Verschleppung politischer Aktivisten in der Stadt Sirte / Schwere Kampfhandlungen in az-Zawija / USA betreiben libysche Außenpolitik / Libyen und der IStGH / Schwerkranker as-Senussi immer noch in Haft

Sirte

+ 09.05.: Verschleppung. Milizen, die Saddam Khalifa Haftar nahestehen, verhafteten in Sirte den Juraprofessor und politischen Aktivisten Dr. Muftah Darbasch al-Gaddafi, als er morgens Brot kaufen wollte. Dies ist nicht das erste Mal, dass Milizen in Sirte Mitglieder des Gaddhadhfa-Stammes entführen.
Bereits am 01. Mai wurde Habib Muhammad Agiber Gaddafi verschleppt, weil sein Bruder auf einem Foto des Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi zu sehen war. Und im April war die Verhaftung von fünf Mitgliedern der Partei Gemeinsam für das Vaterland durch den Internal Security Service, der Khalifa Haftar angegliedert ist, erfolgt. Diese systematische Kampagne gegen Unterstützer von Saif al-Islam Gaddafi wird von Nasser Muhalhal al-Ferdschani (Cousin von Khalifa Haftar) und Ibrahim Ghobasch Gaddafi (Freund von Saddam Haftar) und den al-Furdschan-Stamm angeführt.
Besonders in Sirte unterstützen die Wähler mehrheitlich Saif al-Islam Gaddafi bei den Präsidentschaftswahlen und werden daher von Khalifa Haftar, der unter angelsächsischem Kommando steht, massiv unter Druck gesetzt.
Es steht zu befürchten, dass es innerhalb der Stadt zu Stammesauseinandersetzungen kommt.
Libyan Crimes Watch
verurteilt in einer Erklärung die Festnahme Prof. Muftah Darbasch al-Gaddafi und forderte seine bedingungslose und sofortige Freilassung.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1655945860327559170
https://twitter.com/SaifFuture/status/1655945697643077641
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656329034102341636
Aussöhnung geht anders! Faire und freie Wahlen gehen auch anders!

+ 11.05.: Verschleppung. Mitglieder des 604. Bataillons von Sirte unter dem Kommando von Nasser Muhalhl al-Ferdschani stürmten in den frühen Morgenstunden das Haus der Familie Ahmed Ibrahim Gaddafi und verschleppten den Sohn des ehemaligen Dschamahirija-Regierungsmitglieds Ahmed Ibrahim Gaddafi.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656627352141438977

Siehe auch: https://gela-news.de/die-libysche-stadt-sirte-wird-zum-schauplatz-von-repression-und-gewalt

Az-Zawija

+ 09.05.: Vergewaltigung. In den ‚sozialen‘ Medien kursiert ein Video, das zeigt, wie eine Libyerin in az-Zawija Bewaffnete, die sie schlagen und misshandeln, anfleht, sie nicht zu vergewaltigen.  Die Frau soll in einem Facebook-Kommentar die prekäre Sicherheitslage in der Stadt kritisiert haben. Es heißt, das Video sei in einem Milizenhauptquartier in az-Zawija (westliches Libyen) aufgenommen worden.
Die ‚Regierung‘ Dabaiba wurde inzwischen dringend aufgefordert, die Verantwortlichen zu verhaften.
https://libyareview.com/34336/libyan-girl-kidnapped-by-militia-after-facebook-comment/

+ 11.05.: Kämpfe. In der Stadt az-Zawija kam es zu „Zusammenstößen mit schweren und mittleren Waffen und Granaten in Wohnvierteln“. Videos zeigten die Intensität der Zusammenstöße zwischen Milizen unter al-Kikli und Mukhtar al-Dschahawi (Anti-Terror-Miliz) und Milizen von az-Zawija („Jugend“).
Die Kämpfe hielten bis in die frühen Morgenstunden an und gelten als die heftigsten seit langem. Abdeldaem Lamrabet von der Anti-Terror-Miliz wurde getötet.
Video: https://twitter.com/AlmieyarLibya/status/1656968601469853698
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656833161823674372
https://twitter.com/MstrMax11/status/1656734513517436933

