Informationen - Analysen - Meinungen

Kategorie: Libyen Artikel (Seite 13 von 21)

Artikel zur aktuellen Politik in und um Libyen, Meinungen sowie historische Hintergründe

Politischer Prozess in Libyen entgleist

Libyen/LPDF. UN-Delegation gibt bei LPDF-Sitzung Wünschen der Moslembruderschaft nach – kein Konsens über verfassungsrechtliche Grundlagen von Dezemberwahlen erreicht

Das Libysch-Politische Dialogforums (LPDF), das die Dezemberwahlen vorbereiten sollte, ist gescheitert und somit das politische Chaos perfekt. Weite Teile der politischen Blöcke lehnen ebenso wie die große Mehrzahl der Bevölkerung eine Verschiebung der für den Dezember versprochenen Wahlen ab. Es drohen öffentliche Proteste und ziviler Ungehorsam.

Vom 28. Juni bis 03. Juli tagte das LPDF-Gremium in Genf. Diskutiert werden sollte die Empfehlung des beratenden LPDF-Ausschusses, das Referendum über den Verfassungsentwurf auf die Zeit nach den für den 24. Dezember geplanten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen zu verschieben. Doch als ein neuer Antrag des Blocks der Moslembruderschaft zugelassen wurde, in dem die Verschiebung der Wahlen gefordert wurde, eskalierte die Situation.

Kritisiert wird vor allem das Verhalten der UN-Sondergesandten für Libyen (UNSMIL), die es der Fraktion der Moslembruderschaft und der regierenden GNU-‚Übergangs‘-Regierung ermöglichten, entgegen vorheriger Beschlüsse einen neuen Antrag einzubringen, in dem auf einem noch vor den Wahlen abzuhaltendem Verfassungsreferendum beharrt wird. Da dies in der Kürze der Zeit unmöglich zu realisieren ist, liefe dieses Ansinnen auf eine Verschiebung der Dezemberwahlen auf unbestimmte Zeit hinaus. Damit sind die versprochenen Wahlen zum 24. Dezember versenkt. Aus der Übergangs-GNU-Regierung droht eine auf unbestimmte Zeit im Amt bleibende Regierung unter Kontrolle der Moslembruderschaft und der Türkei zu werden.

Wieder einmal wurde unmissverständlich klar, auf welcher politischen Seite sich die UN-Sondermission positioniert hat und dass alle Versprechen von Wahlen zum 24. Dezember 2021 nichts als leeres Geschwätz waren.

Weiterlesen

Kriegsgefahr in Libyen wächst

Die Wiedervereinigung des Landes und eine vereinheitlichte Armee sollten dem Abzug der ausländischen Streitkräfte sowie Wahlen vorausgehen.

Auf TheLevantNews veröffentlichte Dalia Zaida am 29. Juni einen Artikel, in dem sie unter dem Titel „In ganz Libyen riecht es nach Krieg“ zur Vereinigung der libyschen Militärkräfte von Ost und West aufrief, um einen weiteren Krieg in Libyen zu verhindern. Sie schreibt: „Die Vereinigung von West- und Ostlibyen muss vollzogen werden, bevor die Vorbereitungen für die allgemeinen Wahlen im Dezember fortgesetzt werden können. Insbesondere die fehlende Einheit der libyschen Militärs in Ost- und Westlibyen stellt eine große Gefahr für den gesamten politischen Prozess dar. Die Kontinuität der militärischen Spaltung rechtfertigt die fortgesetzte Präsenz ausländischer militärischer Truppen und Söldner und erschwert den Prozess der Auflösung der lokalen Milizen. Ironischerweise fordert die internationale Gemeinschaft immer wieder den Abzug ausländischer Truppen und Söldner aus Libyen, anstatt sich auf die Beendigung der Teilung der libyschen Streitkräfte zu konzentrieren, die der einzige Grund ist, warum ausländische Truppen weiterhin auf libyschem Boden existieren können.“

Es wird keinen Abzug aller ausländischen Militärs und Söldner geben, mag dies auch noch so laut gefordert werden. Und ihr Bleiben wird für die dafür Verantwortlichen keine Konsequenzen haben. Und es stellt sich die Frage, wie in einem waffenstarrenden Land, in dem sich Milizen gegenseitig bekämpfen, in dem ein feindseliges Klima herrscht und die Türkei in westlichen Landesteilen massiv als Besatzungsmacht auftritt, faire Wahlen abgehalten werden können.

