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Schlagwort: Tuareg

Kurznachrichten Libyen – 10.10. bis 16.10.2022

In eigener Sache: Urlaubsbedingt kann es in der nächsten Woche zu einer eingeschränkten Libyen-Berichterstattung kommen.

In Libyen nichts Neues / Politischer Stillstand erscheint eingefroren / Noch immer Aufregungen wegen Türkei-Dabaiba-Abkommen / Verstärkter Versuch der USA, die libyschen Finanzen zu kontrollieren

+ 09.10.: Türkei-Abkommen. Amal Bugaighis, Mitglied des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF), bestätigte, dass die libysche Verwaltungsgerichtsbarkeit eine Entscheidung zur Annullierung des jüngsten Türkei-Abkommens erlassen wird. Die Dabaiba-Regierung habe mit dem Abschluss des Türkei-Abkommens ihre Kompetenzgrenzen überschritten.
https://libyareview.com/27852/libyan-administrative-judiciary-to-cancel-turkish-energy-deal/

+ 09.10.: Türkei-Abkommen. Der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry erklärte während einer Pressekonferenz mit seinem griechischen Amtskollegen Nikos Dendias, dass Libyens „scheidende“ Dabaiba-Regierung „seit dem 24. Dezember keine Legitimität mehr besitzt und kein Recht hat, internationale Abkommen zu unterzeichnen“. Schukri forderte die UN auf, sich bezüglich ihrer Haltung zur Dabaiba-Regierung zu erklären.
https://libyareview.com/27855/egypt-greece-reject-turkey-libya-energy-deal/

+ 10.10.: Türkei. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu erklärte, die Türkei werde „ihre nationalen Rechte und ihr Recht in der Region weiterhin konsequent schützen“. Er sagte am Rande der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE): „Wir sind verantwortlich für den Schutz unserer Rechte, von Syrien bis Libyen, von der Ägäis bis zum Mittelmeer“.
https://libyareview.com/27889/turkey-to-protect-their-national-rights-in-libya/
Seit wann hat die Türkei Rechte in anderen Ländern?

+ 15.10.: Türkei-Abkommen/EU. Das Europäische Parlament forderten die Dabaiba-Regierung und die Türkei auf, keine Klausel aus dem Anfang des Monats in Tripolis unterzeichneten bilateralen Abkommen über Kohlenwasserstoffe umzusetzen, da diese „illegale Bohrungen in den ausschließlichen Wirtschaftszonen anderer Länder vorsehen, darunter auch in denen Zyperns und Griechenlands“.
https://libyareview.com/28053/eu-parliament-objects-libyan-turkish-deal/
+ 13.10.: Erdöl. Es sollen einige Ölfelder wieder geschlossen sein, nachdem Dabaiba die vereinbarten Zahlungen (14 Milliarden Dinar) an die LNA/Haftar nicht getätigt hat. So soll die Förderung im Scharara-Feld mittels der Schließung des Ventils der Ölpipeline durch Demonstranten, die der Karama-Miliz angehören, eingestellt worden sein.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1580392968392843264
https://twitter.com/SaifFuture/status/1580392798259359744
https://libyareview.com/28023/libyan-mp-outraged-citizens-could-close-oil-fields/
Die Libyer haben wirklich genug von der Ausbeutung. Von den hohen Öleinnahmen kommt beim Volk so gut wie nichts an. Sie gehen an die Milizen, an korrupte Politiker und an ausländische Konzerne.

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Kurznachrichten Libyen – 22.03.2021

19.03.2011: Beginn des Bombenkriegs gegen Libyen / Klage gegen Sarradsch und Erdogan am IStGH eingereicht / Korruptionsvorwürfe gegen neue und alte Einheitsregierung

Zum zehnten Mal jährt sich der Tag, an dem die Nato ihren Angriffskrieg gegen Libyen begann

