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Schlagwort: Muammar al-Gaddafi (Seite 1 von 3)

Saif al-Islam Gaddafi übersendet Grußbotschaft an David Cameron

Saif al-Islam al-GaddafiMit dem Absturz der Tories bei den britischen Unterhauswahlen am 4. Juli 2024 dürfte auch die Karriere eines Mannes beendet sein, der nicht nur über Libyen viel Leid brachte.

So mancher wird sich verwundert gefragt haben, wieso ausgerechnet David Cameron – oder auch Baron Cameron of Chipping Norton, Nachfahre von Wilhelm V. und mit dem britischen Königshaus verwandt – am 3. November 2023 als Außenminister ins Kabinett von Rishi Sunak berufen wurde.

David Cameron, da war doch was? Tatsächlich da war was! In seiner Funktion als Parteiführer der britischen Tories (Conservative Party) von 2005 bis 2016 und als britischer Premierminister von Mai 2010 bis Juli 2016 hatte er nicht nur das – gescheiterte – Schottische Unabhängigkeitsreferendum, sondern auch den Brexit als deren Initiator zu verantworten. Schon allein deshalb war das Erstaunen groß, dass dieser politische Wiedergänger erneut zu einer politischen Karriere und dann noch als Außenminister ansetzte.

Weniger in das Bewusstsein der westlichen Öffentlichkeit dürfte gedrungen sein, dass David Cameron einer der Hauptverantwortlichen für den zerstörerischen Strudel war, in den Libyen 2011 gezogen wurde, und der es bis heute am Boden hält, zerrissen von den Interessen ausländischer Mächte. Politische und kriegerische Erschütterungen, ausgelöst durch den Nato-Krieg gegen Libyen, durchziehen seither die gesamte Sahelzone bis weit hinein ins Innere Afrikas. Ein Vermächtnis auch des David Cameron.

Grußbotschaft von Saif al-Islam Gaddafi an die Tories

Der libysche Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi hat anlässlich der demütigenden Wahlniederlage der Tories am 4. Juli 2024 eine sarkastische Grußbotschaft an die Conservative Party gesandt. Die Botschaft beginnt mit den Worten „Have a nice journey Tories … we will miss you.“ (Gute Reise Tories … wir werden euch vermissen).

Mit den Worten: „Wherever you go and whatever you do… you will be cursed.“ (Wohin du auch gehst und was du auch tust, du wirst verflucht sein) hatte sich Saif al-Islam Gaddafi bereits einen Tag vor den Wahlen an den bis 4. Juli amtierenden britischen Außenminister David Cameron gewandt. Diese Botschaft ging auch an Mitglieder des britischen Parlaments, das britische Außenministerium und den britischen Vertreter im UN-Sicherheitsrat.

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Kurzberichte Libyen – 01. bis 10. Juni 2024

Zusammenstöße in Zawiya, Tripolis, Misrata und an anderen Orten / Weitere Entführungen / Saif al-Islam ruft zur Beteiligung bei Kommunalwahlen auf / Schlumberger droht wegen Zahlungsrückständen seine Arbeit auf den Ölfeldern einzustellen  

+ Gedenken Muammar al-Gaddafi. Im Juni 1942 wurde Oberst Muammar al-Gaddafi in Sirte geboren. Nachdem er am 20. Oktober 2011 ermordet worden war, wurde sein Leichnam an einem unbekannten Ort in der Wüste begraben.
Muammar al-Gaddafi verstand sich stets als Kämfer gegen Imperialismus und Kolonialmus.
https://x.com/SaifFuture/status/1799162276454257138

Militär / Milizen / Zusammenstöße

+ Am 02. Juni kam es in der westlibyschen Stadt az-Zawiya zu heftigen Zusammenstößen zwischen bewaffneten Milizen, bei denen Mutasim asch-Schalfuh von der al-Far-Miliz (steht der Dabaiba-‚Regierung‘ nahe) bei einem Schusswechsel an der Küstenstraße ums Leben kam.
Ein gepanzertes Fahrzeug wurde in Brand gesetzt.
https://libyareview.com/44798/violent-clashes-erupt-in-libyas-al-zawiya/

