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Schlagwort: wahlen (Seite 1 von 4)

Kurznachrichten Libyen – 28.05. bis 03.06.2023

Milizenkämpfe in Tripolis und Adschailat / Weitere Drohnenangriffe auf az-Zawija und Zuwara / Ausgangssperre in Tobruk / Sohn von Abdullah as-Senussi ermordet / keine offizielle Bekanntmachung der Ergebnisse des 6+6-Ausschusses / Saif al-Gaddafi soll von Wahl ausgeschlossen werden/ Hannibal al-Gaddafi im Hungerstreik

Milizenkämpfe

+ 29.05.: Tripolis. In der Nacht war es in Tripolis zu Kämpfen zwischen der Rada-Miliz (jetzt: Special Deterrence Force/SDF) unter Abdelrau Kara und der 444. Brigade gekommen. Den Kämpfen ging die Verhaftung eines Rada-Mitglieds durch die 444. Brigade (der Türkei zugehörig) voraus, wonach die Rada-Miliz versuchte, den Verhafteten zu befreien. Es handelte sich dabei um Ahmed asch-Schaftari, den Fahrer von Mohammed al-Kani, der vom Generalstaatsanwalt wegen Mordes gesucht wird.
Am Morgen herrschte wieder Ruhe. Beide Milizen gehören offiziell der Dabaiba-‚Regierung‘ an.
Die Mitglieder einer Familie sollen verletzt worden sein.
Wahlen in einem sicheren und stabilen Libyen scheinen genauso unwahrscheinlich wie die Rückkehr von Firmen, um im Land zu investieren. Es sind keine wirklichen Sicherheitskräfte, die Tripolis beherrschen, sondern nach wie vor Warlords, deren Milizen einfach unbenannt wurden.
https://libyaherald.com/2023/05/state-recognised-militia-and-libyan-army-clash-in-central-tripoli/

+ 29.05.: Tripolis. Als Reaktion auf die Festnahme von Ahmed asch-Schaftari hat die SDF-Miliz einen hochrangigen Kommandeur der 444. Brigade, Musab Zreig, an der Uferstraße von Tripolis entführt. Daraufhin mobilisierte die 444. Brigade mehr als 150 bewaffnete Fahrzeuge und forderte die Freilassung des entführten Kommandeurs.
Die Universität hat alle Veranstaltungen aufgrund der Bedrohungslage ausgesetzt.
Ein Mitglied der Rada-Miliz erlag seinen schweren Verletzungen.
https://libyareview.com/34865/armed-clashes-break-out-in-libyan-capital-2/

+ 30.05.: Tripolis. Mitglieder der 444. Brigade unter dem Kommando von Mahmoud Hamza stürmten das Hauptquartier des Militärgeneralstaatsanwalts in Tripolis, raubten es aus und verbrannten zahlreiche Akten.
https://twitter.com/libyapress2010/status/1663326806768852999

+ 02.06. al-Adschailat. In der Stadt westlibyschen Stadt al-Adschailat sind Kämpfe zwischen verfeindeten Milizen ausgebrochen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1664545223098105857

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Saif al-Islam Gaddafi soll von Präsidentschaftswahlen ausgeschlossen werden

Bei dem vor einer Woche in der marokkanischen Stadt Bouznika stattgefundenen Treffen des libyschen 6+6-Ausschusses wurde ein neues Wahlgesetz ausgehandelt. Insbesondere ging es um die Zulassung der Kandidatur von Saif al-Islam Gaddafi und Khalifa Haftar.

Wie jetzt bekannt wurde, haben sich die Teilnehmer darauf verständigt, Saif al-Islam Gaddafi bei den geplanten Präsidentschaftswahlen auszuschließen. Im Gegensatz dazu soll Khalifa Haftar, Oberbefehlshaber der Libyschen Nationalarmee (LNA), zugelassen werden. Dieses Ergebnis war zu erwarten.

