Solidarität mit dem im Libanon hungerstreiken Hannibal al-Gaddafi / Angeblicher Drohnenangriff auf Wagner-Kräfte / Wahlen faktisch abgesagt / Parlamentsregierung fordert gerechte Aufteilung der Öleinnahmen
Hannibal al-Gaddafi/Hungerstreik
+ 26.06.: Präsidialrat. In einem dringenden Appell an die libanesischen Behörden hat der libysche Präsidialrat die sofortige und bedingungslose Freilassung von Hannibal al-Gaddafi, dem Sohn des ermordeten Staatschefs Muammar Gaddafi, gefordert. Es gebe keinen Grund für die fortgesetzte Inhaftierung von Hannibal al-Gaddafi im Libanon, dessen Beamte für das Leben und die Sicherheit von Hannibal verantwortlich seien.
Hannibal, der sich seit acht Jahren ohne Anklage und ohne Gerichtsverhandlung in einem libanesischen Gefängnis gefangen gehalten wird, befindet sich im Hungerstreik. Über dessen verschlechternden Gesundheitszustand hat sich auch sein Bruder und libyscher Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi äußerst besorgt gezeigt. Ein libysches Komitee beobachtet die weitere Entwicklung.
https://libyareview.com/35607/libyas-presidential-council-calls-for-release-of-hannibal-gaddafi/
Siehe auch: https://gela-news.de/hannibal-al-gaddafi-in-einem-libanesischen-gefaengnis-im-hungerstreik
+ 29.06.: Italienisch-Arabische Freundschaftsgesellschaft. Die Italienisch-Arabische Freundschaftsgesellschaft hat die sofortige Freilassung von Hannibal Gaddafi gefordert und mit einer internationalen Klage gegen die libanesischen Behörden gedroht. In einer Erklärung heißt es: „Die libanesische Justiz muss eine positive Rolle spielen und darf nicht zulassen, dass diese Maßnahme persönlichen oder parteipolitischen Zielen dient“. Hannibals Inhaftierung sei eine „politische und illegale Geiselnahme“ und verstoße gegen die Menschenrechte. Daneben werde sie für den Libanon weitere Probleme erzeugen und zu internationalen Gerichtsverfahren führen. Man sei überrascht von diesem Vorgehen, dass sich gegen jemanden richte, der zwei Jahre alt war, als Musa as-Sadr verschwand. „Die weitere Inhaftierung von Hannibal könnte den Ruf des Libanon und die Integrität seiner Justiz in internationalen Foren aufs Spiel setzen.“ Die libanesische Justiz müsse eingreifen und Hannibal al-Gaddafi frei lassen.
https://libyareview.com/35672/italian-arab-association-demands-release-of-hannibal-gaddafi/
Wagner-Gruppe in Libyen und Afrika
+ 28.06.: Russland/Wagner. Der deutsche Politikwissenschaftler, Wolfram Lacher, glaubt, dass die Vorgänge in Russland um das private Militärunternehmen Wagner von Prigoschin keinen Einfluss auf die Arbeit von Wagner in Libyen haben. https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/wagner-truppe-libyen-100.html
Im östlichen und südlichen Libyen ist Wagner auf Militärstützpunkten präsent und bewacht Erdöl- und Erdgasanlagen.
+ 29.06. Wagner/al-Khadim/LNA. Drohnen unbekannter Herkunft sollen angeblich eine Stellung der Wagner-Gruppe auf dem Luftwaffenstützpunkt al-Kharuba (al-Khadim) angegriffen haben, der sich 150 Kilometer südöstlich von Bengasi befindet. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen. Bei den Drohnen soll es sich um türkische Bayraktar Akıncı-UAVs handeln. Die Libysche Nationalarmee (LNA) dementierte diese Berichte und erklärte, sie dienten dazu, einen Angriff auf Ölfelder vorzubereiten, indem sie die Moral der LNA untergraben.
Erst am 27.06. hatte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, erklärt, dass die USA diese Woche neue „Maßnahmen“ gegen die Aktivitäten der Wagner-Gruppe in Afrika ergreifen wollen.
https://libyareview.com/35694/was-a-wagner-base-targeted-by-a-drone-in-east-libya/
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1674806913656029184
https://twitter.com/Oded121351/status/1674650995224084481
Bei der Diskussion um Wagner sollte nicht vergessen werden, welche Privatarmeen im westlichen Libyen im Einsatz sind: die britischen G4S, Aegis und Janus, die US-amerikanischen Academi (Blackwater), die kandadische Gardaworld und die deutsche Asgaard.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1674753554681155585
+ 30.06. Wagner/al-Haddad. Der Stabschef der Dabaiba-‚Regierung‘, al-Haddad, kommentierte: „Keine unserer Drohnen zielte auf einen Militärstandort in der östlichen Region. Diese Nachricht soll den Krieg zwischen den Libyern entfachen und Libyen in einen regionalen Konflikt bringen.“
https://twitter.com/smmlibya/status/1674730778649939968
+ 26.06.: Russland/Wagner. Russland hat deutlich gemacht, dass es seine Präsenz in Afrika nicht einschränken wird, nachdem die von Prigoschin angeführte Wagner-Gruppe letzte Woche gegen die russische Militärführung rebelliert hat. Der russische Außenminister Lawrow betonte, dass er keine „Panik“ oder Veränderungen in den Beziehungen der afrikanischen Länder zu Moskau nach der gescheiterten Wagner-Revolte sieht. „Im Gegenteil: Ich habe mehrere Solidaritätsbekundungen erhalten, auch von vielen meiner afrikanischen Freunde. Wir gehen davon aus, dass es in den strategischen Beziehungen zwischen Russland und unseren afrikanischen Partnern keine opportunistischen Momente geben darf“.