+ Am 02. Juni wurden bei sporadischen Zusammenstößen in Tripolis zwei Zivilisten getötet, eine Frau wurde schwer verletzt. Ebenfalls am 02. Juni forderte der erneute Ausbruch von Kämpfen in Zawiya mindestens fünf Tote, darunter ein 10-jähriges Mädchen, und 13 Verletzte.
https://news.libyadesk.com/renewal-of-naval-operation-irini-reflects-international-tensions-over-libya

+ Am 5. Juni sperrten Kampfversehrte der Operation Vulkan des Zorns und ihre Familien die Straße, die zum Hauptsitz der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis führt und beschädigten die eisernen Eingangstore. Sie protestierten dagegen, dass die Dabaiba-‚Regierung‘ ihr Versprechen, Entschädigungszahlungen zu leisten, nicht gehalten hat.
Die 2. Kompanie der Mahdschub-Miliz konnte die Situation unter Kontrolle bringen und den Standort der Demonstranten räumen.
Ein Schwerverletzter junger Mann wurde per Krankenwagen nach Tunesien transportiert.
https://x.com/SaifFuture/status/1798484072311701717
https://x.com/LibyaReview/status/1798397952375042347
https://x.com/SaifFuture/status/1798811335116861676

+ Am 5. Juni wurde Khaled Dharait al-Barassi in al-Bayda entführt. Al-Barassi ist der Besitzer des bekannten Restaurants al-Barasi. Man fand sein verlassenes Auto.
https://x.com/SaifFuture/status/1798483209141047790
https://x.com/SaifFuture/status/1798484233025110155

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Hauptmann Hannibal al-Gaddafi und die Folterzelle

Hauptmann Hannibal al-Gaddafi in libanesischer Haft

Hannibal al-Gaddafi in Haft

Der libanesischer Sender Al Jadeed TV veröffentlichte verstörende Bilder aus der winzigen, unterirdischen Gefängniszelle, in der Hauptmann Hannibal Muammar al-Gaddafi im Libanon gefangen gehalten wird.
Der Ruf nach Freiheit für ihn und für alle seit 2011 inhaftierten politischen Gefangenen wird immer lauter.

Auf den Fotos ist der attraktive junge Mann von einst kaum mehr wiederzuerkennen. Der in den neun Jahren seiner libanesischen Haft sichtlich gealterter Hannibal trägt einen Bart, kurze Haare, eine starke Brille und wohl auch ein Hörgerät. In der sehr engen, unterirdisch angelegten Zelle, in die keinerlei Tageslicht dringt und die an ein Verließ erinnert, befinden sich ein Bett, eine Toilette sowie einige persönliche Gegenstände und Medikamente.

Al Jadeed TV vermittelte folgende Aussagen von Hauptmann Hannibal: „Ich werde gedemütigt. Ich bin ein politischer Gefangener. Mein Fall beruht auf Vorgängen, von denen ich keine Kenntnis habe.“ Neun Jahre habe er nun in Haft verbracht. Die ihm zugefügte Ungerechtigkeit sei nicht gesetzeskonform und sein Schicksal nicht zu akzeptieren.

Das Verschwinden des Imams as-Sadr

In Bezug auf das Verschwinden des libanesischen Imams Musa as-Sadr, über das Hannibal angeblich Informationen haben soll, sagte Hannibal: „Mein Vater [Oberst Muammar al-Gaddafi] hat mich darüber informiert, dass Imam Musa as-Sadr 1978 Libyen in Richtung Rom verlassen hat und erst dort verschwunden ist“.

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Die UN-Resolution 1973 vom 17.  März 2011 und der Beginn des Nato- Bombenkriegs gegen Libyen aus späterer britischer Sicht

Muammar al-Gaddafi

Vor genau 13 Jahren, am 17. März 2011, besiegelte eine UN-Resolution den Untergang Libyens.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des britischen Unterhauses legte im Jahr 2016 einen Bericht vor, in dem die Inkompetenz und Ignoranz der britischen Regierung und ihrer Geheimdienste beim Nato-Krieg gegen Libyen offengelegt wurde. Der Bericht befasste sich sowohl mit den wahren Gründen für den Regime Change in Libyen als auch mit dessen verheerenden Folgen. 