+ 11.05.: Zivilisten. Die Kämpfe in az-Zawija wurden vorübergehend eingestellt, um die Evakuierung von Zivilisten zu ermöglichen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656832658523971586

Politik

+ 07.05.: Baschagha/Dschuwaili/Tripolis. Der Befehlshaber der westlichen Militärkräfte, Generalmajor Osama al-Dschuwaili, dementierte jegliche Absicht gegen die Hauptstadt Tripolis und die Dabaiba-‚Regierung‘ in den Krieg ziehen zu wollen.
Al-Dschuwaili forderte alle, die sich an die Macht klammern, auf, diese aufzugeben und Libyen nicht in weitere Kriege zu stürzen. Seine Streitkräfte unterstützten politische Lösungen und die Abhaltung von Wahlen im Jahr 2023.
Dschuwaili unterstützt mit seiner Miliz die vom Parlament eingesetzte Gegenregierung von Fathi Baschagha.
https://libyareview.com/34283/libyan-military-commander-denies-intentions-to-attack-tripoli/

+ 10.05.: Dabaiba/Baschagha. Es soll von politischen und militärischen Parteien Versuche geben, die Dabaiba-‚Regierung‘ weiter zu verlängern, falls 2023 keine Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden.
Es kursiert das Gerücht, der zweite ‚Premierminister‘ Baschagha könnte seinen Rücktritt einreichen, weil er seine Ziele nicht erreichen kann.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656279959504125953

+ 10.05.: Dabaiba/Haftar. Das Mitglied des Dialogforums, az-Zahra Langhi, erklärte, dass ad-Dabaiba und die Haftar-Söhne einer Regierungsneubildung unter der Schirmherrschaft der VAE zustimmen wollen. Dabei sollen der Haftar-Fraktion vier Ressorts (Ausland, Inneres, Finanzen und Verteidigung) übertragen werden, vorausgesetzt, dass Dabaiba Premierminister bleibt. Wahlen sind nicht vorgesehen, sondern der Dabaiba- und der Haftar-Clan wollen sich die Macht teilen. Dieses Projekt ist von vornherein zum Scheitern verurteilt und wird voraussichtlich kriegerisch enden – der Sudan lässt grüßen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656053096114450434

+ 11.05.: Neues Forum. Ein von Mustafa az-Zaidi, der Khalifa Haftar nahesteht, angeführtes neues Forum wurde von Agila Saleh bestätigt. Es wurde für den 20. Mai ein Treffen mit Teilnehmern aus ganz Libyen in der Stadt Ras Lanuf angekündigt. Das Ergebnis dieses Treffens soll die Abschaffung aller bisherigen politischen Gremien sein und die Gründung eines verfassungsgebenden Gremiums, das die Abhaltung gleichzeitiger Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vorantreibt.
Zu den Zielen des Forums gehören außerdem die Bildung einer Miniregierung, die Rückkehr von Migranten und Vertriebenen, die Freilassung von Gefangenen, die Teilnahme an Wahlaufsichtsausschüssen und die Einrichtung eines Ausschusses für Volksdiplomatie, der mit dem Ausland kommuniziert.
Die Einladung richtet sich an Scheichs, Honoratioren, Weise, Sozialräte, zivilgesellschaftliche Institutionen, politische Parteien, Frauen und Jugendliche, den Obersten Justizrat, Anwälte, Botschafter ausländischer Länder, die UN-Mission, Parlamente, Staats- und Präsidialräte und Vertreter von Präsidentschaftskandidaten.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656396657691357186