Lawrow sagte auch: „Die Zentralafrikanische Republik, Mali und andere Länder der Sahara-Sahel-Region wurden direkt von terroristischen Gruppen angegriffen, nachdem die von Frankreich und anderen NATO-Mitgliedern vertretenen Kämpfer für >Demokratie und Freiheit<, die Muammar Gaddafi beseitigen wollten, der zu viel über die Finanzierung des Präsidentschaftswahlkampfes in der Französischen Republik wusste, eine offene Aggression gegen Libyen entfesselt hatten“.
https://en.alwasat.ly/news/libya/403401
Erdöl/Erdgas
+ 26.06.: Parlament/Öleinnahmen. 73 Abgeordnete haben ihre Unterstützung für die Entscheidung der vom Parlament eingesetzten Hammad-‚Regierung‘ erklärt, die Verwaltung der Öleinnahmen des Landes rechtlich abzusichern.
Es wird befürchtet, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis ohne Absegnung des Haushalts durch das Parlament finanzielle Verpflichtungen eingeht. Deshalb müssten die Gelder geschützt werden.
Außerdem wurde von der Staatsanwaltschaft gefordert, die Unregelmäßigkeiten zu untersuchen, die der Finanzprüfungsbericht des Jahres 2022 aufzeigte.
Erst letzte Woche hatten die Behörden im östlichen Libyen damit gedroht, die Öl- und Gasförderung wegen der grassierenden Korruption wieder zu stoppen.
https://libyareview.com/35613/libyan-mps-support-decision-to-safeguard-libyas-oil-revenues/
+ 29.06.: Parlament/NOC. Nachdem ein Beschluss des Parlaments vorsieht, einen Ausschuss unter dem Vorsitz des Chefs der National Oil Corporation (NOC), Farhat Bengdara, einzusetzen, der die gerechte Verteilung der Erdöleinnahmen überwachen soll, traf sich Bengdara mit dem vom Parlament eingesetzten ‚Premierminister‘ Osama Hamad, um die Umsetzung des Parlamentsbeschlusses zu besprechen. Der neue Ausschuss soll sich aus Vertretern des Planungs- und Finanzministeriums, der Zentralbank, der Verwaltungskontrollbehörde und des Rechnungshofs zusammensetzen.
Die Behörden des östlichen Libyens hatten mit einem Stopp der Öl- und Gasförderung gedroht, sollte keine gerechte Lösung zur Verteilung der Einnahmen gefunden werden.
Das NOC arbeitet unter der Kontrolle der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis. Dieser wird vorgeworfen, die Einnahmen zur Finanzierung ihrer Milizen im westlichen Libyen einzusetzen, während sie die Versorgungsleistungen für die Bürger, insbesondere in den östlichen und südlichen Regionen, vernachlässigt.
https://libyareview.com/35679/fears-of-oil-production-shutdown-escalate-in-libya/
Libyen und das Ausland
+ 26.06.: Russland. Nachdem der russische Botschafter in Tripolis, Aydar Aganin, sein Beglaubigungsschreiben übergeben hat, erklärte er, dass die diplomatische Präsenz in Libyen vollständig wiederhergestellt sei. Die freundschaftlichen Beziehungen zu Libyen sollen wiederbelebt werden.
https://en.alwasat.ly/news/libya/403161
+ 30.06.: Russland. Der russische Außenminister Lawrow beschuldigte die NATO-Länder, Libyen in ein „schwarzes Loch“ für Terrorismus, Waffenschmuggel und Drogenhandel zu verwandeln. Dies sei eine direkte Folge der von Frankreich und anderen NATO-Mitgliedern 2011 eingeleiteten Militäroperationen zum Sturz von Muammar al-Gaddafi.
Die von der NATO geführte Operation habe gegen eine UN-Sicherheitsratsresolution verstoßen und darauf abgezielt, Gaddafi zu beseitigen, der zu viel über die Finanzierung des französischen Präsidentschaftswahlkampfes wusste. Dies habe zur Zerstörung Libyens geführt und das Land in eine Brutstätte für Terroristen und andere kriminelle Gruppen verwandelt. Auch die westlichen Militäraktionen in Ländern wie Irak und Syrien hätten zur Destabilisierung Libyens und der gesamten Region beigetragen.
https://libyareview.com/35698/russia-accuses-nato-of-turning-libya-into-a-black-hole/
+ 28.06.: Sudan/Grenzgebiet. Laut sudanesischen Militärkreisen hat die sudanesische Armee unter General Abdel Fattah al-Burhan ein Lager der Rapid Support Force (RSF) unter Hamdan Dagalo an der sudanesisch-libyschen Grenze mit Kampfflugzeugen zerstört. Es soll auch zu Zusammenstößen auf der Hauptverbindungsstraße zwischen der sudanesischen Hauptstadt Khartum und dem Bundesstaat al-Dschazira gekommen sein.
Am 26.06. hat die sudanesische Armee noch bekanntgegeben, dass die RSF die Kontrolle über die Hauptgeschäftsstelle der sudanesischen Zentralbank und die dazugehörige Polizeieinrichtung im Süden der Hauptstadt nach heftigen Kämpfen übernommen habe.
https://libyareview.com/35634/sudanese-army-destroys-rsf-camp-on-libyan-border/
Weitere Nachrichten aus Libyen
+ 01.07.: Keine Wahlen. In einem Bericht des American Middle East Institute (AMEI) heißt es, dass die Vereinbarungen, die vom 6+6-Ausschuss für die Ausarbeitung von Wahlgesetzen im marokkanischen Burznika getroffen wurden, in sich zusammenfallen. Es gebe zu viele Streitpunkte. Die Abhaltung von Wahlen sei in absehbarer Zeit unmöglich.
https://libyareview.com/35701/libyan-elections-agreement-in-danger-of-collapse/
Nachdem Saif al-Islam Gaddafi als Präsidentschaftskandidat nicht von den Wahlen ausgeschlossen werden kann, sagen die USA die Wahlen einfach ab.
+ 28.06.: Parlament/Verfassungsgericht. Das Parlament hat dafür gestimmt, durch Wahlen den Präsidenten und die Mitglieder des Verfassungsgerichts zu bestimmen. Dies wird erneut zu Streitigkeiten mit dem Staatsrat führen und könnte eine Spaltung der Justizbehörden bewirken. Der Obersten Gerichtshofs Libyens hat dieses Vorgehen des Parlaments als verfassungswidrig eingestuft.
Außerdem stimmte das Parlament für die Absetzung des Leiters der Verwaltungskontrollbehörde. Er soll durch Khaled Amradscha Mohamed al-Mabrouk ersetzt werden. Daneben wurde ein neuer Vorstand gewählt.
https://libyareview.com/35638/libyan-parliament-elects-new-constitutional-court-amid-legal-disputes/
+ 29.06.: Getreideanbau. Laut dem Libyschen Bauernverband ist die Getreideproduktion in Libyen in diesem Jahr auf ein Rekordtief gesunken. Dies sei vor allem auf die Einstellung der Agrarbeihilfen, die überhöhten Kosten für Düngemittel und landwirtschaftliche Betriebsmittel sowie auf Probleme bei der Vermarktung der Erzeugnisse zurückzuführen. Diese Faktoren hätten Landwirte vom Getreideanbau abgehalten. Es bestehe sofortiger Handlungsbedarf, da die Ernährungssicherheit des Landes bedroht ist.
https://libyareview.com/35686/libyan-grain-production-hits-record-low/
+ 28.06.: Migration. Die NGO Ocean Viking rettete 86 Menschen vor der libyschen Küste, nachdem das Schiff bei dem Versuch, Europa zu erreichen, havariert war. Die meisten Geretteten stammen aus Gambia und Senegal und waren unbegleitete Minderjährige.
https://libyareview.com/35648/86-migrants-rescued-off-libyan-coast/
+ 25.06.: Special Olympics. In Berlin haben bei den Special Olympics libysche Sportlerinnen und Sportler insgesamt 18 Medaillen gewonnen, davon fünf Gold-, vier Silber- und neun Bronzemedaillen.
https://libyareview.com/35591/libya-achieves-historic-victory-in-special-olympics/
Rückblick
+ 01.07.2011: Es fand am 01. Juli 2011 in Tripolis angesichts der Nato-Bedrohung eine Massendemonstration statt, deren Teilnehmer für die Beibehaltung der Dschamahirija-Regierung und für Oberst Muammar al-Gaddafi auf die Straße gingen. Protestiert wurde gegen die Nato-Aggression.
Voltairenet schrieb: „Freitag, den 1. Juli 2011, haben sich die Libyer in sehr großer Zahl in Tripolis auf dem grünen Platz und rund herum versammelt. Ungefähr 1.700.000 Menschen haben für die Verteidigung der Heimat, gegen die Aggression der Nato demonstriert.“
https://twitter.com/SaifFuture/status/1675272147659309056/photo/2
https://www.voltairenet.org/article170723.html
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