Der Ausschluss von Saif al-Islam Gaddafi wird damit begründet, dass diejenigen, gegen die ein Gerichtsurteil vorliegt oder die von der Justiz gesucht werden, nicht kandidieren dürfen. Dies bezieht sich zum einen auf den vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gegen Saif al-Islam Gaddafi ausgestellten Haftbefehl, der rein politisch motiviert ist. Zum anderen wurde gegen ihn in Abwesenheit von einem von der Moslembruderschaft beherrschten Gericht in Tripolis im Juli 2015 ein Todesurteil verhängt, das jeder juristischen Gepflogenheit Hohn spricht und inzwischen aufgehoben wurde. Saif al-Islam wurde im Rahmen einer Generalamnestie 2017 aus der Gefangenschaft von Milizen in Zintan entlassen.

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Kurznachrichten Libyen – 21.05. bis 28.05.2023

Angriff der Dabaiba-‚Regierung‘ mit türkischen Drohnen auf feindliche Milizen in az-Zawija und Umgebung / Spaltung innerhalb der Dabaiba-‚Regierung‘ / Tagung des 6+6-Ausschusses, der 5+5-Kommission und der Sicherheitsarbeitsgruppe (und wenn sie nicht gestorben sind, dann tagen sie noch heute…)

Az-Zwaija (Küstenstadt, etwa 50 Kilometer westlich von Tripolis)

+ 21.05.: Entführung/Mord. Unbekannte hatten am 20. Mai 2023 Ahmed al-Arabi al-Khadrawi von seinem Arbeitsplatz weg entführt. Nun wurde seine Leiche, die Folterspuren aufwies, am Strand von az-Zawija aufgefunden. Auch dieses Verbrechen soll wie andere Entführungen und Morde der Einschüchterung der Bevölkerung dienen. Mit diesem Terror sollen die Menschen, die gegen die sich verschlechternde Sicherheitslage in der Stadt aufbegehrten, zum Schweigen gebracht werden.
Der Clan des Ermordeten hatte nach seiner Entführung aus Protest die Küstenstraße blockiert. Stammesführern und Würdenträgern gelang durch Vermittlung die Beendigung des Protests. Nach dem Auffinden der Leiche kam es zu erneuten Protesten.
In az-Zawija, westlich der Hauptstadt Tripolis, kommt es seit Wochen immer wieder zu Kämpfen zwischen rivalisierenden Gruppierungen, zu Entführungen und Morden. Auch in der Hauptstadt Tripolis ist die Sicherheitslage schlecht.
https://libyareview.com/34666/body-of-young-man-found-in-libya/

+ 25.05.: Drohnenangriff/Dabaiba. Das Verteidigungsministerium unter ‚Premierminister‘ Dabaiba (Tripolis) hat mit türkischen Drohnen Luftangriffe an der Westküste Libyens durchgeführt. Laut dem Verteidigungsministerium sollen sich die Drohnenangriffe gegen Schmuggler- und Schleuserbanden gerichtet haben.
Die Angriffe erfolgten in Zawija, Buzriba auf Stellungen des Stability Support Apparatus (SSA), einer Dabaiba feindlich gesonnenen Miliz, in Busurra und Maya Port,.
https://libyaherald.com/2023/05/tripoli-libyan-government-conducts-drone-strikes-against-criminal-hideouts-in-western-coast/
Video: https://twitter.com/LibyaReview/status/1661785178702852129

+ 25.05.: Drohnenangriff/Einwohnerprotest. Einwohner von az-Zawija verurteilten den Drohnenangriff auf ihre Stadt und werfen ‚Premierminister‘ Dabaiba vor, einen Krieg anzuzetteln. Zivilisten und Wohngebiete seien getroffen worden. Statt Chaos anzurichten, sollte am Aussöhnungsprozess gearbeitet werden. Das auch getroffene Abu Sitta habe sich immer neutral verhalten, Abstand zu az-Zawija gehalten und sich nie mit Kriminellen verbündet. Als Einwohner stelle man sich gegen diese brutale Aggression, die gegen die Wohnhäuser in den betroffenen Gebieten verübt werde.
Video: https://twitter.com/LibyaReview/status/1661746771771654144

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Kurznachrichten Libyen – 14.05. bis 20.05.2023