Libyen und das Ausland

+ 05.05.: USA/Tschad. Der US-Botschafters in Libyen, Richard Norland, wurde von Mahamat Déby am 05. Mai in der tschadischen Hauptstadt N’Dschamena empfangen.
Von tschadischer Seite hieß es, der Besuch des US-Botschafters sei Teil des Versprechens Washingtons, Libyens Bemühungen um Frieden und die Überwindung des Krieges zu unterstützen.
https://libyareview.com/34273/us-chad-meet-to-discuss-libyan-stability/
Der Tschad wird vom Vorsitzenden des Militärrats, Mahamat Itno Déby, regiert, Sohn von Idriss Déby, der von 1990 bis zu seinem Tod 2021 Präsident des Tschad war.
Rückblick: „1982 konnte abseits der großen Medien Hissène Habré mit der Unterstützung der CIA und israelischer Truppen die Regierung von Goukouni Wedeye [
im Tschad] stürzen. [Gaddafi hatte mit Weddeye gegen die Zentralregierung gekämpft]. Human Rights Watch berichtete: >Unter Präsident Reagan haben die USA durch geheime paramilitärische Unterstützung der CIA, geholfen, Habré zu installieren, um, so Außenminister Alexander Haig, ‚Gaddafi eine blutige Nase‘ zu verpassen<.
Ein Report von
Amnesty International berichtete über massive militärische und finanzielle Unterstützung für Habré durch den Kongress.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=97362#more-97362
In den 1980er Jahren war der rohstoffreiche Aouzou-Streifen zwischen dem Dschad und Libyen umkämpft. Habré wurde von Idriss Débry gestürzt

+ 07.05.: GB/Haftar. Ein militärisches Transportflugzeug C-130J der britischen Royal Air Force machte eine kurze und ungewöhnliche Zwischenlandung in Bengasi im Osten Libyens. Normalerweise fliegt GB Tripolis oder Misrata im westlichen Libyen an.
Am selben Tag landete ein Gulfstream G550 Privatjet, Code GLF5, vom Flughafen Rom Ciampino aus in Bengasi.
https://libyareview.com/34322/british-military-aircraft-makes-unusual-stopover-in-benghazi/

+ 07.05.:  Sudankrieg. Ein Mitglied des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF), Ahmed asch-Scharkasi, sagte, dass die Anordnung von US-Präsident Biden, Sanktionen gegen diejenigen zu verhängen, die den Frieden im Sudan behindern, sich auch auf Libyen auswirken wird.
https://libyareview.com/34268/libyan-official-us-sanctions-on-sudan-will-affect-libya/

+ 08.05.: USA/al-Menfi. US-Botschafter Richard Norland und US-Chargé d’Affairs Leslie Ordeman besprachen mit dem Vorsitzenden des libyschen Präsidialrats, Mohamed al-Menfi, politische, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Fragen. Gesprochen wurde auch über ein „Projekt der nationalen Aussöhnung, über die Aufstellung einer gemeinsamen Streitmacht zur Sicherung der südlichen Grenzen und über die Schaffung nationale Mechanismen zur Priorisierung der öffentlichen Ausgaben“.
https://libyareview.com/34330/us-discusses-establishing-libyan-joint-military-force-to-secure-south-borders/

+ 08.05.: UN/Waffenembargo. Aus einem neuen UN-Bericht geht hervor, dass mehrere Schiffe auf hoher See vor der Küste Libyens die Kontrolle verweigerten. Bei zwei Einsätzen wurden Ladungen beschlagnahmt, bei denen der Verdacht bestand, dass sie verbotene Güter transportierten.
https://libyareview.com/34317/un-discusses-report-on-libya/

+ 10.05.: Zentralafrikanische Republik. Die Zentralafrikanische Republik hebt die Entscheidung auf, Vermögenswerte der Libyschen Afrikanischen Investmentgesellschaft (LAICO) zu beschlagnahmen. Davon betroffen waren ein Fünf-Sterne-Hotel, zwei Wohngebäude und ein Grundstück.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1656106630688194565

+ 10.05.: Türkische Besatzung. Ein Transportflugzeugs vom Typ Airbus A400M Atlas der türkischen Luftwaffe landete auf dem Stützpunkt al-Watija (westliches Libyen).
https://twitter.com/MstrMax11/status/1656364068049940490

+ 10.05.: Baschagha/China. Die Baschagha-‚Regierung‘ unterzeichnete ein Kooperationsabkommen mit der China Railway Group (CREG) und dem BFi Management zur Umsetzung von Wiederaufbau- und Infrastrukturprojekten.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1656356286311661568

+ 11.05.: Frankreich/Sarkozy. Französische Staatsanwälte forderten, dass gegen den ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy ein neues Verfahren wegen illegaler Wahlkampffinanzierung in Millionenhöhe im Jahr 2007 durch Gaddafi.
https://libyareview.com/34397/sarkozy-risks-new-trial-over-alleged-libya-financing-campaign/

