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Schlagwort: Frankreich (Seite 11 von 14)

Kurznachrichten Libyen – 30.03.2021

Morde und Entführungen nehmen Überhand / Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland / Miniverfassung ermöglicht Wahlen / Spritknappheit in Tripolis

Morde und Entführungen

+ 29.03.: Mord/Damona. Der Milizionär Mohamed Salem (alias Damona) wurde in Tripolis ermordet. Bewaffnete eröffneten das Feuer auf das Fahrzeug, in dem Damona mit zwei Leibwächtern unterwegs war. Letztere wurden bei dem Anschlag schwer verletzt.
Damona war Sicherheitschef der dschihadistischen Nationalen Heilsregierung und ein Kommandant der Samoud-Miliz, die unter dem Befehl von Salah Badi steht.
Der Anschlag gleicht dem, der letzte Woche in Bengasi ausgeführt wurde und zum Tod des LNA-Kommandanten al-Werfalli führte.
2018 war Damona beim Angriff der Kani-Miliz und der Samoud-Miliz auf Tripolis beteiligt, mit der die ‚Einheitsregierung‘ von Sarradsch gestürzt werden sollte. Der Angriff wurde von den Tripolis-Milizen zurückgeschlagen, da die versprochene Unterstützung durch Misrata ausgeblieben war.
https://libyareview.com/11523/al-sumood-brigade-commander-assassinated-in-libyan-capital/

+ 28.03.: Entführung. Laut Kenntnissen des Nationalen Komitees für Menschenrechte in Libyen (NCHRL) wurde Dschamal Adas, der ehemalige Leiter der Kommission für die Zivilgesellschaft in Tripolis, am 27. März im Stadtteil Zenata entführt. Die GNU-Regierung wurde aufgefordert, sich für seine sofortige Sicherheit und Freilassung einzusetzen.
https://libyareview.com/11494/civil-society-worker-kidnapped-in-libyan-capital/

+ 28.03.: Entführung. Acht Ägypter wurden in Bani Walid mitsamt ihres Mercedes entführt.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1376231127518744576

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Libyen – geopolitischer Spielball

USA und EU ziehen beim Kampf um den Zugriff auf Libyens Ressourcen wieder an einem Strang.

Abdel Rahman Shalgam, ehemaliger libyscher Außenminister und bis 2011 libyscher Vertreter bei den UN, der bereits im Februar 2011 zu den ‚Rebellen‘ überlief, analysierte die Rolle der europäischen Staaten und der USA in Libyen.[1]

Wie Shalgam schreibt, kamen die drei europäischen Außenminister aus Frankreich, Deutschland und Italien am 25. März 2021 direkt von einem Nato-Treffen in Brüssel, an dem auch der US-Außenminister Blinken teilgenommen hatte, zu einem ‚Überraschungsbesuch‘ nach Tripolis. Nach der Rückkehr aus Tripolis traf sich der italienische Außenminister Di Maio wiederum in Brüssel mit dem US-Außenminister. Statt der angesetzten zwanzig Minuten dauerte das Gespräch mit Blinken eine volle Stunde. Dies deute laut Shalgam auf ein gesteigertes Interesse der USA an Libyen und dem Wunsch nach einem gemeinsamen Handeln hin.

Vorher war der Vorsitzende des libyschen Präsidialrats al-Minfi bereits zu politischen Gesprächen in Paris gewesen. Dabei hatte Macron sein verstärktes Engagement in Libyen betont und den Abzug aller ausländischen Truppen aus Libyen gefordert. Diese Abzugsforderung wurde auch von den drei europäischen Außenministern am 26. März in Tripolis bekräftigt.[2]

Frankreich wünscht sich ebenso wie Italien, dass die Südgrenzen Libyens gesichert und kontrolliert werden. Während für Italien vor allem das Problem der illegalen Migration im Vordergrund steht, fürchtet Frankreich um seine Uran-, Gold und sonstigen Pfründe in der Sahelregion, wo es sich in Mali und im Niger stark militärisch engagiert. Die saharischen Grenzgebiete werden augenblicklich von dort ansässigen Stämmen wie den Tibu kontrolliert, deren Siedlungsgebiete grenzüberschreitend sind.

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Kurznachrichten Libyen – 25.03.2021

LNA-Kommandant fällt Attentat zum Opfer / Friedensaktivist verschleppt und sein Kamel geschlachtet / Maas auf Kurzbesuch in Tripolis / Menfi in Paris und Kairo

Attentat auf LNA-Kommandanten al-Werfalli

+ 24.03.: Mahmoud Mustafa al-Werfalli, Kommandant der Eliteeinheit der Libyschen Nationalarmee (LNA), wurde in Bengasi ermordet. Bewaffnete eröffneten auf ihn und seine Begleiter das Feuer. Ein Begleiter Werfallis starb noch vor Ort, Werfalli später in einer Klinik in Bengasi.
Werfalli – ein Hassobjekt der Dschihadisten. Am 23. Januar 2018 verübten Dschihadisten vor einer Moschee in Bengasi ein Doppelattentat, bei dem über 40 Menschen starben und mehr als 80 zum Teil schwer verletzt wurden. Die Moschee wurde von Anhängern eines politisch neutralen Islams besucht. Zwei Tage nach dem tödlichen Anschlag erschoss al-Werfalli vor dieser Moschee zehn Gefangene der LNA, die dem IS und anderen extrem-islamistischen Gruppen zugerechnet wurden, bei einer außergerichtlichen Exekution. Der IStGH verhängte gegen al-Werfalli einen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1374769283499188224
https://twitter.com/LibyaReview/status/1374768618685235200
https://www.freitag.de/autoren/gela/terroranschlag-in-bengasi-mit-34-toten
IS und al-Kaida nahe Gruppen scheinen erneut zu versuchen, den Aussöhnungsprozess in Libyen zu zerstören.

Gefangennahme eines Friedensaktivisten und Schlachtung seines Kamels/Zawiya.

24.03.: Der junge Libyer Abdel-Ali al-Habouni war auf einer Friedensmission unterwegs als er in der Stadt Zawiya (an der Mittelmeerküste, westlich von Tripolis) von Milizen gefangengenommen und sein Kamel geschlachtet wurde. Zawiya ist das führende Schmuggler- und Schleusernest an der libyschen Küste. Dort ist auch die Libysche Küstenwache von Zawiya beheimatet.
Zunächst war auch der Bürgermeister von al-Radschban (nahe al-Dschamail) und sein Stellvertreter verhaftet worden, später wurden sie aber wieder freigelassen. Künstler und Repräsentanten der Gemeinde von Radschban hatten al-Habouni freudig begrüßt.
Al-Habouni war zunächst weit im Osten Libyens von seinem Heimatort Imsaad (nahe Tobruk) zu Fuß zu einer 9.000 Kilometer langen Friedensreise aufgebrochen, die ihn durch alle Regionen des Landes führte und an der Grenze zu Tunesien enden sollte. In Tobruk schenkten ihm Angehörige seines Stammes, der al-Haboun, für die Weiterreise ein Kamel, das ihm in Zawiya weggenommen und geschlachtet wurde.
Während seiner Reise hatte al-Habouni Botschaften des Friedens und der Liebe an die Bewohner Libyens gesandt.
Der al-Haboun-Stamm hat seine Gefangennahme verurteilt, sieht sich aber weiterhin dem Friedensgedanken verpflichtet und erklärte: „Diese Tat fällt nur auf die Täter zurück. Vielleicht leiden die ehrlichen Menschen von Zawiya genauso unter der Trauer und bedauern diese Tat ebenso wie wir“. Sie forderten die „ehrenwerten Scheichs von Zawiya“ auf, schnell zu intervenieren, um al-Habouni freizulassen und seine Sicherheit zu garantieren. „Wir bekräftigen, dass es kein Leben ohne Frieden gibt und Frieden gleich Leben ist“, heißt es in der Erklärung.
https://twitter.com/ThisIsLibya/status/1374454382134054915
https://libyareview.com/11373/libyan-militias-kidnap-peace-traveler-al-habouni-in-zawiya-kill-his-camel/
https://libyareview.com/11386/al-habounis-tribe-condemns-his-arrest-in-zawiya-demand-his-release/
https://www.freitag.de/autoren/gela/kraftstoffschmuggel-im-grossen-stil-1

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Kurznachrichten Libyen – 22.03.2021

19.03.2011: Beginn des Bombenkriegs gegen Libyen / Klage gegen Sarradsch und Erdogan am IStGH eingereicht / Korruptionsvorwürfe gegen neue und alte Einheitsregierung

Zum zehnten Mal jährt sich der Tag, an dem die Nato ihren Angriffskrieg gegen Libyen begann

19.03.2011: Manlio Dinucci gibt auf Voltaire.net eine Antwort auf die Frage: „Warum die NATO Libyen vor zehn Jahren zerstörte“. Dinucci weist darauf hin, dass Libyen eigentlich ein Verbündeter der USA im Kampf gegen Dschihadismus und extremistische Gruppierungen des politischen Islams war und hält die US-amerikanische Raffgier für den wichtigsten Kriegsgrund.
Zunächst unter dem Kommando von Africom, dann unter Nato-Kommando kamen in Libyen Kampfjets zum Einsatz, wurde von Flugzeugträgern und Kriegsschiffen aus Krieg gegen Libyen geführt. Doch „schon vor der Luftoffensive wurden in Libyen regierungsfeindliche Stämme und islamistische Gruppen finanziert und bewaffnet und von Spezialeinheiten, insbesondere aus Katar, infiltriert, um die bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb des Landes auszuweiten“.
Dinucci: „So wird dieser afrikanische Staat zerstört, der, wie die Weltbank 2010 dokumentierte, ein >hohes Wirtschaftswachstum< erzielte mit einem jährlich um 7,5 Prozent wachsenden BIP und >hohe Indikatoren für die menschliche Entwicklung< verzeichnete, darunter den allgemeinen Zugang zu Grund- und Sekundarbildung und mehr als 40 Prozent Universitätsabsolventen. Trotz der Disparitäten war der durchschnittliche Lebensstandard in Libyen höher als in allen anderen afrikanischen Ländern. Etwa zwei Millionen Einwanderer, die meisten von ihnen aus Afrika, fanden dort Arbeit. Der libysche Staat mit den größten Reserven an Erdöl und Erdgas in Afrika, begrenzte die Gewinnmargen für ausländische Konzerne. Dank des Rohstoffexports wies die libysche Handelsbilanz einen Jahresüberschuss von 27 Milliarden Dollar auf. Der libysche Staat investierte im Ausland rund 150 Milliarden Dollar. Die libyschen Investitionen in Afrika waren entscheidend für das Vorhaben der Afrikanischen Union, drei Finanzorganisationen zu schaffen: den Afrikanischen Währungsfonds mit Sitz in Yaoundé (Kamerun), die Afrikanische Zentralbank mit Sitz in Abuja (Nigeria), die Afrikanische Investitionsbank, mit Sitz in Tripolis. Diese Organisationen hätten es ermöglicht, einen gemeinsamen afrikanischen Markt und eine gemeinsame Währung zu schaffen.
Es war kein Zufall, dass der NATO-Krieg zur Zerstörung des libyschen Staates nicht einmal zwei Monate nach dem Gipfel der Afrikanischen Union begann. Diese hatte am 31. Januar 2011 grünes Licht für die Gründung des Afrikanischen Währungsfonds gegeben, wie aus den von WikiLeaks veröffentlichten E-Mails der damaligen Außenministerin der Obama-Regierung, Hillary Clinton, hervorgeht. Ziel der USA und Frankreichs war es, Gaddafi zu eliminieren, bevor er die Goldreserven Libyens nutzten konnte, um eine pan-afrikanische, alternative Währung zum US-Dollar und zum CFA-Franc (diese Währung hatte Frankreich seinen 14 ehemaligen Kolonien aufgezwungen) zu schaffen. Dies wird auch dadurch belegt, dass 2011 noch vor Beginn des Bombardements, die Banken in Aktion traten: Sie konfiszierten die 150 Milliarden USD, die der libysche Staat im Ausland investiert hatte und von denen der größte Teil verschwunden ist. Bei diesem Raubzug tat sich besonders die mächtigste US-Investmentbank Goldman Sachs hervor, deren Vizepräsident Mario Draghi war.“
In der Nachfolge des Krieges wurden afrikanische Migranten unter der Beschuldigung, >Gaddafi-Söldner< zu sein, in Käfige gesteckt, gefoltert und ermordet. In Tawerga wurde eine ethnische Säuberung durchgeführt. Fast 50.000 libysche Bürger seien vertrieben worden. Dinucci macht auch das italienische Parlament für diese Gräuel verantwortlich, das am 18. März 2011 dafür stimmte, >jede Initiative (d.h. Kriegseintritt Italiens gegen Libyen) zu ergreifen, um den Schutz der Menschen in der Region zu gewährleisten<.
Laut Dinucci stecken sich heute bestimmte Machtgruppen und multinationale Konzerne, begünstigt durch die chaotische Situation im Land, die Erdöleinnahmen in die Taschen. Der Lebensstandard der Libyer sei eingebrochen, für chaotische Migrationsströme seien Menschenhä
https://www.voltairenet.org/article212441.html

Nato-Krieg/Geheimverhandlungen/Saif al-Islam Gaddafi. Der britische Independent berichtete über Geheimgespräche, die von Norwegen 2011 vermittelt worden waren mit dem Ziel, den Nato-Krieg gegen Libyen zu beenden. Letztendlich seien diese Verhandlungen gescheitert, mit den bekannten Folgen.
Der damalige norwegische Außenminister Jonas Store, der an den Verhandlungen 2011 teilnahm, beschuldigte Frankreich und Großbritannien, sich einer Verhandlungslösung in Libyen widersetzt zu haben. Er habe nicht das Gefühl gehabt, dass London und Paris über eine diplomatische Option nachdenken wollten: „Wenn in der internationalen Gemeinschaft der Wunsch bestanden hätte, diesen Weg mit einigem Engagement zu verfolgen, denke ich, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, ein weniger dramatisches Ergebnis zu erzielen und den Zusammenbruch des libyschen Staates zu vermeiden“.
Dem damaligen französischen Präsidenten Sarkozy und dem britischen Premier Cameron wird vorgeworfen, die damalige libysche Dschamahirija-Regierung um jeden Preis gestürzt haben zu wollen. Am 17. März 2011 stimmten die UN für eine Nato-Intervention. In den nächsten sieben Monaten wurden Hunderte von Luftangriffen gegen Libyen geflogen.
Gaddafis Verbündete hätten versucht zu verhandeln. Saif al-Islam Gaddafi habe zu diesem Zweck hochrangige norwegische Beamte nach Tripolis eingeladen. Store berichtet, dass sich „zu der Zeit, als die UN-Resolution in New York verabschiedet wurde, zwei hochrangige norwegische Beamte mit Saif al-Islam im Präsidentenpalast in Tripolis aufhielten. Als die ersten NATO-Luftangriffe bevorstanden, mussten sie eilig über die Grenze nach Tunesien gebracht werden, um ihre Sicherheit zu gewährleisten“.
Norwegen beteiligte sich anschließend an der Bombardierung und warf 600 Bomben über Libyen ab. Gleichzeitig habe der damalige norwegische Premierminister und heutige Nato-Generalsekretär Stoltenberg seinen Außenminister Store darum gebeten, die Geheimverhandlungen fortzuführen. Nach wochenlangen Verhandlungen habe Store am 27. April 2011 in einem Osloer Hotelzimmer ein Treffen zwischen hochrangigen Vertretern der Dschamahirija und der libyschen ‚Opposition‘ vermittelt. Die Dschamahirija war durch Mohammed Ismail, Saif al-Islams rechte Hand, vertreten, die ‚Opposition‘ durch Ali Zeidan, der dem Nationalen Übergangsrat angehörte. Es habe einen „umfassenden Plan“ zur Beendigung des Kriegs gegeben. Muammar al-Gaddafi sei bereit gewesen, auf die Macht zu verzichten, wollte aber das Land nicht verlassen. Erst ganz zum Schluss habe sich Gaddafi doch noch bereit erklärt, ins Exil zu gehen. Allerdings seien laut Store die großen westlichen Länder nicht an einer Verhandlungslösung interessiert gewesen: „Wenn es den Willen dazu gegeben hätte, wäre eine Art Waffenstillstand möglich gewesen, um diplomatische Schritte zu ergreifen.“ Doch der politische Wille fehlte.
Store, der jetzt Norwegens oppositionelle Arbeiterpartei führt, kam zu dem Schluss, dass das Scheitern dieser Verhandlungen umso tragischer war, als dadurch Libyen für die nächsten zehn Jahre zum „Schlachtfeld für andere Länder“ wurde.
http://en.alwasat.ly/news/libya/314641

Russland: Laut einer Stellungnahme Moskaus zerstörte die Intervention der Nato in Libyen die Staatlichkeit und ließ Terrorismus und Migrationskrise ansteigen. Dies sollte die tatsächlichen Kosten einer Politik des Regime-Change deutlich machen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1373057530474205188

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Kurznachrichten Libyen – 23.02.2021

Innenminister Bashagha: Attentat, Unfall oder False-Flag? / Milizen in Tripolis / Riesenbetrug bei Importen durch libysche Bank / Türkei verschafft sich Warenmonopol

+ 21.02.: Bashagha/SSA: Attentat – Unfall – False Flag? Auf die Autokolonne des Innenministers von Tripolis, Fathi Bashagha, wurde angeblich ein Anschlag verübt. Einer von Bashaghas Sicherheitsleuten wurde verwundet, einer der Angreifer starb, zwei weitere wurden festgenommen. Sie gehören dem Stability Support Authority (SSA) an. Laut ihnen soll es sich nicht um ein Attentat, sondern um ein Missverständnis gehandelt haben, das auf schlechte Koordination zurückzuführen sei.
Der noch amtierende, aber sich in Italien zur medizinischen Behandlung befindliche Premierminister der ‚Einheitsregierung‘ Faiez Sarradsch hatte die neu geschaffene Sicherheitstruppe, die Stability Support Authority, erst im Januar ins Leben gerufen. Sie soll seiner direkten Kontrolle unterstellt sein und wird von dem Milizenführer al-Kikli (alias Ghenewa) geleitet, sein Stellvertreter ist der neue Kommandeur der Tripoli Revolutionaries Brigade Ayoub Aburas (vormals wurden die TRB von Haitham Tadschuri geleitet).
Zwischen Sarradsch und Bashagha, von denen jeder seine eigenen Milizen unterhält, ist schon seit geraumer Zeit ein Machtkampf entbrannt.
https://twitter.com/smmlibya/status/1363573509507715076
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1363558014217838594
Fathi Bashagha ist mit sage und schreibe einer Wagenkolonne von 60 (!) Fahrzeugen in Tripolis unterwegs – zum Schrecken aller anderen Verkehrsteilnehmer.
Bashagha ist ein Mann der Moslembruderschaft und war einer der führenden Köpfe der dschihadistischen
Libyan Islamic Fightung Group (LIFG), der allerdings gemeinsam mit seinem Gegenspieler Parlamentspräsident Agila Saleh die Wahlliste der LPDF für eine neue libysche Exekutive anführte, die dann aber der Liste von al-Dabaiba und Menfi unterlag.

+ 22.02.: Bashagha/SSA. Die Stabilization Support Authority (SSA) schildern den Vorgang so: Ein gepanzerter Wagen der SSA sei Bashaghas Autokolonne begegnet und die Wachen von Bashagha hätten unrechtmäßig das Feuer auf dieses gepanzerte Fahrzeug eröffnet. Bashaghas Leute hätten sich nicht ausreichend mit der SSA koordiniert. Es habe sich um keinen Attentatsversuch gehandelt.
https://almarsad.co/en/2021/02/22/stabilization-support-authority-we-will-pursue-those-involved-in-the-shooting-of-our-employees-by-law/

+ 22.02.: Bashagha/SSA. Videos, die auf AlMarsad veröffentlicht wurden, sollen zeigen, wie auf den verletzt am Boden liegenden Radwan al-Hingari, Mitglied der Stabilization Support Authority, geschossen wird. Sein Wagen hatte sich überschlagen und er lag verletzt am Boden.
Auf einer Überwachungskamera ist festgehalten, wie zunächst ein Wagen des Bashagha-Konvois, der mit hoher Geschwindigkeit unterwegs war, mit dem Fahrzeug der Stabilization Support Authority (SSA) zusammenstößt. Dieses kippte zur Seite und rutschte auf die gegenüberliegende Fahrbahn. Mehrere Menschen versuchten, die darin befindlichen Personen zu retten. Doch dann kamen die Sicherheitsleute von Bashagha und gaben Schüsse ab. Al-Hingari starb, zwei weitere Personen wurden verletzt.
Das gerichtsmedizinische Gutachten sagte allerdings, dass die Verletzungen von al-Hingari ausschließlich auf den Unfall zurückzuführen seien.
Es wird die Untersuchung des Vorfalls durch eine unabhängige Behörde gefordert.
https://almarsad.co/en/2021/02/22/special-video-shows-bashaghas-guards-shooting-after-al-hingaris-car-overturned/

+ 21.02.: Bashagha/Badaida. Der designierte Premierminister al-Dabaiba verurteilt den Anschlag auf Bashagha und fordert strafrechtliche Verfolgung der Täter. Auch Menfi bedauerte die Tat und forderte eine Untersuchung.
https://twitter.com/smmlibya/status/1363573509507715076
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1363560636492509187

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10 Jahre Krieg in Libyen – Was 2011 wirklich geschah

Im Februar 2011 begann ein Krieg, der Libyen seiner Freiheit, Souveränität und seines Wohlstands beraubte und der bis heute andauert

In Bengasi kam es am 15. Februar 2011 zu ersten Anti-Gaddafi-Protesten von wenigen hundert Personen. Es erfolgte ein von im Ausland lebenden Libyern initiierter Aufruf zum ‚Tag des Zorns‘ am 17. Februar 2011. Ihm folgten in einigen Städten mehrere Tausend Demonstranten. Bereits fünf Jahre vorher war es in Bengasi am 17. Februar bei Protesten gegen die Mohammed-Karikaturen zu Gewalttätigkeiten gekommen, als von Islamisten das italienische Konsulat in Brand gesteckt wurde. Bei den damaligen Unruhen waren zehn Personen ums Leben gekommen. Es war also klar, aus welcher Richtung auch 2011 die Proteste kamen.

Die Demonstrationen schlugen umgehend in Gewalttätigkeiten um. Die FAZ berichtete am 18. Februar 2011 von 200 Demonstranten in Bengasi, die des Nachts Brandsätze gelegt, Steine geworfen und den Rücktritt der Regierung gefordert hatten. Von den 14 Verletzten seien zehn Angehörige der Sicherheitskräfte gewesen. Am 21. Februar schrieb die Presseagentur AFP, bewaffnete Islamisten hätten in Derna, das schon immer eine Hochburg der Dschihadisten gewesen war, den Hafen und ein nahe gelegenes Armeedepot gestürmt, Soldaten und Zivilisten als Geiseln genommen und zu erschießen gedroht, falls sich die libysche Armee nicht aus der Stadt zurückziehe. Und die britische BBC zitierte Bauarbeiter aus der Türkei, die berichteten, wie achtzig Mitarbeiter ihrer Firma aus dem Tschad mit Äxten von ‚Aufständischen‘ niedergemetzelt wurden. Man beschuldigte sie, Söldner Gaddafis zu sein. Nicht berichtet wurde, dass bereits am 15. Februar in Zinten und al-Baida Polizeistationen brannten und Polizisten nach späteren Aussagen von Ärzten mit schweren Brandwunden in die Krankenhäuser eingeliefert werden mussten. Zwei Polizisten wurden in Bengasi gelyncht. Mit dieser brachialen Vorgehensweise gelang es den extremistischen Islamisten, Bengasi schon nach fünf Tagen unter ihre Gewalt zu bekommen.[1]

Gezielte Aktionen von agents provocateurs, die in Demonstrationen schossen, Polizisten ermordeten und Polizeireviere in Flammen aufgehen ließen, forderten die Staatsmacht heraus, die eingreifen musste. Daniele Ganser bemerkt, dass „in allen drei NATO-Kriegen [Libyen, Syrien und Ukraine] auf verdeckte Kriegsführung gesetzt wurde… es waren Geheimoperationen, welche die Situation eskalieren ließen, während die Drahtzieher im Hintergrund blieben. Für den UNO-Sicherheitsrat und die Bevölkerung in den NATO-Ländern sind solche Konflikte schwer zu durchschauen, da die an der verdeckten Kriegsführung beteiligten Länder jegliche Kontakte zum Kriegsschauplatz leugnen und ihre Spuren verwischen.“[2]

In dieser Lage ging das libysche Militär mit Maschinenpistolen gegen die ‚Aufständischen‘ vor. Auch wenn es nun tatsächlich unter den Aufständen Todesopfer gab, bestätigten weder die UNO, noch das Pentagon oder westliche Botschaften, dass Gaddafi – wie von der westlichen Presse behauptet – friedliche Demonstranten aus der Luft angreife. Auch der Bundesregierung lagen keine Beweise für eine Bombardierung vor.

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Kurznachrichten Libyen – 15.02.2021

Al-Menfi besucht Haftar, Saleh und die ostlibysche Stadt Tobruk / Stimmen zur ‚Interimsregierung‘ / Besatzungsmacht Türkei

Neue ‚Interimsregierung‘

+ 08.02.: Dabaiba/Staatsangehörigkeit. Laut LibyaDesk lassen Informationen darauf schließen, dass der neu bestimmte Premierminister Abdul Hamid Dabaiba eine zweite Staatsangehörigkeit besitzt. Das Wahlverfahren hatte aber die Voraussetzung, dass die Kandidaten nur einen libyschen Pass besitzen dürfen oder dass eine Erlaubnis der libyschen Sicherheitsbehörden für eine zweite Staatsangehörigkeit vorliegt. Sollte der Vorwurf zutreffen, kann das Genfer LPDF-Wahlergebnis vor Gericht angefochten werden. Auch steht die Untersuchung der UNSMIL bezüglich des Vorwurfs an Dabaiba, Stimmen gekauft zu haben, noch aus. Die Glaubwürdigkeit der UNSMIL wird dadurch noch mehr erschüttert.

+ 11.02.: Haftar/LNA/Menfi. Der LNA-Oberbefehlshaber Khalifa Haftar empfing den designierten Vorsitzenden des Präsidialrats, Mohamed al-Menfi im Hauptquartier des LNA-Generalkommandos in ar-Radschma und sicherte der neuen ‚Interimsregierung‘ seine Unterstützung zu bei der Zusammenführung der libyschen Institutionen und dem Weg, der zu den Dezemberwahlen führen soll. Menfi war aus Athen kommend in Bengasi eingetroffen.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1359878289704300554/photo/1
https://almarsad.co/en/2021/02/11/marshal-haftar-receives-menfi-at-al-rajma-lna-supports-new-presidency-in-unifying-institutions-and-holding-elections/
Anzumerken bleibt, dass Menfi zuerst Khalifa Haftar und erst danach Agila Saleh, den Parlamentspräsidenten besuchte. Militär sticht Parlament. Menfi war von 2014 bis 2019 als Botschafter in Griechenland tätig bis er aufgrund der Abkommen, die die ‚Einheitsregierung‘ mit der Türkei traf, von Griechenland des Landes verwiesen wurde. Jetzt musste er sich in Griechenland wieder andienen.

+ 12.02.: Tobruk/Menfi. Mohamed al-Menfi wurde in Tobruk vom Bürgermeister, Faradsch Boual-Khattabia, und dem Stabschefs der Luftwaffe, Generalleutnant Saqr al-Dscharoushi, sowie dem Leiter des Generalnachrichtendienstes, Generalmajor Mustafa al-Muqrin, empfangen.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1360187460999917568

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Kurznachrichten Libyen – 01.02.2021

Westliche Milizen-Allianz auf dem Weg nach Tripolis / Libyer glauben nicht an Wahlen im Dezember – Forderung nach sofortigen Wahlen / Genf-Wahlen der UN-SMIL fragwürdig

Neue Milizen-Allianz im westlichen Libyen

+ 27.01.: Zawiya/Milizen. Bewaffnete erschossen in Zawiya (westlich von Tripolis) Mahmoud Sassi Shiwa, einen der Führer des dschihadistischen Libya Revolutionaries Operations Room (LROR), der vermutlich Verbindungen zu al-Kaida in Libyen pflegt. Shiwa war 2014 führend bei der Operation Libya Dawn, die zur Vertreibung des gewählten Parlaments aus Tripolis führte, und bekannt als Unterstützer der dschihadistischen Miliz Schura-Rat der Bengasi-Revolutionäre. 2020 ging Shiwa gegen die salafistische Bewegung in Zawiya vor, um die Moscheen von ihr zu „säubern“.
LROR, das sich 2013 gegründet hatte, wurde vom libyschen Parlament zur Terrororganisation erklärt.
https://libyareview.com/9868/libya-revolutionaries-operations-room-leader-murdered-in-zawiya/+

31.01.: EILMELDUNG LibyanReview: Dutzende gepanzerter Fahrzeuge sind auf der Straße von Zawiya nach Tripolis unterwegs.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1355930336929185792

+ 01.02.: Milizen/Westliches Libyen/Wahlen. Die Milizen im westlichen Teil Libyens kündigen die Bildung einer Koalition an. Sie öffneten die Straßenverbindungen zwischen den Städten, lehnen die Politik Bashaghas und den Dialog mit der UNSMIL ab. Sie fordern nationale Wahlen noch im nächsten Monat.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1356165448954503168
https://twitter.com/MstrMax11/status/1355927598182916096

