Bei den Gemeinderatswahlen am 16. November erreichen Listen und Kandidaten der Bewegung Saif al-Islam Gaddafi überwältigende Ergebnisse. Durch eine Änderung der Verwaltungsstrukturen versucht der Premierminister der Tripolis-‚Regierung‘, Abdulhamid Dabaiba, einzelne Ergebnisse zu revidieren.
Am 16. November fanden in Libyen Gemeinderatswahlen statt. Die Wahlkommission gab bekannt, dass 92 Prozent der Wähler, die sich vorher hatten registrieren lassen, ihre Wahlkarte erhalten hatten, um in 58 Gemeinden und 777 Wahllokalen zur Wahl zu gehen. Diese Kommunalwahlen sind in zwei Wahlgänge aufgeteilt, der erste fand am 16. November 2024 statt, der zweite soll am 1. Januar 2025 in weiteren 58 Gemeinden folgen.
Als die Wahllokale um 18 Uhr schlossen, betrug die Wahlbeteiligung 74 Prozent. Von verschiedenen Wahlbeobachtern und politischen Akteuren in und außerhalb Libyens wurde die Durchführung dieser Kommunalwahlen durchgängig positiv bewertet, da sie ohne Störungen, ruhig und geordnet verliefen. Auch etliche Politiker wurden bei der Stimmabgabe gesichtet, darunter Parlamentspräsident Agila Saleh. Ein vorläufiges Ergebnisse sollte innerhalb von zwei bis drei Tagen bekannt gegeben werden, die Einspruchsfrist 21 Tage betragen.
Vereinzelt wurde Kritik geübt, wie dass es ungerechtfertigte Änderungen am Text für die Aufstellung der Wahllisten gegeben habe, oder dass sich insgesamt zu wenige Menschen als Wähler registrieren ließen. Letzteres wurde mit der Enttäuschung darüber begründet, dass die für den Dezember 2021 angekündigten Wahlen einfach kurzfristig abgesagt worden waren, um einen Wahlsieg von Saif al-Islam Gaddafi zu verhindern.
Ruf nach baldigen Parlaments- und Präsidialwahlen
Laut der britischen Zeitung Al-Arab versetzte die gelungene Abhaltung der Kommunalwahlen der herrschenden politischen Klasse in Libyen einen schmerzhaften Schlag, da diese ihren Machterhalt einzig mit der Verweigerung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sichern kann. Laute Stimmen erhoben sich in ganz Libyen, die endlich die Abhaltung von allgemeinen Wahlen forderten. Diese würden es den Millionen registrierter Wählern ermöglichen, ohne Einschränkungen ihre Vertreter selbst zu bestimmen.
Unterstützer von Saif al-Islam Gaddafi erfolgreich – Tripolis-‚Regierung‘ in Panik
Kein Wunder, dass es die aktuellen, nicht durch Wahlen legitimierten Machthaber mit der Angst zu tun bekamen, insbesondere als nach Bekanntgabe der ersten vorläufigen Wahlergebnisses aus verschiedenen Gemeinden Siegesfeiern gemeldet wurden, so aus Gasr ben Gechir, wo die Liste Abradsch Hamam as-Salam den Sieg errungen hatte. In der mächtigen Gemeinde Zintan holte eine von at-Taher Abudschna geführte Liste den Sieg, die als ihre politischen Ziele angab, die Reihen vereinen, die Spaltung überwinden und die Korruption bekämpfen zu wollen. At-Taher Abudschna war von 1992 bis 1997, also noch zu Zeiten der Dschamahirija-Regierung, Präsident der Libyschen Studentenunion.
Als sich die Auszählung der Gemeinderatswahlen ihrem Ende näherte, schien die Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis in Panik zu geraten. Sie gab bekannt, das Verwaltungssystem, nachdem die Kommunen aufgeteilt sind, ändern zu wollen. Bestimmte Gemeinden sollten aufgelöst und anderen Gemeinden zugeschlagen sowie neue Gemeinden gegründete werden.
Zamzam, Tawerga und Misrata
Die Bewohner von Wadi Zamzam protestierten am 18. und 20. November gegen den Beschluss von Dabaiba, ihre Gemeinde aufzulösen und verwaltungstechnisch der Stadt Misrata zuzuordnen. Auch die Einwohner von Wadi Bay, Abundschim und Um al-Haschim lehnten die Dabaiba-Entscheidung der Neuaufteilung von Gemeindegebieten ab. Die Einwohner würden ihrer Rechte beraubt und als Bürger nicht ernst genommen.
Auch in der Gemeinde von Tawerga ist die Empörung darüber, in die Gemeinde von Misrata eingegliedert zu werden, groß. Dort rief man die Kampagne Die Gemeinde ist mein Recht ins Leben und drohte zivilen Ungehorsam und die Aussetzung der Arbeit des Gemeinderats an. Tawerga habe als eigenständige Gemeinde mit eigenem Wahlbezirk an den Kommunalwahlen teilgenommen.
