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Schlagwort: NGO

NIGER – Ereignisse, Analysen, Meinungen in der 35. Woche

Die Übernahme der politischen Macht durch das Militär und die Folgen (28.08. bis 03.09.2023)

+ Frankreich/Niamey. 28.08.: „Unterstützer der nigrischen Machthaber haben kurz vor dem Auslaufen eines Ultimatums zur Ausweisung des französischen Botschafters gegen die Militärpräsenz Frankreichs in dem Land protestiert. Sie versammelten sich am Sonntag nahe des Flughafens in der Hauptstadt Niamey. Dieser grenzt an einen Luftwaffenstützpunkt der nigrischen Armee, der auch ein französisches Militärlager beherbergt.“
https://www.tagesschau.de/ausland/niger-protest-franzoesische-truppen-100.html

+ Frankreich. 28.08.: „Der französische Präsident Emmanuel Macron hat in einer Rede vor Diplomaten klar gemacht, dass Sylvain Itte, Botschafter in Niger, ungeachtet des Militärputschs auf seinem Posten in dem westafrikanischen Land bleibe. Zugleich bekräftigte Macron, dass Frankreich auch weiterhin hinter dem gestürzten demokratisch gewählten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum stehe.“
https://www.tagesschau.de/ausland/niger-protest-franzoesische-truppen-104.html

+ Frankreich. 28.08.: „Im Niger wurde die Wasser- und Stromversorgung der französischen Botschaft in Niamey abgestellt. Darüber hinaus sind die Lieferung der Lebensmittel für die französischen militärischen Stützpunkte blockiert.“
https://t.me/infodefGERMANY/5726

+ Deutschland. „Laut RFI[-Radio] hatte das nigrische Außenministerium auf Geheiß des Putschistenführers General Abdourahmane Tchiani Briefe an die Botschaften von Deutschland und den USA sowie der Elfenbeinküste und Nigeria und eine ähnliche Botschaft an den französischen Botschafter vorbereitet. Aufgrund von Unstimmigkeiten in den Reihen der Spitzenbeamten der Armee hätten sie sich jedoch in letzter Minute anders entschieden, so der Radiosender. Hochrangige Militärs erkannten angeblich die Notwendigkeit an, >sich von Frankreich zu distanzieren<, drängten aber darauf, die Beziehungen zu anderen westlichen Ländern nicht einzuschränken, >weil sie Interessen in Niger haben< und das Land >sie braucht<, berichtete RFI.“
https://www.anti-spiegel.ru/2023/medien-in-niger-wurde-die-ausweisung-westlicher-botschafter-in-letzter-minute-abgesagt/

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Kurznachrichten Libyen – 16.04. bis 22.04.2023

Unhaltbare Zustände im Kweifijah-Gefängnis (Bengasi) / Sicherheit in Libyens Süden durch Krieg im Sudan bedroht / Italien will Migranten im Fessan ansiedeln

21.04.: Ende des Ramadan. Zuckerfest! Eid Mubarak!

Libyen und das Ausland / UNO

+ 16.04.: UNSMIL/Tuareg. Mitglieder der UN-Sondermission für Libyen haben eine Delegation der Tuareg und Vertreter der Zivilgesellschaft empfangen. Die Tuareg-Delegation brachte ihre „volle Unterstützung für Bathilys Initiative zum Ausdruck“ und forderte die unverzügliche Durchführung von Wahlen. Sie betonten „die Notwendigkeit der Einbeziehung kultureller Aspekte in den politischen Prozess und der gleichberechtigten Vertretung des Südens in den libyschen Institutionen“. Sie forderten volle Bürgerrechte, um an kommenden Wahlen teilnehmen zu können, sowie eine Frauenquote von dreißig Prozent im Parlament.
https://libyareview.com/33749/un-tuareg-delegation-discuss-political-developments-in-libya/