Die Aufgabe des Ausschusses war es, die Intervention und den Zusammenbruch des libyschen Staates zu untersuchen sowie künftige politische Optionen des Vereinigten Königreichs zu eruieren.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten ist ein vom britischen Unterhaus eingesetztes Gremium zur Prüfung von Ausgaben, Verwaltung und Politik des Außen- und Commonwealth-Amtes und der damit verbundenen öffentlichen Einrichtungen.

Der Bericht des britischen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten von 2016 [1]

Im März 2011 führten Großbritannien und Frankreich mit der Unterstützung der USA die ‚internationale Gemeinschaft‘ bei der Intervention in Libyen an. Offiziell sollte die Intervention dazu dienen, Zivilisten vor Übergriffen zu schützen. Fünf Jahre später, 2016, kam der Bericht des britischen Unterhausausschusses zu dem Ergebnis, dass „diese Politik nicht von einer exakten Geheimdienstarbeit geprägt war. Beispielsweise überschätzte die Regierung fälschlicherweise die Bedrohung der Zivilisten und sie sahen nicht, dass ein signifikanter Teil der Rebellen aus Islamisten bestand. Im Sommer 2011 wurde die begrenzte >Intervention zum Schutz von Zivilisten< zur opportunistischen Politik des Regimewechsels mit militärischen Mitteln ausgeweitet. […] Das Ergebnis war der politische und ökonomische Kollaps, Kämpfe zwischen Milizen und zwischen Stämmen, eine humanitäre und eine Migrantenkrise, umfangreiche Menschenrechtsverletzungen, die Verbreitung des Waffenarsenals von Gaddafi in der ganzen Region und das Anwachsen des IS in Nordafrika.“

Die Spezialistin für Libyen am Royal United Services Institut, Alison Pargeter, äußerte sich in dem Bericht schockiert über den Mangel an Kenntnis „über die historische und regionale Komplexität in Libyen“. Es sei nie gefragt worden, wieso der Aufstand in Bengasi und nicht in der Hauptstadt Tripolis seinen Anfang nahm und die Bedeutung der Stämme und Regionen sei unberücksichtigt geblieben.

In dem Bericht musste eingestanden werden, dass die Luftangriffe der Nato die Bedrohung durch islamistische Extremisten verschlimmert habe. Der Aufstand der ‚Rebellen‘ wäre wohl erfolglos geblieben, wenn er keine militärische Unterstützung durch das Ausland erfahren hätte. Medien wie Al-Jazeera und Al-Arabiya hätten unbewiesene Gerüchte über Gaddafi und die libysche Regierung verbreitet. Die Nato-Bombardierungen hätten Libyen in eine humanitäre Katastrophe gestürzt, tausende Menschen getötet und hunderttausende vertrieben, wodurch Libyen aus dem Land mit dem höchsten Lebensstandard in Afrika zu einem vom Krieg zerrütteten failed state wurde.

Der Bericht stellte fest: „Trotz seiner Rhetorik wurde die Annahme, Muammar Gaddafi hätte das Massaker an Zivilisten in Bengasi angeordnet, durch die verfügbaren Beweise nicht belegt.“ Gaddafi habe im Februar eine emotionale Rede gehalten, in der er sagte, „es sind nur sehr wenige“, „es sind ein paar Terroristen“, und dabei auf al-Kaida-Führer verwiesen, die er als „Ratten“ bezeichnete. Seine Aussage, er werde „Libyen Stück für Stück, Haus für Haus, Wohnung für Wohnung, Gasse für Gasse“ von diesen ‚Rebellen‘ säubern, sei in einem geschmacklos abgemischten Video eines israelischen Reporters weltweit verbreitet worden. Daneben sei Gaddafi vom britischen Außenminister William Hague falsch zitiert worden, der behauptet hatte, Gaddafi habe damit gedroht, „von Haus zu Haus, von Zimmer zu Zimmer zu gehen, um sich an der Bevölkerung von Bengasi zu rächen“. Hague: „Viele Leute werden sterben.“

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Kurznachrichten Libyen – 01. bis 15. März 2024

Wirbel um 27 % Devisenwechselsteuer / Gespräche von libyschen Politakteuren in Tunis und Kairo bezüglich Wahlprozess / Libyen und Türkei scheitern bei Vermittlungsversuch im Sudankrieg

