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17. Februar 2011 – Zwölf Jahre Krieg und Chaos in Libyen

Die Februar-Tragödie: Der 17. Februar 2011 war der Auftakt zu einem Krieg, der Libyen seiner Freiheit, Souveränität und seines Wohlstands beraubte und der bis heute andauert.

Obwohl für die meisten Libyer der 17. Februar ein Tag der Trauer sein dürfte, ordnete Abdulhamid Dabaiba, der  sogenannte Premierminister der Tripolis-‚Regierung‘, an, diesen 12. Jahrestags der Bengasi-Proteste groß zu feiern. Der Tag des Beginns der Aufstände, die von ausländischen Mächten angezettelt und zu einer ‚Revolution‘ aufgeblasen wurden, wurde von Dabaiba zu einem offiziellen Feiertag erklärt.
https://en.alwasat.ly/news/libya/388671

Zu diesem Zwick wurde am Grünen Platz in Tripolis ein millionenteurer Bühnenaufbau für ein monströses Bühnenspektakel errichtet, das die desaströse Situation, in der sich Libyen seit 2011 befindet, übertünchen soll. Allerdings wirkt der Aufbau fast ebenso bedrohlich, wie sich die Lebenssituation seit 2011 für die meisten Libyer darstellt. Mancher Beobachter mag sich wünschen, dass es sich um eine Zeitmaschine handeln möge, die die guten alten Gaddafi-Zeiten zurückbringen könnte.
Um die Ereignisse des Februar 2011 heute noch zu verteidigen und gut zu heißen, bedarf es entweder einer beträchtlichen ideologischen Verblendung oder es muss diese Lüge mit viel Geld erkauft werden.
Foto: https://twitter.com/Oded121351/status/1626197272621993989

Die riesige Bühne, die zur beschämenden und unglaublich teuren Feier des Februar-Tragödie installiert wurde, nutzten Pioniere der Social-Networking-Sites, um zu zeigen, in welch leidvollen Lebensbedingungen der Weg seit 2011 Libyen geführt hat.
Foto: https://twitter.com/SaifFuture/status/1626232779888545798/photo/1
Foto: https://twitter.com/SaifFuture/status/1626232868082167815/photo/1

Dazu äußerte sich auch der Schriftsteller und Politologe Mustafa al-Fitouri, der konstatiert, wie sehr sich die Lebensbedingungen der libyschen Bürger seit dem Februar 2011 verschlechterten. Es herrsche eine Diktatur der Milizen, die Bürger litten nicht nur unter der schlechten Sicherheitslage, sondern auch unter Korruption, hohen Lebenshaltungskosten, schlechten Bildungseinrichtungen, fehlender medizinischer Infrastruktur und Medikamentenmangel.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1625865098274172930

Am heutigen Tag gedenken die Anhänger der Dschamahirija und der Bewegung von Saif al-Islam Gaddafi, die in Libyen „die Grünen“ genannt werden, der Gefallenen und Opfer der Februar-Katastrophe. (Die libyschen „Grünen“ sind keinesfalls zu verwechseln mit den Anhängern der deutschen oder europäischen grünen Parteien; grün ist in arabischen Ländern die Farbe des Islam; die Flagge Libyens war bis zum Sturz der Dschamahirija-Regierung grün).
https://twitter.com/SaifFuture/status/1625867203458342913

 

Zu den Vorgängen in Libyen mein Blog-Beitrag des Jahres 2021:

Was 2011 wirklich geschah – zur Erinnerung

In Bengasi kam es am 15. Februar 2011 zu ersten Anti-Gaddafi-Protesten von wenigen hundert Personen. Es erfolgte ein von im Ausland lebenden Libyern initiierter Aufruf zum ‚Tag des Zorns‘ am 17. Februar 2011. Ihm folgten in einigen Städten mehrere Tausend Demonstranten. Bereits fünf Jahre vorher war es in Bengasi am 17. Februar bei Protesten gegen die Mohammed-Karikaturen zu Gewalttätigkeiten gekommen, als von Islamisten das italienische Konsulat in Brand gesteckt wurde. Bei den damaligen Unruhen waren zehn Personen ums Leben gekommen. Es war also klar, aus welcher Richtung auch 2011 die Proteste kamen.

