Ein Artikel von Marinella Correggia auf Internationalist 360° beschäftigt sich mit den Hintergründen um die illegale Gefangennahme von Hannibal al-Gaddafi im Libanon und dessen Hungerstreik.

In dem Artikel heißt es, dass Hannibal al-Gaddafi, einer der überlebenden Söhne des 2011 im Nato-Krieg ermordeten libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, vor Tagen einen Hungerstreik in dem libanesischen Gefängnis begonnen hat, in dem er seit 2015 ohne Anklage und Prozess festgehalten wird. Laut seinem Anwalt Paul Romanos sei Hannibals Gesundheit nicht zuletzt durch die schlechten Haftbedingungen angeschlagen.

Hannibal, der sich nie politisch engagierte, hatte nach dem Nato-Krieg gegen Libyen in Syrien Asyl erhalten. Doch am 11. Dezember 2015 wurde er von einer Miliz unter der Führung von Ali Yacoub unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in den Libanon, nach Bekaa, gelockt. Erst Wochen später erklärte die libanesische Polizei, dass sie den Gefangenen in Baalbek gefunden habe, doch anstatt die Entführer zu verhaften, wurden diese laufengelassen und Hannibal in ein Gefängnis nach Beirut gebracht. Seitdem wird Hannibal Gaddafi ohne Anklage in einer unterirdischen Zelle gefangen gehalten, sogar der Kontakt zu seinen Kindern ist ihm verwehrt.

Was wird Hannibal vorgeworfen?

Hannibal wird persönlich nichts vorgeworfen. Sondern es geht um einen Vorfall, der sich 1978 in Libyen abgespielt hat und über den durch die Geiselhaft Hannibals Informationen erpresst werden sollen. Hannibal selbst war zum Zeitpunkt der Geschehnisse ganze drei Jahre alt.

Die libanesische Amal-Bewegung machte 1978 Muammar al-Gaddafi für das Verschwinden ihres Gründers, des schiitischen Imams Moussa Sadr, verantwortlich. Moussa Sadrs Familie ist der Auffassung, dass sich Moussa Sadr immer noch in einem libyschen Gefängnis aufhalten könnte. Heute wäre der Schiitenführer 94 Jahre alt. Andere Mitglieder der Amal-Bewegungen sind der Meinung, dass Muammar al-Gaddafi den Imam nach einem Streit über Zahlungen aus Libyen an libanesische Milizen töten ließ.

Libyen seinerseits hat stets behauptet, Sadr und seine beiden Begleiter hätten Tripolis auf einem Flug in Richtung Rom verlassen. Es handle sich beim Verschwinden des Imams um eine innerschiitische Abrechnung.

Was auch immer 1978 geschehen ist, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass der damals dreijährige Hannibal al-Gaddafi darin verwickelt war. Und selbst wenn Hannibal irgendwelche Informationen über den Verbleib von Moussa Sadr und seiner Begleiter hätte, könnte er auch nach libanesischem Recht nicht zu Aussagen gegen Familienmitglieder gezwungen werden.

Die schiitische Amal-Bewegung übt im politisch zerrütteten Libanon großen Einfluss aus, da ihr Führer, Nabil Berri, als Sprecher des libanesischen Parlaments fungiert, der nicht zuletzt für die politische Pattsituation im Libanon mitverantwortlich ist.

Während in der westlichen Presse, die sich so gerne auf Rechtsstaatlichkeit beruft, das Schicksal Hannibal al-Gaddafis totgeschwiegen wird, sorgt dessen Hungerstreik zumindest in den MENA-Ländern für Aufruhr. Auf der Website der Internationalen Union der Arabischen Medienschaffenden bedankte sich der libanesische Anwalt Ziad Obeish für die Unterstützung von „mutigen Abgeordneten“ und ruft dazu auf, das Thema „Hannibal“ in allen Gremien zur Sprache zu bringen, insbesondere in Anbetracht der Dringlichkeit durch den sich rapide verschlechternden Gesundheitszustand des Gefangenen.

Bereits 2019 hatten sich das libysche Parlament in Tobruk und dessen Vorsitzender Aguila Saleh in einem Schreiben an die libyschen Behörden für Hannibal al-Gaddafi eingesetzt. Und auch Russland hatte interveniert. Sogar die sogenannte ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, die aus den Nato-Kämpfen des Jahres 2011 hervorging, hatte sich am 5. September 2019 an den libanesischen Justizminister Alert Aziz Aahran mit der Bitte gewandt, die Freilassung von Hannibal zu beschleunigen.

Drei der sieben Söhne Muammar al-Gaddafis, Mutassim, Saif al-Arab und Khamis, starben 2011 während des Nato-Krieges gegen Libyen. Muammar al-Gaddafis Ehefrau Safija und Gaddafis Sohn aus erster Ehe, Mohamed, sowie Tochter Aisha flohen im August 2011 außer Landes, wo sie seither politisches Asyl genießen. Ein weiterer Sohn, Saadi al-Gaddafi, wurde am 5. September 2021 schwer gezeichnet nach rund sieben Jahren Haft aus dem al-Hadaba-Gefängnis in Tripolis entlassen und konnte Libyen verlassen. Saif al-Islam Gaddafi kandidiert bei den kommenden Wahlen in Libyen um das Präsidentschaftsamt.

Libysche Menschenrechtsaktivisten bitten dringend die internationale Gemeinschaft, Menschenrechtsorganisationen und die UNO um Hilfe, damit diese willkürliche und rechtlich völlig haltlose Inhaftierung von Hannibal al-Gaddafi endlich ein Ende findet. Daneben stellt sich die Frage, ob angesichts des Tauwetters, das zwischen den Golfstaaten und dem Iran eingetreten ist, es nicht an der Zeit wäre, dass auch der Iran auf seine schiitischen Glaubensbrüder im Libanon im Sinne einer Freilassung von Hannibal al-Gaddafi einwirkt.

https://vivalibya.wordpress.com/2023/06/13/the-illegal-detention-of-hannibal-gaddafi-in-lebanon/
https://abcnews.go.com/International/wireStory/lawyer-health-gadhafis-son-detained-lebanon-deteriorating-3-99866892
https://twitter.com/ziadhobeiche/status/1667590367577792516?s=48&t=hG9IJQzwxY3DAuBIA9qYvQ
https://gela-news.de/saadi-gaddafi-aus-gefaengnis-entlassen