+ Am 02. März werden Milizenkämpfe aus az-Zawiya im Nordwesten Libyens gemeldet, bei denen auch mittelschwere und schwere Waffen zum Einsatz kommen. Es sind mehrere Tote und Verletzte zu beklagen. Die Sicherheit auf der Küstenstraße wurde stark beeinträchtigt. Die Universität stellte größtenteils den Betrieb ein.
https://libyareview.com/42136/libyan-government-calls-for-immediate-ceasefire-in-al-zawiya/

+ 10. März 2024: Beginn des heiligen Fastenmonats Ramadan.

+ Die Menschen in az-Zawiya schmücken die Mauern ihrer Stadt im Ramadan mit Bildern von Muammar al-Gaddafi sowie seiner Söhne Khamis Muammar Gaddafi und Saif al-Islam Gaddafi.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1767508178122555599

+ Während der ‚Premierminister‘ der Tripolis-‚Regierung‘, Abdel Hamid Dabaiba, nicht mehr von den Geschäftsleuten von Misrata, die eng mit der Türkei verbunden sind, unterstützt wird, umwirbt Russland den Oberbefehlshaber der LNA, Khalifa Haftar. Es geht dabei um einen Marinestützpunkt im Hafen von Tobruk und die Errichtung eines Ausbildungszentrums für ihre afrikanischen Söldner nahe Bengasi.“
Voltaire, internationale Nachrichten – N°78 – 15. März 2024

+ Saadi al-Gaddafi postete am 02. März auf X: „Gütige Menschen gibt es überall in Libyen. Ich übersende den guten Menschen in der Stadt Misrata meinen Friedensgruß. Es ist an der Zeit, Mansour Daou und Ahmed Ibrahim freizulassen, um eine nationale Versöhnung und die Rückkehr zu Brüderlichkeit und Harmonie innerhalb der libyschen Bevölkerung zu ermöglichen.“
https://twitter.com/SaadiQaddafi/status/1763822544350548078

+ Während einer groß angelegten Militärübung der Libyschen Nationalarmee (LNA) in der Gegend um Sirte gab sich deren Oberkommandierender Khalifa Haftar kämpferisch. Er erklärte sich bereit, „mutige Entscheidungen zu treffen, um jedem entgegenzutreten, der sich in das Schicksal der Nation einmischt“. Er müsse niemanden um Erlaubnis bitten.
https://www.agenzianova.com/de/news/libia-haftar-alza-la-voce-la-pazienza-sta-per-esaurirsi-pronti-a-decisioni-coraggiose/

Treffen in Tunis und Kairo

+ Bei einem Treffen in Tunesien Ende Februar einigten sich das libysche Parlament und der Staatsrat, insgesamt vertreten mit 120 Mitgliedern, auf die Einsetzung einer neuen Regierung, die den Wahlprozess einleiten soll. Auch ein neuer Premierminister soll bestimmt werden.
Es wurde ein Ausschuss gebildet, der innerhalb eines Monats über den Stand der Bemühungen berichten soll.
https://libyareview.com/42071/libyan-parliament-state-council-agree-to-form-new-government/

+ Auf Einladung des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit, trafen sich in Kairo der Staatsratsvorsitzende Mohammed Takala, der Präsidialratsvorsitzende Mohamed al-Menfi, und Parlamentspräsident Agila Saleh. Einigkeit über das weitere Vorgehen in Libyen bezüglich des Wahlprozesses wurde nicht erzielt, die politische Stagnation hält an.
Voltaire, internationale Nachrichten – N°78 – 15. März 2024

+ Trotzdem gab sich Saudi-Arabien optimistisch und ließ verlauten, es begrüße die Ergebnisse des jüngsten Treffens in Kairo. Auch AL-Generalsekretär Gheit lobte die Gespräche und kündigte die Bildung eines technischen Ausschusses an, um die offenen Fragen zu klären. Es soll ein Folgetreffen geben.
https://libyareview.com/42350/saudi-arabia-welcomes-outcomes-of-arab-league-meeting-on-libya/

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Human Rights Watch fordert sofortige Freilassung von Hannibal al-Gaddafi

Hannibal al-Gaddafi und Hanan Salah

Hannibal al-Gaddafi – Hanan Salah

Am 16. Januar 2024 veröffentlichte Human Rights Watch (HRW) einen Bericht über die seit acht Jahren andauernde, unrechtmäßige Einkerkerung von Hannibal al-Gaddafi im Libanon. Es forderte von den libanesischen Behörden die sofortige Freilassung des Sohnes von Libyens ehemaligem Staatschef Muammar al-Gaddafi.