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Kurznachrichten Libyen – 25.09. bis 02.10.2022

In eigener Sache: Urlaubsbedingt kann es in den nächsten Wochen zu einer eingeschränkten Libyen-Berichterstattung kommen.

Tote und Verletzte bei Milizenkämpfen / Royal Navi in Tripolis – Sidiq al-Kebir (CBL) mit an Bord / UN-Vollversammlung: Schwere Vorwürfe des Globalen Südens gegen den Globalen Norden

+ 02.10.: „Am 2. Oktober 1986 veröffentlichte die Washington Post eine außergewöhnliche Geschichte, die von dem legendären Journalisten Bob Woodward geschrieben wurde: >Gaddafi Ziel eines geheimen US-Desinformationsplans<. Auf Anweisung des Weißen Hauses verbreitete der US-Geheimdienst falsche Informationen in den US-Medien. Infolge dieses Skandals setzte sich das Wort >Desinformation< in der englischen Sprache durch.“
Nur wenige Tage später: „Bernard Kalb trat heute (08. Oktober 1986) als Hauptsprecher von Außenminister George P. Shultz aus Protest gegen das Desinformationsprogramm der Regierung gegen den libyschen Führer Muammar Gaddafi zurück. (…) Er sagte, er habe die Wahl, im Ministerium zu bleiben und eine Dulderhaltung einzunehmen oder aus Protest zurückzutreten. (LA Times)“
https://inteltoday.org/2022/10/02/on-this-day-gaddafi-target-of-u-s-disinformation-october-2-1986-bob-woodward-disinformation-goes-mainstream/

+ 26.09.: Milizenkämpfe. Bei den Milizenkämpfen vom Sonntag in az-Zawiya, westlich von Tripolis, wurden ein Kind getötet und fünf weitere verletzt. Insgesamt soll es fünf Tote und 13 Verletzte gegeben haben. Die Kämpfe fanden am 26.09. eine Fortsetzung. Hilfskräfte konnten nicht zur Zivilbevölkerung durchkommen.
Der Einsatz schwerer Artillerie in Wohngebieten wird verurteilt.
https://libyareview.com/27404/child-killed-as-armed-groups-clash-in-west-libya/

+ 28.09.: Großbritannien. Im Hafen von Tripolis (Abu-Sita-Militärbasis) legte das zur britischen Kriegsmarine gehörige Schiff HMS Albion an. Es ist der erste Besuch der Royal Navy in Libyen seit acht Jahren. Abends fand an Bord ein geselliges Zusammensein mit Botschaftern und einigen libyschen Politikern u.a. ‚Außenministerin‘ Mangusch statt. Mitglieder der libyschen Marine erhielten an Bord auch eine Ausbildung durch die Briten.
https://www.libyaherald.com/2022/09/british-royal-navy-ship-hms-albion-docks-in-tripoli-a-first-in-eight-years/
Großbritannien setzt seine Duftmarken in Libyen. Es besteht auf seinem vermeintlichen Recht an der Sirte/des Ghadames-Gasbeckens, da BP in den fünfziger Jahren zur Entdeckung dieser Felder beigetragen hat und als Gaddafi den Ölsektor verstaatlichte eine finanzielle Entschädigung erhielt. 2007 verlängerte Gaddafi die Verträge mit BP im Gegenzug für eine Einigung im Lockerbie-Fall.

+ 28.09.: Großbritannien. An Bord der britischen HMS Albion erschien auch der Chef der Libyschen Zentralbank (CBL), Siddiq al-Kebir, begleitet wurde er vom stellvertretenden Vorsitzenden des Präsidialrats, Musa al-Koni. Al-Kebir war bereits 2014 vom libyschen Parlament wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten von seinem Posten als Chef der CBL vom Parlament enthoben worden, weigert sich aber bis heute, seinen Posten aufzugeben. Die Frage stellt sich nun, was al-Kebir, der bekanntermaßen die Moslembruderschaft und die Türkei unterstützt, auf dem britischen Kriegsschiff zu suchen hatte.
https://libyareview.com/27520/why-was-libyas-central-bank-governor-on-a-british-navy-ship/