+ 11.05.: Grenzkonferenz/Mauretanien/EU. An einer von der EU unterstützten Konferenz in Nouakchott (Mauretanien) nahmen Vertreter aus Libyen, Mauretanien, Burkina Faso, Tschad, Mali und Niger teil. Die Länder der Sahelzone sollen bei der Entwicklung effektiverer Konzepte für die Grenzkontrollen und die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität unterstützt werden.
https://libyareview.com/34400/libya-participates-in-border-management-counter-terrorism-conference/
Es soll die Migration unterbunden werden. Das dürfte sich in den Sahara- und Sahelgebieten als schwierig erweisen, auch, weil es Siedlungsraum von Nomaden wie den Tuareg ist, die sich über die Grenzen hinweg erstrecken.
Daneben soll es wahrscheinlich auch darum gehen, die Wagner-Gruppe aus der Sahara-Sahelzone zu verdrängen.
Siehe auch:
https://www.politico.com/news/2023/05/07/wagner-russia-africa-00095572

+ 11.05.: IStGH/Khan. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat am Donnerstag neue Haftbefehle gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher in Libyen erlassen, wie Karim Khan, der Chefankläger des IStGH, bestätigte. Es wird die Einrichtung eines IStGH-Büros in Libyen geplant. Die Zusammenarbeit mit Libyen werde sich verstärken.
https://libyareview.com/34381/icc-issues-new-arrest-warrants-for-alleged-war-criminals-in-libya/
„Die gegenwärtigen Machtverhältnisse hinter dem IStGH, der kein Gericht der UNO ist, sondern unabhängig auf einem internationalen Vertrag mit 124 Staaten beruht, sind derart, dass bisher kein Verfahren gegen einen Mitgliedstaat der NATO eröffnet wurde. In den Fällen, in denen die ehemalige Chefanklägerin Fatou Bensouda es versuchte – gegen USA und Großbritannien wegen Foltervorwürfen in Afghanistan und Irak –, wurden die Untersuchungen nach zum Teil massiven Interventionen eingestellt.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=97362#more-97362

+ 11.05.: UN/IStGH/. Libyens Vertreter im UN-Sicherheitsrat, Taher as-Sunni, erinnerte daran, dass die Justiz in Libyen in der Zuständigkeit der nationalen Gerichtsbarkeit liegt. Die libysche Zusammenarbeit mit dem IStGH) beschränke sich darin, dem IStGH eine unterstützende und ergänzende Rolle zuzuschreiben. Die libysche Justiz sei bestrebt, ein faires und unparteiisches Verfahren für alle Gesuchten sicherzustellen
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656735412369358870

+ 11.05.: UN/IStGH/Russland. Der russische Delegierte im UN-Sicherheitsrat lehnte die Einladung des Präsidenten des IStGH, Karim Kahn, zur Teilnahme an der Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum Thema Libyen ab. Der IStGH sei zu einer Marionette in den Händen der westlichen Staaten geworden. Die Anwesenheit des Staatsanwalts werde als Beleidigung empfunden.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656735311743811601

+ 11.05.: UN/IStGH/China. Der chinesische UN-Vertreter Zhiqiang sagte, man hoffe, dass der IStGH weiterhin das im Römischen Statut festgelegte Prinzip der Objektivität strikt befolgt, die juristische Souveränität und die berechtigten Interessen der betroffenen Länder in vollem Umfang respektiert und Politisierung und Doppelmoral in seiner Arbeit vermeidet.
https://libyareview.com/34420/china-warns-against-external-interference-in-libya/

+ 12.05.: IStGH/Russland. Der russische Außenminister Lawrow über den IStGH: „Dieses echte Pseudogericht, das in den Händen der Angelsachsen zu einem gehorsamen Instrument geworden ist, demonstriert weiterhin politische Voreingenommenheit, Ineffizienz und Unprofessionalität. Seine Anbindung an regionale Gegebenheiten hat nie zur politischen Beilegung von Konflikten beigetragen, sondern diese nur verschärft.“
https://rtde.live/russland/169901-pseudogericht-in-haenden-angelsachsen-lawrow/
Die sehenswerte und spannende Serie„Black Earth Rising“ zum Thema IStGH ist in der Arte Mediathek abrufbar:
https://www.arte.tv/de/videos/RC-023738/black-earth-rising?trailer=true