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Kurznachrichten Libyen – 12.01.2021

‚Einheitsregierung‘ zu „Sicherheitstreffen“ in Türkei / Nationalarchiv bedroht / Parlamentspräsident Saleh in Paris / Dschamahirija fordert Beteiligung an nationalem Dialog

Militärische Lage

+ 11.01.: Aufrüstung. Es werden im schnellen Takt ständig neue Flüge aus der Türkei mit militärischen Transportmaschinen auf den von der Türkei besetzten libyschen Militärbasen gemeldet, während der Termin, bis alle ausländischen Militärs Libyen verlassen sollen, immer näher rückt (23. Januar).
https://libya.liveuamap.com/en/2021/12-january-libyan-media-3-turkish-military-cargo-planes-have

+ 09.01.: Besatzung. Die Grafik zeigt, wie die Türkei den Hafen von Khoms zu einem weiteren Marinestützpunkt ausbaut.
https://twitter.com/Libya_OSINT/status/1347907968562589696

Einheitsregierung

+ 07.01.: Sicherheitstreffen/Türkei. Die Türkei hat eine hochrangige Delegation der ‚Einheitsregierung‘ zu einem dringlichen Sicherheitstreffen mit dem Leiter des türkischen Inlandsgeheimdienstes, Hakan Fidan, einbestellt. Bei der Reise mit dabei: Khaled al-Mishri (Vorsitzender des Hohen Staatsrats) in Begleitung von 16 Sicherheits- und Milizenführern, u.a. Muhammad „al-Hussan“, Ayoub Bouras und Bashir Khalaf Allah alias „Al-Bugrah“. Mit in die Türkei reisten auch: Salah ad-Din an-Namrusch (Verteidigungsminister), Fathi Bashagha (Innenminister) und Emad at-Trabelsi (Leiter des Geheimdienstes). Bei den Gesprächen dürfte es um die Frage des Abzugs aller ausländischen Söldner und türkischen Militärs aus Libyen gehen, für den bei den Vereinbarungen der 5+5-Militärkommission eine Frist bis zum 23. Januar gesetzt wurde. Die Türkei hat bisher den Abzug verweigert.
https://almarsad.co/en/2021/01/07/media-networks-ankara-summons-bashagha-mishri-namroush-and-militia-leaders-for-urgent-meeting/

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Kurznachrichten Libyen – 13.12.2020

Weitere militärische Aufrüstung / Bashagha erteilt al-Kebir Reiseverbot / Internationale Reaktionen auf provokatives Verhalten der Türkei

Militärische Lage

+ 10.10.: Einsatz türkischer Drohnen. Laut der italienischen Zeitung La Repubblica sind am 09.12. türkische Drohnen über die libysche Waffenstillstandslinie von Sirte-al-Dschufra geflogen. Es seien Explosionen zu hören gewesen. Eine offizielle Bestätigung für Luftangriffe gibt bisher es nicht. Zwischen der LNA und der Türkei stiegen die Spannungen, seit die LNA einen türkischen Frachter beschlagnahmt hatte, der in militärisches Sperrgebiet eingedrungen war.
https://libyareview.com/8635/turkish-planes-spotted-over-sirte-al-jufra/

+ 10.12.: Al-Watiya-Luftwaffenstützpunkt. Auf dem von der Türkei besetzten al-Watiya-Luftwaffenstützpunkt im westlichen Libyen werden Vorbereitungen für einen Einsatz der türkischen Luftwaffen getroffen. Alles deutet darauf hin, dass die Airbase mindestens zwölf TAF F-16’s oder andere Kampfflugzeuge beherbergen wird.
https://twitter.com/Obs_IL/status/1336995271201402882

+ 12.12.: Türkei/Militär/Libyen. Die türkische Regierung bringt den Antrag für Verlängerung des Truppeneinsatzes in Libyen um weitere 18 Monate ins Parlament ein. Sie will weiterhin die libyschen Milizen ausbilden und militärisch beraten.
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1337727852314304512
Dies widerspricht den bei den 5+5-Militärgesprächen getroffenen Abmachungen, nach denen sich ausländische Militärs aus Libyen zurückziehen müssen. Und wieso eine Verlängerung um 18 Monate? In 12 Monaten soll angeblich gewählt werden und dann müsste eine neue Regierung über den Verbleib ausländischer Militärs entscheiden.

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