+ 29.09.: Libysche Stämme. Die Föderation der libyschen Stämme gab eine Erklärung zum Ankern des britischen Kriegsschiffes an der libyschen Küste ab: Die Begrüßung der Ankunft des britischen Kriegsschiffes durch prominente libysche Politiker zeige ohne jeden Zweifel, dass die durch den internationalen Willen auferlegten politischen Machthaber in Libyen Werkzeuge in den Händen ausländischer Geheimdienste sind. Das libysche Volk, vertreten durch seine Stämme, die sich dem Kolonisator, seinen Streitkräften und Regeln widersetzten und sich ihm entzogen, weigern sich, dass die Heimat beleidigt wird, ihre Souveränität kompromittiert und die Würde seiner Bürger aufgegeben. Das libysche Volk erklärt durch seine Stämme seine Ablehnung dieser Absurdität, warnt vor seiner Fortsetzung und bekräftigt seine Bereitschaft zum Kampf angesichts des Kolonisators und seiner Werkzeuge.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1575978253248253952/photo/1

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Kurznachrichten Libyen – 07.08. bis 13.08.2022

Der senegalesische Diplomat Abdulla Beqali soll neuer UN-Sondergesandter für Libyen werden / Ermittlungen gegen geschassten NOC-Chef Sanella eingeleitet / Hohe Beamte der Dabaiba-Regierung wegen Korruption angeklagt / Haftar-Familie veräußert Immobilien in USA / Parlament und Hoher Staatsrat (Moslembruderschaft) werfen sich gegenseitig vor, die Abhaltung der Wahlen im Dezember 2021 verhindert zu haben

 

+ 11.08.: UN-Sondergesandter für Libyen. UN-Generalsekretär António Guterres nominierte Abdulla Beqali zum neuen UN-Sondergesandten für Libyen und zum Leiter der UN-Sondermission für Libyen (UNSMIL) vor. Der senegalesische Diplomat war zuvor als UN-Sondergesandter in Afrika tätig. Die Nominierung Beqalis soll im UN-Sicherheitsrat auch von Russland und China unterstützt werden und die Wahl bei der nächsten Sitzung des UN-Sicherheitsrats erfolgen.
Seit dem Rücktritt des slowakischen Diplomaten Jan Kubis im November ist kein Gesandter für Libyen mehr ernannt worden. Die Vorschläge der Afrikanischen Union nach Nominierung eines afrikanischen Gesandten wurden von den USA stets abgelehnt. Da Russland nicht der Nominierung der US-Amerikanerin Stephanie Williams zustimmte, erfolgte überhaupt keine Ernennung eines neuen UN-Sondergesandten, sondern dessen Aufgaben übernahm Stephanie Williams, die von Guterres zu seiner persönlichen Beraterin ernannt worden war – ein Posten, den es gar nicht gibt. [Williams war in Libyen mehr als unbeliebt und verabschiedete sich Ende Juli nach acht Monaten aus dem Amt, mischt sich aber via Interviews immer noch in die Innenpolitik Libyens ein.]
https://libyareview.com/26112/un-to-nominate-new-special-envoy-to-libya/

+ 09.08.: Williams/Norland. Der Parlamentarier Milud al-Aswad ist der Meinung, dass die Einmischung der USA in die Politik in Libyen durch die UN-Beraterin Stephanie Williams und den US-Botschafter Richard Norland die Lage verkompliziert und eine Lösung verzögert habe. Sie hätten nur die Beteiligung enger Verbündeter bei der Suche nach Lösungen zugelassen. Williams habe darüber hinaus ihre diplomatischen Befugnisse überschritten. Entweder müssten alle umstrittenen Personen zur Präsidentschaftswahl zugelassen werden oder der Rückzug dieser Personen verkündet werden.
https://libyareview.com/26006/libyan-mp-williams-norland-complicated-libyan-crisis/

+ 07.08.: Militärtreffen/Dabaiba-Lager. Der Präsidialratsvorsitzende, Muhammad al-Menfi, und seine beiden Vizepräsidenten trafen  in ihrer Eigenschaft als Oberbefehlshaber der westlichen Militäreinheiten (sprich Milizen) mit Dabaiba in seiner Funktion als Verteidigungsminister der GNU-Regierung, und mit dem Generalstabschef der Dabaiba-Regierung, Generalleutnant Muhammad al-Haddad, sowie Stabschefs und Mitgliedern des 5+5-Militärkommitees und anderen hochrangigen Befehlshaber der militärischen Bereiche und des Nachrichtendienstes zusammen.
Der Präsidialrat hatte erst vor Kurzem die Auflösung von 15 Militärbefehlszentren im westlichen Libyen beschlossen.
http://alwasat.ly/news/libya/367775
Es wird angestrebt, die Militärs aus dem Westen und dem Osten Libyens zusammenzuführen.

+ 10.08.: Militär. US-Botschafter Norland und Africom begrüßen einen Zusammenschluss von LNA mit westlichen Militärstrukturen.
https://libyareview.com/26030/us-embassy-africom-to-support-reunification-of-libyan-army/
Den Zusammenschluss begrüßen sie nur dann, wenn sie selber bestimmen, was das libysche Militär macht.

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Kurznachrichten Libyen – 24. 07. bis 31.07. 2022

Nachdem zunächst die militärischen Aktivitäten von gegnerischen Milizen im westlichen Libyen (Tripolis und Umgebung, Misrata, Außenbezirke von Sirte) zugenommen haben, trat eine leichte Entspannung ein. Doch nun droht Dschuwaili als Baschagha-Unterstützer mit militärischen Angriffen gegen Dabaiba-Milizen / Westliche Botschafter sprechen sich gegen neuen NOC-Chef Farhat bin Qatara aus, der von Dabaiba auf Wunsch Haftars eingesetzt wurde / Stephanie Williams hört auf .

Die sich ständig ändernden Allianzen können auch als hoffnungsvolles Zeichen für einen echten Friedensprozess in Libyen gesehen werden, da es sich zeigt, dass es zwischen den verfeindeten Parteien im Prinzip keine Differenzen gibt, die nicht überwunden werden könnten – wenn dies nicht die ausländischen Akteure ständig verhindern würden.

 

Die militärische Lage

+ 24.07.: Küstenstraße. Nach einer sechstägigen Blockade durch Misrata-Milizen soll die Küstenstraße wieder geöffnet sein.
https://libyareview.com/25598/libyas-main-road-linking-east-west-reopened/

+ 25.07.: Großbritannien. C-17-Militärfrachtflugzeuge der britischen Royal Forces landeten auf dem Luftwaffenstützpunkt Misrata in Libyen.
https://twitter.com/TheLibyaUpdate/status/1551530422705717250

+ 25.07.: Dschuwaili. Militärische Verstärkung aus Zintan kommend trifft zur Unterstützung von Osama Dschuwaili und seinen Milizen in den südlichen Außenbezirken von Tripolis ein.
Video: https://twitter.com/LibyaReview/status/1551454661701427201
Dschuwaili steht auf Seiten des vom Parlament als Premierminister eingesetzten Baschaghas und will den Rückzug Dabaibas, der  sich mit dem Oberbefehlshaber der LNA im Osten, Khalifa Haftar verbündet hat, aus Tripolis erzwingen. Das Bündnis Haftar-Dabaiba wird von den Emiraten unterstützt.
Dschuwaili stammt aus Zinten und war auch schon mal Verteidigungsminister einer der vielen Übergangsregierungen.

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Schließung libyscher Erdölfelder und Pipelines

Ausnahmezustand für Ölverladehäfen verhängt / Gespannte Lage in und um Tripolis / Libysche Stämme fordern Abhaltung von Wahlen / UN-Sondersitzung soll kommen / Stephanie Williams omnipräsent

Schließung von Erdölfeldern und Pipelines im Südwesten Libyens

Die Turbulenzen um die für den 24. Dezember geplanten, aber wohl nicht stattfindenden Präsidentschaftswahlen in Libyen haben nun auch die Erdölproduktion erreicht. Ein harter Machtkampf steht bevor.

