn wir sind nicht allein in Libyen. Wir haben Partner, die ebenfalls Söhne Libyens sind.“
In einem Tweet am 09. Dezember nimmt Saadi auf seine Gefangenschaft Bezug und schreibt unter anderem: „Ohne das Gefängnis hätte ich viele Dinge nicht gelernt und verstanden. Vieles habe ich erst im Gefängnis begriffen. […] Ich möchte mich aufrichtig bei allen bedanken, die mir im Gefängnis Gutes getan haben, einschließlich Besuchen und Telefonanrufen, um mir beizustehen und meine Moral zu stärken.  […] Mein besonderer Dank gilt jenen, die mich im Gefängnis beschützt und betreut haben und mich mit allem Respekt und mit Zuneigung behandelt haben. Bruder Khaled asch-Scharif hat im Hinblick auf mir zugefügte Folter und erlittene Ungerechtigkeiten sein Möglichstes getan, um mich zu beschützen und zu verhindern, dass ich Demütigungen und Misshandlungen erleiden muss. Doch das Böse und die Unterdrücker waren in diesem mit Hass erfüllten Gefängnis einfallsreicher als er. Ich danke meinem Bruder Haitham at-Tadschuri, der mich gut behandelt und aus dem al-Hadba-Gefängnis befreit hat. Ich danke auch meinem ehrenwerten Bruder Abdul Rauf Kara […].“
Saadi al-Gaddafi wurde 2014 vom Niger an die damalige libysche „Regierung“ ausgeliefert. Bis September 2021 war Saadi trotz eines erfolgten gerichtlichen Freispruchs in Tripolis inhaftiert. Videoaufnahmen belegen, dass Saadi während seiner Gefangenschaft im al-Hadba-Gefängnis gefoltert wurde. Nach seiner Freilassung verließ Saadi Libyen in Richtung Kairo.
https://twitter.com/SaadiQaddafi/status/1726134737733886233
https://twitter.com/SaadiQaddafi/status/1728271554658611287
https://twitter.com/SaadiQaddafi/status/1733363061371609174

+ Die Mitarbeitergewerkschaft der bedeutenden und angesehenen Omar-al-Mukhtar-Universität in al-Baida (östliches Libyen) rief am 27. November zu gemeinsamen Protesten aller Fakultäten auf. Ihre Stimme soll von den Entscheidungsträgern endlich gehört werden. Den Universitätsangestellten würden die ihnen zustehenden Rechte verwehrt, wobei „eine Politik der Entführungen, Einschüchterungen und des Schweigens“ herrsche. Die Universität sieht sich im Einklang mit libyschen Bildungseinrichtungen im ganzen Land und deren Ruf nach Gerechtigkeit und Respekt für den akademischen Sektor.
https://libyareview.com/39462/libyan-university-omar-al-mukhtar-calls-for-protest-on-thursday/

+ LibyaReview schreibt am 20. November, dass die momentane Situation im Westen Libyens von Spannungen und militärischer Mobilmachung geprägt ist. Besonders betroffen sei die Umgebung von Zuwara, wo Milizen des ‚Premierministers‘ Dabaiba ihre Präsenz verstärken.
Der Präsidialrat, der die Oberbefehlsgewalt über die Militärkräfte im westlichen Libyen ausübt, verbot allen Milizen, ohne ausdrückliche Genehmigung Positionswechsel vorzunehmen.
Die Parlamentsregierung im östlichen Libyen beschuldigte die Dabaiba-‚Regierung‘, „Angst und Chaos zu verbreiten, Kriege anzuzetteln und die Stabilität zu untergraben.“
Auch der Oberste Rat der libyschen Berber/Amazig hatte Dabaiba vor einem Angriff auf Zuwara gewarnt.
Am 27. November wurde über dutzende von bewaffneten Fahrzeugen berichtet, die sich von Misrata aus in Richtung Tripolis in Bewegung gesetzt haben. Noch am selben Tag kam es dort zu bewaffneten Zusammenstößen.
Und auch am 30. November hat sich die Lage nicht entspannt. Es wird der Sicherheitsalarm in Tripolis ausgelöst.
https://libyareview.com/39398/is-a-new-conflict-emerging-in-western-libya/
https://twitter.com/LibyaReview/status/1729132916821942712
https://twitter.com/LibyaReview/status/1729200207185985857