Baschagha wird vom Parlament abgesetzt / Sein bisheriger Stellvertreter Osama Hamada wird Nachfolger / Saleh will neues Mini-Kabinett, das Libyen in die Wahlen führt / 6+6-Ausschuss soll in Marokko und nicht in Libyen tagen / Militärbewegungen im westlichen Libyen / Ausländische Einmischungen in Innenpolitik im großen Stil / China baut U-Bahn

Politik

+ 16.05.: Baschagha/Hamada/Parlament. Das Parlament hat den von ihr im Februar 2022 eingesetzten ‚Premierminister‘ Baschagha suspendiert und dessen Finanzminister Osama Hamada zu seinem Nachfolger ernannt. Dies scheint auf einer Verständigung zwischen den bis vor Kurzem verfeindeten Parteien, der Haftar-Clan im Osten und der Dabaiba-Clan im Westen Libyens, hinzudeuten.
Baschagha sollte den ‚Premierminister‘ in Tripolis, Abdulhamid Dabaiba, ablösen. Dieser weigerte sich jedoch seinen Posten aufzugeben. Alle Versuche Baschaghas, mit Hilfe ihm verpflichteter Milizen die Macht in Tripolis zu übernehmen, scheiterten. Die praktisch von der Türkei befehligte 444. Brigade spielte beim Rückzug Baschaghas aus Tripolis eine große Rolle. Obwohl Baschagha der Moslembruderschaft zugehörig zählt, entzog ihm die Türkei die Unterstützung und setzte auf Dabaiba.
Dabaibas Mandat galt nur bis zu den vorgesehenen Wahlen im Dezember 2021. Die Wahlen wurden kurzfristig abgesagt, da Dabaiba an seinem Machterhalt gelegen war. Dabaiba selbst sagte, dass er „im Amt bleiben wird, bis sich alle libyschen Parteien auf international anerkannte Wahlgesetze einigen und konkrete Termine für die Wahlen ankündigen“.
https://libyareview.com/34522/libyan-pm-bashagha-suspended-by-parliament/
https://rtde.live/afrika/170314-ostlibysches-parlament-setzt-seinen-premierminister/
Sowohl der Dabaiba- als auch der Baschagha- beziehungsweise jetzigen Hamada-‚Regierung‘ fehlt jegliche Legitimation.

+ 14.05.: Staatsrat/Dabaiba. Der Hohe Staatsrat (HCS) bildete einen Ausschusses zur Verfolgung von Verstößen der Dabaiba-‚Regierung‘. Ihr wird vorgeworfen, „vom Fahrplan für die Abhaltung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abzuweichen“. Es fehle der Dabaiba-‚Regierung‘ an Transparenz bezüglich „Erklärungen zur Ölförderung, Ausgaben und Einnahmen“. Sie verstoße auch gegen den Artikel 6 der Roadmap, der es untersagt, langfristige und bindende Abkommen im Namen des libyschen Staates zu schließen. https://libyareview.com/34482/libyas-high-council-of-state-accuses-dbaiba-of-violations/

+ 17.05.: Bathily/Wahlen. Laut dem UN-Sondergesandten Bathily sollte bei Wahlen niemand ausgeschlossen werden, „damit sie den Willen des libyschen Volkes repräsentieren und damit Stabilität erreicht werden kann.“ Welche Voraussetzungen ein Präsidentschaftskandidat erfüllen muss, sei immer noch umstritten.
Es sei auch über Kriterien gesprochen worden, die es ermöglichen würden, bestimmte Kandidaten wie LNA-Oberbefehlshaber Khalifa Haftar und Saif al-Islam Gaddafi von den Wahlen auszuschließen.
Bathily äußerte die Hoffnung, dass die Wahlen doch noch in diesem Jahr durchgeführt werden können.
https://libyareview.com/34543/un-envoy-no-one-should-be-excluded-from-libyan-elections/

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Die libysche Stadt Sirte wird zum Schauplatz von Repression und Gewalt

Aktivisten des demokratischen Weges im Visier von Khalifa Haftars Milizen

 Drei Schreckgespenster gehen in Libyen um, ihre Namen sind „Moslembruderschaft“, „Miliz“ und „Demagoge“. Sie wurden von jenen Parteien ins Leben gerufen, die – koste es, was es wolle – die politische Macht für sich alleine beanspruchen, für diese ein Monopol schaffen wollen.

