Milizenkämpfe und Ausgangssperren / Italien greift nach Libyens Süden / Keine Einigung über Verfassungsgrundlagen der Wahlen und keine Verabschiedung des Wahlgesetzes / Skandal um Plätze in Rettungsflug

+ 06.08.: Milizenkämpfe. In der Gegend von Bir Sardin (südlich der Stadt az-Zawiya/westliches Libyen) wurde ein Lebensmittelgeschäft in die Luft gesprengt. Die starke Explosion steht in Zusammenhang mit Milizenkämpfen um die Kontrolle von Teilen der Küstenstraße und soll eine Racheaktion von az-Zawija-Milizen sein. Das gesprengte Lebensmittelgeschäft gehörte dem Bruder des Wirschefana-Miliz-Führers Muammar ad-Dhawi. Die Wirschefana-Milizen hatten vor kurzem Treibstoffschmuggler der al-Zawiya-Milizen an der Küstenstraße gestoppt.
Bereits vor einer Woche kam es in der al-Maya-Region (westliches Libyen) zu Kämpfen zwischen az-Zawiya-Milizen und Wirschefana-Milizen, bei denen auch schwere Waffen zum Einsatz kamen.
https://libyareview.com/15455/renewed-militia-clashes-in-western-libya/

+ 01.08.: Milizenkämpfe. Italien beobachtet die Kämpfe zwischen den Milizen von Zawia und Tripolis aus der Luft, denn die Zusammenstöße nähern sich der Raffinerie von az-Zawia (ENI).
https://twitter.com/ItaMilRadar/status/1421401258297016320

+ 06.08.: Ausgangssperre. In den westlichen Regionen wurde die Ausgangssperre verschärft. Die libysche Regierung verhängte eine vollständige Ausgangssperre für Samstag, Sonntag und Montag in der westlichen Region. Die anderen Regionen sind davon ausgenommen. War sie bisher nur von 18.00 bis 6.00 Uhr in Kraft, gilt sie nun 24-stündig. Angeblich soll damit die Ausbreitung von Covid-19 eingeschränkt werden. Im östlichen und südlichen Libyen gilt keine Ausgangssperre.
https://www.libyaherald.com/2021/08/06/western-libyas-partial-lockdown-raised-to-a-total-lockdown-for-this-saturday-sunday-and-monday/
Der Ausgangssperre gingen Aufrufe zu Demonstrationen gegen die Muslimbruderschaft in Tripolis voraus. Die GNU-Regierung fürchtet ein Übergreifen der tunesischen Unruhen und Proteste auf das westliche Libyen.

+ 31.07.: Zensur/Tripolis. Die Rada-Miliz hat den Journalisten Ahmed as-Senussi in der libyschen Hauptstadt verhaftet, wohl weil er einen Protest gegen die Libysche Zentralbank organisieren wollte. Nachdem as-Senussi live vor der Zentralbank in Tripolis aufgetreten war und seine Anhänger aufgefordert hatte, die angekündigte Demonstration auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, erfolgte seine Festnahme.
Nach einem „Gespräch“ mit al-Ahrari, einem Milizenführer von Abu Salim, der unter Sarradsch die Abteilung Innere Sicherheit der ‚Einheitsregierung‘ leitete, wurde as-Senussi wieder auf freien Fuß gesetzt.
Die Rada-Miliz betreibt neben dem Schutz der Libyschen Zentralbank auch das verrufene Mitiga-Gefängnis auf dem gleichnamigen Flughafen von Tripolis, in dem immer noch viele unrechtmäßig festgehaltene Gefangene einsitzen. Die Rada-Miliz ist offiziell mit dem Innenministerium verbunden, trägt aber Militäruniform.
As-Senussi hatte seine Facebook-Follower aufgerufen, das „Bankensystem zu retten und eine erneute politische Spaltung zu vermeiden“. Es entbehre jeder Vernunft, dass „die Reichen des Landes einen USD für 4,48 LD bekommen und die Armen dafür mehr als fünf LD bezahlen müssen.“
Vor wenigen Tagen hatte der libysche Boxer Malik Zinad „die Ausweisung von Siddiq al-Kebir“, seines Zeichens Bankster und Chef der Libyschen Zentralbank, aus Libyen gefordert. Später löschte Zinad seinen Beitrag wieder.
LibyaReview schreibt: „Die Abwertung des libyschen Dinars ist das Ergebnis von Chaos, politischer Spaltung und der Macht bewaffneter Gruppen seit dem Ende der Herrschaft des verstorbenen Führers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011. Harte Fremdwährungen sind nicht in Banken erhältlich, sondern auf dem Schwarzmarkt. Der Tageskurs wird auf dem al-Mushir-Währungs- und Goldmarkt in der Altstadt hinter dem Zentralbankgebäude festgesetzt“.
Libyen, das einst reichste Land Afrikas und Mitglied der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Die Auszahlung der Grundrenten verzögere sich um mehr als drei Monate, Bargeld sei Mangelware, Entwicklungsprojekte würden gestoppt.
Als im August letzten Jahres Demonstranten in Tripolis vor dem Hintergrund der sich ständig verschlechterten Lebensbedingungen die Absetzung von Siddiq al-Kebir forderten, wurden sie von der an-Nawasi-Miliz beschossen. Obwohl vehement die Absetzung von al-Kebir, der der Moslembruderschaft nahesteht, gefordert wurde, ist er immer noch im Amt. https://libyareview.com/15325/journalist-arrested-in-libyan-capital-for-organising-a-protest-against-libyan-central-bank/
Siehe auch: https://www.freitag.de/autoren/gela/libysche-zentralbank-und-moslembruderschaft