+ 13.05.: Italien/Fessan. Libysche Behörden gaben die Verhaftung von mehreren Mitarbeitern der italienischen Organisation Ara Pacis bekannt, die versuchte, unter dem Vorwand eines „landwirtschaftlichen Projekts“ Migranten im Süden Libyens (Sebha, Murzuq, Ghat) anzusiedeln.
Hinter dem Projekt steht offiziell eine NGO, tatsächlich wird die italienische Regierung dahinter vermutet.
https://libyareview.com/34417/libyan-security-forces-arrest-italian-migrant-ngo-collaborators/

+ 13.05.: Ägypten/Russland. Bei russisch-ägyptischen Konsultationen in Moskau betonten beide Seiten die Notwendigkeit einer „nachhaltigen Entwicklung und umfassenden politischen Lösung in Libyen“. Es sollte ein umfassender Dialog zwischen den politischen Kräften in Libyen ermöglicht werden, Wahlen organisiert und staatliche Behörden geschaffen werden. Ferner wurde vereinbart, die bilateralen Konsultationen über die Entwicklung der Lage in Libyen im Rahmen einer engen außenpolitischen Koordinierung zwischen Moskau und Kairo fortzusetzen.
https://libyareview.com/34438/egypt-russia-push-for-comprehensive-political-settlement-in-libya/

+ 13.05.: Türkei. In Libyen erwartet man mit Spannung den Ausgang der Wahlen in der Türkei.

Weitere Nachrichten aus Libyen

+ 08.05.: as-Senussi. Es erfolgte eine Fortsetzung der nichtöffentlichen Verhandlung gegen den ehemaligen Geheimdienstchef Abdullah as-Senussi vor dem Berufungsgericht in Tripolis. Anwesend war nur die Verteidigung, Angehörige waren nicht zugelassen.
Die Verhandlung wurde vertagt.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1655578592850354179

+ 08.05.: as-Senussi. Die Familie von Abdullah as-Senussi bezeichnete seinen Prozess als „unfair, aus politischen Gründen inszeniert und ohne jegliche rechtliche oder moralische Grundlage“. Die Familie warf den Behörden „vorsätzliche medizinische Fahrlässigkeit und die Verweigerung der juristischen Rechte und der Menschenrechte“ vor. Es werde ihm die Behandlung seiner chronischen und schweren Krankheiten ebenso verwehrt wie Familienbesuche und seit fünf Jahren auch Treffen mit seinen Verteidigern. Man habe sich entschieden, as-Senussi eines langsamen Todes sterben zu lassen. Dies werde mittels unfairer Gerichtsverfahren verschleiert.
Die USA, AU, AL und die Organisation für Islamische Zusammenarbeit sowie alle Menschenrechtsorganisationen wurden aufgefordert, sich verantwortlich zu zeigen, um as-Senussi ein faires Verfahren und eine medizinische Versorgung zu garantieren.
Sie forderten auch die Vereinigten Staaten, die Afrikanische Union, die Arabische Liga, die Organisation für Islamische Zusammenarbeit und alle internationalen und lokalen Menschenrechtsorganisationen auf, die Verantwortung für as-Senussis Schutz zu übernehmen, ihn medizinisch behandeln zu lassen und ein faires Verfahren zu garantieren.
https://libyareview.com/34328/al-senussi-family-says-trial-unfair/
Es droht immer noch eine Auslieferung as-Senussis an die USA durch die Dabaiba-‚Regierung‘.

+ 08.05.: as-Senussi. Ali al-Akrami, Präsident der libyschen Vereinigung gewaltloser politischer Gefangener hält den Senussi-Fall als einen politischen Fall per excellence. Die Art der Ermittlungen und Zeugenaussagen gegen Senussi zeigten dies eindeutig. Der Fall as-Senussi müsse im Rahmen einer politischen Lösung und einer umfassenden nationalen Aussöhnung gelöst werden.
Auch der Journalist Mohamed Baayu erklärte, dass es keine rechtliche oder logische Rechtfertigung dafür gebe, Generalmajor Abdullah as-Senussi weiter in Gefangenschaft zu halten.
Gesetze, nationale Würde und Menschlichkeit stellten für die heutige Exekutive keinen Wert mehr dar. Die USA wollten as-Senussi lebendig, um Informationen über die libysche Geheimdienstarbeit zu erhalten. Dies diene der Besänftigung ihrer Wut und ihres verletzten Narzissmus.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1655919862806466568
https://twitter.com/SaifFuture/status/1655919441534754816

