Sebha (Fessan) unter Kontrolle der LNA / UN-Beobachtermission für Libyen / Wahlen in weiter Ferne / Lockerbie / Saudi-Arabien und Katar ausgesöhnt

Militärische Lage

+ 03.01.: Sebha/Kämpfe. In der südlibyschen Stadt Sebha sind Kämpfe zwischen der LNA und Milizen der ‚Einheitsregierung‘ ausgebrochen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1345730560564584448

+ 04.01.: Sebha/LNA. Die LNA hat Sebha unter ihre Kontrolle gebracht. Die Lage in der Stadt soll ruhig sein.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1346121768734519298

+ 05.01.: Sebha/LNA. Das Generalkommando der LNA kündigte an, dass es gewaltsam gegen jeden vorgehen wird, der die Sicherheit und Stabilität von Sebha und den umliegenden Städten gefährdet. Es soll mit Geld aus Tripolis bezahlte Kräfte gegeben haben, die Sebha destabilisieren und ausländische Söldner rekrutieren sollten.
In Sebha kam es zu den Unruhen, nachdem sich der Innenminister der ‚Einheitsregierung‘, Fathi Bashagha, mit einer Gruppe der Tibu-Stämme getroffen hatte. Diese unterstützen den Gouverneur der südlichen Region, der mit dem Sarradsch-Loyalisten Ali Kana in Verbindung steht.
https://almarsad.co/en/2021/01/04/lna-general-command-lna-controls-sebhas-situation-after-bashagha-fuels-conflict/

+ 03.01.: Milizen. Die as-Samud-Brigade von Salah Badi (Miliz der ‚Einheitsregierung‘) überwirft sich mit dem Hattin-Bataillon und lehnt die im Rahmen des 5+5-Militärkommission beschlossene Wiedereröffnung der Straße zwischen Misrata und Sirte ab.
Seit November 2018 steht Badi wegen Destabilisierung des Landes auf der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrats.
https://libyareview.com/9294/gna-forces-refuse-to-reopen-misrata-sirte-road/

+ 06.01.: Frankreich/Militär. Laut ItalMilRadar sind französische Militärflugzeuge über Libyen im Einsatz.
https://www.itamilradar.com/2021/01/06/new-french-mission-off-libya/

UNO / Libysch-politisches Dialogforum (LPDF) / 5+5-Militärkommission

+ 06.01.: Guterres/Beobachtermission. UN-Generalsekretär Guterres hat vor dem UN-Sicherheitsrat seinen Vorschlag erneuert, internationale Beobachter in Libyen zu stationieren, um das Waffenstillstandsabkommen zu überwachen. Es solle „als erster Schritt ein Team in die Hauptstadt Tripolis geschickt werden, um die Grundlagen für einen skalierbaren UN-Mechanismus zur Überwachung des Waffenstillstands in Sirte zu schaffen.“ Die 5+5-Militär-Kommission (JMC) habe um die Entsendung von internationalen Beobachtern gebeten. Diese Beobachter würden unbewaffnet sein, keine Militäruniformen tragen und unter UN-Schirmherrschaft agieren. Er wies darauf hin, dass die Beobachter an der Seite gemeinsamer Beobachtungsteams der in Tripolis ansässigen ‚Einheitsregierung‘ und der im Osten ansässigen Übergangsregierung arbeiten würden. Guterres stellte fest, dass die libyschen Parteien die Entsendung von ausländischen Truppen, einschließlich uniformiertem Personal der UN, ablehnten. Er bekräftigte die Verpflichtung der UNO, die 5+5-Militärkommission bei der Durchsetzung des Waffenstillstandsabkommens zu unterstützen.
Guterres hatte vorgeschlagen, dass ein internationales Beobachterkomitee aus Zivilisten und pensionierten Militärs aus internationalen Gremien (AU/EU/AL) gebildet werden sollte.
https://libyareview.com/9381/un-secretary-general-reiterates-call-for-ceasefire-observers-in-libya/
Die sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ will in Libyen unbedingt einen Fuß in der Tür haben. Sonst könnten sich die Libyer ja untereinander einigen.