Laut HRW sitzen im Libanon nahezu achtzig Prozent der Gefangenen in Untersuchungshaft, viele von ihnen jahrelang ohne Anklageerhebung. Einer davon ist Hannibal al-Gaddafi, der im Dezember 2015 aufgrund äußerst fragwürdiger Anschuldigungen inhaftiert wurde.

Wie die stellvertretende HRW-Direktorin für den Nahen Osten und Nordafrika, Hanan Salah, erklärt, gibt sich die libanesische Justiz mit dieser jahrelangen Untersuchungshaft der Lächerlichkeit preis. Salah: „Den libanesischen Behörden fehlt jede Rechtfertigung für eine noch länger andauernde Inhaftierung. Sie sollten die Anklage fallen und ihn freilassen.“

HRW hatte sich bereits im Juli 2023 mit einem Schreiben an den Generaldirektor der Libanesischen Streitkräfte für Innere Sicherheit, Generalmajor Imad Othman, und an den mit dem Fall betrauten Richter, Zaher Hamadeh, gewandt und um detaillierte Informationen über Hannibal Gaddafis Rechtsstatus und seinen Gesundheitszustand gebeten. Eine Antwort blieb bis heute aus.

Hungerstreik

Von Juni bis Oktober 2023 trat Hannibal al-Gaddafi in den Hungerstreik. Er protestierte damit gegen seine unrechtmäßige Inhaftierung, von der kein Ende abzusehen war, und gegen die schlechten Haftbedingungen. Der erhebliche Gewichtsverlust und sein besorgniserregender Gesundheitszustand führten zu wiederholten Krankenhausaufenthalten.

Seit dem Jahr 2019 befindet sich der gesamte Libanon in einer schweren Wirtschaftskrise, durch den sich auch die Haftbedingungen noch einmal beträchtlich verschlechtert haben. In den überfüllten Gefängnissen ist die medizinische Versorgung mehr als mangelhaft und die Ernährung schlecht.

Die Gefangennahme

Nach der Ermordung seines Vaters, Muammar al-Gaddafi, und dem Sturz der Dschamahirija-Regierung war Hannibal 2011 zunächst nach Algerien und Oman geflohen, später suchte er mit seiner Familie in Syrien politisches Asyl.

2015 wurde er unter dem Vorwand eines Interviews an einen Ort nahe der libanesischen Grenze gelockt, dort gefangen genommen und in den Libanon verschleppt. Die Entführer, die ihn auch folterten, forderten ein Lösegeld und Auskunft über den Verbleib des 1978 verschwundenen libanesischen Imams as-Sadr.

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Die libysche Revolution von 1969

54. Jahrestag der libyschen Revolution vom 1. September 1969

Am 1. September 1969 putschen die Freien Offiziere Libyens unter Führung von Oberst Muammar al-Gaddafi erfolgreich gegen König Idris

Eingebettet in die damaligen weltpolitischen Geschehnisse war in Libyen die Zeit für einen Umsturz überreif. Wie in anderen Ländern beuteten die westlichen Industrienationen mit Hilfe einer korrupten Elite und dank einer ungebildeten, im Analphabetismus gehaltenen Bevölkerung das erdölreiche Land solange aus, bis dem die Revolution vom 1. September 1969 ein Ende setzte. Der Bund der Freien Unionistischen Offiziere unter Führung von Muammar al-Gaddafi stürzte den König und übernahm in Libyen die Macht. Einheit, Freiheit und Sozialismus sollten in Libyen an die Stelle der Monarchie und ihrer korrupten Machteliten treten. Der Reichtum des Landes sollte gerecht verteilt, in Bildung, Wohnungsbau, medizinische Versorgung und Ausbau der Infrastruktur investiert werden. Schon bald wurden die amerikanischen und britischen Militäreinrichtungen in Libyen geschlossen.

