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Kategorie: Libyen Artikel (Seite 3 von 16)

Artikel zur aktuellen Politik in und um Libyen, Meinungen sowie historische Hintergründe

Die libysche Revolution von 1969

54. Jahrestag der libyschen Revolution vom 1. September 1969

Am 1. September 1969 putschen die Freien Offiziere Libyens unter Führung von Oberst Muammar al-Gaddafi erfolgreich gegen König Idris

Eingebettet in die damaligen weltpolitischen Geschehnisse war in Libyen die Zeit für einen Umsturz überreif. Wie in anderen Ländern beuteten die westlichen Industrienationen mit Hilfe einer korrupten Elite und dank einer ungebildeten, im Analphabetismus gehaltenen Bevölkerung das erdölreiche Land solange aus, bis dem die Revolution vom 1. September 1969 ein Ende setzte. Der Bund der Freien Unionistischen Offiziere unter Führung von Muammar al-Gaddafi stürzte den König und übernahm in Libyen die Macht. Einheit, Freiheit und Sozialismus sollten in Libyen an die Stelle der Monarchie und ihrer korrupten Machteliten treten. Der Reichtum des Landes sollte gerecht verteilt, in Bildung, Wohnungsbau, medizinische Versorgung und Ausbau der Infrastruktur investiert werden. Schon bald wurden die amerikanischen und britischen Militäreinrichtungen in Libyen geschlossen.

Dem reaktionären Putsch zuvorkommen

Man kann es als Ironie des Schicksals bezeichnen, dass der in Großbritannien ausgebildete Oberst Gaddafi zunächst vom Westen als „der richtige Mann am richtigen Ort“ gesehen wurde. Sowohl den USA als auch Großbritannien war klar, dass König Idris nicht mehr zu halten war. Sie meinten in Gaddafi den Mann gefunden zu haben, den sie lenken konnten und mit dem sich gute wirtschaftliche Beziehungen aufbauen ließen. So berichtet Richard Tomlinson, ein ehemaliger MI6-Agent, in seinem Buch Das Zerwürfnis: „Der MI6 hat einen Vollzeit->Talentspäher< bei der Armee, mit Dienstsitz in der Königlichen Militärakademie Sandhurst… Ein zweiter Talentspäher mit dem Decknamen Packet hat ein Auge auf die ausländischen Kadetten und liefert dem MI6 Hinweise, welcher dieser Studenten zum nützlichen Informanten werden könnte. Berühmt ist ein Fall aus dem Jahr 1960: Der damalige Packet versuchte einen jungen libyschen Kadetten namens Muammar al Gaddafi anzuwerben.“

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Saif al-Islam Gaddafi fordert Freilassung seines Bruders Hannibal

Hannibal al-Gaddafi schwebt aufgrund seines Hungerstreiks und der schlechten Haftbedingungen, denen er seit acht Jahren ausgesetzt ist, in Lebensgefahr. Sein Bruder Saif al-Islam Gaddafi warnte nun den Libanon eindringlich vor den Folgen, sollte Hannibal al-Gaddafi nicht freigelassen werden.

Der libysche Präsidentschaftskandidat Saif al-Islam Gaddafi hat an den Präsidenten des libanesischen Parlaments, Nabih Berri, eine Botschaft versandt. In dem Schreiben vom 30. September 2023 heißt es: „Libyen wird seinen Abstieg überwinden und seine Stimme laut erheben.“ Diejenigen, die denen vertrauten, die nicht an Libyen glauben, seien sehr schlecht beraten.

Saif al-Islam Gaddafi reagierte damit auf eine Äußerung des ehemaligen libanesischen Abgeordneten Hassan Jakob, der sich für die Entführung und Einkerkerung von Hannibal al-Gaddafi aussprach. Jakob begründete dies damit, dass Hannibal al-Gaddafi der einzige Trumpf sei, den der Libanon in Sachen des Verschwindens des Imams as-Sadr im Jahr 1978 habe. Hannibal werde nicht freigelassen werden, bevor er nicht Antworten und Erklärungen zu as-Sadrs Verschwinden geben würde. Hannibal müsse sein Wissen offenlegen.