Um die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen, gehen sie insbesondere gegen politische Aktivisten und Medienschaffende vor, die zum Schweigen gebracht werden müssen. Zu diesem Zweck werden innerhalb der libyschen Zivilgesellschaft demokratische Grundfreiheiten unterdrückt und es wird auf gewalttätige Weise versucht, den Willen des Volkes zu brechen.

Es häufen sich Verhaftungen, Entführungen und die Versuche, Menschen mittels Drohungen mundtot zu machen. Der gescheiterte Staat setzt im Osten und Westen des Landes auf seine verschiedenen Repressionsapparate in Form von ‚Sicherheitseinrichtungen‘ als da sind ‚Sicherheitszentralen‘, ‚Sicherheitsabteilungen‘, Geheimdienste, Kripo und andere, die sich von ihren ursprünglichen, in Gesetzen festgelegten Aufgaben weit entfernt haben. So wurden aus Gesetzen, geschaffen zur Aufrechterhaltung von Sicherheit, Ordnung und gesellschaftlicher Stabilität, repressive und der Gerechtigkeit Hohn sprechende Instrumente, die im Zusammenspiel mit rachsüchtigen Milizen im Dienst autoritärer Einzelherrschaft stehen.

Ein beklemmendes Beispiel ist die Stadt Sirte, in der die Menschen schwersten Schikanen und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Sie erleiden Verfolgung, Verhaftung, Erpressung, Entführung, werden eingeschüchtert und man lässt sie verschwinden. Dies alles geschieht, um ihren Willen zu brechen, ihre Grundfreiheiten einzuschränken, ihre Rede- und Meinungsfreiheit zu beschneiden. Diese Menschen haben sich die letzten zehn Jahre in einem friedlichen Kampf für Fortschritt, Gleichheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Regierungstransparenz eingesetzt und alle Erfolge, die sie damit erzielen konnten, sollen nun ausgelöscht werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, üben die Machthaber systematisch Gewalt aus. Allein in den letzten beiden Jahren wurden in Sirte fast dreißig Personen verhaftet und auf direkte Anweisung des Militärkommandanten von ar-Radschma in die Gefängnisse von ar-Radschma und Bengasi im östlichen Libyen verschleppt. Unter den Gefangenen befinden sich Mitglieder der Partei Gemeinsam für das Vaterland und andere Aktivisten, die sich um nationale Versöhnung bemühen, darunter der Dekan der juristischen Fakultät, Dr. Muftah Darbasch.

Es werden Menschen verfolgt und terrorisiert, die eine Einhaltung der Menschenrechte und das Recht auf Wahlen in Libyen fordern und auf die Durchführung von Wahlen hinarbeiten, und zwar ohne die Ausgrenzung und Marginalisierung von Parteien oder Kandidaten.

In Sirte kommt es zu  Verhaftungswellen, durchgeführt von sogenannten ‚Sicherheitsorganen‘, die mit dem Kommandanten der Libyschen Nationalarmee (LNA) im östlichen Libyen, Khalifa Haftar, in enger Verbindung stehen und auf seinen Befehl hin handeln. Der Journalist und Leiter des Medienteams von Saif al-Islam Gaddafi, Dr. Agila Dalhum, dessen Ruf nach Freiheit, Gerechtigkeit, Wahrheit und Demokratie immer wieder laut ertönte, war in den letzten Tagen nicht nur schweren Repressionen ausgesetzt, sondern es wurde sogar ein Mordversuch unternommen, um ihn zum Schweigen zu bringen.

Vorher wurden bereits die Organisatoren und Parteichefs von Gemeinsam für das Vaterland, Saleh az-Zarruk, al-Mabruk Onaizah, Ahmed al-Mahdi, al-Fituri abu Saba und Fardsch Amarf Aijasch, verhaftet und an die Innere Sicherheit von Bengasi überstellt. Ihr genauer Verbleib ist bis heute ungeklärt und es besteht Anlass zu höchster Sorge. Anzumerken ist dabei, dass es sich beiGemeinsam für das Vaterland um eine offiziell registrierte Partei handelt, die zu politischer Arbeit berechtigt ist und sich stets für demokratische Wahlen, Aussöhnung und politische Stabilität einsetzte.