19.03.2011: Manlio Dinucci gibt auf Voltaire.net eine Antwort auf die Frage: „Warum die NATO Libyen vor zehn Jahren zerstörte“. Dinucci weist darauf hin, dass Libyen eigentlich ein Verbündeter der USA im Kampf gegen Dschihadismus und extremistische Gruppierungen des politischen Islams war und hält die US-amerikanische Raffgier für den wichtigsten Kriegsgrund.
Zunächst unter dem Kommando von Africom, dann unter Nato-Kommando kamen in Libyen Kampfjets zum Einsatz, wurde von Flugzeugträgern und Kriegsschiffen aus Krieg gegen Libyen geführt. Doch „schon vor der Luftoffensive wurden in Libyen regierungsfeindliche Stämme und islamistische Gruppen finanziert und bewaffnet und von Spezialeinheiten, insbesondere aus Katar, infiltriert, um die bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb des Landes auszuweiten“.
Dinucci: „So wird dieser afrikanische Staat zerstört, der, wie die Weltbank 2010 dokumentierte, ein >hohes Wirtschaftswachstum< erzielte mit einem jährlich um 7,5 Prozent wachsenden BIP und >hohe Indikatoren für die menschliche Entwicklung< verzeichnete, darunter den allgemeinen Zugang zu Grund- und Sekundarbildung und mehr als 40 Prozent Universitätsabsolventen. Trotz der Disparitäten war der durchschnittliche Lebensstandard in Libyen höher als in allen anderen afrikanischen Ländern. Etwa zwei Millionen Einwanderer, die meisten von ihnen aus Afrika, fanden dort Arbeit. Der libysche Staat mit den größten Reserven an Erdöl und Erdgas in Afrika, begrenzte die Gewinnmargen für ausländische Konzerne. Dank des Rohstoffexports wies die libysche Handelsbilanz einen Jahresüberschuss von 27 Milliarden Dollar auf. Der libysche Staat investierte im Ausland rund 150 Milliarden Dollar. Die libyschen Investitionen in Afrika waren entscheidend für das Vorhaben der Afrikanischen Union, drei Finanzorganisationen zu schaffen: den Afrikanischen Währungsfonds mit Sitz in Yaoundé (Kamerun), die Afrikanische Zentralbank mit Sitz in Abuja (Nigeria), die Afrikanische Investitionsbank, mit Sitz in Tripolis. Diese Organisationen hätten es ermöglicht, einen gemeinsamen afrikanischen Markt und eine gemeinsame Währung zu schaffen.
Es war kein Zufall, dass der NATO-Krieg zur Zerstörung des libyschen Staates nicht einmal zwei Monate nach dem Gipfel der Afrikanischen Union begann. Diese hatte am 31. Januar 2011 grünes Licht für die Gründung des Afrikanischen Währungsfonds gegeben, wie aus den von WikiLeaks veröffentlichten E-Mails der damaligen Außenministerin der Obama-Regierung, Hillary Clinton, hervorgeht. Ziel der USA und Frankreichs war es, Gaddafi zu eliminieren, bevor er die Goldreserven Libyens nutzten konnte, um eine pan-afrikanische, alternative Währung zum US-Dollar und zum CFA-Franc (diese Währung hatte Frankreich seinen 14 ehemaligen Kolonien aufgezwungen) zu schaffen. Dies wird auch dadurch belegt, dass 2011 noch vor Beginn des Bombardements, die Banken in Aktion traten: Sie konfiszierten die 150 Milliarden USD, die der libysche Staat im Ausland investiert hatte und von denen der größte Teil verschwunden ist. Bei diesem Raubzug tat sich besonders die mächtigste US-Investmentbank Goldman Sachs hervor, deren Vizepräsident Mario Draghi war.“
In der Nachfolge des Krieges wurden afrikanische Migranten unter der Beschuldigung, >Gaddafi-Söldner< zu sein, in Käfige gesteckt, gefoltert und ermordet. In Tawerga wurde eine ethnische Säuberung durchgeführt. Fast 50.000 libysche Bürger seien vertrieben worden. Dinucci macht auch das italienische Parlament für diese Gräuel verantwortlich, das am 18. März 2011 dafür stimmte, >jede Initiative (d.h. Kriegseintritt Italiens gegen Libyen) zu ergreifen, um den Schutz der Menschen in der Region zu gewährleisten<.
Laut Dinucci stecken sich heute bestimmte Machtgruppen und multinationale Konzerne, begünstigt durch die chaotische Situation im Land, die Erdöleinnahmen in die Taschen. Der Lebensstandard der Libyer sei eingebrochen, für chaotische Migrationsströme seien Menschenhä
https://www.voltairenet.org/article212441.html

