Anhaltende Proteste in Tripolis gegen Dabaiba-‚Regierung‘ / Karim Khan (IStGH) bei UN-Sicherheitsrat zu Libyen – Echtheit von Foltervideo Ibrahim ad-Darsis bestätigt / Zuständigkeit des IStGH für Libyen fraglich / Vorschläge zur Abhaltung von Wahlen konkretisieren sich / Haftar pflegt Beziehungen zu USA, Türkei und Russland

Milizenkämpfe und Unruhen in und um Tripolis

+ In Gharyan protestierten am 11. Mai Einwohner gegen die Erschießungen von Menschen und die Verletzung der Unantastbarkeit ihrer Häuser. Die Dabaiba-‚Regierung‘ wurde aufgefordert, zu ihrem Schutz vor Milizen einzugreifen, ansonsten werde die Lage eskalieren.

+ In Misrata forderten am 10. Mai Demonstranten den Rücktritt von in Korruption verwickelte Regierungsbeamten. Sie skandierten: „Das Volk will die Korrupten stürzen – zwei Regierungen und Milliarden, Illusion, Diebstahl und Ungerechtigkeit.“

+ Der Nationale Gesundheitsblock in Misrata lehnte die Entfernung von rund 300 libyschen Ärzten, Krankenschwestern und Verwaltungsangestellten aus dem Misrata Spezialzentrum für Herz- und Arterienbehandlung und deren Ersetzung durch ausländisches Personal ab. Der Generalstaatsanwalt wurde aufgefordert, eine Untersuchung dieses Falles einzuleiten, insbesondere die den Vorgängen zugrunde liegenden Verträge mit Katar zu überprüfen.

+ In Zawya protestierten Bewohner gegen die schlechten Lebensbedingungen, die Plünderung staatlicher Ressourcen und die überbordende Korruption. Die UN-Mission wurde aufgefordert, alle politischen Organe zu entmachten und eine einheitliche Regierung zu bilden. Ebenfalls gefordert wurde die Schließung des Arkano-Ölunternehmens, das Saddam Haftar und Dabaiba gehöre. Dessen Konten müssten eingefroren und die Verantwortlichen inhaftiert werden.
Die Demonstranten drohten mit zivilem Ungehorsam in ganz Libyen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden.

+ Am 11. Mai warnte Hossam al-Gamati (Menschenrechtsaktivist) vor einer geplanten Militäroperation in der Innenstadt von Tripolis. Er müsse aus Verantwortungsbewusstsein diese Information veröffentlichen.

+ Am 11. Mai kam es in az-Zawiya, Stadtteil al-Harscha, und in Gharyan zu Zusammenstößen mit mittleren und schweren Waffen.

+ Der Föderationsrat von Groß-Tripolis verurteilte die jüngsten Militärbewegungen in der Hauptstadt und die daraus resultierende Bedrohung der Sicherheit der Bürger, die Ausbreitung von Terror und Chaos unter den friedlichen Bewohnern. Der Einsatz von Waffen zur Beilegung von Streitigkeiten sei ein eklatanter Gesetzesbruch, ein Schlag gegen die staatlichen Institutionen und eine echte Gefährdung der relativen Stabilität in Tripolis.

+ Für den Parlamentarier Dschaballah asch-Schaibani sind die Militärbewegungen in Tripolis ein Mittel zum Zweck, um die Regierungsbildung und die daraus folgende Abhaltung von Wahlen zu stören.

+ GelaNews: Der Milizenführer Abdel Ghani (Ghaniwa) al-Kikli wurde am 12. Mai in Tripolis heimtückisch ermordet, seine Miliz Support Deterrence Apparatus (SSA) befand sich in Auflösung, das SSA-Hauptquartier wurde von Milizen der Dabaiba-‚Regierung‘ übernommen. Dies könnte den stark unter Druck geratenen Tripolis-‚Premier‘ Abdulhamid ad-Dabaiba stärken und die Bemühungen um die politische Einheit Libyens und die Einleitung eines Wahlprozesses enorm behindern.