Die Stadt Sirte wird kein Einzelfall bleiben. Was sich dort an Repression abspielt, wird sich in anderen libyschen Städten wiederholen mit dem Ziel, den Wahlprozess zu unterminieren, die Wähler einzuschüchtern und ihren Willen zu brechen. Ziel ist es, die Teilnahme von Saif al-Islam Gaddafi an den Präsidentschaftswahlen mit aller Macht zu verhindern, denn ihm werden bei allen Umfragen immer noch die mit Abstand meisten Stimmen vorhergesagt.

 

 

Kurznachrichten Libyen – 23.04. bis 29.04.2023

Az-Zawija: Aufbegehren von Jugendlichen erfolgreich / Sudan-Krieg bedroht auch Libyen / Europäische Zusammenarbeit mit Küstenwache angeprangert / Gaddafi-Gelder im Ausland nicht auffindbar, da nicht vorhanden

Az-Zawija

+ 24.04.: Milizenkämpfe. Nachdem erneut Kämpfe zwischen zwei verfeindeten Milizen in der Stadt az-Zawija aufgeflammt sind, wurde der Tod von vier Zivilisten gemeldet, deren Haus eine Granate getroffen hatte.
Bereits Ende Februar kam es in einem Vorort zu Zusammenstößen, bei denen zwei Menschen getötet und zwei verletzt wurden.
https://libyareview.com/33922/two-civilians-killed-in-armed-clashes-in-al-zawiya/

+ 26.04.: Milizenkämpfe. In der Stadt kam es zu einer eskalierenden Auseinandersetzung zwischen dem stellvertretenden Leiter einer Miliz unter dem Kommando von Hassan Buzraiba und dem international gelisteten Schmuggler und Schleuser Abd al-Rahman Milad (alias al-Bidscha). Der Auslöser war die Verhaftung von Milads Bruder und dessen Begleiter durch die Burzaiba-Miliz, als es zum Streit über den Schleuserpreis kam. Die Spannungen in der Stadt nehmen zu.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1651285542934388736

+ 27.04.: Folterung/Jugendproteste. In az-Zawija kochte es. Nachdem Videos in Umlauf gebracht wurden, die zeigten, wie libysche Jugendliche von afrikanischen Söldnern im Milizenhauptquartier ausgepeitscht, geschlagen und gefoltert wurden, wobei einer der libyschen Jugendlichen sogar getötet und sein Bruder entführt wurde, kam es zum Aufruhr und zu Massenprotesten von Jugendlichen. Reifen wurden in Brand gesetzt.
Die protestierenden Jugendlichen blockierten die Küstenstraße und sperrten die Leitungsventile der Zawija-Ölraffinerie. Vor dem Sicherheitsbüro der Stadt Zawija wurde die Entlassung des Sicherheitschefs gefordert sowie die Entfernung aller mit Waffen aufgerüsteter Fahrzeuge aus dem Stadtgebiet.
Es wurde zum zivilen Ungehorsam aufgerufen, damit endlich gegen die immer stärker anwachsende Kriminalität in der Stadt etwas unternommen werde. Verantwortlich dafür gemacht werden die Sicherheitskräfte und der Stadtrat von az-Zawija.
Az-Zawija macht immer wieder negative Schlagzeilen, da es in der Stadt regelmäßig zu Kämpfen zwischen rivalisierenden Milizen kommt.
https://libyareview.com/34014/mass-protests-erupt-in-libyas-al-zawiya/