+ 06.01.: LNA/Beobachtermission. Der LNA-Sprecher al-Mismari begrüßte die Entscheidung der Vereinten Nationen zur Entsendung einer Beobachtermission, um das Waffenstillstandsabkommen in Libyen zu beobachten und die Wiedereröffnung der Küstenstraße zu überwachen. Die Priorität sei der Abzug der ausländischen Truppen und Söldner innerhalb der gesetzten 90-Tage-Frist ab dem 23.10.2020, wie im Genfer Abkommen festgelegt.
https://almarsad.co/en/2021/01/06/al-mismari-the-international-monitoring-mission-includes-civilians-and-military-officers/
Was passiert, wenn die Türkei ihre Söldner und das Militär nicht bis zum gesetzten Stichtag Ende Januar abzieht? Die Realität vor Ort sieht doch so aus, dass die Türkei ihre Militärpräsenz im westlichen Libyen weiter ausbaut.

+ 06.01.: LNA/Beobachtermission. LNA-Brigadegeneral Khalid al-Madschub sagte, die Entsendung internationaler Beobachter sei bei der 5+5-Militärkomission festgelegt worden und kein neuer Vorschlag. Er dementierte Gerüchte, nach denen die LNA gegen die Anwesenheit internationaler Beobachter sei.
https://almarsad.co/en/2021/01/06/mahjoub-international-monitoring-mission-not-new-idea-but-part-of-geneva-agreement/

+ 02.01.: Ausländische Einmischung. In einer Erklärung forderten insgesamt 36 der 74 LPDF-Mitglieder den UN-Sicherheitsrat auf, alle ausländischen Söldner des Landes zu verweisen und die türkischen Militärbasen in Libyen zu schließen sowie jegliche Art von ausländischer Einmischung im Land zu beenden. Sie betonten die Notwendigkeit, den Zustrom von Waffen und Söldnern in das nordafrikanische Land zu verhindern. Sie fügten hinzu, dass Waffenexporte und Söldner gegen das politische Abkommen und die Verfassungserklärung verstoßen und negative Auswirkungen haben, die das Land in weitere Konflikte ziehen. Die LPDF-Mitglieder riefen die politischen Eliten Libyens außerdem dazu auf, gemeinsam nach einvernehmlichen politischen Lösungen zu suchen, um die Einheit, Souveränität und Stabilität ihres Landes zu bewahren. Außerdem wurde die Bildung eines nationalen Versöhnungskomitees gefordert.
https://libyareview.com/9286/lpdf-members-call-on-un-to-expel-mercenaries-from-libya/

+ 02.01.: Beratungsausschuss. Das LPDF hat einen aus 18 Mitgliedern bestehenden Beratungsausschuss eingerichtet. Er soll Fragen in Zusammenhang mit der neu zu bildenden Exekutive erörtern.
https://libyareview.com/9298/unsmil-announces-establishment-of-lpdfs-advisory-committee/

+ 06.01.: Gefangenenaustausch. Unter Aufsicht der 5+5-Militärkommission erfolgte ein dritter Gefangenenaustausch. Die LNA tauschte 26 gefangene Milizionäre gegen 41 LNA-Soldaten.
https://libyareview.com/9395/lna-gna-prisoner-exchange-in-southern-libya/

+ 03.01.: Wahlen 24.12.2021. Laut dem Leiter der Hohen Nationalen Wahlkommission (HNEC), Emad ad-Din as-Sayeh hat die Wahlkommission eine Frist bis zum Juli 2021 gesetzt, um die Gesetze, die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen notwendig sind, einzubringen. As-Sayeh wies darauf hin, dass die Präsidentschaftswahlen mehr Zeit in Anspruch nehmen würden als die Parlamentswahlen.
https://libyareview.com/9316/head-of-libyas-elections-commission-sets-july-as-deadline-for-receiving-elections-law/
Was bedeutet die Aussage, dass Präsidentschaftswahlen mehr Zeit in Anspruch nehmen als Parlamentswahlen? Ist dies eine neuerliche Verzögerungstaktik bei Präsidentschaftswahlen? Nur Parlametnswahlen abzuhalten würde nichts weiter bedeuten als den momentanen Zustand weiter aufrechtzuerhalten: In Tripolis eine von der UN eingesetzte Regierung und im östlichen Libyen ein dazu in Opposition stehendes Parlament.