Dem reaktionären Putsch zuvorkommen

Man kann es als Ironie des Schicksals bezeichnen, dass der in Großbritannien ausgebildete Oberst Gaddafi zunächst vom Westen als „der richtige Mann am richtigen Ort“ gesehen wurde. Sowohl den USA als auch Großbritannien war klar, dass König Idris nicht mehr zu halten war. Sie meinten in Gaddafi den Mann gefunden zu haben, den sie lenken konnten und mit dem sich gute wirtschaftliche Beziehungen aufbauen ließen. So berichtet Richard Tomlinson, ein ehemaliger MI6-Agent, in seinem Buch Das Zerwürfnis: „Der MI6 hat einen Vollzeit->Talentspäher< bei der Armee, mit Dienstsitz in der Königlichen Militärakademie Sandhurst… Ein zweiter Talentspäher mit dem Decknamen Packet hat ein Auge auf die ausländischen Kadetten und liefert dem MI6 Hinweise, welcher dieser Studenten zum nützlichen Informanten werden könnte. Berühmt ist ein Fall aus dem Jahr 1960: Der damalige Packet versuchte einen jungen libyschen Kadetten namens Muammar al Gaddafi anzuwerben.“

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Saif al-Islam Gaddafi fordert Freilassung seines Bruders Hannibal

Hannibal al-Gaddafi schwebt aufgrund seines Hungerstreiks und der schlechten Haftbedingungen, denen er seit acht Jahren ausgesetzt ist, in Lebensgefahr. Sein Bruder Saif al-Islam Gaddafi warnte nun den Libanon eindringlich vor den Folgen, sollte Hannibal al-Gaddafi nicht freigelassen werden.

Der libysche Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi hat an den Präsidenten des libanesischen Parlaments, Nabih Berri, eine Botschaft versandt. In dem Schreiben vom 30. September 2023 heißt es: „Libyen wird seinen Abstieg überwinden und seine Stimme laut erheben.“ Diejenigen, die denen vertrauten, die nicht an Libyen glauben, seien sehr schlecht beraten.

Saif al-Islam Gaddafi reagierte damit auf eine Äußerung des ehemaligen libanesischen Abgeordneten Hassan Jakob, der sich für die Entführung und Einkerkerung von Hannibal al-Gaddafi aussprach. Jakob begründete dies damit, dass Hannibal al-Gaddafi der einzige Trumpf sei, den der Libanon in Sachen des Verschwindens des Imams as-Sadr im Jahr 1978 habe. Hannibal werde nicht freigelassen werden, bevor er nicht Antworten und Erklärungen zu as-Sadrs Verschwinden geben würde. Hannibal müsse sein Wissen offenlegen.

Ein mehr als merkwürdiges Rechtsverständnis, wird Hannibal al-Gaddafi doch nun seit acht Jahren unrechtmäßig und ohne Gerichtsverhandlung im Libanon gefangen gehalten. Außerdem war Hannibal al-Gaddafi zum Zeitpunkt des Verschwindens von as-Sadr gerade einmal drei Jahre alt war. Auch darf nach libanesischem Gesetz niemand dazu gezwungen werden, gegen seinen Vater, in diesem Fall Oberst Muammar al-Gaddafi, auszusagen. Mehr Rechtsbruch ist kaum möglich. Oberst Gaddafi selbst hatte immer behauptet, as-Sadr und seine Begleiter hätten 1978 Libyen in Richtung Rom verlassen.

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Kurznachrichten Libyen – 20.08. bis 26.08.2023

Der Widerstand gegen die türkische Besatzung formiert sich / Russland bekräftigt Zusammenarbeit mit LNA / Terror in Sirte / Libanon scheint zur Kooperation im Fall Hannibal al-Gaddafi bereit / LNA in tschadische Kämpfe auf libyschem Territorium verwickelt