+ 27.04.: Blockaden/Forderungen. Die jugendlichen Demonstranten beschlossen, bis zur Erfüllung ihrer Forderungen die Stadtzufahrten sowie die az-Zawija-Raffinerie zu blockieren. Zu den Forderungen zählen eine Umstrukturierung der Sicherheitskräfte, die Verhaftung der an den Folterungen beteiligten afrikanischen Söldner (die mit kriminellen Banden und Sicherheitsdiensten in Verbindung stehen), Razzien in illegalen Einwandererunterkünften, die Unterstellung der Sicherheitskräfte unter die Gerichtsbarkeit, die Wahl eines neuen Gemeinderats. Anschließend verbarrikadierten die Jugendlichen den Sitz des Gemeinderats und das Gerichtsgebäude. Außerdem wurde die Küstenstraße blockiert.
Es wurde die Umstrukturierung der Raffinerie-Behörden in Abstimmung mit der Schutzgruppe Petroleum Facilities Guard (PFG) gefordert, damit der Schmuggel unterbunden wird, sowie die Schließung von fünf Tankstellen, die bekannterweise am Kraftstoffschmuggel beteiligt sind.
Bildungseinrichtungen der Stadt kündigten aufgrund der unsicheren Lage die Aussetzung des Unterrichts an.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1651577704485904384
https://twitter.com/SaifFuture/status/1651577315678121985
Wie peinlich ist das denn, wenn in einer Stadt Jugendliche dazu aufrufen müssen, Gewalt und Chaos zu beenden und die Ordnung herzustellen.

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LNA-Kommandant Khalifa Haftar unterläuft fairen Wahlprozess

Razzia in Sirte und Verhaftungen während eines Symposiums missliebiger politischer Konkurrenten

Über willkürliche Verhaftungen und Verschleppungen unerwünschter Menschen in Tripolis und Umgebung durch die der Dabaiba-‚Regierung‘ zuzuordnenden Milizen wird hinreichend in den Medien berichtet. Geht es dagegen um Menschenrechtsverletzungen und die Anwendung von schmutzigen Methoden wie Folter zur Erpressung von Geständnissen, die von der Libyschen National Armee (LNA) unter dem Oberbefehl von Khalifa Haftar und den ihr angeschlossenen Milizen begangen werden, schweigen sich die Medien aus.

Jüngstes Beispiel hierfür ist eine Razzia am 18. April 2023 in der Stadt Sirte, die der Interne Sicherheitsdienst Sirte (Internal Security Service Sirte) in der Parteizentrale der Partei Gemeinsam für die Nation (Together for the Nation) während eines Wahlsymposiums gegen 23 Uhr durchführte. Der mit Haftar verbundene Interne Sicherheitsdienst und das Sicherheitsdirektorat der Baschagha-Regierung verhafteten die Parteiführer Saleh az-Zarug, al-Mabruk Abdelrahman Onaizah, Faradsch Aiyasch, al-Fitouri Ahmed, Hamad al-Mahdi sowie einen Fotografen, der die Veranstaltung dokumentieren sollte. Die etwa dreißig Teilnehmer, darunter auch Frauen, wurden eingeschüchtert, die Kamera und die Filme des Fotografen beschlagnahmt. Das Symposium sollte der Vorbereitung auf die in Libyen geplanten Wahlen dienen.

Den Verhafteten wird vorgeworfen, nicht die Partei von Khalifa Haftar zu unterstützen. Dieser schikanöse und bedrohliche Vorgang gegen eine Partei, die vom Justizministerium der Dabaiba-‚Regierung‘ eine offizielle Zulassung für ihre politischen Arbeit erhielt, wirft ein beklemmendes Schlaglicht auf den kommenden Wahlkampf und die geplanten Wahlen.

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Kurznachrichten Libyen – 06.03. bis 12.03.2023

UNSMIL-Leiter Bathily drängt auf Roadmap für Wahlen / Frage der zugelassenen Kandidaten weiterhin offen / Protest in Qurayat gegen Milizenwillkür / IWF verhandelt mit Libyscher Zentralbank / Antikes Sabratha dem Verfall preisgegeben

08.03.: Internationaler Frauentag.