+ 04.08.: Skandal/Rettungsflug. Zwei an Malaria erkrankte libysche Fußballspieler, die zur Behandlung nach Italien gebracht werden sollten, mussten Plätze im Rettungsflugzeug räumen, um dem Sohn des Abgeordneten Salem Gnan (Berater des Chefs der Libyschen Zentralbank, Siddik al-Kebir), der Ferien in Europa verbringen wollte, und einem gewissen Rafea Baio, Platz zu machen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat deshalb die Verhaftung des Leiters des libyschen Futsal-Verbands, Hussien Twelib, des Leiters des libyschen Ambulanzdienstes und des Kopiloten des Flugs angeordnet.
https://libyareview.com/15429/son-of-libyan-mp-forces-footballer-who-contracted-malaria-to-get-off-air-ambulance-so-he-could-spend-summer-in-europe/
https://www.libyaherald.com/2021/08/06/attorney-general-orders-arrest-of-head-of-mini-football-association-head-of-air-ambulance-service-and-a-co-pilot-launches-investigation-into-footballers-malaria-affair/

+ 04.08.: Entführung. Die Nationale Kommission für Menschenrechte in Libyen (NCHRL) forderte die sofortige und bedingungslose Freilassung von Mansour Atti al-Maghrbi, dem Leiter des libyschen Roten Halbmondes in Adschdabiya, der vor zwei Monaten von Unbekannten entführt wurde.
https://libyareview.com/15401/libyas-human-rights-commission-calls-for-release-of-libyan-red-crescent-society-official/

+ 31.07.: Migration. Vor der libyschen Küste sank ein mit Migranten besetztes Boot, ein zweites fing Feuer und von einem dritten wurden die Menschen übernommen. Sea-Watch gab bekannt, fast 100 Migranten, von denen die meisten Libyer waren, in nur einer Nacht gerettet zu haben. Die zeuge wiederum davon, wie wenig es den libyschen Behörden in Tripolis gelungen ist, das Schleuserwesen einzudämmen.
https://almarsad.co/en/2021/07/31/photos-tragedy-strikes-libyan-children-in-the-mediterranean/
Es ist bestens bekannt, welche Milizen für das Schleuserunwesen verantwortlich sind, ohne dass gegen sie vorgegangen wird.

+ 31.07.: Migration. Ocean Viking rettete vor der libyschen Küste 400 Migranten, darunter mindestens zwei schwangere Frauen und 33 Minderjährige, davon 22 unbegleitet.
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben im ersten Halbjahr 2021 mindestens 1.146 Menschen auf See, als sie versuchten, Europa zu erreichen. SOS Méditerranée hat nach eigenen Angaben seit Februar 2016 mehr als 30.000 Menschen gerettet. Laut Voice of America wirft SOS Méditerranée den EU-Regierungen vor, koordinierte Such- und Rettungsaktionen zu vernachlässigen, um Migranten davon abzuhalten, aus dem kriegszerrütteten Libyen über das Meer zu fliehen.
https://libyareview.com/15329/400-migrants-rescued-off-libyan-coast/