Drei Erdölfelder im westlichen Südlibyen, al-Wafa, al-Hamada und das größte Ölfeld Libyens, asch-Scharara, wurden am 19. Dezember von der Petroleum Facilities Guard (PFG) geschlossen.
Daneben wurde die Pipeline abgedreht, die das Scharara-Ölfeld mit dem Ölverladehafen Zawiya im Westen Libyens (ca. 50 km westlich von Tripolis) verbindet, ebenso wie die Erdgaspipeline des Wafa-Gasfeldes, die über die Greenstream-Pipeline die EU mit Erdgas versorgt. Es werden beachtliche Auswirkungen auf die europäischen Erdgas- und Ölpreise befürchtet.
Die Schließung der Ölfelder könnte die tägliche Gesamtproduktion Libyens, das über die größten Erdölreserven auf dem afrikanischen Kontinent verfügt, auf unter eine Million Barrel drücken. Dies bedeutet einen schweren Rückschlag für die Bemühungen der OPEC, die Ölproduktion zu steigern. Im November lag die Fördermenge bei etwa 1,2 Millionen Barrel.
Die Schließungen sollen so lange andauern, bis die Forderungen der PFG von der GNU-Regierung, der National Oil Corporation (NOC) und der 5+5-Militärkommission erfüllt sind. Die PFG lehnt die Neubesetzung des Managementausschusses durch den NOC-Vorsitzenden Mustafa Sanella ab. Sanella wurde vom libyschen Erdölminister Mohamed Aoun bereits suspendiert, blieb aber trotzdem im Amt. Die Verwaltungskontrollbehörde hatte am 19. Dezember die Entscheidung zur Suspendierung Sanellas für ungültig erklärt.

Siehe Karte: https://twitter.com/reportingLibya/status/1472887841617334276

https://newsquawk.com/headlines/libya-s-production-of-oil-drops-to-950k-bpd-due-to-the-loss-of-the-production-of-el-sharara-field-estimated-at-280k-bpd-after-it-was-closed-by-an-armed-group-affiliated-with-the-pfg-20-12-2021
https://libyareview.com/19734/libyas-oil-fields-shut-down/
https://twitter.com/smmlibya/status/1472907104868614144

Gespannte Lage um und in Tripolis

Es wird berichtet, dass auf mehreren Zufahrtsstraßen nach Tripolis Sandbarrieren errichtet wurden. Gepanzerte Fahrzeuge drangen auf das Gelände der Universität von Tripolis vor. Die Uni wurde geschlossen.

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Kurznachrichten Libyen – 19.07.2021

EU Planspiele für Einmarsch in Libyen / UN-Sicherheitsrat gibt Erklärung zu Libyen ab / AI geißelt Zusammenarbeit von EU und libyscher Küstenwache

EU und Libyen

+ 18.07.: EU will militärisch in Libyen intervenieren. In einem durchgesickerten internen Papier des EU-Außendienstes vom 1. Juli heißt es, die EU konkretisiere Pläne für eine Militärmission in Libyen. Man wolle in Libyen mit anderen ausländischen Mächten um einen Einfluss im Land konkurrieren. Libyens Friedensprozess erfordere „eine groß angelegte Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration (DDR) von Kämpfern sowie eine grundlegende Reform des Sicherheitssektors (SSR)“. Und weiter: „In diesem Zusammenhang sollte ein militärisches GSVP-Engagement der EU [Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik] … in Betracht gezogen werden, um nicht das gesamte Tätigkeitsfeld im militärischen Bereich Drittstaaten zu überlassen“. Als „Drittland“, das Waffeninspektionen verweigert habe, sei wohl die Türkei gemeint. Dieses Land habe auch eine starke militärische Präsenz in Libyen.
Inzwischen kontrolliere die Türkei auch die libysche Küstenwache und habe somit auch Einfluss auf die Migrantenrouten von Libyen nach Europa. Es gehe auch um die Überwachung der libyschen Südgrenzen durch die Nato-Staaten: „Sollten die libyschen Behörden zustimmen, könnte dies die Möglichkeit eröffnen, Überflugrechte für EU-Luftüberwachungsanlagen über libyschem Territorium zu schaffen“.
https://euobserver.com/world/152474
Man führt also jetzt nicht mehr Krieg, sondern geht in „militärische Konkurrenz“ zu einem anderen Land. Wohlgemerkt, die EU-Länder sind genauso wie die Türkei Nato-Länder, d.h. die Nato würde die Militärstützpunkte in Libyen übernehmen und von dort aus die Sahara- und Sahelländer kontrollieren.
Heuchlerischer geht es wohl nicht mehr, den Abzug aller ausländischen Söldner und Militärs fordern und die eigene militärische Intervention vorbereiten.