+ 18.04.: NGOs. Nach Angaben von Human Rights Watch (HRW) gehen die Dabaiba-‚Regierung‘ und bestimmte Behörden zu hart gegen in- und ausländische NGOs vor. Deshalb forderte HRW dazu auf, „lästige Registrierungs- und Verwaltungsvorschriften aufzuheben“ und deren „freie Arbeit“ zu gewährleisten.
Grund für diese Beschwerde ist ein Regierungsrundschreiben vom 21. März 2023, in dem es heißt, dass NGOs ihr Tätigkeit nur dann fortsetzen können, wenn sie „ihren rechtlichen Status“ mit dem NGO-Gesetz des Jahres 2001 abgleichen. Am 08. März 2023 erließ
die Rechtsabteilung des Obersten Justizrats auf Antrag der Tripolis-Kommission für die Zivilgesellschaft einen Erlass, in dem alle NGOs, die nicht den Vorgaben des NGO-Gesetzes 19/2001 entsprechen, für illegal erklärt werden. Alle später erlassenen Vorschriften zu NGOs wurden als null und nichtig erklärt.
Am 21. März 2023 änderte die Dabaiba-‚Regierung‘ diesen Erlass und räumte den NGOs solange einen vorläufigen Rechtsstatus ein, bis sie ihren rechtlichen Status korrigiert hätten, allerdings ohne eine Frist hierfür zu setzen.
Das aus der Gaddafi-Ära stammende NGO-Gesetz 19/2001 erlaubt die Registrierung nur für Gruppen, die sich mit sozialen, kulturellen, sportlichen, karitativen oder humanitären Themen befassen. Das Gesetz ermächtigt die Behörden auch, in die Führung von NGOs einzugreifen und Organisationen ohne Gerichtsbeschluss aufzulösen.
Einige libysche Rechtsexperten sind der Ansicht, dass das Gesetz 19/2001 mit der Verabschiedung eines Verfassungsentwurfs durch den Nationalen Übergangsrat im Jahr 2011 faktisch außer Kraft gesetzt wurde, da dieser die Vereinigungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit garantiert.
https://libyareview.com/33803/hrw-denounces-libyan-government-crackdown-on-ngos/
Wie inzwischen allseits bekannt, sind viele NGOs vom Ausland gesteuert und werden für subversive Zwecke politisch missbraucht. Völlig unklar ist dabei, woher solche NGOs ihre Legitimation beziehen wollen, da sie nicht gewählt sind und meistens ihre Strippenzieher und Geldgeber unbekannt sind.
In einem zerrütteten Staatswesen wie Libyen, wo es vor geheimdienstlichen Tätigkeiten ausländischer Staaten nur so wimmelt, dient ein striktes NGO-Gesetz dem Schutz der libyschen Eigenstaatlichkeit.

+ 18.04.: GB/USA/Marokko/VAE. Die üblichen Verdächtigen haben ihre üblichen Zusicherungen bekräftigt, die Initiative des UN-Sondergesandten Bathily, in Libyen den Weg zu Wahlen zu ebnen, zu unterstützen.
https://libyareview.com/33818/us-urges-libya-to-address-remaining-election-barriers/
https://libyareview.com/33815/uae-welcomes-libyas-progress-on-constitutional-path/
https://libyareview.com/33812/morocco-renews-support-for-strong-democratic-libya/
https://libyareview.com/33809/uk-urges-constructive-joint-action-to-address-long-standing-libyan-crises/

+ 19.04.: Russland. Vasily Nebenzya, der Ständige Vertreter Russlands bei den UN, sagte bei einer Sitzung des Sicherheitsrats, dass einige „Länder die Situation in Libyen ausnutzen, um die libyschen Ressourcen zu kontrollieren, die aber ausschließlich dem libyschen Volk gehören“. Die Einnahmen sollten allein im Interesse der Libyer verwendet werden. Russland beobachte die Vorgänge in Libyen mit besonderem Interesse, da sie eine große Bedeutung für die Stabilität und Sicherheit nicht nur für die Menschen in Libyen, sondern auch für das gesamte Wachstum Nordafrikas hätten.
Auch sprach sich Nebenzya für Wahlen ohne Einmischung von außen aus, die den Grundstein für einen stabilen politischen Prozess bilden würden. Der Staatsrat und das Parlament sollten den erforderlichen Rechtsrahmen für die Wahlen bis Juni 2023 fertigstellen. Nebenzya betonte die „Bedeutung einer gleichberechtigten Beteiligung aller politischen Kräfte, einschließlich derjenigen der vorherigen Regierung“.
https://libyareview.com/33823/russia-certain-countries-taking-advantage-of-libyan-crisis/

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Kurznachrichten Libyen – 19.03. bis 25.03.2023

Ausweitung der Kampfzone Russland/USA auf Libyen: Neue militärische Zusammenschlüsse –   Haftar mit Dabaiba-treuen Milizen gegen zuerst gegen Tripolis-Milizen und dann geschlossen gegen Wagner-Gruppe? / Bathily auf der Suche nach libyschem Weg zwischen USA und Russland / Ausländische NGOs werden für ungültig erklärt

23.03.: Beginn des Fastenmonats Ramadan.