Nato-Krieg/Geheimverhandlungen/Saif al-Islam Gaddafi. Der britische Independent berichtete über Geheimgespräche, die von Norwegen 2011 vermittelt worden waren mit dem Ziel, den Nato-Krieg gegen Libyen zu beenden. Letztendlich seien diese Verhandlungen gescheitert, mit den bekannten Folgen.
Der damalige norwegische Außenminister Jonas Store, der an den Verhandlungen 2011 teilnahm, beschuldigte Frankreich und Großbritannien, sich einer Verhandlungslösung in Libyen widersetzt zu haben. Er habe nicht das Gefühl gehabt, dass London und Paris über eine diplomatische Option nachdenken wollten: „Wenn in der internationalen Gemeinschaft der Wunsch bestanden hätte, diesen Weg mit einigem Engagement zu verfolgen, denke ich, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, ein weniger dramatisches Ergebnis zu erzielen und den Zusammenbruch des libyschen Staates zu vermeiden“.
Dem damaligen französischen Präsidenten Sarkozy und dem britischen Premier Cameron wird vorgeworfen, die damalige libysche Dschamahirija-Regierung um jeden Preis gestürzt haben zu wollen. Am 17. März 2011 stimmten die UN für eine Nato-Intervention. In den nächsten sieben Monaten wurden Hunderte von Luftangriffen gegen Libyen geflogen.
Gaddafis Verbündete hätten versucht zu verhandeln. Saif al-Islam Gaddafi habe zu diesem Zweck hochrangige norwegische Beamte nach Tripolis eingeladen. Store berichtet, dass sich „zu der Zeit, als die UN-Resolution in New York verabschiedet wurde, zwei hochrangige norwegische Beamte mit Saif al-Islam im Präsidentenpalast in Tripolis aufhielten. Als die ersten NATO-Luftangriffe bevorstanden, mussten sie eilig über die Grenze nach Tunesien gebracht werden, um ihre Sicherheit zu gewährleisten“.
Norwegen beteiligte sich anschließend an der Bombardierung und warf 600 Bomben über Libyen ab. Gleichzeitig habe der damalige norwegische Premierminister und heutige Nato-Generalsekretär Stoltenberg seinen Außenminister Store darum gebeten, die Geheimverhandlungen fortzuführen. Nach wochenlangen Verhandlungen habe Store am 27. April 2011 in einem Osloer Hotelzimmer ein Treffen zwischen hochrangigen Vertretern der Dschamahirija und der libyschen ‚Opposition‘ vermittelt. Die Dschamahirija war durch Mohammed Ismail, Saif al-Islams rechte Hand, vertreten, die ‚Opposition‘ durch Ali Zeidan, der dem Nationalen Übergangsrat angehörte. Es habe einen „umfassenden Plan“ zur Beendigung des Kriegs gegeben. Muammar al-Gaddafi sei bereit gewesen, auf die Macht zu verzichten, wollte aber das Land nicht verlassen. Erst ganz zum Schluss habe sich Gaddafi doch noch bereit erklärt, ins Exil zu gehen. Allerdings seien laut Store die großen westlichen Länder nicht an einer Verhandlungslösung interessiert gewesen: „Wenn es den Willen dazu gegeben hätte, wäre eine Art Waffenstillstand möglich gewesen, um diplomatische Schritte zu ergreifen.“ Doch der politische Wille fehlte.
Store, der jetzt Norwegens oppositionelle Arbeiterpartei führt, kam zu dem Schluss, dass das Scheitern dieser Verhandlungen umso tragischer war, als dadurch Libyen für die nächsten zehn Jahre zum „Schlachtfeld für andere Länder“ wurde.
http://en.alwasat.ly/news/libya/314641

Russland: Laut einer Stellungnahme Moskaus zerstörte die Intervention der Nato in Libyen die Staatlichkeit und ließ Terrorismus und Migrationskrise ansteigen. Dies sollte die tatsächlichen Kosten einer Politik des Regime-Change deutlich machen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1373057530474205188

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Das libysche UN-Forum für politischen Dialog (LPDF)

Dem geplanten Libyschen Forum für politischen Dialog (LPDF) unter UN-Schirmherrschaft wird Intransparenz und mangelndes Demokratieverständnis vorgeworfen.

Das Libysche Forum für politischen Dialog (LPDF) und das merkwürdige Demokratieverständnis der UNO

Die Vorbereitung für das am 9. November in Tunesien geplante Libysche Forum für politischen Dialog (LPDF) unter UN-Schirmherrschaft wird völlig unbeeindruckt von der Kritik, den Einsprüchen und Erklärungen verschiedener libyscher Parteien von der UN-Sondermission für Libyen (UNSMIL) durchgezogen. Ausschließlich die Muslimbruderschaft hatte keinerlei Einwände an dessen Ablauf und Durchführung, ist es ihr doch gelungen, ihre Führer und Verbündeten innerhalb des Forums bestens zu platzieren. Und dies, obwohl die Moslembruderschaft nicht nur keinerlei demokratische Legitimation in Libyen besitzt, sondern auch in der Bevölkerung äußerst unbeliebt ist. Wieso ist dann gerade sie so prominent beim LPDF vertreten und wieso wird ihr das Recht eingeräumt, über die Zukunft Libyens zu bestimmen?

Es stellt sich immer wieder die Frage: Wer hat die Teilnehmerliste erstellt?

Erinnert sei an die ominösen Vorgänge im Rahmen des Skhirat-Abkommens bei der Ernennung von as-Sarradsch als Präsident des Präsidialrats. Es bleibt bis heute unklar, wer damals seinen Namen aus dem Hut zauberte. Das Skhirat-Abkommen hatte dem Parlament das Recht eingeräumt, den Präsidenten zu benennen, das daraufhin eine Vorschlagsliste mit 14 Namen an die UNSMIL schickte. Obwohl sich der Name Sarradsch nicht auf dieser Liste fand, wurde er zum Präsidenten ernannt. Wer hatte Sarradsch nominiert?

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Berlin ist eine Sache, Libyen eine andere

Libyen/Berlin-Konferenz. Während sich in Berlin gerade die Türen hinter den Teilnehmern der Libyenkonferenz schließen, schließen sich in Libyen die Reihen des Widerstands.

+ Wie LibyaDesk und andere Quellen berichten, wurden nun auch die beiden großen Ölfelder im Süden des Landes, das Scharara- und das al-Feel-Ölfeld von lokalen Stämmen geschlossen. Weiterlesen