Suspendierung von Innenminister Fatih Bashagha aufgehoben – Aufruf zu neuen Demonstrationen in Tripolis – Explosion im Militärcamp Yarmouk

Verschiedenes I

+ 03.09.: Die Volksbewegung „23. August“ ruft zu neuen friedlichen Demonstrationen in Tripolis auf, da bisher auf keine ihrer Forderungen eingegangen wurde.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1301592626911731714/photo/1

+ 01.09.: Eine große Explosion erschütterte das Yarmouk-Militärcamp, in dem syrische Söldner und Milizen der ‚Einheitsregierung‘ stationiert sind. Es soll viele Tote und Verletzte gegeben haben.

https://twitter.com/AbuSaleemDF/status/1300479714377764870

‚Einheitsregierung’/Milizen/Türkei

+ 03.09.: Nachdem der Innenminister der ‚Einheitsregierung‘ Fatih Bashagha wegen des brutalen Vorgehens seiner ‚Sicherheitskräfte‘ am 23.08. gegen Demonstranten in Tripolis (es wurde auch scharf geschossen) von seinem Amt suspendiert worden war, wurde er nach sechs Tagen wieder als Innenminister eingesetzt. Bashagha kam mit seinen eigenen starken ‚Sicherheitskräften‘ zur Vernehmung in des Hauptquartier der ‚Einheitsregierung‘ unter Sarradsch.
https://www.addresslibya.net/en/archives/58809
Bashagha ist führender Moslembruder und treibende Kraft der Neokolonisation Libyens durch die Türkei. 2011 diente er in Misrata der Nato als Verbindungsmann. Zwischen ihm und Sarradsch, dem Primierminister der ‚Einheitsregierung‘ tobt ein Machtkampf.

+02.09.: Der Verteidigungsminister der ‚Einheitsregierung‘ Salah ad-din an-Namroush ist zu Gesprächen mit dem türkischen Verteidigungsminister Hulusi Akar in Ankara. Gesprächsthema ist die bilaterale Zusammenarbeit zwischen den beiden Verteidigungsministerien. Die Türkei will die ‚Einheitsregierung‘ weiterhin in militärischen Fragen beraten. An-Namroush, der erst am 29. August zum Verteidigungsminister der ‚Einheitsregierung‘ ernannt worden war, besuchte auch libysche Kadetten, die sich zur Ausbildung am Military College in Ankara befinden.
https://libyareview.com/?p=6182

+ 31.08.: Der Vorsitzende der Libyschen Zentralbank (CBL), as-Siddiq al-Kebir, unterzeichnete mit dem Vorsitzender der türkischen Zentralbank Murat Uysal eine Vereinbarung (Memorandum of Understanding), das laut einer Erklärung die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern stärken soll.
https://libyareview.com/?p=6131
An diesem Abkommen, zu dessen Abschluss al-Kebir überhaupt nicht berechtigt ist, wird übergreifend in Libyen starke Kritik geübt. Nachdem die Nato Libyen destabilisiert habe, erlaube es nun dem Nato-Land Türkei Libyen auszurauben: „So sieht der neue Kolonialismus aus – Willkommen in der Neuen Weltordnung“.

+ Leitende Angestellte und Mitarbeiter der CBL bestreiten, über den Inhalt des heute zwischen al-Kebir und der türkischen Zentralbank geschlossenen Abkommens vorab informiert worden zu sein.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1300527321263243267

+ 01.09.: Die Menschen in Tarhuna berichten über die Ankunft eines neuen Konvois von Milizen der ‚Einheitsregierung, davon mehr als die Hälfte syrische Söldner. Ein Zivilist berichtet, er vermeide es aus Sicherheitsgründen seit Juni als die ‚Einheitsregierung‘ die Kontrolle über die Stadt übernommen hat, sein Haus zu verlassen.
https://twitter.com/LindseySnell/status/1300531058555998214

+ 01.09.: Die Türkei soll keine F-16 in Libyen aufstellen. Sie hat zwar ihre Luftverteidigung im Luftwaffenstützpunkt al-Watiya verstärkt, allerdings nur mit Hawks und Pechoras. Ägypten und die VAE haben sich strikt gegen die F-16 in Libyen ausgesprochen.
https://twitter.com/TheExiledHuman/status/1300528137034502144

Coronakrise

+ 31.08.:Der Leiter des Nationalen Seuchenzentrums (NCDC) Dr. an-Nadschjar erklärte, dass sich die Bürger nicht an die Hygieneregeln halten und deshalb die Ausgangssperren keinen Sinn haben.
Die Zahl der positiv Covid-19 Getesteten beträgt 13.423 Fälle, davon seien 1.410 genesen und 232 gestorben.
https://libyareview.com/?p=6124

+ 31. 08.: Die Generalverwaltung für Küstensicherheit (GACS) in der östlichen Region Libyens gab bekannt, die Flug- und Seehäfen sowie Landesgrenzen wieder zu öffnen. Dies basiert auf Empfehlungen des Medical Advisory Committee zur Bekämpfung des Coronavirus. Im März hatte Libyen wegen der Corona-Pandemie den Ausnahmezustand verhängt und alle Flug- und Seehäfen geschlossen.
Alle Passagiere müssen 48 Stunden vor Abflug einen negativen Covid-19-Test vorlegen.
In Libyen fehlen ausreichende Isolations- und Gesundheitseinrichtungen, um das Virus zu bekämpfen.
https://libyareview.com/?p=6119

+ 01.09.: Das Sharara-Ölfeld, das größte Ölfeld des Landes, wird geschlossen und das Personal evakuiert, nachdem ein Mitarbeiter positiv auf Covid-19 getestet wurde.
Für die wichtigsten Ölterminals gilt noch immer der Ausnahmezustand.
https://www.addresslibya.co/en/archives/58781