06.01.: Wahlen 24.12.2021. Ein Mitglied der Hohen Nationalen Wahlkommission (HNEC), Abdelhakim Belkhair sagte, dass die Kommission etwa 70% der für die Durchführung der Wahlen im Dezember 2021 erforderlichen Maßnahmen abgeschlossen hat. Allerdings reichen die bisher vorgesehenen Mittel in Höhe von zehn Millionen US-$ nicht aus, um alle Aufgaben zu erfüllen.
https://libyareview.com/9398/libyas-electoral-commission-complains-of-insufficient-funds/
Bis zum Dezember kann noch viel Unvorhersehbares passieren. Warum nicht sofort Wahlen? 2014 konnten sie auch durchgeführt werden.

+ 03.01.: Wahlen/Skepsis. Der Leiter der Organisation für politische Entwicklung, Dschamal al-Falah, sagte, dass die Libyer sich nach Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sehnen, um dem Chaos und dem Mangel an politischer Legitimität sowie der Spaltung des Landes ein Ende zu setzen. Allerdings sähen gewisse politische Kreise Wahlen kritisch, da sie durch faire und demokratische Wahlen von der öffentlichen Bühne verschwinden würden. Es seien dieselben Kräfte, die 2014 die Parlamentswahlen gekippt hätten. In die Versprechungen, Wahlen am 24.12.2021 abzuhalten, hat Falah wenig Vertrauen. Es hätte schon viele Wahltermine gegeben, die immer wieder verschoben wurden.
https://almarsad.co/en/2021/01/03/al-falah-those-who-overturned-the-2014-elections-will-also-impede-the-december-elections/

+ 06.01.: Russland/Gaddafi. Der stellvertretende russische Außenminister Sergei Werschinin forderte, die Gaddafi-Unterstützer in den innerlibyschen politischen Dialog einzubeziehen. Werschinin weiter: „… wenn die überwiegende Mehrheit der Libyer es für notwendig hält, Wahlen wie geplant abzuhalten, dann sollte es so sein. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass die Wahlen nicht das Ziel an sich sind, sondern dass sie in die dringend notwendigen Transformationen in Libyen eingebunden werden sollten, die eine echte nationale Versöhnung mit der Bewahrung der Integrität des Landes und der Bildung effizienter Machtinstitutionen erreichen sollen“.
https://de.rt.com/international/111335-moskau-gaddafi-unterstutzer-sollten-am/

Türkische Besatzung

+ 03.01.: Der ehemalige Offizier des französischen Verteidigungsministeriums und Militärexperte Delon Gauder erklärte gegenüber der Zeitung AlBayan, dass sowohl die UN als auch die internationale Gemeinschaft von Anfang an über Erdogans Ambitionen in Libyen informiert waren. Erdogan werde von seinen Ambitionen auch nicht abrücken, auch weil die Türkei in den letzten Jahren im westlichen Libyen viel Geld in Milizen investiert und für Korruptionszahlungen ausgegeben hat. Europäische Militärexperten gingen davon aus, dass die Türkei eine fraktionsübergreifende, mit leichten und mittleren Waffen ausgerüstete Miliz aufbauen will, die direkt der Befehlsgewalt von türkischen Militärs in Libyen unterstellt ist. Dies würde eine politische Lösung in Libyen stark behindern.
https://almarsad.co/en/2021/01/03/french-military-expert-erdogan-will-not-retreat-from-his-ambitions-in-libya-and-north-africa/

+ 02.01.: Syrische Söldner. Über 150 syrische Söldner haben Tripolis über den Mitiga-Flughafen in Richtung Istanbul verlassen.
https://libyareview.com/9305/218-news-syrian-mercenaries-sent-back-to-turkey-from-libya/

+ 05.01.: EU/Söldner. Der Sprecher der EU, Peter Stano, erklärte, dass eine politische Lösung in Libyen ohne einen umfassenden Waffenstillstand nicht zu erreichen sei: „Wir werden alles Notwendige tun, um einen Waffenstillstand in Libyen zu gewährleisten. Nicht akzeptieren können wir die dortige Anwesenheit von Söldnern und ausländischen Streitkräften“.
https://libyareview.com/9360/radio-france-abdel-hakim-belhaj-transported-mercenaries-to-libya/