+ Nach den Milizenkämpfen vom 12.Mai und der Ermordung von al-Kikli erließ Dabaiba mehrere Entscheidungen zur Umstrukturierung seiner Sicherheitsorgane. Der Justizpolizeidienst unter dem vom IStGH gesuchten Osama Nadschim soll abgeschafft werden, die Facilities and Installations Security Authority unter Osama Talisch soll dem Innenministerium unterstellt werden, die Special Force soll aufgelöst und ihr Vermögen und Personal dem Innenministerium übertragen werden.

+ Dabaiba ernannte Brigadegeneral Mustafa al-Wahischi zum neuen Leiter des Inlandsgeheimdienstes und damit zum Nachfolger von Lotfi al-Harari.
Der Kommandeur der Unterstützungstruppe der Operation Vulkan der Wut, Nasser Ammar, kommentiert: „Der Dienst könnte wieder normal funktionieren, nachdem er vom berüchtigten Lotfi al-Harari und dem Rest der Bande und Schläger zerstört wurde.“

+ Das algerische Außenministerium äußerte in einer Erklärung seine Besorgnis über die erneuten Zusammenstöße in der Hauptstadt Tripolis und die dadurch verursachten Verluste an Menschenleben.

+ Suleiman al-Forti (ehemaliges Mitglied des Übergangsrates) erklärte: „Der Streit zwischen Dabaiba und al-Kikli drehte sich darum, wer die Gelder der Telekommunikationsholding kontrolliert, und nicht darum, wer für Sicherheit zu sorgen hat.

+ Nachdem Sadiq al-Gharyani auffällig lange zu den Ereignissen in Tripolis geschwiegen hat, bezeichnete er jetzt die Demonstrationen in Tripolis als verdächtig, verbot die Teilnahme, da man sie als einen „Akt der Unterstützung der Unterdrücker“ betrachte.

+ Der Journalist Khalil al-Hassi „Die meisten westlichen Länder drängen nun im UN-Sicherheitsrat auf die sofortige Bildung einer neuen Regierung in Libyen, während die britische Presse und Algerien sich diesem Trend widersetzen.“

+ GelaNews: Nachdem die Milizenkämpfe in Tripolis eskalierten, ist am 14. Mai eine brüchige Waffenruhe in Kraft getreten. Auch nach den Schüssen auf Demonstranten hielten die Proteste gegen die Dabaiba-‚Regierung‘ an. Das Ausland zeigte sich besorgt.

+ GelaNews: In der Nacht vom 15. auf den 16. Mai befanden sich Tripolis und anderen westlibyschen Städte weiterhin in Aufruhr. Immer mehr Minister und hohe Funktionsträger erklärten ihren Austritt aus dem Dabaiba-Kabinett. Am Abend des 17. Mai formierten sich erneut Demonstrationszüge in Tripolis und anderen Städten.
Einschätzung der aktuellen Lage durch Ibrahim Musa.

Foltervideo von Ibrahim ad-Darsi

+ Der Generalstaatsanwalt as-Siddiq as-Sour erklärte, dass ein Komitee unter seiner persönlichen Aufsicht zur Untersuchung des Falls Ibrahim ad-Darsi gebildet wurde. Von ad-Darsi wurden Foltervideos veröffentlicht, die unter Sicherheitskräften, die mit Saddam Haftar verbündet sind, entstanden. Der Verbleib von ad-Darsi ist ungeklärt.
Am 12. Mai traf as-Siddiq as-Sur persönlich in Bengasi ein, um die Ermittlungen zu überwachen.
Siehe auch: https://gela-news.de/libyens-abu-ghraib-wo-ist-ibrahim-ad-darsi

+ Bewaffnete Mitglieder des Inlandgeheimdienstes von Bengasi (unter Führung von Osama ad-Darsi) entführten am 10. Mai in al-Mardsch den Cousin des Folteropfers Ibrahim ad-Darsi, Izz ad-Din Abu Sabia at-Tabraqi ad-Darsi. Er wurde zum Hauptquartier des Innenministeriums in Bengasi gebracht.