+ 03.09.: Der Flughafen in Sebha (südliches Libyen), der wegen Covid-19 geschlossen worden war, nimmt seinen Betrieb wieder auf.
https://libyareview.com/?p=6210

Verschiedenes II

+ 31.08.: Die Nationale Menschenrechtskommission in Libyen (NCHRL) berichtet, dass in Libyen massive Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind.
Entführungen und Verschleppungen aus politischen und sozialen Grünen seien die häufigsten Menschenrechtsverbrechen. Das Komitee erinnerte die Kriegsparteien daran, dass die Entführung von Zivilisten eine Geiselnahme ist, die unter Kriegsverbrechen fällt und gemäß Artikel 7 des Römischen Statuts ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Insbesondere die Angehörigen der Opfer leiden unter dieser Situation, da sie keine Informationen über den Verbleib der Verschleppten erhalten. Menschenrechtsaktivisten, Angehörige von Opfern, Zeugen und Anwälte, die sich mit Verschleppungsfällen befassen, seien weitreichenden Schikanen ausgesetzt, während die Täter im allgemeinen keine Strafe zu befürchten haben.
Das NCHRL fordert alle bewaffneten Gruppen im ganzen Land auf, bedingungslos alle Inhaftierten freizulassen.
Das NCHRL werde alle Fälle dokumentieren, um die Täter strafrechtlich verfolgen zu können.
https://libyareview.com/?p=6114

+ 31.08.: Wie TheArabWeekly schreibt, könnte der Machtkampf zwischen Sarradsch und Bashagha zu einer militärischen Konfrontation zwischen den machtvollen Milizen in Tripolis und Misrata führen.
Ein Militärkonvoi von etwa 300 Militärfahrzeugen begleitete den inzwischen suspendierten ‚Innenminister‘ der ‚Einheitsregierung am Samstag nach seiner Ankunft aus der Türkei am Mitiga-Flughafen.
Bashagha wurde suspendiert, da er als Innenminister verantwortlich für das brutale Vorgehen der Milizen gegen demonstrierende Jugendliche war. Allerdings soll Sarradsch ihn deswegen abgesetzt haben, weil er befürchtete, der Türkei hörige und zur Moslembruderschaft zählende Bashagha plane einen Putsch gegen ihn. Misrata verfügt über geschätzt 17.000 gut bewaffnete Kämpfer.
Währenddessen inszeniert sich ausgerechnet Bashagha als Kämpfer gegen die Korruption in Tripolis.
https://thearabweekly.com/power-struggle-between-sarraj-bashagha-could-mean-tripoli-misrata-clashes
Der Kampf geht tatsächlich darum, wer sich die Taschen mit dem libyschen Volksvermögen vollstopfen kann: die kriminellen Milizen von Tripolis oder die Türkei und die Moslembrüder.

+ 01.09.: Italiens Außenminister Luigi di Maio traf in Tripolis ein. Es geht wohl auch um die Suspendierung von Bashagha, der 2011 im Nato-Krieg gegen Libyen als Verbindungsmann in Misrata diente als auch 2016 mit den USA im Kampf gegen den IS in Sirte zusammenarbeitete. Voraussichtlich wird di Maio auf ein Waffenstillstandsabkommen mit der LNA drängen. Di Maio reist auch nach Tobruk, um sich im Osten mit Aguila Saleh zu besprechen.
Das italienische Außenministerium bemüht sich auch um eine Wiederbelebung des italienisch-libyschen Wirtschaftsausschusses, um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern wiederherzustellen.
https://libyareview.com/?p=6154

+ 04.09.: AFRICOM bestätigte in einem Bericht an das Pentagon, dass die Türkei mehrere hundert reguläre Militärs nach Libyen entsandt hat, wo sie Gräueltaten gegen Libyer begingen. Zu den Militärs gehörten Ausbilder, Berater, Bediener von türkischen Luftverteidigungssystemen und Techniker. Des weiteren habe die Türkei Söldner mit türkischen Militärflugzeugen ins Land gebracht. Zunehmend gebe es Berichte über Diebstähle, sexuelle Übergriffe und Fehlverhalten syrischer Söldner. Die Anwesenheit der syrischen Söldner werde die Sicherheit im Land negativ beeinflussen.
Africom selbst sei seit April 2019 nicht mehr im Land aktiv.
https://almarsad.co/en/2020/09/03/africom-turkey-and-its-mercenaries-degrade-libyas-security/
https://libyareview.com/?p=6207
Dies alles hätte nie ohne das Einverständnis der Nato passieren können, die nichts ohne das Einverständnis der USA genehmigt. Die USA unterstützen abwechselnd beide Seiten und spielen sie gegeneinander aus, damit keine in Libyen stark werden kann.

Öl- und Gas

+ 01.09. Tagesschau: „Der Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland schaukelt sich weiter hoch. Jetzt hat die Türkei nachgelegt und die umstrittene Erdgas-Suche ihres Forschungsschiffs „Oruc Reis“ im östlichen Mittelmeer erneut verlängert. Das griechische Außenministerium kritisierte den Schritt und sprach von einer Provokation.
Eigentlich hätte der Einsatz der „Oruc Reis“ schon am 23. August auslaufen sollen, wurde dann aber mehrmals und zuletzt bis zum 1. September verlängert. Jetzt soll die Mission des Forschungsschiffes noch bis zum 12. September fortgesetzt werden, wie die zuständige Marinebehörde mitteilte.
>Wir fliehen nicht vor dem Kampf<, hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zuletzt erklärt und gedroht: >Wir schrecken nicht davor zurück, Märtyrer zu hinterlassen.<“
https://www.tagesschau.de/ausland/griechenland-tuerkei-gasstreit-103.html