Mit allen Mitteln versuchen ausländische Staaten, allen voran die USA, eine Kandidatur von Saif al-Islam al-Gaddafi zu verhindern. Saif al-Islam und sein Wahlteam kündigten Gegenwehr an.

 Der Anwalt von Saif al-Islam al-Gaddafi,  Khaled az-Zaidi, berichtete am 26.12. von einer Vereinbarung zwischen dem Parlamentsvorsitzenden Agila Saleh und dem Vorsitzenden des Staatsrats al-Mischri, dass aufgrund des von den USA und Großbritanniens ausgeübten Drucks Saif al-Islam bei kommenden Wahlen als Kandidat ausgeschlossen werden soll. Und dies, obwohl – oder besser weil – er als der aussichtsreichste Kandidat gilt.
Es geht dabei um die Formulierung des Artikels 99 einer zu erstellenden Verfassungsgrundlage, in der es heißen soll, dass niemand für die libysche Präsidentschaft kandidieren darf, der wegen einer Straftat oder eines die Ehre oder das Vertrauen beeinträchtigenden Vergehens verurteilt wurde. Dies gelte selbst dann, wenn der Betreffende rehabilitiert wurde. Dieser Artikel wäre auf Saif al-Islam al-Gaddafi zugeschnitten, der von einem islamistischen Gericht in einem Schauprozess seinerzeit in Tripolis verurteilt, dann aber aufgrund eines allgemeinen Amnestiegesetzes aus dem Gefängnis in Zinten entlassen wurde.

Wahlen unter Ausschluss des aussichtsreichsten Kandidaten auf Grund des Drucks ausländischer Staaten sind wohl kaum als fair und frei zu bezeichnen.

Im Gegensatz dazu soll es kein Hindernis für die Aufstellung als Präsidentschaftskandidat sein, wenn jemand eine doppelte Staatsangehörigkeit besitzt und/oder Militär ist. Die Kandidatur des Oberbefehlshabers der Libyschen Nationalarmee (LNA) Khalifa Haftar, der auch einen US-amerikanischen Pass besitzt, könnte also Rechtens sein.

Dem steht allerdings entgegen, dass vormals auch gegen Khalifa Haftar ein Gerichtsurteil ergangen ist. Er wurde zusammen mit anderen Beklagten als Fall Nr. 28/2019 vom Militärgerichtshof in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Das schriftliche Urteil wurde zwischenzeitlich dem Leiter der Wahlkommission, Emad as-Sayeh, übermittelt, der gesetzlich verpflichtet ist, das Urteil in Haftars Wahlakte aufzunehmen. Unter dem Aktenzeichen 608610 sei Khalifa Haftar im polizeilichen Strafregister registriert.

Sollte das vom Parlament erlassene Gesetz Nr. 1 von 2021 CE zur Wahl des Präsidenten weiterhin gelten, könnte Haftar ebenso wie Saif al-Islam als Präsidentschaftskandidaten aufgestellt werden. Sollte allerdings die neu zwischen Aguila Saleh und al-Mischri geschlossene Vereinbarung in Kraft treten, müsste neben Saif al-Islam auch Khalifa Haftar von den Wahlen ausgeschlossen werden. Und zwar selbst dann, wenn das Urteil aufgehoben und Haftar rehabilitiert werden würde.

Haftar drohte damit, keine Wahlen auf den von ihm kontrollierten Gebieten zuzulassen, sollte er nicht als Kandidat zugelassen werden. Dies würde bedeuten, dass die Abhaltung von Wahlen insgesamt nicht möglich wäre.

Am 26.12. fand in Sebha ein Treffen des Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam und seines Wahlkampfteams statt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die libysche Wahlkommission immer noch keine endgültige Liste der zur Wahl zugelassenen Kandidaten veröffentlicht hat, da sich das Parlament und der Staatsrat (Moslembruderschaft) nicht auf einen Verfassungsentwurf, in dem auch die Bedingungen für eine Wahlteilnahme festgelegt werden, einigen können. Da Saif al-Islam die Bedingungen für eine Präsidentschaftskandidatur gemäß des vom Parlament erlassenen Gesetzes Nr. 1 von 2021 zur Wahl des Staatsoberhauptes erfüllt und für die im Dezember 2021 vorgesehenen und dann abgesagten Wahlen als Präsidentschaftskandidat auch zugelassen worden war, werde das Wahlkampfteam entsprechend auf den beabsichtigten Ausschluss reagieren.

Das Wahlkampfteam veröffentlichte am darauffolgenden Tag, den 27.12., eine offizielle Erklärung von Saif al-Islam al-Gaddafi bezüglich der Behinderung der Wahlen, in der es heißt, dass am Anfang des Wahlprozesses diese Verfassungsgrundlage überhaupt keine Rolle gespielt habe, sondern erst dann zum Thema wurde, als die Wahlvorbereitungen gestoppt wurden. Als Gründe dafür wurde „höhere Gewalt“ vorgeschoben. Die Zukunft des libyschen Volkes hänge seitdem von dieser Verfassungsgrundlage ab.