Zuerst Wahlen und erst dann das Land und die Streitkräfte wieder zusammenführen, das heißt, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Die Reihenfolge umkehren und zuerst eine gemeinsame Armee bilden, die dann für die faire Abhaltung von Wahlen verantwortlich zeichnet, scheint durchaus der vernünftigere und gangbarere Weg zu sein. Wie er zu verwirklichen ist, daran arbeitet gerade die 5+5-Militärkommission, in der fünf ranghohe Militärs der noch verfeindeten Seiten des östlichen und westlichen Libyens vertreten sind. Sie sollen die militärischen Streitkräfte beider Seiten zusammenführen und die Wiedereröffnung der Küstenstraße, die Ost- und Westlibyen verbindet, vorantreiben.

Beide Militärseiten dürften sich darüber im Klaren und einig sein, dass die verbliebenen Milizen eine Gefahr für Libyen und seine Bevölkerung darstellen und die Errichtung eines staatlichen Gewaltmonopols nicht möglich ist, solange sie ihr Unwesen treiben. Ihre Entwaffnung und Auflösung ist unabdingbar. Beiden Seiten mögen auch die Zukunft Libyens und seiner Menschen, die Erlangung der Souveränität und die Wiederherstellung eines funktionierenden libyschen Staatswesens eine Herzensangelegenheit sein, ebenso wie beiden Seiten bewusst sein wird, welche verantwortungsvolle Bedeutung den militärischen Blöcken bei der Erlangung dieser Ziele zukommt.

Weiterlesen

Berlin-II-Konferenz

Auf der Zweiten Berliner Libyen-Konferenz wurden viele wohlfeile Forderungen erhoben, wie deren Umsetzung erfolgen könnte, bleibt offen.

Die gesamte Konferenz war eine Nummer kleiner aufgezogen als die Vorgängerkonferenz Berlin I von Mitte Januar 2020. So waren die Staaten nicht durch ihre Staatschefs, sondern durch hochrangige Regierungsmitglieder vertreten. Neben dem Gastgeber Deutschland, vertreten durch Außenminister Heiko Maas, waren Regierungsvertreter aus Algerien, China, dem Kongo, Ägypten, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Russland, der Schweiz, Tunesien, der Türkei, den VAE, Großbritannien, den USA und Vertreter der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der EU und der Arabischen Liga anwesend.

Griechenland hatte gegen seine Nichteinladung erfolglos protestiert, werden doch seine Interessen im östlichen Mittelmeer durch ein höchst zweifelhaftes Seegrenzenabkommen, das die Türkei mit der Vorgänger-‚Einheitsregierung‘ ohne Zustimmung des libyschen Parlaments und ohne das Vorhandensein tatsächlicher Seegrenzen zwischen Libyen und der Türkei, getroffen hatte, empfindlich verletzt. Diese Ausgrenzung Griechenlands dürfte Deutschland der Türkei zuliebe, mit der nicht nur wirtschaftliche und politische, sondern auch historische Bande bestehen, beschlossen haben.

Libyen wurde durch seinen Übergangspremierminister Abdelhamid Dabaiba vertreten. Von dessen Treffen mit Maas kursiert in den sozialen Netzwerken ein peinliches Video: Als Dabaiba neben Maas Platz nimmt, fragt ihn dieser: „Where you come from?“ (Von wo kommen Sie?)[1]

Die Teilnehmer der Berlin-II-Konferenz haben ein 58-Punkte-Papier[2] verabschiedet, in dem unter anderen der „unverzügliche Abzug aller ausländischen Streitkräfte und Söldner“ aus Libyen gefordert wird. Bei diesem Punkt hat die Türkei bereits einen Vorbehalt in das Abschlusspapier einfügen lassen: „Turkey introduced a reservation“ (die Türkei meldet einen Vorbehalt an).[3]

Weiterlesen

Griechenland über Berlin empört

Berliner Libyen-Konferenz. Laut griechischer Medien schließt Deutschland Griechenland von der Berlin-II-Konferenz aus, um türkische Interessen zu schützen

Das Auswärtige Amt gab bekannt, dass am 23. Juni eine zweite Berliner Libyen-Konferenz, die sogenannte Berlin-II-Konferenz, stattfinden wird. Teilnehmen werden UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der UN-Sondergesandte für Libyen Jan Kubis, Bundesaußenminister Heiko Maas sowie die libysche GNU-Übergangsregierung unter Premierminister ad-Dabaiba.