+ 10.05.: Verhaftung. Der fünfzehnjährige Ali Hamad al-Qazoun wurde von Mitgliedern des 77. Bataillons unter al-Karama verhaftet, weil er Tankwagen gefilmt hatte, die für eine Schmuggelaktion präpariert wurden.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1656279581182115840

+ 13.05.: Frauenrechte. Zwölf Organisationen und 120 politische Aktivisten haben die diskriminierenden Vorschriften, die das Reisen von Frauen einschränken, verurteilt und gefordert, diese Vorschriften aufzuheben.
https://twitter.com/LWPP_Org/status/1657433366285672448

+ 10.05.: Migration. Der Leiter der libyschen Agentur zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung erklärte, dass die Ansiedlung illegaler Migranten in Libyen kategorisch abgelehnt wird.
https://libyareview.com/34333/security-official-settling-migrants-in-libya-rejected/

+ 11.05.: Migration. In Kufra (Südlibyen) wurden drei illegale Gefängnisse entdeckt, die von einer Schleuserbande betrieben wurden. Von den Familien der Opfer wurden hohe Lösegeldforderungen verlangt. Die Migranten wurden freigelassen und gegen die Betreiber aus 13 Nationalitäten Haftbefehle erlassen.
https://libyareview.com/34373/three-secret-prisons-discovered-in-libya/

+ 09.05.: Staatshaushalt. Erklärung der Libyschen Zentralbank:
Die Ausgaben des Verteidigungsministeriums in der Dabaiba-‚Regierung‘ beliefen sich innerhalb von vier Monaten auf über eineinhalb Milliarden LD. Die Ausgaben des Innenministeriums und seiner angegliederten Organe beliefen sich auf fast eineinhalb Milliarden LD. Die Ausgaben des Gesundheitsministeriums und seiner Tochtergesellschaften beliefen sich auf eine Milliarde und 637 Millionen LD.
Die Ausgaben des Abgeordnetenhauses und seiner Mitgliedsorganisationen beliefen sich im Zeitraum von Januar 2023 bis Ende April auf 375 Millionen LD. Die Ausgaben des Staatlichen Konsultativrats beliefen sich auf 13,8 Millionen LD. Die Ausgaben des Präsidialrates und seiner Filialen beliefen sich auf 204 Millionen LD.
Die Ausgaben des Kabinetts der Dabiba-Regierung und ihrer Unterorganisationen beliefen sich auf 636,6 Millionen LD.
Zwei milliardenschwere Regierungen und Budgets, die u.a. die türkischen Wahlen sponsern, Milizen und Scheinfirmen finanzieren, während sich niemand findet, der die Anwaltskosten des in die USA verschleppten und dort vor Gericht stehenden libyschen Bürgers Abu al-Massud übernimmt.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1655672012356853760

+ 09.05.: Staatsanwaltschaft/Passfälschung. Staatsanwalt as-Siddiq as-Sour berichtete über den Betrug bei der Vergabe von nationalen Nummern zur Erstellung von Familieneinträgen bei der Zentralbank und beim Passamt. Die Staatsanwaltschaft habe Zehntausende nationaler Nummern gestrichen, um große finanzielle Verluste des Staates zu vermeiden. Die gefälschten Nummern wurden dazu verwendet, sich Gehälter, Stipendien und Pässe zu erschleichen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1655947364094603271

+ 14.05.: Telekommunikation/Hack. Die Libyana Company, eines der größten libyschen Unternehmen im Bereich Telekommunikation und Mobiltelefone, wurde Opfer eines Hacks, bei dem vertrauliche persönliche Daten von Kunden, u.a. Finanz- und Buchhaltungsunterlagen von Unternehmen sowie Geheimdokumente, gestohlen wurden. Davon betroffen waren auch Facebook-Konten. Das Unternehmen habe zunächst versucht, den Hack zu vertuschen.
Das gesamte Kommunikationssystem in Libyen leidet unter erheblichen Schwächen im Bereich der Cybersicherheit und ist heftigen Angriffen ausgesetzt.
https://libyareview.com/34450/libyana-telecommunications-company-hacked/