+ Bezugnehmend auf das Foltervideo von Ibrahim ad-Darsi kritisierte Präsidentschaftskandidat Suleiman al-Bayudi die Doppelmoral der internationalen Gemeinschaft. Verbrechen bliebe n in Libyen ungestraft.

+ Die al-Harabi-Stämme gaben der von Haftar entsandten Delegation eine Frist von zwei Wochen, um folgende Frage zu klären: Was passierte mit dem Parlamentsabgeordneten Ibrahim ad-Darsi? Falls er tot ist, müsse sein Leichnam übergeben werden. Falls er vermisst wird, müsse eine internationale Untersuchung durchgeführt werden, um sein Schicksal aufzuklären.

+ Der IStGH-Chefankläger Karim Khan erklärte bei der UN-Sicherheitsratssitzung, dass die Fotos und Foltervideos von Ibrahim ad-Darsi überprüft wurden und mit Sicherheit echt sind.  Ibrahim ad-Darsis Verbrechen habe darin bestanden, seine Stimme für das libysche Volk erhoben zu haben, indem er von Werten, Hoffnung und Respekt für das Recht sprach.

+ Nasser Ammar, Kommandeur der Unterstützungstruppe der Operation Vulkan des Zorns, erklärte, dass Fawzi al-Maqla, ein Vertrauter Saddam Haftars, und Ali al-Khuwaildi, Direktor der General Commercial Bank, unter anderen an der Finanzierung der Entführung von Ibrahim ad-Darsi beteiligt waren.

+ Französische Geheimdienst-Website Africa Intelligence: Der Skandal um das ad-Darsi-Foltervideo bestärkt den Internationalen Strafgerichtshof in seinen Ermittlungen zu Entführungen und Verbrechen in libyschen Haftanstalten. Diese Ermittlungen hätten für den [inzwischen zurückgetretenen] Chefankläger des Gerichtshofs, Karim Khan, Priorität.

Innerlibysche Nachrichten

+ Der Sozialrat von Suk al-Dschuma und der al-Maqarha-Stamm unterzeichneten als Teil des Versöhnungsprozesses zur Überwindung der Spaltungen und zur Wiederherstellung des libyschen Zusammenhalts eine Aktionscharta.
Man müsse im Interesse der Nation zusammen gegen Korruption und Zusammenbruch aufstehen. Zur Umsetzung der Charta soll ein Exekutivausschuss mit detailliertem Arbeitsplan gebildet werden.

+ Haftar ließ die Beiträge des Journalisten Machmud al-Misrati aus einer Fernsehserie entfernen. Al-Misrata hatte u.a. das Foltervideo von Ibrahim ad-Darsi für echt erklärt, über eine von den USA ausgebildete Militärgruppe von Saddam Haftar im Süden, die von Africom befehligt wird, informiert, und darüber, dass Haftar über einen arabischen Vermittler ein israelisches Angebot erhalten habe, Haftars Gegner im Austausch für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Libyen und Israel zu eliminieren.

+ Mohammed Amtairid (Strategieexperte) erklärte, dass sich unter starkem internationalen Druck Agila Saleh (Parlament) und al-Menfi (Präsidialrat) darauf einigten, sowohl die Auflösung des Parlaments als auch des Staatsrats zu akzeptieren und Wahlen abzuhalten. Durch die Annahme der Ergebnisse des Beratungsausschusses sei eine endgültige Lösung erreicht worden.

+ Der Beratungsausschuss hat drei Vorschläge zur Lösung der Probleme des Wahlrahmens vorgelegt. Der erste Vorschlag sieht vor, Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abzuhalten, ohne die Ergebnisse der beiden Wahlen aneinander zu koppeln. Der zweite Vorschlag sieht vor, dass lediglich Parlamentswahlen abgehalten werden und das neue Parlament die Verfassungsregelungen festlegt, die den Weg für spätere Präsidentschaftswahlen ebnen. Der dritte Vorschlag sieht die Auflösung aller derzeitigen politischen Gremien und ihre Ersetzung durch eine neue verfassunggebende Versammlung vor. Diese soll umfassende verfassungsmäßige Regeln für die Abhaltung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen festlegen und gleichzeitig eine neue Regierung bilden, die die Übergangsphase bewältigt.
Die Vorschläge des Beratungsausschusses enthielten auch Lösungen für die umstrittenen Fragen rund um die Wählbarkeitskriterien für Militärangehörige und Inhaber ausländischer Staatsbürgerschaften. Der Beratungsausschuss betonte, dass eine einheitliche, in ganz Libyen handlungsfähige Regierung die Voraussetzung für die Abhaltung von Wahlen sei.