+ 05.01.: Kurdinnen/Söldner. Die Abgeordnete der Demokratischen Volkspartei (HDP) in der Türkei, Tülay Hatimoğulları, hat in einer parlamentarischen Anfrage an den türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu Aufklärung über den Verbleib von hunderten kurdischen Frauen und Mädchen durch türkisch unterstützte Milizen im nordsyrischen Afrin gefordert. Laut Hatimoğulları wurden einige der entführten kurdischen Frauen als Sexsklavinnen für syrische Söldner in das westliche Libyen gebracht. In einem Bericht von Missing Afrin Women heißt es: „Mehr als 1.000 Frauen und Mädchen gelten allein in Afrin als vermisst, nachdem die Türkei vor zwei Jahren die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) im Rahmen der zweimonatigen Operation Olivenzweig aus der Region vertrieben hat.“ AlMarsad: „Die von der Türkei unterstützten Milizen, die für die Entführungen in Afrin verantwortlich sind, heißen Ahrar asch-Scharqiyah, Failaq asch-Scham, Hamza Division, Dschabhat asch-Schamiyah und Sultan Murad Division – sie alle haben ihre Männer nach Libyen geschickt, um die Milizen der ‚Einheitsregierung‘ zu unterstützen. Die Geschichten von Misshandlungen ähneln denen der jesidischen Frauen, die in die Hände des IS fielen“. Weder für libysche noch internationale NGO-Organisationen sei das Schicksal dieser Frauen ein Thema. Nur AFRICOM äußerte in seinem Bericht für den US-Kongress über den Zeitraum von April bis Juni 2020 Sorge, dass libysche Frauen sexuelle Übergriffe von Dschihadisten und Söldnern der Syrischen Nationalarmee (SNA) erleiden müssten.
Sexuelle Gewalt und Entführungen durch bewaffnete Gruppen bleiben ein angstbesetztes Tabuthema, da sie für die betroffenen Frauen mit Stigmatisierung verbunden sind. AlMarsad: „Die UNSMIL schweigt über die fortgesetzte und offene Entsendung syrischer Söldner und Terroristen durch die Türkei nach Libyen. Ihre Zahl hat 18.000 erreicht, und es gibt Berichte, dass noch mehr Söldner unterwegs sind.“
https://almarsad.co/en/2021/01/05/hatimogullari-kurds-kidnapped-from-northern-syria-transferred-to-syrian-militia-leaders-in-western-libya/
https://libyareview.com/9372/turkish-lawmaker-launches-inquiry-onto-kidnapped-kurdish-women-transported-to-libya/

+ 04.01.: Söldner. Laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte halten sich etwa 10.000 ausländische Dschihadisten in Libyen auf, darunter 2.500 mit tunesischer Staatsangehörigkeit. Unter den Söldnern der Ankara-treuen syrischen Fraktion seien knapp 500 getötet worden.
https://almarsad.co/en/2021/01/03/sohr-syrian-mercenaries-in-libya-seek-direct-payment-from-turkey/

+ 06.01.: Türkei/Besatzung. Der Politanalyst Muhammad asch-Scharif sagte, dass die Türkei weiterhin Söldner und Waffen nach Libyen liefert und die türkische Luftbrücke nach Tripolis, Misrata und zum al-Watiya Luftwaffenstützpunkt weiter ausbaut. „Die Sicherheitslage im Westen Libyens ist fragil, und Erdogan nutzt diese Situation aus, indem er Waffen an terroristische Organisationen liefert.“ Sollte es nicht gelingen, dies zu stoppen, „wird es zu einer bewaffneten Konfrontation zwischen Libyern und diesen Söldnern kommen.“
https://almarsad.co/en/2021/01/06/al-sharif-turkey-turns-western-libya-into-mercenary-garrison-and-arms-depot/

05.01.: Belhadsch. Der französische Sender RFI berichtete, dass Abdelhakim Belhadsch, Vorsitzende der Al-Watan-Partei und Anführer der als terroristisch eingestuften Libyschen Islamischen Kampfgruppe (LIFG), mit seiner Fluglinie Libyan Wings Airlines daran beteiligt war, im Auftrag Erdogans syrische Söldner nach Libyen zu fliegen. Mit Libyan Wings sollen tausende syrischer Söldner und Dschihadisten nach und von Libyen transportiert worden sein. Die Libyan Wings Airline Company bestreitet jedoch, mit Abdelhakim Belhadsch in Verbindung zu stehen.
Belhadsch wird seit 2019 vorgeworfen, mit dem türkischen Geheimdienst zusammenzuarbeiten. Gegen ihn und Ibrahim al-Dschadhran liegen Haftbefehle der libyschen Generalstaatsanwaltschaft vor. Der Vorwurf lautet, in Libyen an Anschlägen, Verbrechen und der Führung bewaffneter Gruppen beteiligt gewesen zu sein.
Es wird vermutet, dass Belhadsch eng mit Mahdi al-Harati zusammenarbeitet, dem irisch-libyschen ehemaligen Bürgermeister von Tripolis, der seit seiner Beteiligung an Waffenlieferungen an syrische Milizen im Jahr 2011 enge Verbindungen zu den syrischen Gruppierungen hatte. Harati hatte in Syrien eine Miliz namens Liwa al-Umma gegründet und soll für die Ausbildung von Erdogans Söldnern und ihre Verlegung nach Libyen verantwortlich sein.
https://almarsad.co/en/2021/01/05/rfi-radio-highlights-belhajs-role-in-transporting-mercenaries-to-libya/