+ 18.07.: IRINI/Tripolis. Der Kommandeur der European Union Naval Force Mediterranean, Operation IRINI, Konteradmiral Fabio Agostini, bestätigte, dass die libyschen Behörden sich seit Monaten weigern, ihm und anderen Offizieren ein Visum zu erteilen: „Ich habe seit vor Ostern versucht, nach Libyen zu reisen, aber die libyschen Behörden haben mir immer noch kein Visum erteilt, aus welchen Gründen auch immer“. Der Kommandant bestätigte auch, dass die europäischen Streitkräfte keine Kontrolle mehr über die libysche Militärschifffahrt haben.
https://libyareview.com/15027/libyan-authorities-refuse-to-allow-entry-of-irini-commander-into-tripoli/

Türkische Besatzung

+ 18.07.: Ausländische Truppen/Söldner. Der libysche Parlamentarier Misbah Doma sagte, dass der Abzug von Söldnern und ausländischen Truppen aus Libyen kein Verhandlungsthema sei. Die Geduld der Libyer sei erschöpft und die Söldner werden mit allen verfügbaren Mitteln bekämpft.
https://libyareview.com/15031/libyan-mp-exit-of-foreign-forces-not-up-for-negotiation/

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Kurznachrichten Libyen – 04.07.2021

Reaktionen auf geplatztes LPDF-Treffen / Küstenwache beschießt Flüchtlingsboot / Parlamentspräsident Saleh in Athen / Munitionsdepot in Gharyan explodiert

+ 04.07.: LPDF/Dezemberwahlen. UN-Delegation gibt bei LPDF-Sitzung (Libysch-Politisches Dialogforum) den Wünschen der Moslembruderschaft nach – kein Konsens über verfassungsrechtliche Grundlagen von Dezemberwahlen erreicht – LPDF-Treffen geplatzt
https://www.freitag.de/autoren/gela/politischer-prozess-in-libyen-entgleist

Stimmen zur Dezemberwahl und den Vorgängen innerhalb der LPDF:
+ 04.07.: Parlamentspräsident Agila Saleh: Wir rufen zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Dezember auf.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1411622428317454340

04.07.: LNA: Eine einfache Gleichung – demokratische Wahlen am 24. Dezember oder Krieg und die Kyrenaika spaltet sich ab.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1411621553398288386
Auf dem aufschlussreichen LNA-Foto lässt sich Khalifa Haftar in der Nachfolge Muammar al-Gaddafis und Omar Muchtars abbilden.

+ 04.07.: Ägypten. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah sl-Sisi hat am Samstag den neuen Marine-, Militär- und Luftwaffenstützpunkt 3. Juli nahe der libyschen Grenze eingeweiht und zu diesem Anlass fast 50 Marineschiffe offiziell in Dienst gestellt. Der ägyptische Staatschef wurde während der Zeremonie von Mohamed Al Menfi, dem Vorsitzenden des libyschen Präsidialrats, sowie von Scheich Mohamed bin Zayed, dem Kronprinzen von Abu Dhabi, und von General Konstantinos Floros, dem Chef des Generalstabs der griechischen Landesverteidigung, und anderen Würdenträgern begleitet. Laut einem Artikel der ArabWeekly sendet die Eröffnung des neuen Stützpunktes eine starke Botschaft gegen die Moslembruderschaft und die Türkei. Es sei auch eine Botschaft für ein entschiedenes ägyptisches Vorgehen, sollte versucht werden, die Moslembruderschaft in Libyen zuu etablieren.
https://almarsad.co/en/2021/07/04/arab-weekly-egypts-new-military-base-near-libyan-border-is-message-to-turkey-and-the-muslim-brotherhood/

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Kurznachrichten aus Libyen – 19.10.2020

Libyen. Clinton-Mails sorgen weiter für Unruhe / Schleuser al-Bidscha verhaftet / Covid-19-Gelder veruntreut / EU-Mittel für Schleuser / Syrische Söldner wieder nach Libyen