Widerstand gegen die türkische Besatzung formiert sich

+ 23.08.: Tripolis/Widerstand. Eine bislang unbekannte Miliz hat einen Volksaufstand gegen die türkische Besatzung Libyens ausgerufen.
Laut ihrer Erklärung habe die Türkei „die Kontrolle über wichtige libysche Standorte, einschließlich des Luftwaffenstützpunkts al-Watija, des Hafens Sidi Bilal (westlich von Tripolis) und seit kurzem auch über den Hafen von al-Chums, einem wichtigen libyschen Umschlagplatz für den Import von Gütern, übernommen“. Die illegitime Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis, deren Mandat schon lange ausgelaufen ist, und der Dabaiba-Clan würden dazu schweigen.
In dem Aufruf heißt es weiter: „Die türkischen Stützpunkte in Libyen bedeuten nichts Geringeres als erste Schritte in Richtung Kolonisierung. Sie sind der Versuch, Libyen in eine vergangene Ära zurückzuversetzen und seinen Reichtum auf Kosten der Würde und Ehre Libyens auszubeuten. Wir rufen einen Volksaufstand gegen die türkische Besatzung in Libyen aus, um den Besatzern klarzumachen, dass das libysche Volk diese Besatzung nicht länger akzeptieren wird. Eine Besatzung, die seine Ressourcen ausbeutet, das Land seines Reichtums beraubt und sein Schicksal bestimmt. Wir verkünden, dass alle von den Türken besetzten Stätten und Orte legitime Ziele für die Helden des Aufstandes sind.“
https://twitter.com/LibyaReview/status/1694054687442399476
Siehe dazu auch: https://gela-news.de/die-tuerkei-premierminister-dabaiba-und-die-kaempfe-der-tripolis-milizen

+ 25.08.: Zinten/Protest. In der westlibyschen Stadt Zinten haben sich eine Reihe von Honoratioren in einer Erklärung gegen die Anwesenheit von türkischem Militär auf dem libyschen Militärstützpunkt al-Watija und im Mittelmeerhafen von al-Chums ausgesprochen. Sie betrachten die türkischen Streitkräfte als Besatzung und Kolonisierung.
In der Erklärung heißt es: „Wir verfolgen mit großer Sorge die wiederholten direkten türkischen Militärinterventionen in unseren Luft- und Seestützpunkten, die eine klare und abscheuliche Verletzung der libyschen Souveränität darstellen.
Die Andeutung, dass die türkischen Streitkräfte auf unseren Stützpunkten bleiben werden, stellt einen Verstoß gegen die Resolutionen des Sicherheitsrats dar, wonach alle ausländischen Streitkräfte libysches Territorium verlassen müssen.
Die Präsenz der türkischen Streitkräfte in unserem Land und deren Kontrolle über die wichtigsten libyschen Militärstützpunkte sowie das vor Anker liegen ihrer Kriegsschiffe im Hafen von al-Chums zielen darauf ab, den verheerenden Einfluss, den sie zu osmanischen Zeiten in dieser Region ausübten, wiederherzustellen.
Wir lehnen alle Zugeständnisse ab, die unsere Seerechte außer Kraft setzen. Das jüngste davon ist das anstößige Abkommen, das die Angliederung des Seehafens al-Chums an den Marinestützpunkt für einen Zeitraum von 99 Jahren vorsieht.
Wir rufen alle freien Menschen unseres Heimatlandes auf, gegen diese türkische Besatzung vorzugehen und diese Protestbewegung bis zum Abzug der ausländischen Streitkräfte und Söldner ohne Einschränkungen oder Bedingungen weiterzuführen.
Die einzige Lösung für Libyen sind und bleiben die Vereinheitlichung staatlicher Institutionen und die schnellstmögliche Durchführung freier und fairer Präsidentschafts- und Parlamentswahlen.
Wir fordern die politischen Parteien auf, eine einheitliche Regierung zu bilden, die in der Lage ist, das Land zu den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu führen.“
https://twitter.com/SaifFuture/status/1695252336317284447

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Frankreich und seine Kolonialträume

Der ostlibysche General Khalifa Haftar hilft Frankreich, seine Kolonialstrukturen wiederaufzubauen und überlässt Paris den Militärstützpunkt al-Wig im Südwesten Libyens.