+ 04.08.: Migration. Ägypten fordert Aufklärung über das Schicksal von 250 Ägyptern, die in Libyen arbeiten wollten und in einem Migrantenlager festgehalten werden.
https://libyareview.com/15432/egyptian-mp-demands-whereabouts-of-250-detained-egyptians-in-libya/

+ 02.08.: Italien/Libyen. Der italienischen Außenminister Luigi Di Maio ist mit Delegation auf Staatsbesuch in Libyen. Es ist seine fünfte Libyenreise in diesem Jahr. In Tripolis wurde er vom Vorsitzenden des Präsidialrats, Mohamed al-Menfi, empfangen. Di Maio drückte die Bereitschaft Roms aus, mit Libyen in verschiedenen wirtschaftlichen Bereichen, insbesondere im Süden, zusammenzuarbeiten. Anschließend fanden Gespräche mit GNU-Premierminister Abdelhamid Dabaiba und der Außenministerin Najla al-Mangoush statt.
In Bengasi traf Di Maio mit Feldmarschall Haftar und dem Parlamentspräsidenten Aguila Saleh zusammen.
https://libyareview.com/15359/al-mnifi-holds-talks-with-italian-foreign-minister-in-tripoli/
https://twitter.com/LibyaReview/status/1422253969271885828
Italien will Zugriff auf die Südgrenzen Libyens: Die EU sprich Nato will ihre Grenzen auf Afrika ausdehnen.

+ 04.08.: Italien/Libyen. Die italienische Innenministerin Luciana Lamorgese besprach bei ihrem Besuch in Tripolis mit GNU-Premierminister Dabaiba die Rolle Italiens bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Es ging bei dem Treffen auch um die aktuellen Ereignisse in Tunesien und deren mögliche Auswirkungen auf die Migrationskrise.
https://libyareview.com/15426/libya-seeks-serious-cooperation-with-italy-over-illegal-immigration-crisis/

+ 02.08.: Dezemberwahlen/Wählerregistrierung. Die Hohe Nationale Wahlkommission hat die Frist für die Eintragung in das Wählerregister um zwei Wochen bis zum 17. August verlängert. Libyer im Ausland können sich vom 18. August bis zum 15. September registrieren lassen.
https://libyareview.com/15356/libyas-elections-commission-extends-registration-date/

+ 03.08.: Dezemberwahlen/Wählerregistrierung. Wie die Hohe Nationale Wahlkommission (HNEC) berichtet, haben sich 2,719,167 Libyer für die Wahlen registrieren lassen.
https://www.libyaherald.com/2021/08/03/hnec-voter-registration-update-379091-new-voters-enrolled-on-electoral-register/

+ 03.08.: Dezemberwahlen/LPDF. Da sich der LPDF-Ausschuss, der über Vorschläge über die Verfassungsgrundlagen der Dezemberwahlen beraten und einen Kompromiss finden sollte, nicht einigen konnte, werden vier Vorschläge zurück an das LPDF-(Libysch-politische Dialogforum) verwiesen, wo sie nun zur Abstimmung vorliegen. Der jetzige LPDF-Ausschuss war bereits der vierte seiner Art, der zu keinem abschließenden Ergebnis gelangte.
https://www.libyaherald.com/2021/08/03/the-lpdf-bridging-proposals-committee-unable-to-agree-on-constitutional-basis-for-24-december-elections-four-proposals-referred-to-lpdf-plenary/

+ 04.08.: Parlament/Dezemberwahlen. Ein Wahlgesetz bezüglich der Direktwahl des libyschen Präsidenten wurde vom Parlament nicht verabschiedet. Das Wahlgesetzt sollte Kriterien für die Bewerber benennen. Einige Parlamentarier meinten, dass der libysche Präsident keine andere Staatsangehörigkeit besitzen sollte, andere, dass er nicht aus dem militärischen Bereich stammen dürfe, wieder andere bestanden darauf, dass Saif al-Islam Gaddafi kandidieren kann.
https://www.libyaherald.com/2021/08/04/hor-fails-to-pass-presidential-election-law-after-monday-and-tuesday-sessions/

