Dabaiba und Haftar: Brüder im Geiste

Alle wollen ihr Stück vom libyschen Kuchen, egal ob Türkei, Italien, Frankreich, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Russland. Bei dieser Leichenfledderei sind die willfährigen Helfer im westlichen Libyen die Dabaiba-‚Regierung‘, im östlichen Libyen der militärische Machthaber Khalifa Haftar. Beide gehorchen ihren ausländischen Protegés und setzen deren militärische und wirtschaftliche Interessen mit Hilfe ihrer Streitkräfte und Milizen durch.

Seit dem Besuch der russischen Militärdelegation am 22. August 2023 in Bengasi ist auch Moskau verstärkt mit von der Partie. Es wurden ihm von Khalifa Haftar nun ebenfalls Stützpunkte an der libyschen Mittelmeerküste zugesagt, so soll der Militärstützpunkt von Sirte (Gardabiya) an Wagner/Russland übergeben werden. Der Hafendirektor von Sirte, Mohamed as-Siwi bestätigte, dass die im Hafen anwesenden Haftar-Militärs gebeten hätten, den Hafen zu räumen, um ihn Wagner/Russland zu übergeben. Wagner befindet sich auch auf dem Luftwaffenstützpunkt von Sirte namens Gardabija. Dies bestätigen Satellitenaufnahmen.

Auch die Übernahme von Bomba Bay, ganz im Nordosten Libyens, mit Anlegestellen für U-Boote, durch die Wagner-Gruppe wurde bestätigt.

Russland versucht sein Einflussgebiet im Mittelmeer und in Richtung Subsahara auszubauen und das Vordringen der Türkei und der Nato-Staaten in die östlichen und zentralen Gebiete Libyens zu verhindern. Sirte, das an der langen Mittelmeerküste Libyens etwa in der Mitte liegt, ist dabei von hoher strategischer Bedeutung. Frankreich klammert sich an Libyen, nachdem seine Position in Afrika immer schwächer wird, und setzt auf ein Aufmarschgebiet in die Sahara- und Sahelländer.

Mit der Überlassung von Stützpunkten an Frankreich im Süden und Wagner/Russland im zentralen und nordöstlichen Libyen versucht sich Khalifa Haftar seine Herrschaft über das östliche und zentrale Libyen zu sichern. Das westliche Libyen ist fest in Nato-Hand. Die Dabaiba-‚Regierung‘ sichert sich so die Anerkennung und Unterstützung durch die westlichen Regierungen und die UNO.

In einem sind sich der Dabaiba-Clan und der Haftar-Clan allerdings einig: Die Einnahmen aus den Erdöl- und Erdgasexporten werden brav geteilt. Es könnte für sie gar nicht besser laufen.

All dies steht im krassen Gegensatz zu dem von der UNO geforderten Rückzug aller ausländischen Streitkräfte, Militärs und Söldner aus Libyen.

Und die USA? Sie überwachen Libyen von ihrem Militärstützpunkt im Niger aus, von dem ihre Drohnen starten. Die Militäraktionen in Afrika werden von AFRICOM (United States Africa Command) geleitet, das seinen Sitz im deutschen Stuttgart hat. Bis auf einige Sonderkommandos dürften die USA keine militärischen Standorte in Libyen direkt besetzt halten. Man weiß ja: Die USA lassen kämpfen – und sterben.

Und so sieht der Ausverkauf Libyens konkret aus (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Militärstützpunkte in von Milizen der Dabaiba-‚Regierung‘ kontrollierten Gebieten:

  • Luftwaffenstützpunkt al-Watija (Uqba bin Nafeh) – Türkei
  • Hafen von al-Chums – Türkei
  • Hafen von Tripolis (Abu Sitta) – Türkei
  • Luftwaffenstützpunkt von Tripolis – Italien

Militärstützpunkte in von Milizen und der LNA unter dem Haftar-Clan kontrollierten Gebieten:

  • Militärstützpunkt von Bengasi (al-Khadim) – Vereinigte Arabische Emirate (VAE)
  • Militärstützpunkt Tobruk – Ägypten
  • Militärstützpunkt al-Wig (südwestliches Libyen) – Frankreich
  • Luftwaffenbasis al-Dschufra (zentrales Libyen) – Wagner/Russland
  • Luftwaffenstützpunkt von Sirte (Gardabija) – Wagner/Russland
  • Hafen von Sirte – Wagner/Russland
  • Hafen von Bomba Bay (U-Boot-Anlegeplatz) bei Derna – Wagner/Russland

Auf diese Weise vergrößert sich die Gefahr immer mehr, dass der verfeindete westliche und östliche Block auf libyschem Gebiet einen neuen Stellvertreterkrieg entfachen.

Von den Interessen Libyens und seiner Bevölkerung könnte dieser Ausverkauf nicht weiter entfernt sein. Wenn dem kein Einhalt geboten wird, rückt ein souveränes, geeintes Libyen, wie es sich die Bevölkerung zu ihrem eigenen Wohle wünscht, in immer weitere Ferne.

Es wäre an den Vereinten Nationen, zusammen mit Libyen, aber ohne die von der Besatzung profitierenden, jetzigen politischen Kräfte, umgehend einen Plan für einen schrittweisen, ausgewogenen Abzug aller ausländischen Streitkräfte und Söldner in Libyen zu entwickeln. Die bisherigen Appelle sind reine Lippenbekenntnisse.