Al-Wig ist ein strategischer Militärstützpunkt mit Flughafen im südwestlichen Libyen, in der tiefsten Sahara gelegen. Die nächstgrößere Stadt nördlich von al-Wig ist die etwa 150 Kilometer entfernte Oasenstadt al-Qatrun. Von der Hauptstadt Tripolis sind es knapp tausend Kilometer nach al-Wig, bedeutend näher sind in südlicher Richtung die Grenzen zu Niger und Tschad. Die Entfernung von al-Wig zum nigrischen Grenzort Tumu dürfte nur rund 200 Kilometer betragen.[1]

Schon während des letzten Weltkriegs war Frankreich an den Saharagebieten im Westen Libyens, die 1942 von General Leclerc besetzt wurden, interessiert, das heißt an einem „französischen Fessan“ . Es hätte damit die Grenzen von Libyen zu Algerien, Niger und Tschad kontrolliert, alles Staaten, in denen Frankreich seine Kolonialmacht sichern wollte. Ein riesiges Territorium wäre somit Teil des französischen Kolonialreiches in Afrika geworden. Obwohl bei Kriegsende das gesamte Libyen unter britischer und französischer Verwaltung stand, wurde Frankreich im Friedensvertrag mit Italien vom 10. Februar 1947 gezwungen, die Eingliederung des Fessan in den neuen monarchischen Staat „Vereinigtes Königreich Libyen“, der am 24. Dezember 1951 proklamiert wurde, anzuerkennen. Frankreich konnte seine Interessen in Libyen allerdings durch ein im August 1955 mit König Idriss geschlossenes Abkommen, das ihm die Ausbeutung der Bodenschätze für einen Zeitraum von zwanzig Jahren erlaubte, aufrechterhalten. Erst Muammar al-Gaddafis Revolution im Jahr 1969 beendete die koloniale Ausbeutung.

Frankreich hatte sowohl im I. Weltkrieg in Absprache mit Großbritannien seine Kolonialmachtansprüche in Afrika durchsetzen können (Sykes-Picot-Abkommen) als auch nach dem II. Weltkrieg gemeinsam mit Großbritannien und Italien seine Stellung als Kolonialmacht, die an Stelle des Osmanischen Reiches trat, in Afrika gefestigt. Durch die al-Fatah-Revolution im September 1969 wurden Frankreichs Kolonialansprüche in Libyen beendet, bis es 2011 im Nato-Krieg gegen Libyen, zu dem Paris einen Gutteil beigetragen hatte, zum Sturz der Dschamahirija und der Ermordung von Oberst Gaddafi kam. In dem darauffolgenden Chaos in einem Land, dessen Staatsstrukturen zerstört waren, versuchte Frankreich, sich seinen Beuteanteil zu sichern. Den Kolonialträumen wurde neues Leben eingehaucht.

Frankreichs Doppelspiel

Zu diesem Zweck spielt Frankreich ein Doppelspiel: Zum einen erkennt es die Regierung in Tripolis unter ‚Premierminister‘ Abdulhamid Dabaiba an – die mit Unterstützung durch die sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ und mit Hilfe der von ihr finanzierten Milizen immer noch Tripolis kontrolliert – und unterhält zu dieser Tripolis-‚Regierung‘ gute Beziehungen. Zum anderen unterstützt das französische Außenministerium im östlichen Libyen den Oberkommandierenden der Libyschen Nationalarmee (LNA), den 80-jährigen Khalifa Haftar, der sich inzwischen heimlich mit Dabaiba über einen gemeinsamen Machterhalt geeinigt zu haben scheint.

Schon 2011 war es das Ziel des Nato-Krieges, Libyen in drei Teile zu zerschlagen: den nordwestlichen Teil, genannt Tripolitanien, an Italien, den östlichen Teil, die Kyrenaika einschließlich der südsaharischen Gebiete, an Großbritannien, und den südwestlichen Teil, genannt Fessan, an Frankreich. Allerdings traten neue Mitspieler auf den Plan, die bei der Verteilung des Landes auch nicht abseitsstehen wollten. Gerade hat Tripolis-Premier Dabaiba die Militärstützpunkte im Nordwesten Libyens an die Besatzungsmacht Türkei übergeben, während dank Haftar in den zentral-saharischen Gebieten die russische Wagner-Gruppe das Sagen hat, im Nordosten Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) den Ton angeben und der Südwesten jetzt an Frankreich übergeben wurde.

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