+ 04.08.: Parlament/Haushalt 2021. Nachdem die GNU-Regierung der Libyschen Nationalarmee (LNA) ein Budget von 2,5 Milliarden LD zuwies, könnte einer Haushaltsannahme durch das Parlament der Weg geebnet werden. Die GNU-Regierung legte einen nochmals erhöhten Haushaltsentwurf von 111 Milliarden LD vor, obwohl vorher schon die Höhe des Haushaltentwurfs kritisiert worden war.
https://www.libyaherald.com/2021/08/04/libyas-latest-ld-111-bn-draft-2021-budget-likely-to-pass-as-hafter-and-his-army-finally-allocated-ld-2-5-bn/

+ 04.08.: Waffen. Die libysche Militärstaatsanwaltschaft hat das Tragen von Waffen bei Hochzeitsfeiern mit sofortiger Wirkung verboten. Bei Zuwiderhandlung kann der Täter, aber auch der Bräutigam, der die Ausübung des libyschen Brauchs nicht unterband, zu lebenslanger Haft verurteilt werden.
https://libyareview.com/15408/life-sentence-term-for-celebratory-gunfire-libya/

+ 04.08.: Diplomatischer Dienst. Die libysche Außenministerin al-Mangoush hat die libysche Botschafterin in Washington, Wafa Bughaighis, ihres Amtes enthoben, da diese sich weigert, die Anweisungen des Außenministeriums zu befolgen. Ihr Aufenthalt in den USA werde als illegal betrachtet. Kahled ad-Daif soll interimsmäßig die Arbeit von Bughaighis übernehmen.
https://libyareview.com/15435/libyan-foreign-minister-dismisses-ambassador-to-the-us/

+ 05.08.: Waffenstillstand. Zum ersten Mal bereiten sich die libyschen Parteien auf die Entsendung lokaler und internationaler Beobachter zur Überwachung der Waffenruhe vor. Es soll eine Kommission nach dem Vorbild der 5+5-Militärkommission gebildet werden.
https://libyareview.com/15442/libya-prepares-to-deploy-local-international-ceasefire-observers/

+ 05.08.: Deutscher Botschafter. Der neue deutsche Botschafter in Libyen, Michael Ohnmacht, hat diese Woche sein Beglaubigungsschreiben an die libysche Außenministerin Najla al-Manqoush übergeben. Ohnmacht war zuvor Leiter der Abteilung für den Nahen Osten und Nordafrika im deutschen Außenministerium.
https://libyareview.com/15447/new-german-ambassador-to-libya-i-look-forward-to-germanys-continued-positive-role-in-libya/
Die Kommentare des bisherigen deutschen Botschafters in Libyen, Oliver Owcza, waren mehr als übergriffig. Man hofft auf Besserung.

+ 06.08.: Bestechlichkeit/GECOL. Mehrere Mitarbeiter der staatlichen General Electricity Company of Libya (GECOL) werden vom Generalstaatsanwalt as-Siddiq as-Sour wegen Bestechlichkeit strafrechtlich verfolgt. Zwei Mitarbeiter wurden wegen der Annahme von Geschenken vor Gericht gestellt.
https://libyareview.com/15449/libyas-attorney-general-to-prosecute-gecol-employees-over-bribery/

+ 05.08.: US-Botschafter. Der US-Botschafter in Libyen, Norland, ist der Meinung, Feldmarschall Khalifa Haftar könne zur Einigung der libyschen Armee beitragen.
Und in Bezug auf die eingefrorenen libyschen Gelder: „Die Vereinten Nationen haben große Summen libyscher Gelder eingefroren und dieses Problem sollte gelöst werden.“ Mit zunehmender Stabilität sollten Gespräche darüber begonnen werden, unter welchen Bedingungen diese Gelder freigegeben werden können. Das Geld sollte der libyschen Wirtschaft zugutekommen.
Im Juni ließ die tunesische Zentralbank wissen, dass in Tunesien geschätzt 140 bis 150 Millionen USD an libyschem Vermögen eingefroren sind.
https://libyareview.com/15451/ambassador-norland-discusses-unfreezing-libyas-frozen-funds/
Haftar könne zur Einigung der libyschen Armee beitragen? Was soll denn das bedeuten?
Und: Was gehen die USA die libyschen Gelder an? In welche Taschen werden freigegebene Gelder versickern?
Es muss sichergestellt werden, dass das Geld der libyschen Bevölkerung zugutekommt.

+ 06.08.: Diebstahl. Aus der Stromverteilereinheit Tripoli/al-Kramia wurden 3,6 km Kabel der Hochspannungsleitung gestohlen.
https://twitter.com/MstrMax11/status/1423709669143547908