Migration

+ 03.01.: Malta. Nachdem 169 illegale Einwanderer aus libyschen Gewässern gerettet wurden und andere Schiffbrüchige aus maltesischen Gewässern, verweigerten die maltesischen Behörden die Aufnahme von 56 Kindern, darunter viele ohne Begleitung.
https://libyareview.com/9321/malta-rejects-migrants-from-fleeing-libya/

04.01.: Italien/Aufnahme. Italien gestattete dem spanischen Schiff Open Arms, 265 Migranten in Sizilien auszuschiffen.
https://libyareview.com/9352/hundreds-of-migrants-arrive-in-italy-from-libya/

05.01.: Rückführung. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Libyen gab bekannt, dass in nur 24 Stunden mehr als 160 Migranten abgefangen und nach Libyen zurückgebracht wurden.
Insgesamt wurden mindestens 11.891 illegale Einwanderer, darunter 811 Frauen und 711 Kinder, im Mittelmeer abgefangen und nach Libyen zurückgebracht. Schätzungsweise 316 Migranten sind gestorben, weitere 417 sind auf See verschollen. Tausende von Migranten werden weiterhin in überfüllten Haftzentren festgehalten, trotz wiederholter internationaler Aufrufe, diese Zentren zu schließen.
https://libyareview.com/9337/iom-illegal-migrants-returned-to-libya/

Verschiedenes

03.01.: Lockerbie. In der TimesOfIsrael schreibt John Holt, ehemaliger CIA-Führungsoffizier von Abdul Madschid Giaka: „Ich weiß, dass Libyen nicht hinter dem Bombenanschlag steckt, weil ich der langjährige Betreuer des Hauptzeugen der US-Regierung, Abdul Madschid Giaka, war, einem libyschen Agenten, der in den zwei Jahren nach dem Bombenanschlag nie irgendwelche Beweise beibrachte, die auf Libyen hinwiesen. Es gab keinen Anhaltspunkt dafür, dass er etwas über die Beteiligung dieses Landes wusste. Dennoch sagte er Jahre später gegen den verurteilten libyschen Geheimdienstoffizier Abdel Basset al-Megrahi im Lockerbie-Bombenanschlag (Pan Am 103) Prozess in Den Haag im Jahr 2000 aus. Die US-Regierung verhinderte meine Aussage und unterdrückte die Kabel, die ich schrieb und die bewiesen, dass Giaka nichts wusste. Als meine Schreiben schließlich auf Antrag der Verteidigung für den Prozess freigegeben wurden, verabschiedete das Gericht Giaka zusammen mit den beiden CIA-Operationsoffizieren, die zum Prozess geschickt wurden, um Giakas Glaubwürdigkeit zu bezeugen. Doch heute geht die Scharade weiter. Das FBI räumt ein, dass sie Herrn Masud nicht einmal selbst befragt hat und alles von einer acht Jahre alten Aussage eines ungenannten libyschen Polizeibeamten aus einem Land abhängt, das sich mitten in einem verheerenden Bürgerkrieg befindet.“
https://blogs.timesofisrael.com/im-a-former-cia-agent-iran-was-behind-lockerbie-and-should-be-made-to-pay/
https://www.timesofisrael.com/who-made-the-bomb-the-full-truth-about-the-lockerbie-bombing-has-yet-to-be-told/
Dass Israel daran Interesse hat, Iran wieder ins Zentrum der Lockerbie-Aufmerksamkeit zu rücken, ist wohl weniger der Wahrheitsliebe als ihrer Feindschaft mit dem Iran geschuldet. Die Rolle der westlichen Geheimdienste soll vermutlich weiterhin im Verborgenen bleiben. Geheimdienstler lüften immer nur so viel an Wahrheit, wie politisch opportun erscheint oder nicht mehr zu unterdrücken ist.