Zu den Ländern, die zur zweiten Runde der Friedensgespräche eingeladen wurden, gehören neben Italien, der Türkei und den VAE auch die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, nicht aber Griechenland und Ägypten, die bisher das libysche Parlament und die Libysche Nationarmee (LNA) im östlichen Libyen unterstützten, nun aber auch gute Kontakte zur GNU-Übergangsregierung pflegen. Inzwischen erhielten sogar Länder wie Marokko eine Einladung.

Der griechische Außenminister Nikos Dendias zeigte sich über die deutsche Entscheidung, Griechenland nicht zur Berlin-II-Konferenz einzuladen, tief enttäuscht. Griechenland, obwohl EU-Mitglied, sei nicht eingeladen, während die Türkei, das kein EU-Mitglied ist, eine Einladung erhalten habe. „Wir sind äußerst unzufrieden damit, dass Deutschland, auf einer bestimmten Taktik beharrend, uns auch diesmal nicht zum Libyen-Treffen eingeladen hat“, so Dendias. „Die Beziehung Griechenlands zu Libyen ist jetzt eine ganz andere als noch vor einigen Monaten. […] Wir haben unsere Botschaft wiedereröffnet, wir haben ein Konsulat in Bengasi eröffnet, wir waren zu Besuch in Libyen“.

Weiterlesen

Großbritannien und seine Dschihadisten

DailyMaverick titelt: „Vier Terroristen, die Briten ermordeten, kämpften in David Camerons Krieg gegen Libyen“

Der Manchester-Bomber ist einer von vier Terroristen, die insgesamt 63 Menschen bei verschiedenen Terrorangriffen getötet haben – und möglicherweise vorher sogar eine militärische Ausbildung bei den britischen Streitkräften erhalten hatten.
Der Manchester-Bomber Salman Abedi, der Reading-Messerstecher Khairi Saadallah und der London-Bridge-Terrorist Rachid Redouane kämpften allesamt 2011 mit islamistischen Gruppen im Libyen-Krieg, ebenso wie der Tunesier Seifeddine Rezgui, der dreißig Briten an einem tunesischen Strand erschoss.
Katar unterstützte 2011 die libyschen „Rebellen“ mit Geld und Waffen und die damalige britische Regierung von David Cameron stimmte dem zu. Es ist davon auszugehen, dass Großbritannien verdeckte Kontakte zu den islamistischen Kräften hatte und möglicherweise sogar an deren Ausbildung beteiligt war.
Das geheime Bündnis mit radikal-islamistischen Kämpfern im Libyenkrieg von 2011 kam Großbritannien teuer zu stehen. Die Kämpfer waren später in Terroranschläge verwickelt, die in Großbritannien durchgeführt wurden. So kam beim Prozess gegen den Libyer Khairi Saadallah, der 2012 nach Großbritannien gekommen war und später sechs Menschen in einem Park in Reading erstach, heraus, dass er 2011 acht Monate lang gegen die damalige libysche Regierung gekämpft hatte. Der Manchester-Bomber Salman Abedi, der bei einem Sprengstoffanschlag 22 Menschen tötete, und zwei weitere Terroristen, die später Briten ermordeten, hatten ebenfalls vorher im Libyen-Krieg gekämpft. Der Marokkaner Rachid Redouane war einer von drei Männern, die vor vier Jahren den Terroranschlag auf die London Bridge und den benachbarten Borough Market ausführten. Acht Menschen wurden getötet und 48 verletzt.
Sechs Jahre zuvor war Redouane nach Libyen gereist, dem Geburtsland seines Vaters, um im Krieg gegen die damalige libysche Regierung zu kämpfen. Zu dieser Zeit befand sich auch der Tunesier Seifeddine Rezgui in Libyen, um Waffen nach Libyen zu schmuggeln und gegen Gaddafi zu kämpfen. Vier Jahre später, im Juni 2015, mähte Rezgui im Namen des Islamischen Staates 38 Touristen mit einem Maschinengewehr in einem Strandhotel im tunesischen Ferienort Port El-Kantaoui nieder.
Diese Geschehnisse werfen die Frage nach Großbritanniens Rolle im Libyen-Krieg und seine Verbindungen zu den radikal-islamistischen Kräften auf, für die Abedi, Saadallah, Redouane und Rezgui in den Kampf gezogen waren.