Der Staatsrat und das Parlament hätten sich darauf geeinigt, diejenigen Personen als Kandidaten auszuschließen, gegen die Gerichtsurteile ergangen sind, auch wenn diese nicht rechtskräftig wurden und ein späterer Freispruch erfolgte. Dies sei gegen eine bestimmte Person gerichtet und werde die Wahlen scheitern lassen, obwohl Wahlen der einzige Ausweg aus der Krise in Libyen wären.

Saleh und Mishri hätten sich zwar auf den Ausschluss von Saif al-Islam geeinigt, über die Zulassung einer Kandidatur von Personen, die dem Militär entstammen oder eine doppelte Staatsangehörigkeit besitzen, werde aber noch gestritten.

Saif al-Islam beschuldigte alle Parteien, die Probleme des Landes auf die endlosen Diskussionen über zwei Paragraphen der Verfassungsgrundlage zu reduzieren. Dies sei eine Verächtlichmachung des Leidens des libyschen Volkes und der Tragödie, die sich seit fast zwölf Jahren in Libyen abspielt. Der Streit um einzelne Punkte der Verfassungsgrundlage sei vorgeschoben, um das Scheitern des Wahlprozesses zu verdecken.

Das Team von Saif al-Islam erklärte, dass jeder als Kandidat für die Wahlen zugelassen werden sollte, da diese unter außergewöhnlichen Umständen in einer kritischen Phase abgehalten werden, die eine Teilnahme aller Kandidaten erforderlich mache. Sollten Kandidaten nicht zugelassen werden, könnten die Wahlergebnisse nicht akzeptiert und angefochten werden und zu einem Scheitern der Wahl führen.

Alle Libyer sehnten sich nach Sicherheit und Stabilität und einem unversehrten Libyen. Die fortdauernde Krise müsse beendet werden.

Der Rechtsgelehrte Abdullah ad-Dibani nahm zur Kandidatur von Saif al-Islam Stellung. Er vertritt die Auffassung, dass Saif al-Islam libyscher Staatsbürger ist und alle rechtlichen Voraussetzungen für eine Präsidentschaftskandidatur erfüllt. Es sei 2021 endgültig gerichtlich entschieden worden, dass Saif al-Islam nicht von der Kandidatenliste entfernt werden dürfe. Dieser Meinung haben sich auch Mitglieder des Parlaments wie Ali at-Takbali angeschlossen, der hinzufügte: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Extremisten und andere, die bekanntermaßen Libyer unterdrücken, zu den Wahlen antreten und andere daran hindern, zu kandidieren. Das ist unfair“.

Wie mehrere Quellen bestätigten, sollen die USA über die Vermittlung der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Saif al-Islam al-Gaddafi ein Angebot unterbreitet haben. Für seinen freiwilligen Verzicht auf eine Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen würden alle Anklagen gegen ihn fallengelassen und ihm uneingeschränkte Reisefreiheit gewährt. Es bestünde dann auch die Möglichkeit, dass er bei den nächsten Wahlen, also nach vier Jahren, als Präsidentschaftskandidat in Libyen antritt. Was man US-amerikanischen Zusagen und Versprechungen halten kann, beweist nicht zuletzt die Auslieferung von al-Massud an die USA.

Über eine andere Möglichkeit, Saif al-Islam loszuwerden, berichtete bereits am 24.12. die Nachrichtenagentur LibyaBars. Es existiere ein Plan, nachdem der Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi durch Ali Dabaiba nahestehende Milizen und mit US-amerikanischer Hilfe liquidiert werden könnte.

Auf einer Stammeskonferenz bekräftigten die versammelten Honoratioren, dass die Entfernung von Saif al-Gaddafi aus der politischen Arena, sei es mit juristischen Tricks oder mit Morddrohungen, nicht durchzusetzen sei. Nach wie vor träumten alle Libyer davon, ihr Recht auf Selbstbestimmung ausüben zu können und ihre Regierung frei und fair zu wählen.

 

Quellen:
https://twitter.com/SaifFuture/status/1607684174793547776
https://twitter.com/SaifFuture/status/1606961208523096066
https://twitter.com/SaifFuture/status/1607536945306927104
https://libyareview.com/30528/libyan-mp-saif-al-islam-gaddafi-has-the-right-to-run-for-elections/
https://twitter.com/SaifFuture/status/1607536819507236865
https://twitter.com/SaifFuture/status/1607821491013394434
https://twitter.com/SaifFuture/status/1607414179157233665
https://libyareview.com/30435/saif-al-islam-everyone-has-a-right-to-run-for-president/
https://twitter.com/SaifFuture/status/1608461089091510272
https://twitter.com/SaifFuture/status/1608461208524554240
https://twitter.com/aleasima_17/status/1608165752200118274
https://twitter.com/SaifFuture/status/1606637912983994368/photo/1
https://twitter.com/SaifFuture/status/1608032501200461825