+ Khaled al-Mischri (Staatsrat) erklärte, Libyen lege Wert auf die Beziehung zu Russland. Man strebe ausgewogene Beziehungen zu Großmächten wie Russland, den USA und den europäischen Ländern an.
Al-Mischri vertrat die Meinung, dass einer militärischen Vereinigung eine politische Vereinigung vorangehen müsse.
Der gespaltene Staatsrat werde sich vor Ende Mai wieder vereinheitlichen, entweder durch Annahme eines Gerichtsurteils oder durch eine Vereinbarung des Mitgliederausschusses. Wenn der Oberste Gerichtshof das Urteil zu Khaled al-Mischris Gunsten bestätige, dürfte die Wahl des Vorsitzenden nicht wiederholt werden. Sollte das Urteil jedoch zu Gunsten seines Kontrahenten Mohammed Takala ausfallen, müsste die Wahl wiederholt werden.
Jeder Versuch einer Zwangsabschiebung nach Libyen, sei es aus den USA oder von anderswo, werde man mit allen Mitteln abwehren.

+ Laut der Website al-Araby al-Dschadid (Katar) sind die Regierungen in Tripolis und Bengasi, das Parlament und der Präsidialrat mit tiefen politischen Spaltungen und wachsenden Herausforderungen konfrontiert. Dies werfe Fragen hinsichtlich der Durchführbarkeit jeglicher politischer Initiativen in diesem angespannten Umfeld auf.
Haftar nahestehende libysche Medien hätten versucht, das kurze Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin als „offiziellen Empfang“ darzustellen, obwohl Haftar bei der Zeremonie in Moskau in den hinteren Reihen neben pensionierten Offizieren und Attachés ausländischer Missionen saß.

+ Agila Saleh wandte sich mit einem Schreiben an die UN-Missionschefin Hanna Tetteh. Darin heißt es, dass eine neue Einheitsregierung ein Mandat von 24 Monaten ab dem Zeitpunkt ihrer Machtübernahme haben wird. Das Mandat wird mit dem Abschluss des Wahlprozesses enden. Die Regierung sei verpflichtet, acht Monate vor Ablauf ihres Mandats mit der Organisation der Wahlen zu beginnen und die Hohe Nationale Kommission administrativ und finanziell zu unterstützen. Für das Amt des neuen Premierministers haben sich elf Personen beworben.

Bewegung des Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi

+ Unabhängiges Arabien schreibt, dass Muammar Gaddafi durch Aufnahmen mit dem ehemaligen ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser wieder zum Leben erweckt wurde. Er wirkte ruhiger, realistischer und offener, als er sonst dargestellt wurde. Heute stehe Gaddafi häufig im Mittelpunkt von Diskussionen, in denen über seine Zukunftsvisionen und seine Vorstellungen gesprochen wird. Beobachter seien immer wieder überrascht, wie gut seine Vorhersagen mit den gegenwärtigen politischen Geschehnissen übereinstimmten, die zeitgleich mit dem israelischen Krieg gegen Gaza stattfinden.

+ Laut Hossam al-Gamati eskalierte seit 2021 die feindselige Rhetorik gegen Saif al-Islam Gaddafi deutlich. Das Problem, das die Gegner mit Saif al-Islam und der Grünen Bewegung haben, ist der Platz in den Herzen der Menschen, den Saif al-Islam im Gegensatz zu Saddam Haftar einnimmt.

