Unter dem Titel „Frankreich versucht, Libyen zu teilen“ erschien am 25. Mai 2022 auf MondAfrique ein Artikel, der über die für Libyen höchst gefährlichen Umtriebe Frankreichs berichtet. Dem Artikel zufolge hält sich eine elfköpfige libysche Delegation, die den Fessan – also den Süden Libyens – repräsentiert, unter der Leitung von Ali Zeidan derzeit in Frankreich auf. Die Delegation hat die Federführung bei einer Konferenz, die sich hauptsächlich mit dem Vorschlag einer föderativen Aufteilung Libyens in die drei Teile Kyrenaika (Osten), Tripolitanien (Westen) und dem Fessan (Süden) beschäftigt.

Wie MondAfrique schreibt, betreibt Frankreich ein Doppelspiel. Zum einen erkennt sie die GNU-Regierung unter Dabaiba an – die immer noch mit Hilfe einiger von ihr finanzierter Milizen Tripolis kontrolliert – und unterhält zu ihr gute Beziehungen, zum anderen unterstützt das französische Außenministerium im östlichen Libyen den Oberkommandierenden der Libyschen Nationalarmee (LNA), Generalfeldmarschall Khalifa Haftar.

Die LNA hatte 2019 versucht, die Milizen aus der libyschen Hauptstadt Tripolis zu vertreiben, war allerdings durch das massive Eingreifen des Nato-Mitglieds Türkei, das seither einen Teil Westlibyens besetzt hält, zum Rückzug gedrängt worden. Die LNA beherrscht allerdings immer noch den Westen und Süden des Landes mit den größten Erdöl- und Erdgasfeldern sowie den wichtigsten Verladehäfen.

Es wurde Ende 2020 zwischen den militärischen Kräften im Osten und im Westen Libyens ein Waffenstillstandsabkommen vereinbart, dass augenblicklich am Zerbrechen ist, da die für den Dezember 2021 angesetzten Wahlen vom damaligen Premierminister Dabaiba nicht durchgeführt wurden und er sich selbst – trotz gegenteiliger Vereinbarungen – zur Wahl gestellt hatte. Sehr zum Missfallen der westlichen Länder, allen voran die USA und Großbritannien, war von den zuständigen libyschen Behörden auch Saif al-Islam Gaddafi, der Sohn des 2011 ermordeten Oberst Muammar Gaddafi, mit besten Erfolgsaufsichten zur Wahl des Präsidentschaftskandidaten zugelassen worden. Die Abhaltung von Wahlen wird den Libyern immer als Ziel vor die Nase gehalten, ist es doch ein probates Mittel, auf Zeit und immer wieder auf Zeit zu spielen und so doch nur zu erreichen, dass sich nichts, aber auch gar nichts in Libyen ändert und die von den ausländischen Mächten eingesetzten, willfährigen Marionetten an der Macht bleiben.

Nachdem es nun für die westlichen Player in Libyen wieder einmal eng wird, da das libysche Parlament ihren Mann Dabaiba seines Amtes enthoben und dafür eine neue Regierung unter Baschagha eingesetzt hat, das libysche Erdöl- und Erdgas, das aufgrund des gegen Russland verhängten Embargos immer rarer und teurer wird, dringend gebraucht würde, aber die libyschen Anlagen geschlossen wurden, und weil überhaupt immer mehr afrikanische Länder nicht mehr gut Freund mit dem Westen sein wollen, wird das seit 2011 vom Westen präferierte Vorhaben einer Zerschlagung Libyens in drei Teile ins Gespräch gebracht. Als Konferenzkoordinator bei der nun in Paris stattfindenden Konferenz tritt Ali Zeidan auf, unterstützt von Mansur Saif an-Nasr, einem ehemaligen libyschen Botschafter in Frankreich.