Militärische Bündnisse

+ 20.03.: Wagner-Gruppe/Russland/USA. Al-Monitor behauptet, dass das private russische Wagner-Sicherheits- und Militärunternehmen, das im Januar 2023 von den USA zu einer illegalen Organisation erklärt wurde, seine Aktivitäten in Libyen ausweiten würde. Es versuche, Libyen als Stützpunkt für Aktivitäten in der Sahelzone zu nutzen.
Wagners Kampfeinsätze hätten im Sommer 2019 begonnen, um die LNA-Militäroffensive zur Einnahme von Tripolis zu unterstützen. Bereits ab 2015 habe die Wagner-Gruppe sicherheitsrelevante Aufgaben wie Schulung an und Wartung von russischen und sowjetischen Waffensystemen sowie Minenräumdienste für die LNA in Bengasi und Derna übernommen.
2015 beauftragte das international anerkannte Parlament im östlichen Libyen eine russische Firma mit dem Druck von Banknoten. Moskau habe sich gleichzeitig um den Aufbau von Beziehungen zu allen libyschen Fraktionen bemüht, auch zu Angehörigen der ehemaligen Dschamahirija-Regierung (Gaddafi), deren Angehörige wieder in die LNA aufgenommen wurden.
Von Saudi-Arabien und der VAE finanziert, habe die Wagner-Gruppe aktiv in den Kampf um Tripolis eingegriffen, der sich gegen die von der Türkei und Katar unterstützte Moslembruderschaft und deren ebenfalls international anerkannten ‚Einheitsregierung‘ richtete, woraufhin die Türkei [Nato] massiv in die Kampfhandlungen eingriff, um eine Niederlage ihrer Verbündeten zu verhindern, die im Gegenzug der Türkei die Errichtung von Militärbasen sowie Zugriff auf die maritimen Kohlenwasserstoffvorräte einräumten.
Nachdem es zunächst zu einem Waffenstillstand gekommen war, Haftar aber die Unterschrift unter ein Waffenstillstandsabkommen verweigerte, habe sich die Wagner-Gruppe ohne Absprache mit der LNA von der Front zurückgezogen. Gleichzeitig habe die Türkei ein weiteres Vorrücken der Milizen der ‚Einheitsregierung‘ nach Osten verhindert. [Das Ende der Kampfhandlungen war wohl aufgrund von Absprachen zwischen der Türkei/USA und Russland zustande gekommen].
Im September 2020 habe Russland das Sotschi-Abkommen über die Verwaltung der libyschen Rohstoffressourcen und -einnahmen vermittelt, woraufhin die Blockade der Ölfelder und Verladehäfen aufgehoben wurde und im Oktober 2020 zu einem Waffenstillstandsabkommen zwischen den LNA-Kräften und den Militärkräften der ‚Regierung‘ in Tripolis führten.
Wagner und ihm nahestehende Unternehmen hätten sich seither um Verträge mit libyschen Behörden in allen Landesteilen bemüht. Es ginge dabei um Konzessionen und die Bewachung von Öl- und Gasanalagen sowie den Bergbau in südlichen Regionen. Militärisch seien sie hauptsächlich auf Militärstützpunkten im östlichen Libyen präsent, während sie das südliche Libyen für Aktivitäten insbesondere im Tschad und Niger nutzen wolle. Dem Westen sei es ein besonderer Dorn im Auge, dass Wagner in den ölreichen Regionen in Zentral- und Südlibyen präsent ist und somit den Ölfluss nach Europa gefährden könnte.
CIA-Direktor Williams Burns reiste eigens im Januar nach Libyen, um den Oberkommandierenden der LNA, Haftar, klar zu machen, er müsse die Zusammenarbeit mit Wagner beenden. Haftar habe als Bedingung gestellt, dass auch die Türkei Libyen verlassen müsse, an Stelle von Wagner und der Türkei sollten militärisch die USA treten. Es wird gemutmaßt, dass diese Rolle nicht die USA selbst, sondern Dritte wie Frankreich oder Ägypten übernehmen könnten.
Wagner wird auch unterstellt, auf die öffentliche Meinung in Libyen einzuwirken, um dort Stimmung gegen den Westen zu machen. [Nach dem Nato-Krieg gegen Libyen im Jahr 2011 braucht es dazu wahrlich nicht die Wagner-Gruppe!] Hiervon würden am meisten Saif al-Islam und die ehemaligen Dschamahirija-Fraktionen profitieren. Insbesondere würden die USA beschuldigt, die Kandidatur von Saif al-Islam Gaddafi bei Wahlen verhindern zu wollen.
Es werde erwartet, dass Russland im UN-Sicherheitsrat die gegenwärtigen Bemühungen des UN-Sonderbeauftragten Bathily zur Bildung eines Lenkungsausschusses im Sinne seiner Verbündeten zu beeinflussen versucht, während die USA, GB und Frankreich ebenfalls auf den Verlauf der Bathily-Initiative in ihrem Sinne einwirken wollen.
https://www.al-monitor.com/originals/2023/03/russias-wagner-activities-expanding-libya-despite-growing-western-scrutiny
Je stärker die Nato in der Ukraine in die Defensive gerät, desto mehr wird von den USA versucht, neue Fronten aufzumachen und die Nato-Russland-Auseinandersetzung weiter zu eskalieren. In Libyen wird gerade massiv Stimmung gegen die Wagner-Gruppe gemacht, die auf Druck der USA aus dem Land gedrängt werden soll. Dazu ist ein militärisches Bündnis zwischen der LNA unter Haftar und den Dabaiba-Milizen in Tripolis nötig. Dieses soll gerade geschmiedet werden. Zu diesem Zweck soll am 26.03. ein Treffen hochrangiger LNA-Kommandanten und Führern der Tripolis Milizen in Tripolis stattfinden, das einige Tage später eine Wiederholung in Bengasi findet.

