Informationen - Analysen - Meinungen

Schlagwort: Türkei (Seite 22 von 33)

Libysche Zentralbank und Moslembruderschaft

Der Moslembruder Sidiq al-Kebir ist immer noch Direktor der CBL und steht der Zusammenführung der Libyschen Zentralbanken und dem Friedensprozess im Weg.

Wie ist es möglich ist, dass sich der Direktor der Libyschen Zentralbank (CBL) Sidiq al-Kebir nach zehn Jahren immer noch auf seinem Posten halten kann, obwohl seine Amtszeit von Korruptionsvorwürfen erschüttert und die Finanzierung von Milizen und Extremisten durch die CBL belegt ist? Auch unter der neuen GNU-Übergangsregierung weigert sich al-Kebir, seinen Posten zu verlassen, obwohl die Neubesetzung des Postens vereinbart wurde.

Wer ist Sidiq al-Kebir? Geboren wurde er 1951 in Tripolis. Von 1990 bis 2000 war er Vorstandsvorsitzender der Ummah Bank, die in dieser Zeit Bankrott ging. 2000 musste er wegen Korruption sechs Monate ins Gefängnis, 2004 verurteilte ihn der libysche Volksgerichtshof erneut wegen Korruption und Veruntreuung von Staatsgeldern zu drei Jahren Gefängnis.

Seine kriminellen Energien taten seiner Karriere keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Nachdem er Libyen verlassen hatte, machte er in Großbritannien Karriere. Ab 2009 bekleidete er den Posten des Generaldirektors der US-amerikanischen IBC Bank in London, bevor er 2011 nach Libyen zurückkehrte, um dort mit Hilfe Katars und der Türkei Direktor der Libyschen Zentralbank (CBL) zu werden.

Seit dem Putsch der extremistisch-islamistischen Kräfte 2014 und der Flucht des gewählten Parlaments in den Osten Libyens gibt es zwei Libysche Zentralbanken, eine in Tripolis und eine im Osten des Landes. Die Wiedervereinigung der beiden Banken ist Bestandteil des Friedensplans für Libyen. Doch al-Kebir steht nach wie vor der Wiedervereinigung der Institutionen sowie der Lösung des Libyenkonflikts im Wege.

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 30.03.2021

Morde und Entführungen nehmen Überhand / Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland / Miniverfassung ermöglicht Wahlen / Spritknappheit in Tripolis

Morde und Entführungen

+ 29.03.: Mord/Damona. Der Milizionär Mohamed Salem (alias Damona) wurde in Tripolis ermordet. Bewaffnete eröffneten das Feuer auf das Fahrzeug, in dem Damona mit zwei Leibwächtern unterwegs war. Letztere wurden bei dem Anschlag schwer verletzt.
Damona war Sicherheitschef der dschihadistischen Nationalen Heilsregierung und ein Kommandant der Samoud-Miliz, die unter dem Befehl von Salah Badi steht.
Der Anschlag gleicht dem, der letzte Woche in Bengasi ausgeführt wurde und zum Tod des LNA-Kommandanten al-Werfalli führte.
2018 war Damona beim Angriff der Kani-Miliz und der Samoud-Miliz auf Tripolis beteiligt, mit der die ‚Einheitsregierung‘ von Sarradsch gestürzt werden sollte. Der Angriff wurde von den Tripolis-Milizen zurückgeschlagen, da die versprochene Unterstützung durch Misrata ausgeblieben war.
https://libyareview.com/11523/al-sumood-brigade-commander-assassinated-in-libyan-capital/

+ 28.03.: Entführung. Laut Kenntnissen des Nationalen Komitees für Menschenrechte in Libyen (NCHRL) wurde Dschamal Adas, der ehemalige Leiter der Kommission für die Zivilgesellschaft in Tripolis, am 27. März im Stadtteil Zenata entführt. Die GNU-Regierung wurde aufgefordert, sich für seine sofortige Sicherheit und Freilassung einzusetzen.
https://libyareview.com/11494/civil-society-worker-kidnapped-in-libyan-capital/

+ 28.03.: Entführung. Acht Ägypter wurden in Bani Walid mitsamt ihres Mercedes entführt.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1376231127518744576

Weiterlesen

Libyen – geopolitischer Spielball

USA und EU ziehen beim Kampf um den Zugriff auf Libyens Ressourcen wieder an einem Strang.

Abdel Rahman Shalgam, ehemaliger libyscher Außenminister und bis 2011 libyscher Vertreter bei den UN, der bereits im Februar 2011 zu den ‚Rebellen‘ überlief, analysierte die Rolle der europäischen Staaten und der USA in Libyen.[1]

Wie Shalgam schreibt, kamen die drei europäischen Außenminister aus Frankreich, Deutschland und Italien am 25. März 2021 direkt von einem Nato-Treffen in Brüssel, an dem auch der US-Außenminister Blinken teilgenommen hatte, zu einem ‚Überraschungsbesuch‘ nach Tripolis. Nach der Rückkehr aus Tripolis traf sich der italienische Außenminister Di Maio wiederum in Brüssel mit dem US-Außenminister. Statt der angesetzten zwanzig Minuten dauerte das Gespräch mit Blinken eine volle Stunde. Dies deute laut Shalgam auf ein gesteigertes Interesse der USA an Libyen und dem Wunsch nach einem gemeinsamen Handeln hin.

Vorher war der Vorsitzende des libyschen Präsidialrats al-Minfi bereits zu politischen Gesprächen in Paris gewesen. Dabei hatte Macron sein verstärktes Engagement in Libyen betont und den Abzug aller ausländischen Truppen aus Libyen gefordert. Diese Abzugsforderung wurde auch von den drei europäischen Außenministern am 26. März in Tripolis bekräftigt.[2]

Frankreich wünscht sich ebenso wie Italien, dass die Südgrenzen Libyens gesichert und kontrolliert werden. Während für Italien vor allem das Problem der illegalen Migration im Vordergrund steht, fürchtet Frankreich um seine Uran-, Gold und sonstigen Pfründe in der Sahelregion, wo es sich in Mali und im Niger stark militärisch engagiert. Die saharischen Grenzgebiete werden augenblicklich von dort ansässigen Stämmen wie den Tibu kontrolliert, deren Siedlungsgebiete grenzüberschreitend sind.

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 22.03.2021

19.03.2011: Beginn des Bombenkriegs gegen Libyen / Klage gegen Sarradsch und Erdogan am IStGH eingereicht / Korruptionsvorwürfe gegen neue und alte Einheitsregierung

Zum zehnten Mal jährt sich der Tag, an dem die Nato ihren Angriffskrieg gegen Libyen begann