Ali Zeidan war vor 2011 Mitglied der Nationalen Front für die Rettung Libyens (NFSL), die im In- und Ausland terroristische Anschläge durchführte und deren Ziel der Sturz Gaddafis war. 2011 war Zeidan eine der Hauptquellen bei den falschen Anschuldigungen gegen Gaddafi, als behauptete, Gaddafi würde die Zivilbevölkerung bombardieren, was zu der für Libyen so verhängnisvollen Flugverbotszone führte. Anschließend gehörte Zeidan zu den führenden Köpfen der Übergangsregierung 2011 und war von 2012 bis 2014 Ministerpräsident. Belegt sind seine Treffen mit der Familie al-Libby, der eine führende Rolle bei Terroranschlägen von US-Botschaften in Tansania und Kenia nachgesagt wird. Wegen illegaler Ölverschiffungen wurde Zeidan im März 2014 per Misstrauensvotum vom Parlament abgesetzt, daneben wurden ihm Korruption und Misswirtschaft vorgeworfen. Nach seinem Besuch in der Fessan-Stadt Sebha im Juli 2017 kam es zu Protesten, weil er die Teilung Libyens propagierte. Ali Zeidan, der auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wird bei Bedarf vom Westen immer wieder aus dem Hut gezaubert.

Bei einer Aufteilung Libyens würde der Fessan unter französischen Einfluss geraten. Dies war schon immer Frankreichs Traum, denn es hätte dann militärischen Zugriff auf die südlichen Grenzgebiete zum Tschad und zum Niger, die bereits enge Verbündeter Frankreichs sind und zu dessen Einflussgebieten gehören. Dies ist gerade auch jetzt von Bedeutung, nachdem Mali Frankreich praktisch aus seinem Staatsgebiet hinausgeworfen hat.

Niger ist insbesondere durch die dortige Förderung von Uran durch französische Firmen für Frankreich von Wichtigkeit, das seinen Energiebedarf zum Großteil aus Atomkraft deckt. Gleichzeitig sind im Süden Libyens und in den Grenzgebieten inklusive des Tibesti-Gebirges wichtige Förderstätten von Gold und anderen Rohstoffen. Eine weitere Militarisierung von Sahara und Sahel wären die unausweichliche Folge, gelänge es Frankreich, seinen Einflussbereich auf den Fessan auszudehnen und sich in diesen Gebieten militärisch festzusetzen. Thierry Meyssan schreibt dazu:  „Ein Krieg in der Sahelzone wird kein Problem sein: Er wird die Großmächte verschonen und nur afrikanische Opfer fordern. Er wird so lange dauern, solange man ihn unterhalten wird, und kein Verbündeter wird sich erlauben zu bemerken, dass dieser Konflikt erst existiert, seitdem die Verbündeten Libyen überfallen und zerstört haben. Alles kann so weitergehen wie bisher: Für einen Teil der Menschheit wird die Welt unipolar bleiben, mit Washington als Zentrum.“

Schon während des letzten Weltkriegs war Frankreich an einem französischen Fessan, der 1942 von General Leclerc besetzt wurde, interessiert. Ein riesiges Sahara-Territorium wäre somit Teil der französischen Kolonialgebiete in Afrika geworden. Allerdings wurde im Friedensvertrag vom 10. Februar 1947 mit Italien Frankreich gezwungen, die Eingliederung des Fessan in den neuen monarchischen Staat „Vereinigtes Königreich Libyen“, der am 24. Dezember 1951 proklamieret wurde, anzuerkennen. Bis dahin standen alle drei Landesteile unter britischer und französischer Verwaltung. Frankreich konnte seinen Einfluss in Libyen allerdings durch ein im August 1955 mit König Idriss geschlossenes Abkommen beibehalten, das ihm die Ausbeutung der Bodenschätze für einen Zeitraum von zwanzig Jahren erlaubte. Frankreich verlegte im Gegenzug seine Truppen in den Tschad.

Muammar al-Gaddafis Revolution im Oktober 1969 beendete die kolonialen Ausbeutungsträume Frankreichs im Fessan, die seit 2011 wiederbelebt werden. Frankreich sieht eine neue Chance, sich in guter alter Kolonialmanier seinen Einfluss auf das südliche Libyen und dessen Bodenschätze zu sichern.

Es sollte aufhören zu träumen.

 

https://www.voltairenet.org/article217026.html

https://mondafrique.com/la-france-tentee-par-une-partition-de-la-libye/