+ Alle Wiederaufbauprojekte in Bengasi und der östlichen Region, die sich Belqasim Haftar und seinem keinerlei Kontrolle unterliegenden Wiederaufbaufonds zuschreibt, gehörten zu Saif al-Islam Gaddafis Projekten von Libya Tomorrow, die 2011 bereits bis zu 70 Prozent fertiggestellt waren.

+ Der Generalsekretär der Arabischen Liga und ehemalige ägyptische Außenminister, Amr Moussa, musste sich vom ägyptischen Parlamentarier Mustafa Bakri die Frage gefallen lassen,  warum er als Generalsekretär der Arabischen Liga im Jahr 2011 der Verabschiedung einer Resolution zustimmte, die der NATO die Legitimität für ihren Angriff auf Libyen zusprach, bei dem Tausende getötet wurden, allen voran Muammar Gaddafi, und Libyen zerstört wurde.

+ Ahmed Gaddaf ad-Dam (ehemaliger Koordinator der libysch-ägyptischen Beziehungen) erklärte in einem Interview, Frankreich hatte es eilig, Gaddafi zu töten, weil es Angst vor ihm und seiner Rache hatte. Gaddafi zu töten, sei vorrangig gewesen. Noch am Tag seiner Ermordung habe sich die Nato vollständig zurückgezogen und Libyen dem Chaos überlassen. Trotz Aufforderung zögere UN-Generalsekretär António Guterres, die damaligen Ereignisse in Libyen zu untersuchen. Der NATO-Angriff auf Libyen war von psychologischer Kriegsführung, Lügen und Falschinformationen geprägt

+ Adel Al-Barrah erklärte, dass ihn al-Harari gebeten habe, Saif al-Islam und al-Atiri fälschlicherweise der Angriffe auf den Hafen von Khoms und den Mellitah-Komplex zu beschuldigen.

+ RT: „Gaddafi hatte die EU gewarnt: Jetzt ist seine düstere Prophezeiung Realität. Europa versucht, die von ihm selbst mit verursachten Migrationsprobleme zu lösen, indem es die Last auf Afrika abwälzt. Vor der jetzt eingetroffenen Entwicklung hatte Libyens Staatschef Gaddafi gewarnt – dann stürzte der Westen den arabischen Machthaber und damit sich selbst in eine anhaltende Migrationskrise.“

Libyen und das Ausland

+ USA. Ben Fishman (Near East Policy and Research) erklärte, dass die Bemühungen der UNO und der ‚internationalen Gemeinschaft‘, nationale Wahlen abzuhalten oder eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, gescheitert sind. Dies ermögliche es Dabaiba und Haftar, an der Macht zu bleiben.
Die Trump-Regierung könnte allen wichtigen libyschen Politikern mit Sanktionen drohen, die Libyen destabilisieren oder im Zusammenhang mit den Verteidigungsbeziehungen zu Russland stehen.

+ USA. Laut Jeune Afrique erwägt die Trump-Regierung, strenge Sanktionen gegen die widerspenstigen Länder zu verhängen, die sich weigern, aus den USA Deportierte aufzunehmen.

+ USA. In einem Schreiben an den US-Außenminister warnte der Präsidentschaftskandidat Aref Nayed vor wachsender Wut in der libyschen Bevölkerung über den Plan, illegale Einwanderer nach Libyen zu schicken. Seine Umsetzung könne zu weitverbreiteten Unruhen führen.
Libyen sei enormen Druck durch irreguläre Migration ausgesetzt, da es an der wichtigsten Migrationsroute von Afrika nach Europa liegt. Es beherberge derzeit etwa zwei Millionen Migranten, was einem Drittel seiner Bevölkerung entspricht.

+ USA. Steve Witkoff, Gesandter von US-Präsident Donald Trump, ließ wissen, dass die USA in Libyen Erfolg haben werden und man bald davon hören werde.