Weiterlesen

Lockerbie: Neue Beweise unerwünscht

Die Begründung für die Ablehung der Berufung durch die Familie Megrahi jetzt veröffentlicht

Wie bereits berichtet, ist die Familie des wegen des Lockerbie-Absturzes verurteilten Libyers Abdelbasit Megrahi mit ihrem Antrag, gegen die 2001 erfolgte Verurteilung von Megrahi posthum in Berufung zu gehen, gescheitert.[1] Im April veröffentlichte die britische Times die Urteilsbegründung.[2]

Am 21. Dezember 1988 stürzte eine Boeing 747 auf dem Weg von London nach New York kurz nach ihrem Start über dem schottischen Lockerbie ab. Es fanden 270 Menschen den Tod. Am 31. Januar 2001 fällte ein schottischer Gerichtshof, der in den Niederlanden tagte, sein Urteil über zwei Libyer: Einer davon, Lamin Khalifa Fhimah, wurde freigesprochen, der andere, Abdelbasit Megrahi, der Sicherheitschef von Libyan Arab Airlines, wurde des Mordes für schuldig erklärt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen einer fortgeschrittenen Krebserkrankung wurde Megrahi 2009 aus der Haft entlassen und verstarb später in Libyen. Bis zu seinem Tod hat Megrahi seine Unschuld beteuert.

Die Familie Megrahi versuchte, auf der Grundlage neuer Beweise und wegen des offensichtlichen Vorliegens eines Justizirrtums, gegen das Urteil des Jahres 2001 in Berufung zu gehen. Am 11. März 2020 entschied die Schottische Kommission zur Überprüfung von Kriminalfällen (Scottish Criminal Cases Review Commission – SCCRC), dass die posthume Berufung der Familie Megrahi beim Höchsten Schottischen Strafgericht (High Court of Justiciary) gegen das damalige Urteil zulässig sei, da Hinweise auf einen möglichen Justizirrtum unter anderem aufgrund eines „unangemessenen Urteils“ vorlägen. Doch am 15. Januar 2021 bestätigte der Oberste Richter des Berufungsgerichts den Schuldspruch des Erstgerichts und schmetterte damit das Berufungsersuchen der Familie Megrahi ab. Diese will nun vor den britischen Obersten Gerichtshof (Supreme Court) ziehen, um das Urteil von 2001 anzufechten.

In dem Berufungsersuchen spielten geheim gehaltene Dokumente eine Rolle, die vermutlich von König Hussein von Jordanien nach dem Lockerbie-Anschlag von 1988 an die britische Regierung geschickt worden waren. Diese Dokumente wurden nicht freigegeben, weil sie der nationalen Sicherheit Großbritanniens schaden könnten. Diesbezüglich kam das Gericht zu dem Schluss, dass die jordanischen Dokumente der Verteidigung nicht nutzen würden, auch wenn sie Kenntnis davon hätte. Das Gericht äußerte sich rein juristisch, nahm zu den neuen Beweismitteln und Erkenntnissen, die die Verteidigung zusammengetragen hatte, nicht einmal Stellung.

Weiterlesen

Moslembruderschaft und libyscher Finanzsektor

Al-Kebir will dafür sorgen, dass auch nach seinem Abgang die libyschen Finanzen unter der Kontrolle der Türkei treuen Moslembrüder bleiben.