Dazu muss man wissen, dass Misrata die Hochburg der türkisch-stämmigen Bevölkerung Libyens ist, da sich dort zu Zeiten des Osmanischen Reiches Türken ansiedelten. 2011 war Misrata mit ausländischen Regierungen und der Nato verbündet und maßgeblich am Kampf gegen die damalige Dschamahirija-Regierung beteiligt. Es war auch Misrata, wo der geschundene Leichnam von Oberst Muammar al-Gaddafi zur Schau gestellt wurde. Die meist dunkelhäutige Bevölkerung von Tawerga, die 2011 auf Seiten von Gaddafi stand, wurde von Misrata massakriert beziehungsweise vertrieben. Um ihre Heimkehr und um Aussöhnung wird heute noch gerungen. Und ausgerechnet dieses Tawerga will Dabaiba nun Misrata unterstellen.
Misrata ist heute immer noch eng mit der Türkei verflochten, die ihrerseits militärisch mittels Milizen und den im westlichen Libyen eingerichteten Militärstützpunkten die Tripolis-‚Regierung‘ unterstützt. Von der überwältigenden Mehrzahl der Libyer wird die Türkei als neue Besatzungsmacht empfunden, die ungute Erinnerungen an die fast 600-jährige Beherrschung durch das Osmanische Reich weckt. Allerdings werden zwischenzeitlich auch in Misrata die Stimmen immer lauter, die mit der gegenwärtigen Situation unzufrieden sind.
Am 21. November sollen die Wahlurnen, in denen die Stimmzettel für den Stadtrat von Misrata abgegeben wurden, noch immer weder gezählt noch nach Tripolis geschickt worden sein. Die Misrata Joint Force unter dem Kommando von Omar Ghadada, die mit Dabaiba verbunden ist, hält sie unter dem Vorwand ihrer Sicherung zurück.
Saif al-Islam Gaddafi meldet sich zu Wort
Die Vertreter und Anhänger der Bewegung Saif al-Islam Gaddafi konnten schon bald einen erdrutschartigen Sieg der von ihnen aufgestellten Listen und Amtsträger verkünden. Doch nur kurze Zeit später musste Nasser Ammar, Kommandeur der Bewegung Vulkan des Zorns, nach Bekanntwerden der Pläne für die Gemeindeumstrukturierungen befürchten, dass die Ergebnisse der Kommunalwahlen zu Ungunsten der Bewegung von Saif al-Islam Gaddafi manipuliert werden sollen.
Der Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi meldete sich selbst zu Wort und erklärte, man habe dank Gott einen Erdrutschsieg bei den Wahlen errungen. Es werde denjenigen, die diese Wahrheit unterdrücken wollten, dies nicht gelingen. Unterstützt wurde diese Aussage nicht nur von Nasser Ammar, sondern die Stimmen mehren sich, die von versuchtem Wahlbetrug sprechen. So äußerte Dschamal Schwaib, ehemaliger Leiter der Organisation Zukunft Afrika, seine Zustimmung zu den Aussagen von Saif al-Islam Gaddafi.
Um die Stimmung, die in Libyen herrscht, zu veranschaulichen, sei ein Ereignis am 19. November 2024 genannt, als das Internationale Fußballstadion von Tripolis nach dem Spiel gegen Benin unter den Sprechgesängen der Menge bebte, die skandierte: „Allein Gott, Muammar und Libyen!“. Auf allen Zuschauertribünen wurde der vor 13 Jahren ermordete Oberst mit dieser politischen Botschaft gefeiert.
Dabaiba-‚Regierung‘ disqualifiziert sich
Suleiman al-Bayoudi, ein weiterer Präsidentschaftskandidat, erklärte, der Umgang von Dabaiba mit den Ergebnissen der Kommunalwahl disqualifiziere seine ‚Regierung‘, für die Durchführung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen verantwortlich zu sein, denn sie missachte den Wählerwillen. Auch einzelne Mitglieder des Staatsrats wie Belgasem Gazit sehen in der Dabaiba-Entscheidung eine Missachtung des Willens der Bevölkerung und des demokratischen Prozesses. Dies führe zu Konflikten und Spannungen.
Die Parlaments-‚Regierung‘ im östlichen Libyen warf Abdulhamid Dabaiba vor, mit seinen Beschlüssen zur Umstrukturierung der Gemeinden Chaos zu verbreiten und proklamierte deren Ungültigkeit.
So provoziert Dabaiba selbst das Chaos, auf das er sich bei der Verweigerung von Wahlen berufen wird. Das immerhin hat er geschafft. Dabaiba hat es zu verantworten, dass diese so positiv verlaufenen Kommunalwahlen im Missklang enden.
Am 21. November ließ die Wahlkommission verlauten, dass die offiziellen Ergebnisse nicht in zwei bis drei Tagen, sondern erst in einer Woche bekanntgegeben werden. Der Sortier- und Zählvorgang erfolge in Anwesenheit von Beobachtern und werde von der Kommission kontrolliert. Inschallah!
Nachtrag 25. November 2024:
+ Am 24. November bekräftigt die Wahlkommission ihre Neutralität. Ab dem Nachmittag gab die Wahlkommission die Ergebnisse und das Abschneiden der einzelnen Listen in verschiedenen Gemeinden bekannt. Bei Listen mit gleicher Stimmenzahl soll das Losverfahren angewandt werden. Die Wahlkommission weist darauf hin, dass Einsprüche gegen die vorläufigen Ergebnisse der Gemeinderatswahlen (erste Gruppe 2024) innerhalb von zwei Tagen nach Veröffentlichung der Ergebnisse eingelegt werden müssen.
+ Die Listen der Bewegung von Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi gewinnt die Kommunalwahlen in den östlichen, südlichen und westlichen Regionen Libyens.
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