John Holt macht den Iran für den Lockerbie-Anschlag verantwortlich und fordert, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Der Iran habe eine Vergeltung ausgeübt für den Abschuss eines Zivilflugzeugs der Iran Air im Persischen Golf durch den Lenkwaffenkreuzer USS-Vincennes der US-Marine, bei dem 290 Menschen ums Leben kamen.
Doch wer macht die USA für den Abschuss dieser iranischen Maschine verantwortlich? Angeblich sei der Abschuss nur versehentlich passiert. Versehentlich mal 290 Menschen umgebracht? Und selbst wenn es keine Absicht war, spricht das nicht von der Verantwortung frei für den Tod von fast dreihundert Pilgern, die auf den Weg nach Mekka waren. Machen die USA etwa Libyen auch deshalb für Lockerbie verantwortlich und nicht den Iran, weil sie damit auch von der Aufarbeitung ihrer Schuld bei dem Abschuss der iranischen Maschine ablenken? Die US-Regierung weigerte sich nämlich nicht nur, sich beim Iran zu entschuldigen, sondern belog bei der offiziellen Untersuchung den Kongress und zeichnete den Luftkriegskoordinator des Schiffes mit einem Belobigungsorden für seine heldenhafte Leistung aus. Die USA behaupteten, in internationalen Gewässern unterwegs gewesen zu sein, während sie sich tatsächlich im territorialen Gewässern des Irans bewegten. („Trail Of The Octopus – Behind the Lockerbie Desaster“, Donald Goddard with Lester K. Coleman, GB 1993). Der iranische Innenminister Ali Akbar Mohtashemi soll daraufhin den Racheakt geplant und sich zu diesem Zweck am 9. Juli 1988 mit Ahmed Dschibril, dem Chef der
Popular Front for the Liberation of Palestine – General Command (PFLP-GC) in Teheran getroffen haben.
Der Iran habe dann mit Hilfe von Marwan Khreesat, dem Bombenbauer der PLO, den Lockerbie-Anschlag verübt. Khreesat, der 2016 starb, war in Deutschland verhaftet, aber kurz darauf wieder freigelassen worden. Es sei unklar, ob Khreesat ein für den deutschen oder den jordanischen Geheimdienst arbeitender Agent war. Hier kommt Lester K. Coleman ins Spiel, ebenfalls ein ehemaliger CIA-Agent, der die Verbindungen zwischen libanesischen Drogenschmugglern und dem US-Geheimdienst DEA öffentlich machte („Trail Of The Octopus“). Laut Coleman gingen Heroinlieferungen mit Wissen und Hilfe von US-Geheimdiensten vom Libanon via Frankfurt und London in die USA und auf diesem Weg soll auch der Lockerbie-Bombenkoffer in das Flugzeug geschmuggelt worden sein. Dschibril konnte sich auf die Hilfe von dschihadistischen Gruppen in Frankfurt verlassen, darunter Arbeiter der Gepäckaufbewahrungsstelle am Flughafen, die Erfahrung hatten mit dem Durchschmuggeln von Drogenkoffern. Unter den Lockerbie-Toten befanden sich mindestens zwei, wahrscheinlich sogar fünf und mehr US-amerikanische Geheimdienstleute. Ebenfalls an Bord
war ein DEA-libanesisch-amerikanischer Kurier, der vorher im Rahmen der verdeckten Operationen wenigstens drei kontrollierte Heroinlieferungen nach Detroit ausgeführt hatte.

+ 03.01.: Entführung. Der Direktor des Medienbüros der Verwaltungskontrollbehörde, Emad al-Mazoughi, wurde in Tripolis von Bewaffneten entführt. Al-Mazoughi soll beabsichtigt haben, die Namen von in Korruptionsfälle verwickelten Personen zu veröffentlichen.
Ein im November 2020 erfolgter Angriff auf das Büro der Verwaltungskontrollbehörde in Tripolis konnte damals abgewehrt werden. Im Oktober 2020 wurde der Leiter des libyschen Medienbüros, Mohamed Baio, in Tripolis von der Tripoli Revolutionaries Brigade (TRB) entführt und erst nach internationalen Protesten wieder freigelassen.
https://libyareview.com/9301/gna-official-kidnapped-in-libyan-capital-tripoli/