+ 17.10. Clinton-E-Mails/Sarkozy: Aufgrund der von Trump nun freigegebenen Clinton-E-Mails ist eine vierte Anklage gegen den ehemaligen französischen Präsident Nicolas Sarkozy erhoben worden. Diesmal wird ihm zum Vorwurf gemacht, 2007 eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben. Sarkozy nahm von Gaddafi Gelder für die Finanzierung seines Wahlkampfes an. In den bereits erhobenen drei Anklagen geht es um illegale Wahlkampffinanzierung sowie um die Veruntreuung öffentlicher Gelder. Aus den E-Mails geht hervor, dass Sarkozy durch den Sturz Gaddafis verhindern wollte, dass die französische Vormachtstellung mittels des CFA in Afrika durch eine von Gaddafi angestrebte, goldgedeckte afrikanische Währung geschwächt worden wäre.
Sarcozy weist alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück.
https://en.218tv.net/2020/10/17/sarkozy-charged-with-forming-a-gang-in-libyan-funds-case/
siehe auch: https://www.freitag.de/autoren/gela/wahlkampffinanzierung-fuer-sarkozy-wirds-eng

+ 18.10.: Clinton-E-Mails/Susan Rice. Aus einer kürzlich freigegebenen E-Mail der ehemaligen US-Außenministerin Hillary Clinton geht hervor, dass sich Russland und China 2011 nachdrücklich für eine politische Lösung in Libyen einsetzten. Am 4. April 2011 ging eine E-Mail von der damaligen UN-Botschafterin Susan Rice an den Clinton-Berater Jacob Sullivan, der diese an Clinton weiterleitete. Darin heißt es, China, Indien und Russland stünden dem Vorgehen der NATO in Libyen „am kritischsten“ gegenüber und behaupteten, die NATO habe das Mandat 1973 überdehnt. Bei den Luftangriffen der Koalition seien Zivilisten verletzt worden. Laut Rice „rief der russische [Ständige Vertreter] aus, dass >Gewalt nur zu Gewalt führt<, und der indische [Ständige Vertreter] äußerte sich besorgt über die Rederei von >Rebellen bewaffnen oder boots on the ground<.“ Indien habe auch davor gewarnt, „in einer Stammesgesellschaft wie der libyschen, Partei zu ergreifen, und warnte vor Maßnahmen, die zur Teilung des Landes führen könnten“. Rice schrieb: „Mehrere Ratsmitglieder betonten, dass das Waffenembargo für alle Seiten gilt und erklärten ausdrücklich, dass die Bewaffnung der Rebellen einen Verstoß gegen das Embargo darstellen würde“. Laut Rice sagte China: „Es muss eine politische Lösung für den Konflikt geben“, und Russland meinte: „jede politische Transformation müsse letztlich von Libyen herbeigeführt werden“.
Im Jahr 2012 schlussfolgerte ein UN-Bericht, dass den Luftangriffen der Nato dutzende Zivilisten zum Opfer fielen. Und aus einem britischen Parlamentsbericht aus dem Jahr 2016 geht hervor, dass Gaddafi 2011 kein Massaker an Zivilisten geplant habe. Die entsprechenden Falschberichte waren zum Anlass für den Nato-Krieg gegen Libyen genommen worden.
https://addresslibya.net/archives/60147