Verfassungsrechtliche Grundlagen / Wahlen

+ 06.03.: Scheichs. Mitglieder der Nationalen Kommission der libyschen Scheichs und Honoratioren erklärten: „Die Einheit und Souveränität Libyens sind eine rote Linie, die nicht angetastet werden darf. Libyen ist eine geschlossene Einheit, und sein soziales Gefüge ist der Garant für seine Einheit“. Es müssten so bald wie möglich Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden.
https://libyareview.com/32453/libyan-tribal-leaders-political-solution-must-be-libyan-led/

+ 06.03.: Agila Saleh. Laut dem Parlamentspräsidenten Saleh werde die Durchführung von Wahlen durch die Annahme der 13. Änderung der verfassungsrechtlichen Grundlagen gewährleistet.
https://libyareview.com/32456/ageela-saleh-13th-constitutional-amendment-fulfills-libyans-desire-to-hold-elections/

+ 07.03.: Saleh/Staatsrat. Parlamentspräsident Aqila Saleh erklärte, dass der Staatsrat bezüglich politischer Vereinbarungen nur ein beratendes Gremium ist, dessen Meinungen nicht bindend sind. Das Parlament müsse ihn nicht mit Änderungen der verfassungsrechtlichen Grundlagen befassen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1633049700893949954

+ 07.03.: Parteien. In einem Schreiben an UN-Generalsekretär Guterres und die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats haben 51 politische Parteien zu einem politischen Lösungsweg aufgerufen, der zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen und zur Errichtung eines >pluralistischen und demokratischen Systems< führt. Den derzeitigen politischen Gremien fehle es an Legitimität.
https://libyareview.com/32536/51-libyan-political-parties-stress-necessity-of-elections/

+ 08.03.: Westliche Staaten. Die Vertreter westlicher Staaten gaben gemeinsam folgende Erklärung ab: „Vertreter Frankreichs, Deutschlands, Italiens, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten sind in Libyen, um ihre Unterstützung für die Initiative des UN-Sondergesandten Abdoulaye Bathily zum Ausdruck zu bringen, die darauf abzielt, die Unterstützung der libyschen Führung für einen Fahrplan für die Wahlen zu erreichen. Bei ihrem Treffen mit den libyschen Behörden betonten die Vertreter, dass diese die notwendigen Kompromisse eingehen müssen, um den Weg für die Wahlen rasch freizumachen, damit das libysche Volk seinen Wunsch, seine Führer zu wählen, verwirklichen kann.“
https://www.libyaherald.com/2023/03/western-powers-urge-libyan-political-leaders-to-make-necessary-compromise-to-enable-2023-elections/
Dies kommentiert Aya Burweila: „Die sogenannten libyschen ‚Führer‘, auf die Bezug genommen wird, sind genau die nicht gewählten Gauner, die von der UNO in den letzten beiden Betrügereien, die sie gegen Libyer betrieben, ausgewählt und installiert wurden. Die Libyer waren 2021 bereit zu wählen. Wenn Sie es mit Demokratie und Menschenrechten wirklich ernst meinen, entzögen sie der Dabaiba-Junta die Anerkennung.“
https://twitter.com/burweila/status/1633536487626006543

+ 12.03.: Stellvertreterkrieg. Der Parlamentarier Dschaballah asch-Schaibani äußerte die Befürchtung, dass das Ausland Libyen in einen Stellvertreterkrieg hineinziehen könnte, anstatt es bei der Abhaltung von Wahlen zu unterstützen. Ausländische Mächte zögen die Fäden und der Status quo bleibe bestehen. Kriegsparteien werden unterstützt, aber so, dass keine die andere besiegen kann.
https://libyareview.com/32646/libyan-mp-foreign-countries-may-drag-libya-into-proxy-war/

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Kurznachrichten Libyen – 20.02. bis 26.02.2023

Ölraffineriekomplex von Zawiya geschlossen / 5+2+2-Verhandlungen in New York / Libyer stemmen sich gegen die Absage von Präsidentschaftswahlen / Abdullah Mansur nach 12 Jahren Gefängnis in Tripolis entlassen und in den Niger ausgereist / AU engagiert sich für Versöhnungskonferenz

 + 21.02.: Milizenkämpfe. Es kam zu bewaffneten Zusammenstößen mit mittleren und leichten Waffen in der Stadt al-Adschailat (80 km westlich von Tripolis). Die verfeindeten Milizen gehören beide der Dabaiba-‚Regierung‘ an, die eine dem Verteidigungsministerium, die andere dem Innenministerium. Ein Milizionär fand den Tod.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1628066986948190208

