Mit der Festnahme des Brigadegenerals al-Adschami al-Atiri aus Zinten durch eine Tripolis-Miliz sollte die Ausschaltung des Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafis erzwungen werden. Aufgrund des Drucks der Stämme und militärischer Stärke musste al-Atiri wieder freigelassen werden. Strippenzieher der Verhaftung dürfte, nach Absprache mit Saddam Haftar, Ibrahim ad-Dabaiba gewesen sein.
Der Kommandeur des Abu-Bakr-as-Siddiq-Bataillons aus Zintan, Brigadegeneral al-Adschami al-Atiri, wurde am 7. Oktober 2024 von der Inneren Sicherheit (Tripolis) unter dem Kommando von Lutfi al-Harari gefangengenommen, eine Festnahme, die die Stadt Zintan, etwa 160 km südwestlich von Tripolis gelegen, in Aufruhr versetzte. Das Abu-Bakr-as-Siddiq-Bataillon rief seine Mitglieder ebenso wie die Jugend von Zintan und die Stämme zur Bewaffnung auf. Ibrahim al-Madani az-Zintani, Kommandeur der al-Madani-Brigade, warnte, die Situation könne außer Kontrolle geraten. Dieser Warnung und der Forderung nach sofortiger Freilassung von al-Atiri schlossen sich etliche Gruppierungen und Aktivisten an, unter anderen der Oberste Rat der Revolutionäre von Zintan.
Militärische Spannungen
Die militärischen Spannungen verstärkten sich, nachdem die Zinten-Milizen im großen Maßstab mobilisierten und auf der Gegenseite der Unterstaatssekretär des Verteidigungsministeriums der Dabaiba-‚Regierung‘, az-Zubi, damit drohte, al-Atiri gegen den Willen aller nach Tripolis zu verschleppen und die Jugend von Zintan einen hohen Preis für ihren Widerstand zahlen würden.
Doch der in Zintan durch die Stämme und den militärischen Aufmarsch erzeugte Druck war so groß, dass Brigadegeneral al-Atiri schon am 8. Oktober wieder freigelassen werden musste. Saif al-Islam treue Milizen hatten die Nalut-Tripolis-Straße gesperrt und mit einem Stopp der Ölförderung gedroht, sollte al-Atiri weiter in Gefangenschaft bleiben. Eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen um die Freilassung al-Atiris und der Beilegung des Konflikts zwischen Zintan und Nalut sollen al-Kikli, der Kommandant des Stability Support Apparatus (SSA), und sein Bruder Fathi gespielt haben.
Der Menschenrechtsaktivist Hussam al-Gatami bemerkte, dass Brigadegeneral al-Atiri im Gegensatz zu anderen, in Freiheit befindlichen Militärführern, niemanden ermordet habe, sondern sein Verbrechen allein darin bestehe, seinen ehemaligen Gefangenen gut behandelt zu haben. Saif al-Islam Gaddafi war 2011 in die Gefangenschaft von Zinten-Milizen geraten.
Der Grund für die Gefangennahme von al-Atiri liegt also in seiner guten Beziehung zum Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam al-Gaddafi. Es heißt, dass al-Atiris Verhaftung eigentlich Saif al-islam Gaddafi gegolten habe, dessen Überstellung und anschließende Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) erzwungen werden sollte.
Al-Atiri zurück in Zintan
Nach seiner Rückkehr nach Zintan sprach Brigadegeneral al-Adschami al-Atiri den Menschen, die sich für ihn eingesetzt haben, seinen Dank und seine Wertschätzung aus. Die Libyer seien ein geeintes Volk mit einem starken Gefühl der Verbundenheit. Er hoffe, dass dies der Beginn der Wiedervereinigung sei.
Der ehemalige libysche Botschafter im Sultanat Oman und Bahrain, Muhammad Khalifa al-Akrut, beschrieb al-Adschami al-Atiri als einen Mann mit einer freundlichen, mutigen und patriotischen Persönlichkeit. Er habe auch durch die hinter ihm stehenden, wirkmächtigen Menschen und Stämme großes Gewicht.
In Zintan trafen verschiedene libysche Delegationen ein, um al-Atiri zu seiner Freilassung zu gratulieren , darunter auch Scheich Ali Abu Sabiha, Leiter des Versöhnungsteams des Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi . Eine Delegation aus Zintan betonte die „ehrenvolle Rolle“, die die Geschichte dem Volk von Zintan zugeschrieben habe. Das Land müsse aufgerichtet und gesichert werden. Der Westen interessiere sich für Libyen, weil es das Tor zu Afrika sei.
Haftar- und Dabaiba-Clan geeingt gegen Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi
Im östlichen Libyen soll Saddam Haftar, Sohn von Khalifa Haftar, äußerst ungehalten auf die Freilassung von al-Atiri reagiert haben. Haftar warf Ibrahim ad-Dabaiba, Neffe des Tripolis-‚Premiers‘ Abdul Hamid Dabaiba und machtvoller Strippenzieher im westlichen Libyen, vor, sich nicht auf ihn verlassen zu können. Ibrahim ad-Dabaiba habe sein Versprechen, al-Atiri zu verhaften, nicht gehalten. Das Ziel sei es gewesen, den Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam al-Gaddafi zu beseitigen.
Währenddessen behauptete in Tripolis die Interne Sicherheit unter dem Kommando von Lutfi al-Harari, dass al-Atiri an der Spitze einer Miliz stünde, die den Staat destabilisieren wolle. Al-Atiri plane, den Marinestützpunkt al-Chums und die Militärstützpunkte al-Watiya und Brak asch-Schati anzugreifen. Mit der Festnahme von al-Atiri habe man den Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi treffen wollen.
Al-Harari erklärte allerdings nicht, wie man einen komplett zusammengebrochenen Staat mit durch und durch korrupten und kriminellen, vom Ausland gesteuerten Machtstrukturen überhaupt noch weiter destabilisieren kann.
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