Sidiq al-Kebir ist auf dem Posten als Direktor der Libyschen Zentralbank (CBL) nicht mehr zu halten. Um der Moslembruderschaft auch nach seiner Zeit den Zugang zu den libyschen Öleinnahmen zu sichern, verfügte er nun als eine seiner letzten Handlungen einen Erlass, der die Bildung eines Interimsverwaltungsausschusses für die Libysche Auslandsbank (LFB) vorsieht. Laut diesem Erlass müssen nicht nur die Einlagen bei der Libyschen Auslandsbank an die CBL zurückgegeben werden, sondern es soll auch die Leitung des Ausschusses einem Moslembruder übertragen werden.

Die libyschen Stämme hatten die ‚Einheitsregierung‘ im Januar 2020 mit einem Exportstopp des libyschen Öls dazu gezwungen, die Erdöleinnahmen auf einem Treuhandkonto der Libyschen Auslandsbank zu belassen und nicht mehr an die CBL weiterzuleiten. Sie waren damit dem Zugriff al-Kebirs entzogen, der die Gelder nicht mehr für die Finanzierung syrische Söldner, türkische Waffenhilfe und zur Stützung türkischer Banken ausgeben konnte. Erst nach der Einigung auf eine gerechte Verteilung der Öleinnahmen innerhalb Libyens sollten die Gelder wieder freigegeben werden.

Ende 2020 überwarf sich der damalige Premierminister der ‚Einheitsregierung‘ as-Sarradsch mit al-Kebir, als Sarradsch versuchte, die Libysche Auslandsbank der Kontrolle durch die Moslembruderschaft zu entziehen. Nun rief al-Kebir in Absprache mit dem neuem Premierminister der GNU-Übergangsregierung, Abdul Hamid Dabaiba, ein Komitee zur Verwaltung der Libyschen Auslandsbank ins Leben, das unter der Leitung von Mohamad Ali ad-Darrat stehen soll.

Die Verbindungen des Ali ad-Darrats

Die Ernennung von ad-Darrat zum Leiter des Verwaltungskomitees der Auslandsbank setzt der Spezl-Wirtschaft unter Moslembrüdern im Bereich des libyschen Bankwesens die Krone auf.

Weiterlesen

Libysche Zentralbank und Moslembruderschaft

Der Moslembruder Sidiq al-Kebir ist immer noch Direktor der CBL und steht der Zusammenführung der Libyschen Zentralbanken und dem Friedensprozess im Weg.

Wie ist es möglich ist, dass sich der Direktor der Libyschen Zentralbank (CBL) Sidiq al-Kebir nach zehn Jahren immer noch auf seinem Posten halten kann, obwohl seine Amtszeit von Korruptionsvorwürfen erschüttert und die Finanzierung von Milizen und Extremisten durch die CBL belegt ist? Auch unter der neuen GNU-Übergangsregierung weigert sich al-Kebir, seinen Posten zu verlassen, obwohl die Neubesetzung des Postens vereinbart wurde.

Wer ist Sidiq al-Kebir? Geboren wurde er 1951 in Tripolis. Von 1990 bis 2000 war er Vorstandsvorsitzender der Ummah Bank, die in dieser Zeit Bankrott ging. 2000 musste er wegen Korruption sechs Monate ins Gefängnis, 2004 verurteilte ihn der libysche Volksgerichtshof erneut wegen Korruption und Veruntreuung von Staatsgeldern zu drei Jahren Gefängnis.

Seine kriminellen Energien taten seiner Karriere keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Nachdem er Libyen verlassen hatte, machte er in Großbritannien Karriere. Ab 2009 bekleidete er den Posten des Generaldirektors der US-amerikanischen IBC Bank in London, bevor er 2011 nach Libyen zurückkehrte, um dort mit Hilfe Katars und der Türkei Direktor der Libyschen Zentralbank (CBL) zu werden.

Seit dem Putsch der extremistisch-islamistischen Kräfte 2014 und der Flucht des gewählten Parlaments in den Osten Libyens gibt es zwei Libysche Zentralbanken, eine in Tripolis und eine im Osten des Landes. Die Wiedervereinigung der beiden Banken ist Bestandteil des Friedensplans für Libyen. Doch al-Kebir steht nach wie vor der Wiedervereinigung der Institutionen sowie der Lösung des Libyenkonflikts im Wege.

Weiterlesen

Libyen – geopolitischer Spielball

USA und EU ziehen beim Kampf um den Zugriff auf Libyens Ressourcen wieder an einem Strang.