+ 25.02.: Erdöl/Erdgas. Eine Stammesmiliz aus Zawiya (40 km westlich von Tripolis) hat mittels Erdwälle den Ölraffineriekomplex von Zawiya geschlossen, so dass die Öllieferungen an Kraftwerke und Tankstellen unterbrochen sind. Damit soll gegen die Entführung eines Stammesmitglieds protestiert werden.
https://libyareview.com/32239/armed-group-closes-zawiya-oil-refinery/

Wahlen in Libyen / 5+2+2-Verhandlungen

+ 21.02.: Saif al-Islam. Parlamentsmitglied Dschaballah asch-Schaibani erklärte, dass die Abhaltung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen nach dem Willen der Libyer erfolgen müssen. Dies sollte jeder respektieren. Der Teilnahme von Saif al-Islam Gaddafi und Khalifa Haftar an den Präsidentschaftswahlen stünden keine rechtlichen Hindernisse entgegen und das Parlament beabsichtige nicht, einen von beiden auszuschließen.
Der Versuch ausländischer Mächte, die Beiden bei Wahlen nicht zuzulassen, stelle eine Respektlosigkeit gegenüber der libyschen Bevölkerung dar. Auch Bathily müsse den Willen der Libyer respektieren.
Obwohl die Kandidatenliste bereits feststand, wurde diese auf Intervention der USA zurückgezogen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1628099490086256651

+ 21.02.: Stimmen aus dem Parlament. Der Parlamentarier Ali as-Sol sagte, dass die Bemühungen, nur Parlaments- und keine Präsidentschaftswahlen durchzuführen und den Präsidenten durch das Parlament wählen zu lassen nach dem Vorbild des irakischen und libanesischen Modells, obwohl dieses fehlgeschlagen sei, auf den Wunsch der Moslembruderschaft mit der Unterstützung der USA zurückgehe. As-Sol: „Wir werden diese Scharaden, die die USA betreiben, nicht zulassen, und die Libyer werden solche Pläne nicht akzeptieren. Wir lehnen US-amerikanische und regionale Pläne und Szenarien ab, die von der sogenannten internationalen Gemeinschaft angeführt werden. Man darf sich nicht auf die internationale Gemeinschaft verlassen, denn sie hat und wird die Krisen nicht lösen, sondern ihre imperiale Macht durchsetzen. Wir fordern die USA und die Länder, die sich in libysche Angelegenheiten einmischen, auf, dies zu unterlassen. Wir brauchen weder sie noch die internationale Gemeinschaft. Die Libyer sind in der Lage, sich zu versöhnen, um ihre politischen und sicherheitspolitischen Probleme selbst zu lösen.“
https://twitter.com/SaifFuture/status/1628066433614618627

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Neue US-amerikanische Pläne für Libyen: Präsidentschaftswahl absagen

Die USA versuchen, mit Hilfe ihrer Botschaft in Libyen einen neuen Entwurf der verfassungsrechtlichen Grundlage, auf deren Basis libysche Wahlen stattfinden sollen, durchzusetzen. Vorgesehen ist, die Präsidentschaftswahlen komplett zu streichen und nur Parlamentswahlen durchzuführen. Damit soll eine Kandidatur von Saif al-Islam Gaddafi verhindert und er von der politischen Bühne des Landes verbannt werden.

Wenn am 22. Februar in den USA das nächste 5+2+2-Treffen (USA, Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland / Vereinigte Arabische Emirate, Katar / Ägypten, Türkei) stattfindet, werden die USA versuchen, ihr neues Projekt für Libyen namens „Nationale Wahlen“ durchzusetzen. Das Nationale-Wahlen-Projekt der USA sieht vor, dass nicht – wie bisher beabsichtigt – der Präsident direkt vom Volk gewählt wird, sondern dass ausschließlich eine Parlamentswahl stattfindet und das Parlament anschließend den Präsidenten bestimmt. Damit hätte sich die Diskussion um zwei unliebsame Präsidentschaftskandidaten, in erster Linie Saif al-Islam Gaddafi aber in geringerem Umfang auch Khalifa Haftar betreffend, erledigt.  

Die geplanten Parlamentswahlen sollen dann bis Ende Oktober abgehalten werden – ohne die Gefahr, dass Saif al-Islam kandidieren und – geht man nach den Meinungsumfragen – auch gewinnen würde.

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