Ein mehr als merkwürdiges Rechtsverständnis, wird Hannibal al-Gaddafi doch nun seit acht Jahren unrechtmäßig und ohne Gerichtsverhandlung im Libanon gefangen gehalten. Außerdem war Hannibal al-Gaddafi zum Zeitpunkt des Verschwindens von as-Sadr gerade einmal drei Jahre alt war. Auch darf nach libanesischem Gesetz niemand dazu gezwungen werden, gegen seinen Vater, in diesem Fall Oberst Muammar al-Gaddafi, auszusagen. Mehr Rechtsbruch ist kaum möglich. Oberst Gaddafi selbst hatte immer behauptet, as-Sadr und seine Begleiter hätten 1978 Libyen in Richtung Rom verlassen.

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Der große Verrat: Libyens militärischer Ausverkauf

Dabaiba und Haftar: Brüder im Geiste

Alle wollen ihr Stück vom libyschen Kuchen, egal ob Türkei, Italien, Frankreich, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Russland. Bei dieser Leichenfledderei sind die willfährigen Helfer im westlichen Libyen die Dabaiba-‚Regierung‘, im östlichen Libyen der militärische Machthaber Khalifa Haftar. Beide gehorchen ihren ausländischen Protegés und setzen deren militärische und wirtschaftliche Interessen mit Hilfe ihrer Streitkräfte und Milizen durch.

Seit dem Besuch der russischen Militärdelegation am 22. August 2023 in Bengasi ist auch Moskau verstärkt mit von der Partie. Es wurden ihm von Khalifa Haftar nun ebenfalls Stützpunkte an der libyschen Mittelmeerküste zugesagt, so soll der Militärstützpunkt von Sirte (Gardabiya) an Wagner/Russland übergeben werden. Der Hafendirektor von Sirte, Mohamed as-Siwi bestätigte, dass die im Hafen anwesenden Haftar-Militärs gebeten hätten, den Hafen zu räumen, um ihn Wagner/Russland zu übergeben. Wagner befindet sich auch auf dem Luftwaffenstützpunkt von Sirte namens Gardabija. Dies bestätigen Satellitenaufnahmen.

Auch die Übernahme von Bomba Bay, ganz im Nordosten Libyens, mit Anlegestellen für U-Boote, durch die Wagner-Gruppe wurde bestätigt.

Russland versucht sein Einflussgebiet im Mittelmeer und in Richtung Subsahara auszubauen und das Vordringen der Türkei und der Nato-Staaten in die östlichen und zentralen Gebiete Libyens zu verhindern. Sirte, das an der langen Mittelmeerküste Libyens etwa in der Mitte liegt, ist dabei von hoher strategischer Bedeutung. Frankreich klammert sich an Libyen, nachdem seine Position in Afrika immer schwächer wird, und setzt auf ein Aufmarschgebiet in die Sahara- und Sahelländer.

Mit der Überlassung von Stützpunkten an Frankreich im Süden und Wagner/Russland im zentralen und nordöstlichen Libyen versucht sich Khalifa Haftar seine Herrschaft über das östliche und zentrale Libyen zu sichern. Das westliche Libyen ist fest in Nato-Hand. Die Dabaiba-‚Regierung‘ sichert sich so die Anerkennung und Unterstützung durch die westlichen Regierungen und die UNO.

In einem sind sich der Dabaiba-Clan und der Haftar-Clan allerdings einig: Die Einnahmen aus den Erdöl- und Erdgasexporten werden brav geteilt. Es könnte für sie gar nicht besser laufen.

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Der Fall Mangusch: Wie ein gar nicht geheimes Treffen die Dabaiba-‚Regierung‘ unwiderruflich diskreditiert

Die libysche Außenministerin Nadschla Mangusch hat sich nach Bekanntwerden über ihre „Geheimgespräche“ mit dem israelischen Außenminister Eli Cohen in die Türkei abgesetzt. Ihr droht ein Prozess wegen Hochverrat. Die Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis dürfte am Ende sein.

Es schlug am Sonntagabend in Libyen ein wie eine Bombe: Die Konterfeis von Eli Cohen, dem israelischen Außenminister, und Nadschla Mangusch, der libyschen Außenministerin der Dabaiba-‚Regierung‘, auf den Titelseiten israelischer Zeitungen. Eli Cohen wird mit den Worten zitiert: „Das Treffen mit Mangusch ist ein erster Schritt in den Beziehungen zwischen Israel und Libyen“. Er fährt fort: „Wir haben die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern in humanitären Fragen, in Fragen der Agrartechnologie und Wassertechnologie besprochen“. Anschließend dankt Cohen dem italienischen Außenminister Antonio Tajani für die Ausrichtung des Treffens in Rom.

Ab sofort war nichts mehr „geheim“ an diesem „Geheimtreffen“, das am 24. August 2023 in Rom stattfand und über zwei Stunden dauerte. Genannt wurden auch die anderen Teilnehmer als da waren: Ibrahim ad-Dabaiba, Muhannad Jounes von der libyschen Botschaft in Rom, Manguschs Beraterin Salmin al-Gohary, Abdel Madschid Malikta, Leiter der Libyan Company for the Management of Joint Projects with the Private Sector und Hossam al-Ghawil, Koordinator für libysch-türkische Beziehungen in der Dabaiba-‚Regierung‘.

Nach den gestrigen Veröffentlichungen über das „Geheimtreffen“ und die darauf folgenden mehr als harschen Reaktionen trat Mangusch heute Morgen, 28.08.2023, unverzüglich die Flucht an. Ihr Privatjet nahm vom internationalen Flughafen Misrata Kurs auf Istanbul, wo sie inzwischen gelandet ist. Wegen Landesverrat droht ihr in Libyen eine hohe Gefängnisstrafe.

Unruhen in Tripolis

Um zu verstehen, wie ernst dieses Treffen mit dem israelischen Außenminister einzuordnen ist, muss man wissen, dass laut der jüngsten Meinungsumfrage die libysche Bevölkerung fast geschlossen eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel und eine Anerkennung des Staates Israel ablehnt. Umgehend wurde aus Solidarität mit dem palästinensischen Volk auf dem Hauptplatz von Tripolis die palästinensische Flagge gehisst, während israelische Fahnen brannten und der Rücktritt von Dabaiba gefordert wurde. Videos, die im Netz aufgetaucht sind, sollen zeigen, wie sogar die Residenz von Dabaiba in Brand gesteckt wurde.

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Frankreich und seine Kolonialträume

Der ostlibysche General Khalifa Haftar hilft Frankreich, seine Kolonialstrukturen wiederaufzubauen und überlässt Paris den Militärstützpunkt al-Wig im Südwesten Libyens.

Al-Wig ist ein strategischer Militärstützpunkt mit Flughafen im südwestlichen Libyen, in der tiefsten Sahara gelegen. Die nächstgrößere Stadt nördlich von al-Wig ist die etwa 150 Kilometer entfernte Oasenstadt al-Qatrun. Von der Hauptstadt Tripolis sind es knapp tausend Kilometer nach al-Wig, bedeutend näher sind in südlicher Richtung die Grenzen zu Niger und Tschad. Die Entfernung von al-Wig zum nigrischen Grenzort Tumu dürfte nur rund 200 Kilometer betragen.[1]

Schon während des letzten Weltkriegs war Frankreich an den Saharagebieten im Westen Libyens, die 1942 von General Leclerc besetzt wurden, interessiert, das heißt an einem „französischen Fessan“ . Es hätte damit die Grenzen von Libyen zu Algerien, Niger und Tschad kontrolliert, alles Staaten, in denen Frankreich seine Kolonialmacht sichern wollte. Ein riesiges Territorium wäre somit Teil des französischen Kolonialreiches in Afrika geworden. Obwohl bei Kriegsende das gesamte Libyen unter britischer und französischer Verwaltung stand, wurde Frankreich im Friedensvertrag mit Italien vom 10. Februar 1947 gezwungen, die Eingliederung des Fessan in den neuen monarchischen Staat „Vereinigtes Königreich Libyen“, der am 24. Dezember 1951 proklamiert wurde, anzuerkennen. Frankreich konnte seine Interessen in Libyen allerdings durch ein im August 1955 mit König Idriss geschlossenes Abkommen, das ihm die Ausbeutung der Bodenschätze für einen Zeitraum von zwanzig Jahren erlaubte, aufrechterhalten. Erst Muammar al-Gaddafis Revolution im Jahr 1969 beendete die koloniale Ausbeutung.

Frankreich hatte sowohl im I. Weltkrieg in Absprache mit Großbritannien seine Kolonialmachtansprüche in Afrika durchsetzen können (Sykes-Picot-Abkommen) als auch nach dem II. Weltkrieg gemeinsam mit Großbritannien und Italien seine Stellung als Kolonialmacht, die an Stelle des Osmanischen Reiches trat, in Afrika gefestigt. Durch die al-Fatah-Revolution im September 1969 wurden Frankreichs Kolonialansprüche in Libyen beendet, bis es 2011 im Nato-Krieg gegen Libyen, zu dem Paris einen Gutteil beigetragen hatte, zum Sturz der Dschamahirija und der Ermordung von Oberst Gaddafi kam. In dem darauffolgenden Chaos in einem Land, dessen Staatsstrukturen zerstört waren, versuchte Frankreich, sich seinen Beuteanteil zu sichern. Den Kolonialträumen wurde neues Leben eingehaucht.

Frankreichs Doppelspiel

Zu diesem Zweck spielt Frankreich ein Doppelspiel: Zum einen erkennt es die Regierung in Tripolis unter ‚Premierminister‘ Abdulhamid Dabaiba an – die mit Unterstützung durch die sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ und mit Hilfe der von ihr finanzierten Milizen immer noch Tripolis kontrolliert – und unterhält zu dieser Tripolis-‚Regierung‘ gute Beziehungen. Zum anderen unterstützt das französische Außenministerium im östlichen Libyen den Oberkommandierenden der Libyschen Nationalarmee (LNA), den 80-jährigen Khalifa Haftar, der sich inzwischen heimlich mit Dabaiba über einen gemeinsamen Machterhalt geeinigt zu haben scheint.

Schon 2011 war es das Ziel des Nato-Krieges, Libyen in drei Teile zu zerschlagen: den nordwestlichen Teil, genannt Tripolitanien, an Italien, den östlichen Teil, die Kyrenaika einschließlich der südsaharischen Gebiete, an Großbritannien, und den südwestlichen Teil, genannt Fessan, an Frankreich. Allerdings traten neue Mitspieler auf den Plan, die bei der Verteilung des Landes auch nicht abseitsstehen wollten. Gerade hat Tripolis-Premier Dabaiba die Militärstützpunkte im Nordwesten Libyens an die Besatzungsmacht Türkei übergeben, während dank Haftar in den zentral-saharischen Gebieten die russische Wagner-Gruppe das Sagen hat, im Nordosten Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) den Ton angeben und der Südwesten jetzt an Frankreich übergeben wurde.

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Die Türkei, Premierminister Dabaiba und die Kämpfe der Tripolis-Milizen

Erdgan und Dabaiba

Erdogan und Dabaiba

Der libysche Premierminister Dabaiba übergibt Infrastruktur an die Türkei – ein traumatisches Erlebnis für die Libyer nach der jahrhundertelangen Herrschaft des Osmanischen Reiches über Libyen

Am 14. August wurde der Kommandeur der 444. Brigade, Mahmud Hamza, auf dem internationalen Mitiga-Flughafen von Tripolis von der Special Deterrence Force (SDF/früher Rada Miliz) gefangengenommen. Hamza war auf dem Weg nach Misrata, wo er zusammen mit dem ‚Premierminister‘ der Regierung in Tripolis, Abdulhamid Dabaiba, an einer Militärparade teilnehmen wollte.

Im Anschluss daran kam es zwischen der 444. Brigade, die die Freilassung von Hamza forderte, und der SDF (Rada), zu schweren militärischen Auseinandersetzungen, die im Süden von Tripolis, in den Bezirken Ain Zara und Salah al-Din, ihren Anfang nahmen, sich aber schon bald auf benachbarte Gebiete ausweiteten. Am 15.08. wurde über den vom Kampf betroffenen Bezirken der Ausnahmezustand verhängt.

Der Flugverkehr am internationalen Mitiga-Flughafen von Tripolis sowie der Unterricht an der Universität wurden ausgesetzt, während Demonstranten die Küstenstraße, die den Flughafen mit dem Stadtzentrum verbindet, mit brennenden Reifen blockierten. Die Zivilbevölkerung wurde aus der Kampfzone evakuiert und die UN-Sondermission für Libyen rief zur sofortigen Beendigung der Kämpfe auf. Die Botschaften der USA und Großbritanniens erklärten, sie teilten die Besorgnis des UN-Sondergesandten Bathily. Auch das Parlament im Osten Libyens verurteilte die Milizenkämpfe.

Nach zwei Tagen flauten die Kämpfe ab, nachdem mit Hilfe der örtlichen Honoratioren und in Anwesenheit von Dabaiba mit der 444. Brigade und der SDF eine Vereinbarung getroffen werden konnte, nach der Mahmud Hamza noch am 15.08. einer neutralen Miliz, dem Stability Support Apparatus (SSA) übergeben wurde. Der SSA untersteht nominell dem Präsidialrat

Nach den Kämpfen blieben 55 Tote und mehr als 146 Verletzte zurück. 234 Familien waren aus den Kampfgebieten evakuiert worden. Viele zivile Häuser aber auch das Universitätsgebäude, waren in Brand geraten und stark beschädigt.

Der Konflikt zwischen den beiden Milizen dürfte dabei noch lange nicht gelöst sein, geht es doch um viel.

Die Milizen kämpfen um die Kontrolle wichtiger Bezirke

Die 444. Brigade und die SDF (Rada) sind die beiden stärksten Milizen in Tripolis und gehören beide zur Dabaiba-Regierung. Die SDF wird angeführt von Abdulraif Kara und ist dem Verteidigungsministerium angegliedert. Der Posten des Verteidigungsministers ist in Personalunion vom Premierminister Dabaiba besetzt. Ihm ist also seine eigene Miliz gerade aus dem Ruder gelaufen.

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Internationale Bestrebungen zur Sanktionierung bei Wahlbehinderung

Nach der Abwahl von al-Mischri als Staatsratsvorsitzenden soll auch gegen den Parlamentspräsidenten Saleh und Parlamentarier vorgegangen werden, die die Absetzung der Dabaiba-‚Regierung‘ betreiben.

Aufgrund der aktuellen Vorgänge rund um die Neuwahl des Vorsitzenden des Hohen Staatsrats und des Parlaments finden libyschen Berichten zufolge gerade nationale und internationale Konsultationen statt mit dem Ziel, Sanktionen gegen den Parlamentspräsidenten Aguila Saleh und Parlamentarier zu verhängen, sollten sie Wahlen und die Arbeit des 6+6-Aussschusses behindern. Laut den Berichten sollen auch diejenigen sanktioniert werden, die zur Bildung einer Parallelregierung aufrufen.

Der UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Abdullah Bathily, nahm an einem Gesprächsforum in der westlibyschen Großstadt Zawiya teil, bei der auch Bürgermeister der zentralen, westlichen und südlichen Stadtbezirke von Zawiya sowie Vertreter der Jugend und der sozialen, politischen und sicherheitspolitischen Kräfte der Stadt anwesend waren. Bathily rief dazu auf, „all jene zu bestrafen, die den Wahlprozess in Libyen behindern“. Libyen müsse seine Grenzen und sein Land sichern. Dies bedeutet für die Europäer vor allem, dass die Durchreise von Migranten, durch die Putsche und Kriege in den Sahelstaaten befeuert, in den Griff bekommen werden soll.

Was darunter zu verstehen ist und wer hinter diesen Forderungen steht, geht aus Äußerungen der Sprecherin der britischen Regierung für Angelegenheiten des Nahen Ostens und Nordafrikas, Rosie Diaz, hervor, die die Bildung einer neuen Übergangsregierung in Libyen strikt ablehnt.  Eine neue Übergangsregierung würde zu einer neuen Übergangszeit führen, ohne das Land in Richtung Wahlen zu bewegen.  Die britische Diplomatin betonte, dass diejenigen, die die Stabilität bedrohen oder den politischen Prozess in Libyen untergraben, zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Der vom 6+6-Ausschuss vorgelegte Fahrplan könne zur politischen Stabilität in Libyen beitragen und dadurch viele Probleme Libyens lösen, insbesondere das Dilemma der Migration im Mittelmeerraum.

Wieder einmal riefen die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland die libysche Führung dazu auf, baldmöglichst Wahlen abzuhalten.

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Der im Libanon gefangen gehaltene Hannibal al-Gaddafi schwebt in Lebensgefahr

Seit seiner Verschleppung im Jahr 2015 wird Hannibal al-Gaddafi in einem Beiruter Gefängnis ohne Anklage oder Gerichtsverhandlung gefangen gehalten. Als Protest befindet er sich im Hungerstreik.