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Der Global Fragility Act (GFA) zur Beherrschung „fragiler“ Staaten

Mit dem Global Fragility Act (Gesetz zur globalen Fragilität) wird ein neues Kapitel der alten imperialen Politik Washingtons zur Unterdrückung schwacher Staaten aufgeschlagen. Das Pilotprojekt soll in Haiti starten, dann sollen afrikanische Länder – allen voran Libyen – die US-amerikanische „Führungsrolle“ zu spüren bekommen.

Der GFA wurde bereits am 20. Dezember 2019 mit der Zustimmung aller US-Parteien vom damaligen US-Präsidenten Präsident Donald Trump in Kraft gesetzt. Die jetzige Biden-Regierung sieht in dem Gesetz zu „Beginn eines entscheidenden Jahrzehnts“ ein probates Mittel zur „Förderung der nationalen Interessen Amerikas auf der Weltbühne“ und zur „Stärkung für Frieden und Stabilität in der Welt“, einer Welt, der sich die USA als vertrauenswürdiger Partner“ anbieten – ausgerechnet die USA!

Und so stellen sich die USA den Schwerpunkt ihres Wirkens mittels des FGA in „konfliktbetroffenen Gebieten“ vor: Es sollen die Beziehungen zur „lokalen Zivilgesellschaft“ aufgebaut werden, um damit sicherzustellen, dass die USA „eine wirksame Führungsrolle übernehmen“ kann, mit dem Ziel, „Extremismus und gewaltsame Konflikte“ zu verhindern. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die USA versuchen, mit dem Global Fragility Act und der Hilfe von NGOs ihre globale Hegemonie aufrechtzuerhalten und ehemalige und neu entstandene Kolonien zu beherrschen.

Das Pilotprojekt soll in Haiti starten und anschließend auf Libyen, Mosambik, Papua-Neuguinea sowie auf die westafrikanischen Länder Benin, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea und Togo ausgeweitet werden.

Militärisches Eingreifen eingeschlossen

Das US-Verteidigungsministerium soll bei der Umsetzung der Globalen Fragilitätsstrategie eine „eine breite Palette von Sicherheitsunterstützungsmaßnahmen“ bereitstellen und den USA damit ermöglichen, „militärische Ziele mit und durch ihre Partner in fragilen Staaten erfolgreich umzusetzen“ – so die Alliance for Peace Building, eine NGO, die sich für die Verabschiedung des GFA einsetzte. Die benötigten Gelder werden von USAID (United States Agency for International Development) und dem US-Außenministerium verwaltet. Patrick Quirk vom International Republican Institute (IRI) der National Endowment for Democracy (NED) beschreibt die GFA als „integralen Bestandteil der Strategie der Biden-Administration für eine globale demokratische Erneuerung“, um die „geopolitische und wirtschaftliche Position der Vereinigten Staaten“ zu erhalten“, „kurzfristige Interessen zu sichern“ und „mit seinen geopolitischen Rivalen zu konkurrieren“.

Bilateralismus statt Multilateralismus

Da die USA ihre außenpolitischen Ziele mit Hilfe der Vereinten Nationen, wo Russland und China immer intensiver ihr Vetorecht nutzen, und des Bretton-Woods-Systems, das den US-Dollar als Ankerwährung einsetzte, immer weniger durchsetzen können, soll nun die Globale Fragilitätsstrategie zum Einsatz kommen.

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