+ Am 25. November gibt die Libysche Investitionsbehörde (LIA) bekannt, dass ihre Vermögenswerte in Frankreich zum ersten Mal seit 2013 frei von gerichtlicher Beschlagnahme sind. Die LIA bemühe sich nun mittels eines internationalen Schiedsverfahrens ihre Vermögenswerte auch bei den belgischen Behörden frei zu bekommen.
https://libyaherald.com/2023/11/lia-frees-its-last-french-based-assets-from-court-seizures/

+ Die Diskussionen und Auseinandersetzungen über die Bedingungen und Gesetze zur Abhaltung von Wahlen gehen weiter. So lehnte Anfang Dezember das libysche Parlament die Teilnahme an UN-geführten Gesprächen unter dem UN-Sondergesandten Bathily ab, da diese die politischen Lösungen im Land behinderten. Auch aus dem Generalkommando der Libyschen Nationalen Armee (LNA) war zu vernehmen, dass die Armee „nicht an den von Bathily einberufenen Gesprächen teilnehmen wird, wenn die Parlaments-Regierung nicht mit am Tisch sitzen wird“.
Kurz davor hatte Bathily die politischen Parteien in Libyen zu einem Treffen eingeladen, um die Hindernisse zu erörtern, die den Wahlen im Land im Wege stehen. Dazu eingeladen waren designierte Vertreter des Präsidialrats (al-Menfi), des Parlaments (Saleh), des Staatsrats (Takala), der Dabaiba-‚Regierung‘ (Dabaiba) und der LNA (Haftar).
https://libyareview.com/39668/libyan-parliament-rejects-un-initiated-talks/

 + Parlamentspräsident Agila Saleh kündigte die Bildung einer Einheits-„Mini“-Regierung noch im Dezember diesen Jahres an. Damit solle die politische Spaltung in Libyen überwunden werden.
Saleh sagte, dass die „Inklusivität der vereinbarten Wahlgesetze sicherstelle, dass jeder libysche Bürger seine Vertreter wählen kann“.
https://libyareview.com/39711/ageela-saleh-announces-formation-of-new-libyan-government/

+ Auf dem Global Peace Index (GPI) hat sich Libyen 2023 um 14 Plätze verbessert und liegt nun auf Platz 137 von 163 Ländern.
https://libyareview.com/39680/libya-advances-14-places-in-2023-global-peace-index/

+ Das türkische Parlament hat das Mandat für den Truppeneinsatz in Libyen für 2024 verlängert.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1730266915581424016

+ Der Staatsratsvorsitzende Muhammad Takala ist am 1. Dezember zu einem Besuch in Moskau eingetroffen, um die „Stärkung der russisch-libyschen Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen zu stärken“.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1730319187900256696

+ Am 2. Dezember fand in Bengasi ein Treffen zwischen dem LNA-Oberkommandierenden Khalifa Haftar und dem stellvertretenden russischen Verteidigungsminister Yunus-bek Yevkurov und seiner Begleitdelegation statt. Auch hier ging es um die Verbesserung der bilateralen Zusammenarbeit. Insbesondere soll die Einrichtung einer russischen Militärbasis in Libyen verhandelt worden sein, im Gegenzug zu Waffenlieferungen und militärischer Unterstützung. Eine Einigung soll noch vom Parlament bestätigt werden.
https://libyareview.com/39739/haftar-meets-russian-deputy-defense-minister/
Voltaire, internationale Nachrichten – N°66 – 15. Dezember 2023

 + Mohamed Aoun, Minister für Öl und Gas in der Dabaiba-‚Regierung‘, warf dem Vorsitzenden der NOC (National Oil Corporation), Farhat Bengdara, vor, auf unzulässige Weise die Beschaffung von Betriebsmitteln im Wert von zehn Millionen USD von einem in Dubai ansässigen Unternehmen genehmigt zu haben, ohne vorherige Zustimmung des Ministeriums.
Aoun hatte auch andere Aktivitäten der NOC wie die jüngsten Vereinbarung mit der italienischen ENI heftig kritisiert.
Das Ölministerium kritisierte auch die ägyptische Regierung, die ohne ihre Zustimmung eine Vereinbarung mit Südkorea über die Verschiffung von libyschen Öl aus dem ägyptischen Hafen Garjoub getroffen habe.
Innerhalb des Erdölsektors bestehen tiefe Gräben zwischen den verschiedenen Institutionen.
https://libyareview.com/39776/libyan-oil-minister-denounces-10-million-dollar-noc-deal/
https://libyaherald.com/2023/12/ministry-of-oil-and-gas-denounces-egypts-signing-of-agreement-with-south-korea-to-export-libyan-oil-without-its-knowledge/

+ Erneut wurde der Prozess gegen Abdullah as-Senussi, dem ehemaligen Geheimdienstchef während der Gaddafi-Zeit, verschoben, nun auf den 8. Januar. Sollte as-Senussi von der Dabaiba-‚Regierung‘ an die USA ausgeliefert werden, könnte dies zu einer Eskalation der Lage in Libyen führen.
https://libyareview.com/39794/libyan-court-postpones-trial-of-ex-intelligence-chief/

+ Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières – MSF) hat zum wiederholten Male die katastrophalen Bedingungen für Migranten in libyschen Haftanstalten scharf verurteilt und dabei insbesondere die Einrichtungen Abu Salim und Ain Zara in Tripolis hervorgehoben.
In einer aktuellen Erklärung beschreibt die Organisation die ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen und unmenschlichen Bedingungen denen Flüchtlinge, Asylbewerber und Migranten in diesen Zentren ausgesetzt sind, darunter schutzbedürftige Frauen und Kinder.
https://libyareview.com/39851/doctors-without-borders-decries-horrific-conditions-in-libyas-migrant-detention-centers/

+ Zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember beschuldigte die Nationale Kommission für Menschenrechte in Libyen (NCHRL) die Dabaiba-‚Regierung‘ „zu einer Eskalation der Menschenrechtsverletzungen beizutragen, die öffentlichen Freiheiten ebenso wie die Rechtsstaatlichkeit und die Justiz im Lande zu untergraben“.
https://libyareview.com/39956/libyan-pm-faces-accusations-of-aggravating-human-rights-violations/

 + Am 10. Dezember kam es infolge schwerer Regenfälle zu Überschwemmungen in Tripolis. Die Sicherheitsdirektion von Tripolis warnte die Bürger davor, ihre Häuser außer in Notfällen zu verlassen. Auch die Städte Bengasi, Jansur, Tadschura, Zawija und Zinten standen unter Wasser.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1733591468164497646
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1733591468164497646
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1733577182570487970
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1733577182570487970
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1733572904002994682

 + Der vom Parlament und dem Staatsrat gebildete 6+6-Ausschuss zur Ausarbeitung von Wahlgesetzen rief am 10. Dezember das libysche Volk dazu auf, „sich gegen ausländische Einmischungsversuche zusammenzuschließen und die Gesetze zu verteidigen“. Keine internationale Organisation habe das Recht, einen Prozess unter libyscher Souveränität abzulehnen. Die UNO habe nur das Recht, nationale Institutionen zu unterstützen. Keineswegs könne sie diese ersetzen.
Dagegen sprach sich Musa al-Koni als Mitglied des Präsidialrats dafür aus, dass die libyschen Parteien dringend die Initiative des UN-Gesandten Bathily aufgreifen müssten. Eine erfolgreiche Organisation von Wahlen sei wichtiger als neue politische Vereinbarungen.
https://libyareview.com/39905/libyas-elections-committee-rejects-un-missions-interference/
https://libyareview.com/39908/libyas-presidential-council-urges-acceptance-of-un-initiative/