19.03.2011: Manlio Dinucci gibt auf Voltaire.net eine Antwort auf die Frage: „Warum die NATO Libyen vor zehn Jahren zerstörte“. Dinucci weist darauf hin, dass Libyen eigentlich ein Verbündeter der USA im Kampf gegen Dschihadismus und extremistische Gruppierungen des politischen Islams war und hält die US-amerikanische Raffgier für den wichtigsten Kriegsgrund.
Zunächst unter dem Kommando von Africom, dann unter Nato-Kommando kamen in Libyen Kampfjets zum Einsatz, wurde von Flugzeugträgern und Kriegsschiffen aus Krieg gegen Libyen geführt. Doch „schon vor der Luftoffensive wurden in Libyen regierungsfeindliche Stämme und islamistische Gruppen finanziert und bewaffnet und von Spezialeinheiten, insbesondere aus Katar, infiltriert, um die bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb des Landes auszuweiten“.
Dinucci: „So wird dieser afrikanische Staat zerstört, der, wie die Weltbank 2010 dokumentierte, ein >hohes Wirtschaftswachstum< erzielte mit einem jährlich um 7,5 Prozent wachsenden BIP und >hohe Indikatoren für die menschliche Entwicklung< verzeichnete, darunter den allgemeinen Zugang zu Grund- und Sekundarbildung und mehr als 40 Prozent Universitätsabsolventen. Trotz der Disparitäten war der durchschnittliche Lebensstandard in Libyen höher als in allen anderen afrikanischen Ländern. Etwa zwei Millionen Einwanderer, die meisten von ihnen aus Afrika, fanden dort Arbeit. Der libysche Staat mit den größten Reserven an Erdöl und Erdgas in Afrika, begrenzte die Gewinnmargen für ausländische Konzerne. Dank des Rohstoffexports wies die libysche Handelsbilanz einen Jahresüberschuss von 27 Milliarden Dollar auf. Der libysche Staat investierte im Ausland rund 150 Milliarden Dollar. Die libyschen Investitionen in Afrika waren entscheidend für das Vorhaben der Afrikanischen Union, drei Finanzorganisationen zu schaffen: den Afrikanischen Währungsfonds mit Sitz in Yaoundé (Kamerun), die Afrikanische Zentralbank mit Sitz in Abuja (Nigeria), die Afrikanische Investitionsbank, mit Sitz in Tripolis. Diese Organisationen hätten es ermöglicht, einen gemeinsamen afrikanischen Markt und eine gemeinsame Währung zu schaffen.
Es war kein Zufall, dass der NATO-Krieg zur Zerstörung des libyschen Staates nicht einmal zwei Monate nach dem Gipfel der Afrikanischen Union begann. Diese hatte am 31. Januar 2011 grünes Licht für die Gründung des Afrikanischen Währungsfonds gegeben, wie aus den von WikiLeaks veröffentlichten E-Mails der damaligen Außenministerin der Obama-Regierung, Hillary Clinton, hervorgeht. Ziel der USA und Frankreichs war es, Gaddafi zu eliminieren, bevor er die Goldreserven Libyens nutzten konnte, um eine pan-afrikanische, alternative Währung zum US-Dollar und zum CFA-Franc (diese Währung hatte Frankreich seinen 14 ehemaligen Kolonien aufgezwungen) zu schaffen. Dies wird auch dadurch belegt, dass 2011 noch vor Beginn des Bombardements, die Banken in Aktion traten: Sie konfiszierten die 150 Milliarden USD, die der libysche Staat im Ausland investiert hatte und von denen der größte Teil verschwunden ist. Bei diesem Raubzug tat sich besonders die mächtigste US-Investmentbank Goldman Sachs hervor, deren Vizepräsident Mario Draghi war.“
In der Nachfolge des Krieges wurden afrikanische Migranten unter der Beschuldigung, >Gaddafi-Söldner< zu sein, in Käfige gesteckt, gefoltert und ermordet. In Tawerga wurde eine ethnische Säuberung durchgeführt. Fast 50.000 libysche Bürger seien vertrieben worden. Dinucci macht auch das italienische Parlament für diese Gräuel verantwortlich, das am 18. März 2011 dafür stimmte, >jede Initiative (d.h. Kriegseintritt Italiens gegen Libyen) zu ergreifen, um den Schutz der Menschen in der Region zu gewährleisten<.
Laut Dinucci stecken sich heute bestimmte Machtgruppen und multinationale Konzerne, begünstigt durch die chaotische Situation im Land, die Erdöleinnahmen in die Taschen. Der Lebensstandard der Libyer sei eingebrochen, für chaotische Migrationsströme seien Menschenhä
https://www.voltairenet.org/article212441.html

Nato-Krieg/Geheimverhandlungen/Saif al-Islam Gaddafi. Der britische Independent berichtete über Geheimgespräche, die von Norwegen 2011 vermittelt worden waren mit dem Ziel, den Nato-Krieg gegen Libyen zu beenden. Letztendlich seien diese Verhandlungen gescheitert, mit den bekannten Folgen.
Der damalige norwegische Außenminister Jonas Store, der an den Verhandlungen 2011 teilnahm, beschuldigte Frankreich und Großbritannien, sich einer Verhandlungslösung in Libyen widersetzt zu haben. Er habe nicht das Gefühl gehabt, dass London und Paris über eine diplomatische Option nachdenken wollten: „Wenn in der internationalen Gemeinschaft der Wunsch bestanden hätte, diesen Weg mit einigem Engagement zu verfolgen, denke ich, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, ein weniger dramatisches Ergebnis zu erzielen und den Zusammenbruch des libyschen Staates zu vermeiden“.
Dem damaligen französischen Präsidenten Sarkozy und dem britischen Premier Cameron wird vorgeworfen, die damalige libysche Dschamahirija-Regierung um jeden Preis gestürzt haben zu wollen. Am 17. März 2011 stimmten die UN für eine Nato-Intervention. In den nächsten sieben Monaten wurden Hunderte von Luftangriffen gegen Libyen geflogen.
Gaddafis Verbündete hätten versucht zu verhandeln. Saif al-Islam Gaddafi habe zu diesem Zweck hochrangige norwegische Beamte nach Tripolis eingeladen. Store berichtet, dass sich „zu der Zeit, als die UN-Resolution in New York verabschiedet wurde, zwei hochrangige norwegische Beamte mit Saif al-Islam im Präsidentenpalast in Tripolis aufhielten. Als die ersten NATO-Luftangriffe bevorstanden, mussten sie eilig über die Grenze nach Tunesien gebracht werden, um ihre Sicherheit zu gewährleisten“.
Norwegen beteiligte sich anschließend an der Bombardierung und warf 600 Bomben über Libyen ab. Gleichzeitig habe der damalige norwegische Premierminister und heutige Nato-Generalsekretär Stoltenberg seinen Außenminister Store darum gebeten, die Geheimverhandlungen fortzuführen. Nach wochenlangen Verhandlungen habe Store am 27. April 2011 in einem Osloer Hotelzimmer ein Treffen zwischen hochrangigen Vertretern der Dschamahirija und der libyschen ‚Opposition‘ vermittelt. Die Dschamahirija war durch Mohammed Ismail, Saif al-Islams rechte Hand, vertreten, die ‚Opposition‘ durch Ali Zeidan, der dem Nationalen Übergangsrat angehörte. Es habe einen „umfassenden Plan“ zur Beendigung des Kriegs gegeben. Muammar al-Gaddafi sei bereit gewesen, auf die Macht zu verzichten, wollte aber das Land nicht verlassen. Erst ganz zum Schluss habe sich Gaddafi doch noch bereit erklärt, ins Exil zu gehen. Allerdings seien laut Store die großen westlichen Länder nicht an einer Verhandlungslösung interessiert gewesen: „Wenn es den Willen dazu gegeben hätte, wäre eine Art Waffenstillstand möglich gewesen, um diplomatische Schritte zu ergreifen.“ Doch der politische Wille fehlte.
Store, der jetzt Norwegens oppositionelle Arbeiterpartei führt, kam zu dem Schluss, dass das Scheitern dieser Verhandlungen umso tragischer war, als dadurch Libyen für die nächsten zehn Jahre zum „Schlachtfeld für andere Länder“ wurde.
http://en.alwasat.ly/news/libya/314641