+ 11.05.: Erdöl. Die russische Ölgesellschaft Tatneft hat nach Angaben der libyschen National Oil Corporation (NOC) im libyschen Ghadames-Becken eine neue Ölquelle etwa 330 km südlich von Tripolis mit einer Kapazität von 1.870 Barrel pro Tag entdeckt.
Tatneft ist mit 10,5 % als Betreiber an der beteiligt, während die NOC 89,5 % hält.
Vor dem Nato-Krieg 2011 gegen Libyen hatte Tatneft in dem Land rund 200 Mio. USD in Explorationen investiert, dann aber den Betrieb eingestellt.
https://libyareview.com/34370/russias-tatneft-company-announces-new-oil-discovery-in-libya/

+ 12.05.: Goldreserven. Nach Algerien und Südafrika stand Libyen 2022 mit 117 Tonnen an dritter Stelle bei den geschätzten Goldreserven von afrikanischen Ländern.
https://libyareview.com/34431/libya-holds-3rd-largest-gold-reserve-in-africa/

+ 09.05.: Wetter. In den Nafusa-Bergen (westliches Libyen) kam es in Folge starker Regenfälle zu Wasserfällen, die sich über die Gebirgslandschaft ergossen.
Der Stadtrat von al-Asaba rief wegen Überschwemmungen den Notstand aus.
Video: https://twitter.com/LibyaReview/status/1655916769956057090
Foto: https://en.alwasat.ly/news/libya/398077

 

Rückblick

+ 08.05.: Völkerrecht. „Schon lange vor der Bombardierung Libyens durch die NATO, die am 19. März 2011 begann, hatten die USA versucht, den unbequemen Muammar Gaddafi zu stürzen. Seit den frühen achtziger Jahren wurde er von den meinungsbildenden Medien in den USA und Großbritannien als >Terroristen Warlord< dämonisiert. Im Juli 1981 wurde der Presse ein Plan der CIA durchgestochen, Gaddafi zu stürzen und möglicherweise zu töten. 1982 konnte abseits der großen Medien Hissène Habré mit der Unterstützung der CIA und israelischer Truppen die Regierung von Goukouni Wedeye [im Tschad] stürzen. Human Rights Watch berichtete: >Unter Präsident Reagan haben die USA durch geheime paramilitärische Unterstützung der CIA, geholfen, Habré zu installieren, um, so Außenminister Alexander Haig, ‚Gaddafi eine blutige Nase‘ zu verpassen<.
Ein Report von Amnesty International berichtete über massive militärische und finanzielle Unterstützung für Habré durch den Kongress. Sie galt dem geheimen Krieg gegen Gaddafi. Doch die USA kamen nicht an ihr Ziel. Verschiedene weitere Pläne scheiterten.
Schließlich bombardierte die US-amerikanische Luftwaffe am 14./15. April 1986 zum ersten Mal die Hauptstadt Tripolis und Bengasi. Der Angriff war illegal, nur die Briten unterstützten die USA. Präsident Ronald Reagan begründete ihn damals als Reaktion auf den Anschlag in der Berliner Diskothek La Belle, konnte aber nur wenige überzeugen, es handele sich um einen Akt der Verteidigung gem. Art. 51 UN-Charta. Auch dieser Plan scheiterte, und die militärischen Aktionen gegen Libyen verschwanden aus den Medien. Doch die CIA arbeitete weiter an ihren Plänen und baute eine geheime Armee auf, die aus zahlreichen Libyern bestand, die in den achtziger Jahren in die Grenzkämpfe mit dem Tschad verstrickt waren. Als das Gerücht aufkam, Gaddafi ließe chemische Waffen entwickeln, engagierten sich auch die Briten und gründeten mit dem Geheimdienst MI6 verschiedene Oppositionsgruppen in Libyen, die sie finanzierten, darunter auch die >Libysche Nationalbewegung< in London. Doch alle weiteren Anschläge blieben ohne Erfolg. Die großen Ölreserven und die für die Europäer wichtige Funktion Libyens, die afrikanischen Flüchtlinge vor ihrem Weg über das Mittelmehr nach Europa zu stoppen, konnten die USA und ihre NATO-Verbündeten nur vorübergehend mit Gaddafi versöhnen. Dieser hingegen machte aus seiner anti-imperialistischen Haltung keinen Hehl. Als er in der UNO-Generalversammlung 2009 forderte, dass die Schuldigen des Irakkrieges vor Gericht gestellt werden müssten – >Es war ein Massaker, ein Genozid: Mehr als 1,45 Millionen Menschen kamen ums Leben. Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Irak-Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) kommt, und wir wollen die Verantwortlichen dieser Massenmorde vor Gericht sehen< –, lebten die alten Pläne des Umsturzes wieder auf. Sie sollten sich im Februar 2011 in den Wirren des Arabischen Frühlings verwirklichen lassen, bei denen die von MI6 und CIA aufgebauten Oppositionsgruppen zweifellos eine wichtige Rolle spielten. Am 19. März 2011 begannen Frankreich und USA mit der Bombardierung Libyens. Zwei Tage zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat mit seiner Resolution 1973 beschlossen, eine Flugverbotszone über Libyen zu errichten, um die Zivilbevölkerung vor Angriffen der libyschen Luftwaffe zu schützen. Im Mai waren dieser Auftrag und auch das Mandat des Sicherheitsrats erfüllt, die NATO-Verbände setzten ihre Angriffe jedoch fort, bis Gaddafi am 20. Oktober 2011 getötet wurde. Das war völkerrechtswidrig, da die Angriffe nun ohne Mandat fortgesetzt wurden. Der Sicherheitsrat schwieg dazu allerdings, was angesichts seiner Zusammensetzung nicht verwundern konnte. Auch der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag sah keine Veranlassung zu einer Untersuchung. Allerdings hatte er bereits am 3. März 2011 auf Initiative der USA eine offizielle Untersuchung gegen Gaddafi wegen des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei seinem Kampf gegen die Rebellen aufgenommen.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=97362#more-97362