+ 15.10.: Hillary Clinton. MiddleEastMonitor titelt: Drei Frauen, viele Lügen und die Zerstörung Libyens. In dem Artikel heißt es, dass Hillary Clinton, Susan Rice und Samantha Power die drei treibenden Kräfte beim Krieg gegen Libyen im Jahr 2011 waren. Gaddafi sei ermordet und Libyen von den drei Frauen in die Gesetzlosigkeit gestürzt worden. Clinton habe den Krieg unbedingt gewollt und als Außenministerin dafür auch das Pentagon und die Geheimdienste hintergangen. Beamte des Pentagon und der demokratische Abgeordnete Dennis Kucinich öffneten sogar geheime Gesprächskanäle zur damaligen libyschen Regierung, in dem Versuch, den sinnlosen Krieg zu beenden. Allerdings hörte Präsident Obama auf Clinton, die ihn mit falschen Informationen fütterte. Sie befahl Susan Rice, der ständigen US-Vertreterin im UNO-Sicherheitsrat, die Verabschiedung der Resolution 1973 durchzusetzen, die mit zehn Ja-Stimmen bei fünf Enthaltungen angenommen wurde. Gleichzeitig arbeitete Samantha Power im Nationalen Sicherheitsrat daran, den Krieg als „humanitäre Intervention“ innerhalb der US-Regierung zu verkaufen. Clinton habe das amerikanische Volk und das Parlament mindestens zweimal belogen, indem sie die damaligen Ereignisse in Libyen falsch darstellte. Sie hatte fälschlicher Weise behauptet, bei der Militärmission in Libyen ginge es nicht von Anfang an um einen Regimewechsel. Nach Beginn der Nato-Bombardements, die immer stärker ausgeweitet wurden, verhinderte sie jeden Vermittlungsversuch. Die Nato-Intervention ging weit darüber hinaus, die Zivilbevölkerung zu schützen, wie es die UN-Resolution vorgab. Obama selbst habe am 23. März 2011 gelogen, als er eine Flugverbotszone einrichtete, die angeblich dem Schutz des „libyschen Volkes vor unmittelbarer Gefahr“ dienen sollte, aber eindeutig einen Regimechange zum Ziel hatte.

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Kurznachrichten Libyen – 10.07.2020

Krieg der Milizen in Tripolis – Türkei kolonisiert Libyen mit Hilfe der ‚Einheitsregierung‘ – UN-Sicherheitsrat tagte

Libysche Nationalarmee (LNA)

+ In einem Interview mit SkyNewsArabia sagte der Sprcher der LNA, al-Mismari, dass die Türkei libysche und ausländische Streitkräfte mobilisiere, um Sirte anzugreifen und die Kontrolle über den libyschen Ölhalbmond zu übernehmen. Der echte Krieg werde zwischen dem libyschen Volk und den in Libyen intervenierenden Türken geführt. Es sei für freie libysche Bürger nicht akzeptabel, dass die Souveränität des Landes an Ankara übergeht. Mismari bestritt die Anwesenheit von Ausländern, Söldnern oder russischen Wagner-Truppen in den libyschen Ölfeldern und Ölanlagen.
https://libyareview.com/?p=4646

Libysches Parlament/Übergangsregierung (Tobruk)

+ Die Parlamentsabgeordnete Sabah al-Hajj forderte am 08.07. in der Londoner Zeitung Asharq al-Awsat die schnelle Erstellung einer Dokumentation, in der Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung erfasst werden, insbesondere sollten die Ereignisse rund um die Einnahme von Tarhuna durch die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ untersucht werden. Den diesbezüglichen Entschlüssen und Verlautbarungen der UN und ihrer Sondermission für Libyen (UNSMIL) stünden viele Libyer skeptisch gegenüber.
https://almarsad.co/en/2020/07/09/sabah-al-hajj-libyans-are-skeptical-of-unsmil-statements-on-liability-for-war-violations/

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Kurznachrichten aus Libyen – 18.04.2020

Militärische Lage – Terrorismus – Libysche Stämme und Städte – Libysches Parlament und UN-Sicherheitsrat – Coronakrise – Verschiedenes

Militärische Lage

+ Die Türkei bringt verstärkt Kriegsgerät, auch Flugzeuge und syrische Kämpfer nach Libyen (libya.ualivemap). Es ist nicht vorstellbar, dass das Nato-Land Türkei diese aggressiven militärischen Akte gegen Libyen ohne Rückendeckung der Nato-Länder einschließlich der USA durchführt. Wo ist die EU-Mission Irini, die das Waffenembargo gegen Libyen überwachen soll?

+ Das türkische Verteidigungsministerium gab am 18.04. bekannt, dass es Marineübungen mit ihrer Luftwaffe im Mittelmeer durchführt. Die türkische Marine ist im Westen Zyperns und südlich von Kreta aktiv, während türkische Kampfflugzeuge in Richtung Süden flogen.
https://www.addresslibya.net/archives/55824

+ Südöstlich von Tripolis werden sowohl von der LNA als auch von der ‚Einheitsregierung‘ Dohnenangriffe ausgeführt. Weiterlesen

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