Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU gibt es keinen Grund, Englisch als Verkehrssprache beizubehalten. Wegen seiner leichten Erlernbarkeit und Neutralität bietet sich Esperanto als Alternative zu Englisch an.
Wie bekannt, gibt es im Deutschen drei grammatikalische Geschlechter, im Französischen zwei, im Englischen eins, in Esperanto keins. Alle Substantive enden einfach auf „o“ und so heißt ein Schüler/eine Schülerin/ein SchülerSternchenIn einfach nur „lernanto“, wobei das „ant“ nach dem Wortstamm als Zeit die Gegenwart angibt. Jetzt wissen Sie schon, dass Esperanto geschlechtsneutral ist und wie man damit Zeiten bildet (Vergangenheit „int“, Zukunft „ont“). Das Wunderbare an Esperanto ist, dass die gesamte Grammatik auf nicht einmal zwei DinA4-Seiten Platz hat und in seiner Logik ohne jede Ausnahmeregel kinderleicht zu erlernen ist.
Esperanto ist keine Herrschaftssprache wie Englisch, das denjenigen, die Muttersprachler sind, immer einen Vorteil verschafft. Esperanto dagegen hat gerade für diejenigen Vorteile, denen das Lernen einer Fremdsprache nicht so leicht fällt. Es könnte europaweit an allen Grundschulen als erste Fremd- beziehungsweise Plansprache gelehrt werden. Verständigung wäre so über alle kulturellen und Staatsgrenzen hinweg möglich. Schon heute ist Esperanto in Ungarn als Prüfungsfach an einigen höheren Schulen zugelassen. Es wird dort bevorzugt von den „lernantoj“ (Plural „j“) belegt, da es sich bedeutend leichter als jede andere Sprache erlernen lässt. Wie uns Wikipedia sagt, existiert an der Universität Amsterdam ein Lehrstuhl für Esperanto und auch in Posen wird ein Studiengang in Esperanto angeboten. In Polen und in Kroatien gehört Esperanto zum immateriellen Kulturerbe.
Ist es Ihnen aufgefallen? Durch das Lesen dieses kurzen Textes beherrschen Sie bereits wesentliche Teile der Esperanto-Grammatik. Ein Video auf Youtube erklärt die gesamte Grammatik in sechs Minuten – zugegeben, schnell gesprochen.
Die Wörter in Esperanto sind aus verschiedenen Sprachen zusammengeklaubt. Sie kommen aus dem Lateinischen, Französischen und Spanischen, aber auch aus dem Deutschen und Englischen sowie aus dem Polnischen, Russischen und Griechischen. So ist einem ein Großteil der Vokabeln bereits geläufig, ohne sie jemals gelernt zu haben. (Auskunft – informo; Bewegung – movo; bezahlen – pagi; jung – juna; Kamel –kamelo; Kanada – Kanado; Nudel – nudelo; Wein – vino; Zustand – stato; Zorn – kolero: aufgemerkt: ein „a“ an den Wortstamm angehängt zeigt ein Adjektiv an; ein „i“ ein Verb.)
Ist es Ihnen aufgefallen? Durch das Lesen dieses kurzen Textes beherrschen Sie bereits zehn Esperanto-Wörter und sind in der Grammatik ein gutes Stück weitergekommen. Die erste Lektion Esperanto auf Youtube dauert übrigens nur dreieinhalb Minuten. Natürlich muss auch Esperanto eingeübt werden, doch der Aufwand ist bedeutend geringer als bei jeder anderen Fremdsprache.
Stellen Sie sich vor, wie wunderbar es wäre, von Tschechien über Deutschland und Frankreich durch Spanien nach Portugal zu reisen und sich überall verständlich machen zu können! Oder Sie reisen über Norwegen, Finnland, Estland, Lettland, Polen, Ungarn und Österreich nach Slowenien? Und müssten nicht in einem schlechten Englisch radebrechen, sondern könnten in einem seit der Grundschule geläufigen Esperanto parlieren! Ach, Sie reisen nächstes Jahr nur nach Italien? Auch dort könnten Sie sich bestens verständigen und zwar nicht nur mit gut ausgebildeten Akademikern, die Englisch perfekt beherrschen, sondern mit jedem „pasanto“. Doch vielleicht ist genau diese direkte Verständigung des einfachen Volkes gar nicht gewollt, sondern es soll die internationale Verständigung ein Elitenprojekt bleiben?
Um jedem Missverständnis vorzubeugen: Esperanto soll keineswegs die nationalen Sprachen in ihrer Vielfalt, Ausdruckskraft und Schönheit ersetzen, oder jemanden die Freude nehmen, einen Fremdsprachentext im Original zu genießen, oder über die Andersartigkeit der Grammatik einer romanischen Sprache zu staunen. Nein, Esperanto soll es einfach ermöglichen, dass sich möglichst alle Menschen über Grenzen hinweg miteinander verständigen können. Wie sagte Eugen Wüster[1]: Esperanto ist eine „nach bestimmten Kriterien bewusst geschaffene Sprache zur Erleichterung der internationalen Kommunikation“.
Und wie leicht hätten es Nichteuropäer, sich mit uns Europäern zu verständigen? Menschen aus Asien, aus den arabischen Ländern? Sollten diese sich entschließen, auch Esperanto zu lernen, wäre eine weltweite Völkerverständigung in dieser Plansprache möglich. Übrigens fand der letzte Asia-Oceania Esperanto Congress mit 300 Teilnehmern aus 22 Ländern im April 2019 in Vietnam statt.
Esperanto sollte einst die Sprache des vereinten Europas werden. Und noch heute wird Esperanto an viel mehr Orten Europas gelehrt und gesprochen, als es den Anschein hat. Ein aktives internationales Netzwerk sorgt dafür, dass Esperanto am Leben bleibt. Mutet es nicht wirklich merkwürdig an, wenn die Hauptverkehrssprache in den EU-Gremien eine Sprache ist, die in einem aus der EU wieder ausgetretenen Land gesprochen wird? Sollte man – als Brexit-Antwort – nicht noch einmal über Esperanto als die Sprache der Europäer nachdenken?
https://www.youtube.com/watch?v=h3OhyNQ6m-U
https://www.youtube.com/watch?v=wQEaRSD2G8Q
http://www.xinhuanet.com/english/asiapacific/2019-04/26/c_138013508.htm
[1] Eugen Wüster, österreichischer Interlinguist
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.