+ 1970: UN-Generalversammlung/Resolution 2625/IStGH: „Kein Staat und keine Staatengruppe hat das Recht, sich aus irgendeinem Grund unmittelbar oder mittelbar in die inneren und äußeren Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen. Folglich sind bewaffnete Intervention und alle anderen Formen der Einmischung oder Drohversuche gegen die Rechtspersönlichkeit eines Staates oder gegen seine politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bestandteile völkerrechtswidrig.
Kein Staat darf wirtschaftliche, politische oder irgendwelche anderen Maßnahmen anwenden oder zu seiner Anwendung ermutigen, um gegen einen anderen Staat Zwang in der Absicht anzuwenden, von ihm einen Verzicht auf die Ausübung souveräner Rechte zu erreichen oder von ihm Vorteile irgendwelcher Art zu erlangen. Desgleichen darf kein Staat subversive, terroristische oder bewaffnete Aktivitäten organisieren, unterstützen, schüren, finanzieren, anreizen oder dulden, die auf den gewaltsamen Sturz des Regimes eines anderen Staates gerichtet sind, oder in bürgerkriegsartige Kämpfe in einem anderen Staat eingreifen. […]
…so haben sich die Einmischungen in die politischen Prozesse in allen drei Ländern, Ukraine, Syrien und Libyen, so unterschiedlich sie waren, als schwere, rechtswidrige Interventionen in die Angelegenheiten eines fremden Staates erwiesen. […]
Die gegenwärtigen Machtverhältnisse hinter dem IStGH, der kein Gericht der UNO ist, sondern unabhängig auf einem internationalen Vertrag mit 124 Staaten beruht, sind derart, dass bisher kein Verfahren gegen einen Mitgliedstaat der NATO eröffnet wurde. In den Fällen, in denen die ehemalige Chefanklägerin Fatou Bensouda es versuchte – gegen USA und Großbritannien wegen Foltervorwürfen in Afghanistan und Irak –, wurden die Untersuchungen nach zum Teil massiven Interventionen eingestellt.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=97362#more-97362