+ Russland/Türkei. Laut Agenzia Nova versucht Khalifa Haftar ein Doppel zwischen Russland und der Türkei zu spielen. Seine Militärkräfte werden derweil in ein Clanmilitär umgewandelt.
Während Khalifa Haftar 2020 von türkischen Drohnen zum Rückzug aus Tripolis gezwungen wurde, verhandle heute sein Sohn Saddam mit dem türkischen Präsidenten Erdogan. Die Verhandlungen umfassten die Lieferung von Drohnen, die Ausbildung von 1.500 Milizionären und gemeinsame Marineübungen.
Vater Haftar hingegen, der spätestens seit seines Besuchs 2017 auf dem russischen Flugzeugträger Admiral Kusnezow ein gutes Verhältnis zu Russland pflege, besuchte die Siegesparade in Moskau. Die russische Armee unterstütze die Haftar-Armee in Form von Lufttransporten zur Lieferung von Ausrüstung. Weißrussische Militärberater seien vor Ort und Sohn Khaled unterzeichnete ein erneuertes Kooperationsabkommen. Die Unterstützung durch Russland ermögliche es Haftar, die Kontrolle über den rohstoffreichen Süden des Landes und die Migrationskorridore zu festigen, während Moskau im Mittelmeerraum einen entscheidenden Standort gewinnt.
Saddams Söhnen kämen unterschiedliche Aufgaben zu. Khaled, der bereits die Spezialeinheiten befehligt, kümmere sich um die Beziehungen zu Moskau, und Saddam, der in die Türkei und kürzlich nach Washington geschickt wurde, versuche, die us-amerikanische Feindseligkeit zu mildern.
Doch wie weit könne diese Dynastie gehen, bevor sie aufgrund interner Rivalitäten oder äußerer Zwänge zusammenbricht? Jede Fehlkalkulation oder Änderung der Windrichtung in Washington oder Ankara könnte zum Einsturz führen. Libyen befinde sich weiterhin in der Schwebe zwischen Wiederaufbau und neuerlicher Zersplitterung. Weder Moskau noch Ankara seien trotz ihrer Zusammenarbeit mit Haftar bereit, ihre Interessen in Tripolis aufzugeben. Während der Kreml die libysche Armee lediglich als Vermittler für Energieverträge betrachte, sehe Erdogan in der Beziehung zu Russland ein Mittel zur Legitimierung seiner Militärpräsenz.
Unterdessen warte das libysche Volk, erschöpft von einem Jahrzehnt Krieg, auf einen Frieden, der zunehmend wie eine Fata Morgana erscheint, während ausländische Mächte daran arbeiten, das Land in ein Stellvertreter-Schlachtfeld zu verwandeln. Die Welt schaue zu und sei sich bewusst, dass jede Veränderung das Gleichgewicht im Mittelmeerraum neu definiert.

+ Russland. Laut Dmitry Bridget (Russlandstudien am Zentrum für Arabisch-Eurasische Studien) sucht Haftar im Kreml nach politischer und militärischer Unterstützung, um seine Position in Ostlibyen zu stärken. Es soll verhindert werden, dass die politische Szene ohne seine aktive Beteiligung neu organisiert wird. Russland wiederum wolle zeigen, dass es immer noch einen erheblichen Einfluss auf das politische Gleichgewicht Libyens hat.

+ Russland. Abdullah Naker kritisierte den Empfang von Haftar in Russland. Dass Khalifa Haftar bei den Feierlichkeiten zum russischen Tag des Sieges auftrat, trotz der Verwicklung seines Lagers in eine Reihe von Skandalen und Verstößen, zuletzt im Skandal um das Foltervideo des Abgeordneten Ibrahim ad-Darsi, sei keine Ehrerbietung, sondern eine Beleidigung der Geschichte Russlands. Haftar habe damit begonnen, seine Söhne auf die Machtübernahme vorzubereiten, als wäre Libyen ein Familienbesitz. Haftar habe die Kontrolle über die Justiz an sich gerissen, den Medien das Wort verboten und das Parlament marginalisiert. Es gebe glaubwürdige Berichte, dass Haftars Milizen für Kriegsverbrechen verantwortlich sind, insbesondere für die Massengräber in Tarhuna und den Einsatz von Söldnern zur Unterdrückung der Zivilbevölkerung. Genauso wie Dabaiba in Tripolis praktiziere Haftar in Bengasi „Faschismus in seiner abscheulichsten Form, der sich gegen das libysche Volk richtet“.