Marinella Correggia weist im italienischen Manifesto auf die erschütternde Situation der Gefangenschaft von Hannibal Gaddafi im Libanon hin. Sie schreibt: „Sein Leben ist in Gefahr, da er sich seit Juni aus Protest im Hungerstreik befindet, der nur durch mehrere Krankenhausaufenthalte unterbrochen wurde. Berichten zufolge hat er bereits 25 Kilogramm abgenommen.“ Die letzte Nachricht sei besorgniserregend, denn die Ärzte haben erklärt, ein weiteres Fasten würde seinen Körper überfordern. Doch Hannibal verweigert nach wie vor die Nahrungsaufnahme.

Auch der Libanon hat die Allgemeine UN-Menschenrechtserklärung ratifiziert, in der es in Artikel 9 heißt: „Niemand darf willkürlich festgenommen oder in Haft gehalten werden“, und in Artikel 10: „Jeder hat das Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen Gericht“. Für den am 11. Dezember 2015 von der von Milizionären der libanesischen bewaffneten Gruppe Amal verschleppten Hannibal Gaddafi scheint dies nicht zu gelten.

Hannibal wird vorgeworfen, keine Informationen darüber preiszugeben, was 1978 mit dem schiitischen Imam und Gründer der Amal-Bewegung, Moussa Sadr, und seinen Begleitern geschah. Die Amal-Bewegung glaubt, dass Muammar al-Gaddafi, der Vater von Hannibal, für das Verschwinden von Moussa Sadr, der sich zu Verhandlungen in Libyen aufgehalten hatte, verantwortlich sei. Muammar al-Gaddafi beteuerte stets, mit dem Verschwinden nichts zu tun gehabt zu haben, Sadr habe damals Libyen mit dem Flugzeug Richtung Rom verlassen. Moussa Sadr sei einem innerschiitischen Komplott zum Opfer gefallen.

Dagegen scheint Sadrs Familie der Überzeugung zu sein, dass der Imam, der heute 94 Jahre alt wäre, immer noch irgendwo in Libyen festgehalten wird, während andere Amar-Anhänger glauben, er sei 1978 von Muammar al-Gaddafi getötet worden.

Zum Zeitpunkt dieser Geschehnisse war Hannibal gerade drei Jahre alt und somit mit Sicherheit nicht in die Vorgänge um as-Sadr verwickelt. Und selbst wenn er von seinem Vater Informationen über Sadr erhalten hätte, dürfte er nach libanesischem Recht nicht zu einer Aussage gegen seinen Vater gezwungen werden.

Es sei noch erwähnt, dass Hannibal al-Gaddafi zu keiner Zeit in Libyen politisch aktiv war oder Ämter bekleidete.

Nabih Berri und die Amal-Bewegung

Libanon steckt im politischen Chaos fest. Für die dort herrschende Pattsituation ist nicht zuletzt Nabih Berri verantwortlich, der seit 1992 der Präsident des libanesischen Parlaments und zugleich Anführer der Amal-Bewegung ist.

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Machtkämpfe in Libyen eskalieren – Ölfelder geschlossen

Update 16.07.:

+ Freilassung Boumtari. Nach drei Tagen Gefangenschaft wurde der als Nachfolger des CBL-Chefs al-Kebir gehandelte Faradsch Boumtari freigelassen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1680291529917603843

+ Öffnung Erdölfelder. Das Öl- und Gasministerium kündigt die Wiederaufnahme des Betriebs auf den Ölfeldern Scharara und el-Feel an.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1680341607189495813

 

Entführung von Faradsch Boumtari, Schließung der größten Ölfelder und Hintertreibung der Roadmap durch Dabaiba und Haftar

Faradsch Abderrahmane Boumtari, der der neue Chef der Libyschen Zentralbank (CBL) werden sollte, wurde am Mittwoch, 12. Juli 2023, bei seiner Ankunft am Mitiga-Flughafen von Tripolis verhaftet. Die sogenannte Agentur für innere Sicherheit (Internal Security Agency/OSI/ehemals RADA) verschleppte ihn an einen unbekannten Ort. Erst am 11. Juli hatte LibyaReview die Nachricht verbreitet, dass der schon mehrfach vom Parlament abgesetzte und fragwürdige Chef der Libyschen Zentralbank, Siddiq al-Kebir, ersetzt wird.