+ 06.01.: Streik. Mitglieder der Petroleum Facilities Guard (PFG) im Ölhafen von Hariga (bei Tobruk) haben einen Tanker an der Einfahrt gehindert, um gegen die seit einem Jahr ausstehenden Gehaltszahlungen zu protestieren.
https://libyareview.com/9365/pfg-prevent-tanker-from-entering-tobruk-port/

+ 06.01.: Terrorismus. Bei dem Terroristen, der im Juni 2020 drei Zivilisten im englischen Reading, erstochen hat, handelt es sich um den Libyer Khairi Saadallah. Er hatte 2011 am Krieg gegen Gaddafi teilgenommen und erhielt 2018 in Großbritannien einen Flüchtlingsstatus. Saadallah hat sich vor Gericht zu der Tat bekannt.
https://libyareview.com/9379/libyan-involved-in-reading-murders-pleads-guilty/

+ 03.01.: Russland. Drei russische Seeleute und ein Ukrainer, die vor etwa zwei Wochen im westlichen Libyen gefangen genommen worden waren, nachdem sie mit einer Segelyacht in die libyschen Hoheitsgewässer eingedrungen waren, wurden freigelassen und nach Moskau ausgeflogen. Die Seeleute, die keine Ausweispapiere mit sich führten, behaupten, dass sie gefoltert wurden.
https://twitter.com/Ambrey_Intel/status/1346016724492148736

+ 05.01.: USA/Al-Kaida. RT schreibt: „Der Vorsitzende des Finanzausschusses im US-Senat Chuck Grassley hat einen Bericht veröffentlicht, wonach die evangelikale Entwicklungshilfeorganisation World Vision United States im Jahr 2014 mit Billigung der Obama-Regierung illegal Geschäfte mit einer al-Qaida nahestehenden Organisation tätigte.“ Diese Organisation stand bereits auf einer Sanktionsliste.
https://de.rt.com/nordamerika/111318-obama-administration-soll-al-qaida/

+ 05.01.: Saudi-Arabien/Katar. Das Ende des Embargos gegen Katar wurde beschlossen. Saudi-Arabien wird seine Grenze und den Luftraum zu Katar wieder öffnen, Kuweit, VAE und Ägypten das Embargo gegen Katar aufheben.
Im Juni 2017 hatten Saudi-Arabien, die VAE, Bahrain und Ägypten Katar vorgeworfen, den Terrorismus zu unterstützen und der Islamischen Republik Iran nahezustehen. Es folgte eine Blockade des Golfstaates zu Lande, zur See und in der Luft. Katar stritt die Vorwürfe stets ab.
https://de.rt.com/der-nahe-osten/111362-ende-des-embargos-gegen-katar-beschlossen/
Die arabischen Länder befürchten eine Neuausrichtung der Nahostpolitik durch Biden, seine Wiederannäherung an den Iran, und rücken enger zusammen.

+ 05.01.: Golfkooperationsrat. Alle sechs Delegationen des Golf-Kooperationsrates (GCC) unterzeichneten im saudi-arabischen al-Ula das Abschlusskommuniqué und die Al-Ula-Erklärung, die sich eindeutig gegen den Iran positioniert.
https://english.alarabiya.net/en/News/gulf/2021/01/05/Transcript-Saudi-Arabia-s-Crown-Prince-s-full-speech-at-AlUla-GCC-Summit
Eine Erklärung, warum sich die arabischen Golfstaaten einschließlich Katar wieder eng zusammenschließen, liefert Thierry Meyssan. Die arabischen Länder befürchteten, dass der neue US Präsident Biden wieder mit dem iranischen Präsidenten Rohani kooperiert. Es geht dabei um die Kontrolle des Nahen Ostens; diese Aufgabe will die USA wieder an den Iran delegieren. Nach dem Sturz des Schahs sei die Rolle des „Regionalpolizisten“ an den Irak und dann an Saudi-Arabien übergegangen. Dies solle sich wieder ändern. Biden könnte die Bildung eines regionalen iranischen Reiches in der Levante und eines türkischen Regionalreichs im Kaukasus fördern, beides auf Kosten Russlands. Rohani sei ein langjähriger Partner Israels, gute, alte Bekannte seit der Iran-Contra-Affäre, und habe sich während seines Wahlkampfes als Verfechter des Finanzkapitalismus dargestellt sowie erklärt, dass der Iran aufhören müsse, ausländische Revolutionäre zu finanzieren, auch wenn sie Schiiten wie die libanesische Hisbollah seien. Damit stellt er sich diametral gegen die von Revolutionsführer Khomeini vertretene Politik, nach der das „angelsächsische Imperium“ in der Region beendet werden müsse. Der von den USA ermordete General Soleimani war ein Hauptrivale Rohanis. Auch die Revolutionsgarden stehen in Opposition zu Rohani.
https://www.voltairenet.org/article211901.html