Abdel Rahman Shalgam, ehemaliger libyscher Außenminister und bis 2011 libyscher Vertreter bei den UN, der bereits im Februar 2011 zu den ‚Rebellen‘ überlief, analysierte die Rolle der europäischen Staaten und der USA in Libyen.[1]

Wie Shalgam schreibt, kamen die drei europäischen Außenminister aus Frankreich, Deutschland und Italien am 25. März 2021 direkt von einem Nato-Treffen in Brüssel, an dem auch der US-Außenminister Blinken teilgenommen hatte, zu einem ‚Überraschungsbesuch‘ nach Tripolis. Nach der Rückkehr aus Tripolis traf sich der italienische Außenminister Di Maio wiederum in Brüssel mit dem US-Außenminister. Statt der angesetzten zwanzig Minuten dauerte das Gespräch mit Blinken eine volle Stunde. Dies deute laut Shalgam auf ein gesteigertes Interesse der USA an Libyen und dem Wunsch nach einem gemeinsamen Handeln hin.

Vorher war der Vorsitzende des libyschen Präsidialrats al-Minfi bereits zu politischen Gesprächen in Paris gewesen. Dabei hatte Macron sein verstärktes Engagement in Libyen betont und den Abzug aller ausländischen Truppen aus Libyen gefordert. Diese Abzugsforderung wurde auch von den drei europäischen Außenministern am 26. März in Tripolis bekräftigt.[2]

Frankreich wünscht sich ebenso wie Italien, dass die Südgrenzen Libyens gesichert und kontrolliert werden. Während für Italien vor allem das Problem der illegalen Migration im Vordergrund steht, fürchtet Frankreich um seine Uran-, Gold und sonstigen Pfründe in der Sahelregion, wo es sich in Mali und im Niger stark militärisch engagiert. Die saharischen Grenzgebiete werden augenblicklich von dort ansässigen Stämmen wie den Tibu kontrolliert, deren Siedlungsgebiete grenzüberschreitend sind.

Weiterlesen

Libysche Einheitsregierung bestätigt

Libyen/Sirte. Nach zweimaliger Verschiebung der Vertrauensabstimmung wurde die „Regierung der Nationalen Einheit“ (GNU) von Abdul-Hamid Dabaiba vom libyschen Parlament bestätigt.

Das gesamt-libysche Parlament tagte zum ersten Mal am Montag, den 8. März, in Sirte und diskutierte die Namensliste der von Dabaiba vorgeschlagenen Kabinettsmitglieder. Das neue Kabinett soll über 33 (in Worten: dreiunddreißig!) Minister, d.h. 27 Minister, 6 Staatsminister und 2 Stellvertreter des Premierministers verfügen.

Besonderer Protest wurde gegen die Nominierung von der hochumstrittenen Lamia Abu Sidra als neue Außenministerin erhoben. Sidra gehört der Moslembruderpartei Al-Watan von Abdelhakim Belhadsch an, dem Anführer der dschihadistischen Libyan Islamic Fighting Group (LIFG). Al-Watan war bei bisherigen Wahlen abgestraft worden und hatte nicht einen Sitz im Parlament erringen können.

Ein weiterer Diskussionspunkt war die noch ausstehende Veröffentlichung zu Bestechungsvorwürfen während der Listenwahl des LPDF (Libysches Politisches Dialogforum) in Genf. Parlamentspräsident Aguila Saleh hatte gefordert, der Regierung Dabaiba erst nach der Veröffentlichung des diesbezüglichen Uno-Berichts das Vertrauen auszusprechen. Die Abstimmung über die neue Regierung wurde wiederum um einen Tag, auf Mittwoch, den 10. März, verschoben.

Insgesamt zeigte sich, dass im Parlament drei grundsätzliche Meinungen vertreten waren: erstens, dass dem GNU das Vertrauen ausgesprochen werden sollte; zweitens, dass durch die Aufnahme des Genf- und des Tunis-Abkommens sichergestellt wird, dass Wahlen tatsächlich im Dezember 2021 stattfinden; und drittens, dass die Abstimmung aufgeschoben wird, bis der UN-Bericht über Stimmenkauf beim LPDF vorliegt.

Weiterlesen

« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »