Drohender Milizenkrieg und Proteste gegen Dabaiba-‚Rgierung‘ in Tripolis und gegen UN-Mission in Dschanzur / Blockade des Mellitah-Öl- und Gaskomplexes durch Demonstranten / Dritte Berliner Libyen-Konferenz ohne greifbare Ergebnisse / Hannah Tettehs Bericht vor UN-Sicherheitsausschuss nichtssagend / Hannibal al-Gaddafi im Hungerstreik / Spannungen zwischen Libyen und Griechenland wegen maritimem Wirtschaftsabkommen mit Türkei
Schlagwort: Berliner Libyen-Konferenz (Seite 1 von 2)
Weiterhin große Freitagesdemonstrationen gegen Dabaiba-‚Regierung‘ / Nach Fußball-Derby: Fans gejagt und mit scharfer Munition beschossen / Gaza-Solidaritätskonvoi as-Sumud von Haftar-Sicherheitskräften gestoppt / Dritte Berliner Libyen-Konferenz soll am 24. Juni stattfinden / Haftar-Streitkräfte kämpfen an der Seite der sudanischen RFS-Miliz unter Hemeti gegen sudanesische Regierungstruppen / Mussa Ibrahim zum Israel-Iran-Krieg
Fragile Waffenruhe und angespannte Sicherheitslage in Tripolis / Eingreifen von Misrata-Milizen befürchtet / Kämpfe mit Toten in Sabratha / Libyer haben genug und kündigen weitere Freitagsproteste an / Sit-ins vor UN-Mission und Regierungsgebäuden sollen folgen / Ermordung von Murad Mansur al-Warfalli in Bengasi / Brutales Vorgehen der Haftar-Militärs / Umstrittener Haushaltplan, der Milliarden für Haftars Wideraufbaufonds beinhaltet / Haftar Streitkämpfe greifen in sudanesischen Bürgerkrieg ein / Parlament soll türkisch-libysches Seerechtsabkommen ratifizieren / Trump verhängt für Libyer Einreiseverbot in die USA / Neue Berliner Libyenkonferenz geplant
Am 6. Juni begann das viertägige Opferfest Eid al-Adha.
Auf der Zweiten Berliner Libyen-Konferenz wurden viele wohlfeile Forderungen erhoben, wie deren Umsetzung erfolgen könnte, bleibt offen.
Die gesamte Konferenz war eine Nummer kleiner aufgezogen als die Vorgängerkonferenz Berlin I von Mitte Januar 2020. So waren die Staaten nicht durch ihre Staatschefs, sondern durch hochrangige Regierungsmitglieder vertreten. Neben dem Gastgeber Deutschland, vertreten durch Außenminister Heiko Maas, waren Regierungsvertreter aus Algerien, China, dem Kongo, Ägypten, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Russland, der Schweiz, Tunesien, der Türkei, den VAE, Großbritannien, den USA und Vertreter der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der EU und der Arabischen Liga anwesend.
Griechenland hatte gegen seine Nichteinladung erfolglos protestiert, werden doch seine Interessen im östlichen Mittelmeer durch ein höchst zweifelhaftes Seegrenzenabkommen, das die Türkei mit der Vorgänger-‚Einheitsregierung‘ ohne Zustimmung des libyschen Parlaments und ohne das Vorhandensein tatsächlicher Seegrenzen zwischen Libyen und der Türkei, getroffen hatte, empfindlich verletzt. Diese Ausgrenzung Griechenlands dürfte Deutschland der Türkei zuliebe, mit der nicht nur wirtschaftliche und politische, sondern auch historische Bande bestehen, beschlossen haben.
Libyen wurde durch seinen Übergangspremierminister Abdelhamid Dabaiba vertreten. Von dessen Treffen mit Maas kursiert in den sozialen Netzwerken ein peinliches Video: Als Dabaiba neben Maas Platz nimmt, fragt ihn dieser: „Where you come from?“ (Von wo kommen Sie?)[1]
Die Teilnehmer der Berlin-II-Konferenz haben ein 58-Punkte-Papier[2] verabschiedet, in dem unter anderen der „unverzügliche Abzug aller ausländischen Streitkräfte und Söldner“ aus Libyen gefordert wird. Bei diesem Punkt hat die Türkei bereits einen Vorbehalt in das Abschlusspapier einfügen lassen: „Turkey introduced a reservation“ (die Türkei meldet einen Vorbehalt an).[3]
Berliner Libyen-Konferenz. Laut griechischer Medien schließt Deutschland Griechenland von der Berlin-II-Konferenz aus, um türkische Interessen zu schützen
Das Auswärtige Amt gab bekannt, dass am 23. Juni eine zweite Berliner Libyen-Konferenz, die sogenannte Berlin-II-Konferenz, stattfinden wird. Teilnehmen werden UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der UN-Sondergesandte für Libyen Jan Kubis, Bundesaußenminister Heiko Maas sowie die libysche GNU-Übergangsregierung unter Premierminister ad-Dabaiba.
Zu den Ländern, die zur zweiten Runde der Friedensgespräche eingeladen wurden, gehören neben Italien, der Türkei und den VAE auch die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, nicht aber Griechenland und Ägypten, die bisher das libysche Parlament und die Libysche Nationarmee (LNA) im östlichen Libyen unterstützten, nun aber auch gute Kontakte zur GNU-Übergangsregierung pflegen. Inzwischen erhielten sogar Länder wie Marokko eine Einladung.
Der griechische Außenminister Nikos Dendias zeigte sich über die deutsche Entscheidung, Griechenland nicht zur Berlin-II-Konferenz einzuladen, tief enttäuscht. Griechenland, obwohl EU-Mitglied, sei nicht eingeladen, während die Türkei, das kein EU-Mitglied ist, eine Einladung erhalten habe. „Wir sind äußerst unzufrieden damit, dass Deutschland, auf einer bestimmten Taktik beharrend, uns auch diesmal nicht zum Libyen-Treffen eingeladen hat“, so Dendias. „Die Beziehung Griechenlands zu Libyen ist jetzt eine ganz andere als noch vor einigen Monaten. […] Wir haben unsere Botschaft wiedereröffnet, wir haben ein Konsulat in Bengasi eröffnet, wir waren zu Besuch in Libyen“.
Moslembruderschaft erkennt neuen Geheimdienstchef nicht an / Im Juni 2. Berliner Libyen-Konferenz geplant / Palästina-Israel-Konflikt
+ 16.05.: Neuer Geheimdienstchef. Der Streit um die Ernennung des neuen Geheimdienstchefs Generalmajor Hussein al-Ayeb geht weiter. Der alte Geheimdienstchef des westlichen Libyens, Umad at-Trabelsi, weigert sich mit Hilfe seiner Milizen, das Hauptquartier an al-Ayeb zu übergeben und ihm die Akten auszuhändigen. Al-Ayeb arbeitet derzeit noch außerhalb des Geheimdienstquartiers.
Hinter Trabelsi steht die Moslembruderschaft, die sich gegen die Ernennung von Ayeb ausgesprochen hat.
https://almarsad.co/en/2021/05/16/al-ghazal-muslim-brotherhood-supports-refusal-to-hand-over-files-to-new-intel-chief/
+ 14.05.: Türkisches Militär. Die italienische Radarseite ItaMilRadar, die auf die Überwachung von Militärflugzeugen spezialisiert ist, berichtete, dass ein türkisches Militärfrachtflugzeug am Donnerstag im Westen Libyens gelandet ist. Ihr Ziel dürfte der von der Türkei kontrollierte Militärstützpunkt al-Watiya gewesen sein. Die Türkei wurde von der libyschen Außenministerin aufgefordert, alle Söldner und militärischen Kräfte aus Libyen abzuziehen.
https://libyareview.com/12763/itamilradar-turkish-military-aircraft-lands-in-western-libya/
+ 15.05.: UN/Ausländisches Militär. In einem Bericht für den UN-Sicherheitsrat sagte UN-Generalsekretär Guterres, dass weiterhin Verteidigungspositionen entlang der Achse Sirte-Dschufra ausgebaut werden und dass sich nach wie vor ausländische Söldner und Militärs in Libyen befinden. Es seien Luftaktivitäten auf verschiedenen Militärstützpunkten zu beobachten. Nach Angaben von UN-Diplomaten wird die Zahl der ausländischen Militärs und Söldner in Libyen auf mehr als 20.000 geschätzt, darunter 13.000 Syrer und 11.000 Sudanesen sowie mehrere hundert Türken.
https://libyareview.com/12787/un-secretary-general-no-reduction-of-foreign-fighters-in-libya/
+ 17.05.: Libysche Nationalarmee (LNA). LNA-Sprecher Generalmajor al-Mismari forderte die Auflösung der Milizen im Land und betonte, dass die libysche Armee weiterhin gegen ‚Terroristen‘ kämpfen werde. „Libyen kann nur mit einer starken Armee stark sein, das zeigt sich in der Stadt Bengasi durch die Anwesenheit einer von der LNA geschützten Polizeitruppe. Die Sicherheits- und Exekutivdienste arbeiten dort Seite an Seite“.
https://libyareview.com/12836/libyan-army-we-will-continue-to-fight-terrorism/
Weltweit wird das brutale Vorgehen der ‚Einheitsregierungs‘-Milizen in den eroberten westlichen Städten scharf verurteilt. Absetzung von Sarradsch gefordert.
Stellungnahme des Außenministeriums in Tobruk
Das Außenministerium der Übergangsregierung (Tobruk) erklärte, dass die ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis mit allen rechtlichen Vorgaben gebrochen habe, als sie den türkischen Kolonisator und seine ausländischen Söldner und Terroristen aufforderte, unrechtmäßig in Libyen zu kämpfen und das Land zu besetzen. Die ‚Einheitsregierung‘ habe auch eklatant gegen alle Waffenstillstandsabkommen verstoßen.
Weiter hieß es in der Erklärung, dass die ‚Einheitsregierung‘ „einen verräterischen und feigen Angriff auf sichere libysche Städte im Westen des Landes initiiert habe, bei dem die schlimmsten Arten von Verbrechen wie Mord, Brandstiftung, Plünderung und Vertreibung an unschuldigen Menschen begangen wurden, die nur ihr Land und ihre Freiheit zurückforderten.“ Weiterlesen
Aktuell. EU – Münchner Sicherheitskonferenz – Militärische Lage – Tunesien –Diplomatie – Terrorismus – Migranten
Viele Libyer gedenken heute des 17. Februars 2011, an dem das Martyrium des libyschen Volkes in Bengasi seinen Anfang nahm. Weiterlesen
Libyen. Staatsgäste geben sich in Bengasi Klinke in die Hand / Algerien schlägt Stammeskonferenz vor / Ölförderung sinkt auf Rekordtief
+ Der frühere deutsche Botschafter in Libyen und MENA-Direktor (Angelegenheiten des Nahen Ostens und Nordafrikas im deutschen Außenministerium), Christian Buck, traf am 05.02. in Bengasi eine Delegation der Stammesführer und den Oberkommandierenden der LNA, Feldmarschall Haftar, zu Gesprächen.
Christian Buck auf Twitter: Hörten heute in Bengasi den Ältesten und Stammesführern zu, zusammen mit @GermanAmbLBY [deutschen Botschafter in Libyen] und @EUinLibya [Vertretern der EU in Libyen]. Das tun wir nicht genug. Dankbar für erfahrungsreiche Ansichten und Perspektiven.
https://twitter.com/GermanyOnMENA/status/1225123516476985346 Weiterlesen
Libyen/EU/Krieg. Die EU ist alles andere als ein neutraler Vermittler. Während die Türkei in Libyen weiter aufrüstet, werden schon wieder Forderungen nach einer Flugverbotszone laut.
Ein Artikel im aktuellen Spiegel von Herfried Münkler trägt die Überschrift „Kleiner Weltkrieg“. Dieser Titel mag so falsch nicht sein, störend eher das Prädikat „klein“. Denn dieser Krieg wird auf allen Ebenen, vor allem wirtschaftlich, geführt. Und alle großen Akteure der politischen Bühne, USA, Russland, EU, Nato, Türkei, China, sie alle sind daran beteiligt. Militärisch gekämpft wird in den arabischen Ländern und in Afghanistan; Staatsstreiche angezettelt in Europa, Südamerika, im Iran und anderswo. Weiterlesen