+ 06.01.: Golfkooperationsrat/Libyen. Die Staats- und Regierungschefs der Länder des Golf-Kooperationsrates (GCC) haben in ihrer Abschlusserklärung des 41. Gipfeltreffens ihre Hoffnung auf den Erfolg des politischen Dialogs zwischen den libyschen Konfliktparteien und ihre Unterstützung für den Waffenstillstand ausgedrückt.
https://almarsad.co/en/2021/01/06/6521/
Was bedeutet die Aussöhnung zwischen Saudi-Arabien/VAE und Katar, die bisher auf unterschiedlichen Seiten standen, für den weiteren Verlauf des Libyenkonflikts? Wie gestaltet sich das weitere Verhältnis Katars mit der Türkei?

FILM

Killing Gaddafi – Jagd auf den Diktator“ (44 Min.; Sunset Presse in Zusammenarbeit mit France Télévisions; Idee: Armaud Hamelin/Nicolas Glimors)
Bis 27.12.2021 in der Mediathek von ZDF-Info abrufbar
.
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/killing-gaddafi-jagd-auf-den-diktator-102.html
Unmissverständlich belegt diese Dokumentation, dass der Nato-Krieg gegen Libyen „mit teils falschen Propaganda-Informationen begründet wurde“. Hingewiesen wird auf die Rolle der Medien, die durch Übertreibungen und Falschaussagen den Krieg befeuerten, während bis heute keine Beweise für Gräueltaten durch das libysche Militär vorliegen. So bezeugt der italienische General Camporini, dass beispielsweise ein ganz normaler Friedhof als Massengrab dargestellt wurde. Ausländische Söldner wurden 2011 allein zu dem Zweck erfunden, die Öffentlichkeit Glauben zu machen, die libysche Bevölkerung stünde nicht hinter Gaddafi. Insgesamt geht aus dem Film klar hervor, dass 2011 eine gutorganisierte Desinformationskampagne stattfand. So verstieg sich der damalige libysche Oppositionelle Dschalil zu der Behauptung, es würden eine halbe Million Tote befürchtet, Ali Zeidan sprach immerhin noch von 6.000 Toten. Für keine dieser Aussagen gab es damals eine Bestätigung durch die Geheimdienste, ebenso wenig wie heute.
Im Film kommen Kritiker des Nato-Krieges zu Wort wie der Experte für US-Militäreinsätze Alan Kuperman, der ehemalige US-Kongressabgeordnete Dennis Kucinich, der den Angriffskrieg gegen Libyen für ein Kriegsverbrechen hält, die Mitarbeiter der International Crisis Group Hugh Roberts und Ivo Daalder, der britische Abgeordnete und Vorsitzende der Untersuchungskommission zum Militäreinsatz in Libyen Crisp Blunt, die AI-Mitarbeiterin Donatella Rovera, der italienische General Vincenzo Camporini, aber auch Befürworter, die immer noch mit fragwürdigen Behauptungen den Krieg gutheißen, wie z.B. der damalige französische Außenminister Alain Juppé und der französische Botschafter in Libyen, Francois Gouyette, der damalige italienische Außenminister Franco Frattini, der libysche Außenminister der ‚Einheitsregierung‘ Mohamed Siala. Auch Ramadan Zermoha, 2011 Chef der sogenannten ‚Aufständischen, der anschließend mit dem Botschafterposten in Rom belohnt wurde, darf behaupten, dass Gaddafi bei einem Schusswechsel ums Leben gekommen sei. Dagegen existieren auf Youtube Videos, die zeigen, dass der Oberst auf grausamste Art und Weise gepfählt wurde.
Auch wenn der Film nur oberflächlich an den wahren Motiven für den Krieg gegen Libyen kratzt, ist er sehenswert.