+ UN-Mission/Katar: Hannah Tetteh besprach im Beisein von Stephanie Khoury am 11. Mai mit dem Staatsminister im katarischen Außenministerium, Mohammed bin Abdulaziz al-Khulaifi, die politische, sicherheitspolitische und wirtschaftliche Lage Libyens.

Tagung des UN-Sicherheitsrats am 15. Mai unter Teilnahme von Karim Khan (IStGH)

+ Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gab am 15. Mai bekannt, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ die Zuständigkeit des Gerichtshofs für zwischen 2011 und Ende 2027 begangene Verbrechen anerkennt. Einem Staat, der nicht Vertragspartei des Statuts ist, ist es erlaubt, die Ausübung der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs anzuerkennen.

+ Dazu heißt es aus Libyen, dass das Schreiben der Dabaiba-‚Regierung‘, in dem sie die Zuständigkeit des IStGH für zwischen 2011 und Ende 2027 begangene Verbrechen akzeptiert, weder vom Justizministerium noch von der libyschen Generalstaatsanwaltschaft unterzeichnet wurde. Abdulhamid Dabaiba verletze mit diesem Schreiben libysches Recht, da er nicht befugt ist, dem IStGH Genehmigungen zu erteilen. Ausschließlich das Justizministerium und die Generalstaatsanwaltschaft seien befugt, den libyschen Staat in Rechtsangelegenheiten zu vertreten.
Die Übertragung der nationalen Gerichtsbarkeit an den IStGH beleidige die libysche Justiz, sei ein Vertrauensbruch gegenüber der Öffentlichkeit und ein Verstoß gegen das Prinzip der staatlichen Souveränität.
Karim Khan sei sich der Zuständigkeit libyscher Institutionen nicht bewusst, da er auch Dabaibas Entscheidung zur Auflösung der Deterrence Force begrüßte. Diese sei aber gemäß Resolution Nr. 578 von 2020 zur Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität dem Präsidialrat unterstellt und nicht dem Premierminister.

+ Chefankläger Karim Khan forderte während der UN-Sicherheitsratssitzung zu Libyen den libyschen Generalstaatsanwalt as-Siddiq as-Sur auf, Osama Nadschim zu verhaften und an den IStGH auszuliefern. Der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen per Haftbefehl gesuchte Nadschim war in Italien die Ausreise nach Libyen ermöglicht worden.
Khan stellte auch fest, dass in den vergangenen sechs Monaten Haftbefehle für Verbrechen erlassen wurden, die in libyschen Internierungslagern begangen wurden. „An der libyschen Mittelmeerküste lauert eine Blackbox des Leidens, und niemand will sie öffnen.“
Die Milizenführer und ihre Reisegewohnheiten würden beobachtet und neue Haftbefehle erlassen.

+ Der Vertreter Russlands ging hart mit Karim Khan ins Gericht. Khan instrumentalisiere den UN-Sicherheitsrat und propagiere angebliche Erfolge, indem er behaupte, neue Ermittlungsverfahren eingeleitet zu haben.
Die Gesandte Russlands erhob Einspruch gegen das Erscheinen von Kahn vor dem UN-Sicherheitsrat, da er selbst wegen Sexualverbrechen angeklagt sei. Es gehe um mehrere Missbrauchsfälle, die sich auf Mitarbeiter weltweit erstreckten.
Der IStGH gebe jährlich 200 Millionen USD aus und es sei unklar, wofür. Der Sicherheitsrat sollte keinen einzigen Cent für dieses Scheingericht ausgeben. Der IStGH betreibe Doppelmoral, indem er nur bestimmte Länder unterstützt.  Sieben europäische Länder hätten angekündigt, einen Haftbefehl gegen den israelischen Premierminister Netanjahu nicht vollstrecken zu wollen. Die Arbeit des IStGH diene dem Erzielen politischer Vorteile gegenüber politischen Gegnern und der Verletzung der Immunität von Amtsträgern, die das Römische Statut nicht unterzeichnet haben.
Der Vertreter Russlands erklärte auch, dass der Zustrom irregulärer Migranten und der Tod Zehntausender von ihnen im Mittelmeer eine Folge der Zerstörung Libyens durch den Westen und der NATO-Aggression gegen Libyen sind.