Boumtari, der im Jahr 2018 Finanzminister der ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis war, gehört dem Stamm der Zawija an, deren Stammesführer Siddiq al-Kebir und den ‚Premierminister‘ in Tripolis, Abdulhamid Dabaiba, bezichtigen, hinter der Entführung von Boumtari zu stehen.

Blockade der größten Ölfelder

Die Ankündigung des Zawija-Stammes, die Ölfelder im Süden Libyens zu schließen, sollte Boumtari nicht umgehend freigelassen werden, wurde am 13. Juli in die Tat umgesetzt. Es erfolgte die Blockade der beiden größten Ölfelder el-Feel und asch-Scharara im Südwesten Libyens. Angedroht wurde auch die Schließung der großen Erdölverladehäfen im östlichen Libyen.

Der Protest gegen die Verschleppung Boumtari wird von den Stämmen der az-Zawiya und al-Maghariba angeführt, die sich auch an die UNSMIL und an ausländische Botschaften wandten. Ebenso wurde der libysche Generalstaatsanwalt zum Handeln aufgefordert. Neben der Freilassung von Boumtari forderten die Stämme auch die Entlassung von al-Kebir als Chef der Libyschen Zentralbank. Das Vorgehen der Milizen in Tripolis wurde als „Gangsterkriminalität“ bezeichnet.

Al-Kebir und Dabaiba der Verschwörung beschuldigt

Der Führer des Zawiya-Stammes, as-Senussi al-Ahlaiq, sieht Siddiq al-Kebir hinter der Verschwörung um die Entführung von Boumtari. Al-Kebir wolle seinen Posten und somit die Kontrolle über die libyschen Öleinnahmen behalten. Sollte Boumtari nicht freigelassen werden, könne die Situation um die Schließung der Ölfelder weiter eskalieren und auch die Wasserversorgung unterbrochen werden. Al-Kebir müsse vor Gericht gestellt werden.

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Hannibal al-Gaddafi in einem libanesischen Gefängnis im Hungerstreik

Ein Artikel von Marinella Correggia auf Internationalist 360° beschäftigt sich mit den Hintergründen um die illegale Gefangennahme von Hannibal al-Gaddafi im Libanon und dessen Hungerstreik.

In dem Artikel heißt es, dass Hannibal al-Gaddafi, einer der überlebenden Söhne des 2011 im Nato-Krieg ermordeten libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, vor Tagen einen Hungerstreik in dem libanesischen Gefängnis begonnen hat, in dem er seit 2015 ohne Anklage und Prozess festgehalten wird. Laut seinem Anwalt Paul Romanos sei Hannibals Gesundheit nicht zuletzt durch die schlechten Haftbedingungen angeschlagen.

Hannibal, der sich nie politisch engagierte, hatte nach dem Nato-Krieg gegen Libyen in Syrien Asyl erhalten. Doch am 11. Dezember 2015 wurde er von einer Miliz unter der Führung von Ali Yacoub unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in den Libanon, nach Bekaa, gelockt. Erst Wochen später erklärte die libanesische Polizei, dass sie den Gefangenen in Baalbek gefunden habe, doch anstatt die Entführer zu verhaften, wurden diese laufengelassen und Hannibal in ein Gefängnis nach Beirut gebracht. Seitdem wird Hannibal Gaddafi ohne Anklage in einer unterirdischen Zelle gefangen gehalten, sogar der Kontakt zu seinen Kindern ist ihm verwehrt.

Was wird Hannibal vorgeworfen?

Hannibal wird persönlich nichts vorgeworfen. Sondern es geht um einen Vorfall, der sich 1978 in Libyen abgespielt hat und über den durch die Geiselhaft Hannibals Informationen erpresst werden sollen. Hannibal selbst war zum Zeitpunkt der Geschehnisse ganze drei Jahre alt.

Die libanesische Amal-Bewegung machte 1978 Muammar al-Gaddafi für das Verschwinden ihres Gründers, des schiitischen Imams Moussa Sadr, verantwortlich. Moussa Sadrs Familie ist der Auffassung, dass sich Moussa Sadr immer noch in einem libyschen Gefängnis aufhalten könnte. Heute wäre der Schiitenführer 94 Jahre alt. Andere Mitglieder der Amal-Bewegungen sind der Meinung, dass Muammar al-Gaddafi den Imam nach einem Streit über Zahlungen aus Libyen an libanesische Milizen töten ließ.

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