+ Die LNA gab am 11. Dezember bekannt, dass sie ein Mitglied der berüchtigten Kani-Miliz gefangen genommen hat. Der Verhaftete soll bereits mehrere Morde gestanden haben. Die Kani-Miliz war für Massentötungen verantwortlich, einige Mitglieder waren in das östliche Libyen geflohen.
https://libyareview.com/39982/libyan-army-detains-libyan-militia-member/

+ Am 13. Dezember traf Parlamentspräsident Agila Saleh in Ankara mit dem türkischen Präsidenten Erdogan und dem türkischen Außenminister Hakan Fidan zu Gesprächen zusammen. Begleitet wurde Saleh von den Parlamentsmitgliedern Abdul Nabi Saleh al-Ghaithi, Osama asch-Schaafi und al-Khair asch-Schaab.
Thema war die Bildung einer neuen Regierung.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1734924670523085165
https://en.alwasat.ly/news/libya/422737

+ Bewaffnete eröffneten am 15. Dezember in Tripolis das Feuer auf mehrere Fans des libyschen Fußballvereins Al-Itihaad. Die NCHRL sagte, die Bewaffneten stünden in Beziehung mit einer Miliz der Dabaiba-‚Regierung‘.
Die Schuld an dem Vorfall trage der Innenminister der Dabaiba-‚Regierung‘ sowie der Präsident des Libyschen Fußballverbandes (LFF). Gefordert wurde ein sofortiger Stopp der libyschen Liga aufgrund der Bedrohungslage für die Fußballfans.
Erst im Oktober waren nach zwölf Jahren wieder Zuschauer zu Spielen der ersten Liga zugelassen worden.
Video: https://twitter.com/LibyaReview/status/1735742583387603414
https://libyareview.com/40103/human-rights-commission-denounces-armed-attack-in-libyan-capital/

+ UNICEF schätzt, dass drei Monate nach der Flutkatastrophe von Derna 100.000 USD zur Linderung der gröbsten Not gebraucht werden.
Dem Bericht zufolge sind 44.862 Binnenflüchtlinge, darunter 40 Prozent Kinder, einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt und benötigten Schutz. Von der Flutkatastrophe sind 84 Prozent der Krankenhäuser in Ostlibyen betroffen.
UNICEF bemühe sich, eine Rückkehr von Kindern in Schulen zu gewährleisten.
https://libyareview.com/40109/unicef-100000-libyan-children-in-need-of-urgent-aid/

+ Es sollen sich am 17. Dezember Khalifa Haftar, Agila Saleh and Mohamed Menfi zu Gesprächen in Kairo getroffen haben.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1736108997139116289

+ Der Interne Sicherheitsdienst veröffentlichte auf seiner offiziellen Seite ein Video, das den Schmuggel von Goldbarren in Millionenhöhe am Flughafen Misrata zeigte. Das Video wurde umgehend wieder gelöscht. Das Video zeigte ein Gespräch zwischen dem Chef des Zollbüros am Flughafen Misrata und der rechten Hand vom Chef der Misrata-Miliz Joint Security Force, geführt von Omar Bughdada. Die Löschung soll auf Druck von ‚Premierminister‘ Dabaiba erfolgt sein.
Aus dem Video geht hervor, dass der Goldschmuggel systematisch erfolgt und zwar mit Hilfe des Zollbüros und der Joint Security Force.
Der Leiter der Verwaltungskontrolle, Abdullah Qadirbuh, schütze den Leiter des Zollbüros des Flughafens und vertusche die Schmuggelaktivitäten. Ein involviertes Unternehmen gehört Ibrahim ad-Dabaiba.
Nach Angaben der Sicherheitsdienstes soll der Goldschmuggel im Jahr 2023 mehr als sieben Milliarden LYD (1 LYD = 0,20 €) betragen haben.
Es stelle sich die Frage, ob sich der Oberstaatsanwalt as-Siddiq as-Sur traut, Haftbefehle gegen diejenigen zu erlassen, die laut Audio- und Videobeweisen am Schmuggel von Metallen, Gold und Währungen beteiligt sind.
https://twitter.com/tkyroogklshytk/status/1735776003278975483
https://twitter.com/ElhasseKhalil/status/1736051599099744304

+ Die EU-Grenzkontrollbehörde Frontex teilte mit, dass illegale Einreisen in die EU in diesem Jahr dramatisch zugenommen haben.
In den ersten 11 Monaten des Jahres 2023 hat die Zahl der Einreisen bereits die Gesamtjahressummen seit 2016 übertroffen, so die Frontex-Daten.
Die Gesamtzahl der Migranten, die über nicht-reguläre Wege in die EU kommen, erreichte in diesem Jahr bis Ende November mindestens 355.300. Die meisten irregulären Ankömmlinge in diesem Jahr kamen aus Syrien, Guinea und Afghanistan.
https://en.alwasat.ly/news/world/422564

Ägypten wählt – der Sieger steht schon fest

Zwischen dem 10. bis 12. Dezember finden in Ägypten vorgezogene Präsidentschaftswahlen statt. Aufgrund der miserablen Wirtschaftslage, der hohen Inflation und der Herausforderungen des Gaza-Kriegs sind viele der 110 Millionen Ägypter mit der as-Sisi-Regierung unzufrieden.Gewinnen wird der jetzige Amtsinhaber, Präsident Abdelfattah as-Sisi, die Wahl trotzdem.

Wirtschaftskrise
Ende Mai 2023 schrieb die NeueZüricherZeitung (NZZ): „Ägypten steckt in einer tiefen Krise. Das Land am Nil ächzt unter Milliardenschulden und musste vor kurzem ein weiteres Mal die eigene Währung abwerten. Seither wird alles immer teurer, sogar Grundnahrungsmittel wie Brot.“ Das ägyptische Pfund hat gegenüber dem US-Dollar die Hälfte seines Wertes eingebüßt, die Inflation liegt bei zwanzig Prozent.

Bauboom und Landwirtschaft
Gleichzeitig wird mit chinesischer Hilfe nahe Kairo für etwa 45 Milliarden Euro eine neue Hauptstadt, New Cairo, aus dem Wüstenboden gestampft. Verlässt man Kairo auf seinen Ausfallstraßen, fallen die vielen leerstehenden Häuser und Wohnungen auf und unwillkürlich fragt man sich, ob hier nicht gerade eine riesige Immobilienblase platzt. Will sich der ägyptische Präsident Abdelfattah as-Sisi mit seinen überdimensionierten Prestigeprojekten ein Denkmal setzen, so wie es einst die Pharaonen mit ihren Tempeln und Pyramiden taten? Die Pyramiden haben einige Jahrtausende überstanden, bei den gigantischen Häuser- und Straßenbauprojekten aus Beton kann man von Glück sagen, wenn sie einige Jahrzehnte halten. Ägypten dürfte bald einen riesigen und teuren Sanierungsbedarf haben.

Angesichts der enormen Gelder, die in neue Bauprojekte rund um Kairo und andere Gebiete in Norden des Landes gesteckt werden, ist im Süden und in der von der Entwicklung abgekoppelten ländlichen Bevölkerung Verbitterung zu spüren. In den Oasendörfern am Nil bleiben die Straßen unasphaltiert und die Landwirtschaft funktioniert noch wie in biblischen Zeiten mit Ochs und Esel sowie mit Hacke bei gekrümmten Rücken. Dazu kommt, dass die freundlichen und liebenswürdigen ägyptischen Bauern, Fellachen genannt, von Teilen der städtischen Bevölkerung als zurückgeblieben und ungebildet verachtet werden.

Schulden
Die US-Investmentbank Morgan Stanley schätzt, dass Ägypten bis Juni 2024 weitere 24 Milliarden US-Dollar benötigt. Doch auch die neu vom IWF erbettelten Gelder werden nur Löcher stopfen, um Zinsen und Kredite zurückzahlen zu können. Dazu kommen die üblichen IWF-Auflagen wie weitreichende Privatisierungen, die die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandertreiben. Die internationalen Rating Agenturen haben Ägypten längst auf Risiko herabgestuft, und auch die Golfstaaten, allen voran Saudi Arabien, die mit hohen Zahlungen Ägypten immer wieder aus der Patsche halfen, sehen das Land inzwischen als Fass ohne Boden.

Hat sich Ägypten noch einmal in eine Schuldenfalle treiben lassen, wie dies während des Baus des 1869 eröffneten Suez-Kanals geschah? Die Zahlungsunfähigkeit Ägyptens im Jahr 1875 ermöglichte es damals den Briten, das Land zu übernehmen und ihre Herrschaft bis 1922 aufrechtzuerhalten. Ein Staatsbankrott droht auch heute wieder.

Soziale Schere und Sicherheit
In Ägypten herrscht eine himmelschreiende soziale Ungleichheit. In Kairo kann man neben dem Eingang zum exklusiven Jachtclub für Reiche auf der Bank eines Bushäuschens eine alte Frau liegen sehen, die in vor Schmutz starrende und übel riechende Kleidung gehüllt, dem Tod entgegen dämmert.

Angesichts der Unzufriedenheit der in weiten Teilen verarmten Bevölkerung und des alle arabischen Gemüter erregenden Gemetzels, das Israel in Gaza veranstaltet, ist vor der bevorstehenden Wahl die Nervosität im ganzen Land spürbar. In Kairo sind alle Zufahrtsstraßen zu größeren Plätzen wie dem berüchtigten Tahrir-Platz, von dem 2011 der Sturz Mubaraks seinen Anfang nahm, von Polizei in Kampfausrüstung schwer bewacht. Größere Menschenansammlungen können so im Keim erstickt werden. Schwer bewacht und nur über Zugangsschleusen erreichbar sind auch alle koptischen Einrichtungen, die Klöster und Kirchen.

Solange die riesige soziale Ungleichheit und erdrückende Armut weiter Teile der Bevölkerung knebeln, wird dies den idealen Nährboden für radikal-islamistische Kreise bilden. Allerdings sind die Moslembrüder nicht die einzigen Kritiker der jetzigen vom Militär gestützten Regierung. Es gibt noch immer viele Anhänger der Politik von Gamal Abdel Nasser (ägyptischer Präsident von 1952 bis 1970), der der ehemaligen UdSSR und dem Sozialismus zuneigte, und einige Ägypter wünschen sich sogar die Monarchie zurück, die zu damaligen Zeiten herrschende Armut vergessend. Letzteres wäre im Sinne der USA, die in den arabischen Ländern die Monarchien im Gegenzug für ihren Machterhalt fest im Griff hat und steuern kann.

Tourismus
Touristengruppen, die von ihren Nilkreuzfahrtschiffen per Bus zu Tempelbesichtigungen aufbrechen, werden von einer Armada von Polizeifahrzeugen begleitet, Marktspaziergänge unter Aufsicht schwerbewaffneter Polizisten durchgeführt. Und will man beispielsweise als Tourist von Luxor aus ans südlich gelegene Rote Meer fahren, ist nur die Autobahnroute gestattet, nicht der bedeutend kürzere Weg entlang der Landstraße über die in Mittelägypten am Nil gelegenen Städte Esna und Edfu.

Ein Attentat auf Touristen wäre tatsächlich das letzte, was Ägypten brauchen kann, ist der Tourismus, der die wichtigen Devisen beschafft, doch sowieso schwer eingebrochen. Und dies nach den für die Wirtschaft so schwierigen Corona-Jahren, von denen man sich endlich eine Erholung versprach. Doch wegen der wackeligen Sicherheitslage im gesamten Nahen Osten und insbesondere wegem des Gaza-Kriegs buchten viele potentielle Ägyptenurlauber lieber einen Urlaub auf den als sicher geltenden Kanarischen Inseln, nicht zuletzt auch wegen der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Teilreisewarnung.

Gaza-Krieg
Währenddessen bombt Israel den an den ägyptischen Sinai anschließenden Gaza-Streifen in Grund und Boden. Mitglieder der israelischen Koalitionsregierung bekannten sich ganz offen zu dem Ziel, die dort lebenden zwei Millionen Palästinenser zu vertreiben. Der Kriegsverlauf in Gaza bestätigt dies: Zunächst wurden die Palästinenser durch Dauerbombardements, die auch Krankenhäuser, Kirchen und Moscheen nicht verschonten, vom Norden in den Süden vertrieben, die Zufuhr von Treibstoff, Lebensmitteln, Wasser und medizinischen Gütern ganz oder teilweise unmöglich gemacht. Und jetzt wird auch im Süden, wo sich inzwischen Scharen von Binnenflüchtlingen aufhalten, gebombt. Auch hier gehören die zivilen Einrichtungen wie Krankenhäuser zu den Zielen, die übrigens laut israelischer Erklärung von Künstlicher Intelligenz ausgewählt werden, d.h. es gibt niemanden, der hierfür unmittelbar zur Verantwortung gezogen werden kann. Unter der schwer traumatisierten palästinensischen Bevölkerung wird so weiterhin Angst, Schrecken und Panik verbreitet und die Überzeugung genährt, nirgendwo in Gaza sicher zu sein. Daneben werden die Lebensumstände in dem komplett zerstörten und seiner Infrastruktur beraubten Gazastreifen das Leben zur Hölle, wenn nicht unmöglich machen.

Doch die Grenzen nach Jordanien und Ägypten sind zu, eine Flucht bisher nicht möglich. Präsident as-Sisi weigerte sich standhaft, die Grenze zum Gazastreifen zu öffnen und palästinensische Flüchtlinge in Lagern auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel anzusiedeln. Diese Linie muss er zumindest bis nach den Wahlen beibehalten. Denn den Israelis zu helfen, die Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen durchzuziehen, würde bei der ägyptischen Bevölkerung ein Erdbeben auslösen. Die Sunniten würden eine Ansiedlung der Palästinenser als Hilfe für Israel verurteilen und die christlichen Kopten würden entsetzt sein von der Vorstellung, eine riesige Anzahl radikal-islamistischer Hamas-Anhänger und eine durch den Krieg schwer traumatisierte und radikalisierte Bevölkerung in Ägypten heimisch werden zu lassen. Doch was wird nach den gewonnen Wahlen passieren?

Es sind schon weiter gehende Pläne im Gespräch. Den provisorischen Zeltstädten auf dem nördlichen Sinai sollen später neue Siedlungen zur Unterbringung der Palästinenser in Ägypten folgen. Angedacht sind Siedlungen an den Rändern von Ägyptens Hauptstadt Kairo, wo infolge des Baubooms genügend leerer Wohnraum zur Verfügung steht. Israel und die USA sollen Ägypten angeboten haben, dem Land im Gegenzug für die Aufnahme der Palästinenser Auslandsschulden in Höhe von 148 Milliarden US-Dollar zu erlassen. Allerdings kostet der Gaza-Krieg Israel sehr viel Geld, während seine Wirtschaft brach liegt. So entsannen die USA die Idee, die im Jahr 2011 bei Beginn des Nato-Krieges gegen Libyen auf US-amerikanischen Banken eingefrorenen 34 Milliarden US-Dollar an libyschen Vermögenswerten für die Unterstützung des israelischen Krieges gegen die Bevölkerung des Gazastreifens zu verwenden. Damit könnte Israel den Nachbarn Ägypten aus der Schuldenfalle befreien.

Geopolitik
Für das vor dem finanziellen Bankrott stehende Ägypten könnte dies vordergründig die Lösung bedeuten, natürlich erst nach den Wahlen, wenn der jetzige Präsident as-Sisi fest im Sattel sitzt. Langfristig könnte Ägypten destabilisiert werden und sich diese Art Lösung als vergiftet entpuppen.

Thierry Meyssan vertrat auf Voltaire.net sogar die Ansicht, dass sowohl Israels Kriegspolitiker als auch Teile der Hamas-Führung mit CIA und MI6 bei der Zerstörung des Gazastreifens Hand in Hand arbeiten. Das Ziel sei keineswegs die Befreiung Palästinas oder auch nur eine Zwei-Staaten-Lösung, sondern die Etablierung eines Kalifats der Moslembruderschaft im gesamten islamischen Raum.

Es käme wohl bei so einem Szenario der Rolle des Nato-Partners Türkei eine führende Rolle zu. Der Moslembruderschaft zur Macht zu verhelfen, richtet sich nicht nur gegen die Interessen der Golfmonarchien, sondern kann auch nicht im Interesse Ägyptens und seiner militärischen Kaste sein, die sich bisher in strenger Gegnerschaft zu den Moslembrüdern versteht.

Wie auch immer, das Wahlergebnis genau aussehen wird: Der nächste Präsident Ägyptens wird mit Sicherheit as-Sisi heißen, denn ernsthafte Gegenkandidaten gibt es nicht. Vieles für die Zukunft Ägyptens wird davon abhängen, ob es as-Sisi gelingt, ein Präsident aller Ägypter zu werden, und nicht nur den Interessen der militärischen Kaste und einer reichen Oligarchenschicht zu dienen. Inschallah!

 

https://www.nzz.ch/international/wirtschaftskrise-in-aegypten-ld.1737397
https://www.gtai.de/de/trade/aegypten/wirtschaftsumfeld/inflation-und-dollarkrise-hemmen-wirtschaftswachstum-in-aegypten-846454
https://freede.tech/international/video/188872-nahostkonflikt-mehr-als-15000-tote-auf-palaestinensischer-seite/
https://www.voltairenet.org/article220074.html

Kurznachrichten Libyen – 30.10. bis 05.11.2023

Dabaiba bombardiert mit Hilfe der Türkei Miliz in Gharyan – Vorwurf von Plünderungen und willkürlichen Verhaftungen / In Zliten explodiert Munitionsdepot – Ausnahmezustand ausgerufen /Wiederaufbaukonferenz in Bengasi

Gharyan

+ 29.10.: Dabaiba-Regierung/Hammad-Regierung. Saif an-Nasr will die Region administrativ von der Hammad-Regierung (vom Parlament im östlichen Libyen eingesetzt) abtrennen. Er wird dabei von der Dabaiba-‚Regierung‘ (Tripolis) unterstützt. Hinter dem Nasr-Projekt steht auch die italienische Regierung.
https://twitter.com/libyapress2010/status/1718256756961276131

+ 29.10.: Türkei.  Die Türkei bombardierte das Hauptquartier der Miliz, die derzeit Gharyan (etwa 100 km südwestlich von Tripolis) kontrolliert. Ein Munitionslager im Zentrum von Gharyan wurde von zwei mit Lenkraketen beladenen Autos in Brand geschossen.
Video: https://twitter.com/aleasima_17/status/1718670047957209208

+ 29.10.: Kämpfe. Die Zusammenstöße im Gharyan dauerten an. Türkische Drohnen griffen mehrere Stellungen bewaffneter Gruppen in der Stadt an.
Video: https://twitter.com/LibyaReview/status/1718687220180082766

+ 30.10.: Gharyan/Milizenkämpfe. Nachdem in Gharyan  Kämpfe zwischen verfeindeten Milizen ausgebrochen waren, wurden die Stadtzufahrten gesperrt.
Vier Tote und mehr als zehn Verletzte wurden vom örtlichen Krankenhaus bestätigt.
https://libyareview.com/38834/clashes-erupt-in-west-libyas-gharyan/

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