+ Der US-Delegierte bezeichnete den IStGH als politisiert und feindlich gegenüber Israel und Washington. Er forderte die libyschen Behörden auf, sicherzustellen, dass hochrangige Funktionäre des Gaddafi-Regimes strafrechtlich verfolgt und Zeugen besser geschützt werden.
Die USA seien dem Römischen Statut nicht beigetreten, noch haben sie ihm Rechtsprechung zugestanden. Die Handlungen des IStGH verletzten die grundlegendsten Konzepte der staatlichen Souveränität. Deshalb haben die USA beschlossen, strenge Sanktionen gegen den IStGH, seinen Ankläger und alle, die missbräuchlich handeln, zu verhängen.
Der IStGH stelle eine beispiellose Bedrohung für die Außenpolitik der USA dar.

+ Frankreich verurteilte es, den IStGH in irgendeiner Weise einzuschüchtern oder zu bedrohen.

+ Die Deterrence Force (Kommandant Abdel Raouf Kara) bezeichnete die Ausführungen des IStGH-Anklägers als „selektiv und voreingenommen“.  Die Dabaiba-‚Regierung‘ habe die Freilassung von Osama Nadschim gefordert. Khan hätte sich vor der Abgabe falscher Aussagen vor dem Sicherheitsrat genaue Informationen über die libyschen Sicherheitsdienste vom Präsidialrat oder der UN-Mission einholen sollen. Osama Nadschim sei ein Regierungsangestellter und bekleide die Position des Abteilungsleiters im Justizministerium der Dabaiba-Regierung.

+ Am 16. Mai erklärte der IStGH, dass Staatsanwalt Karim Khan wegen der gegen ihn eingeleiteten Ermittlungen vorübergehend zurücktritt.

Weitere Nachrichten aus Libyen

+ Die Gemeinde al-Asabia protestierte gegen das Desinteresse der Dabaiba-‚Regierung‘, Lösungen für immer wieder aufflackernden Brände in al-Asabia zu finden. Die Menschen litten unter den Sach- und Umweltschäden, viele hätten Angstzustände. Das Parlament wird aufgefordert, zum Schutz der Bürger einzugreifen.

+ Die Staatsanwaltschaft ordnete die Inhaftierung des Leiters für Verwaltungs- und Finanzangelegenheiten, des Vorsitzenden des Einkaufsausschusses, des Direktors der örtlichen Steuerbehörde, eines Mitglieds des Einkaufsausschusses der Stadt Tripolis wegen Korruption an.

+ Die Staatsanwaltschaft ordnete die Inhaftierung des General Managers der Mobile Phone Company von al-Madar und der Beamten der Medien-, Personal- und Beschaffungsabteilungen des Unternehmens wegen Korruption an.‎

+ Der Journalist Ahmed as-Sanussi schlägt Alarm. Der Telekommunikationssektor müsse dringend ausgebaut und instandgehalten werden, doch die örtlichen Unternehmen seien millionenfach verschuldet. Die für die Instandhaltung der Telekommunikationsnetze vorgesehenen Mittel seien von der Dabaiba-‚Regierung‘ zur Finanzierung der Hadsch-Pilgerfahrten ausgegeben worden. Der Telekommunikationssektor breche total zusammen, nachdem er in Zeiten des Ingenieurs Mohammed Gaddafi und Faisal Gargab geboomt hatte.

+ In der Stadt al-Barika brach in der Nähe von Öltanks am 11. Mai ein Großfeuer aus.

+ In der Nacht auf den 14. Mai wurde im östlichen Libyen und in mehreren ägyptischer Städten ein Erdbeben verspürt.