Russland: Laut einer Stellungnahme Moskaus zerstörte die Intervention der Nato in Libyen die Staatlichkeit und ließ Terrorismus und Migrationskrise ansteigen. Dies sollte die tatsächlichen Kosten einer Politik des Regime-Change deutlich machen.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1373057530474205188

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 17.03.2021

Dabaiba-Regierung übernimmt / UN-Bericht zum Stimmenkauf nicht veröffentlicht / IS-Stützpunkt ausgehoben / Vorwurf von Korruption/Kriegsverbrechen an ‚Einheitsregierung‘

+ 17.03.: UN/GNU/Stimmenkauf. Die UN haben sich entschieden, den Teil ihres Berichts, der sich mit den Vorwürfen des Stimmenkaufs zur Bestimmung der neuen GNU-Regierung unter Dabaiba während des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF) in Genf befasst, nicht zu veröffentlichen. In dem mehr als 500 Seiten umfassenden Bericht heißt es, dieser Teil werde „für den vertraulichen Anhang des Berichts aufbewahrt“. Es sei „keine weitere Berichterstattung zu diesem Thema vorgesehen“. Eigentlich hatten die UN angekündigt, den Bericht am 17. März vorzulegen.
https://www.libyaherald.com/2021/03/17/un-withholds-from-publication-lpdf-bribery-section-of-its-report/
Was wird von einer Regierung zu erwarten sein, die von der UN bestimmt wurde und wohl nicht nur intransparent, sondern auch mit Stimmenkauf ins Amt kam? Anders kann die Geheimhaltung der Untersuchungsergebnisse ja nicht gedeutet werden. Legitimität und Glaubwürdigkeit der GNU sind gleichzeitig mit ihrem Amtsantritt dahin.

+ 16.03.: Korruption/Regierungen. Die Anti-Korruptionskommission fordert die vollständige Offenlegung der Finanzen, sowohl der scheidenden als auch der neuen Regierung.
https://www.libyaherald.com/2021/03/16/anti-corruption-commission-calls-for-completion-of-financial-disclosure-declarations-by-both-outgoing-and-incoming-governments/

+ 14.03.: Ubari/Drohnen/IS/LNA. Nach mehreren Luftangriffen auf ein Versteck von IS-Kämpfern in Ubari (Südlibyen) stürmte die LNA das Versteck, verhaftete zwei Männer und eine Frau, beschlagnahmte Waffen und brachte die gelagerte Munition zur Explosion.
https://libyareview.com/11106/libyan-army-raids-isis-hideout-in-ubari/
Es wird vermutet, dass der Luftangriff von US-Drohnen ausgeführt wurde, die nahe der Oase Dirkou (Niger) starteten, außerdem, dass die dort gefundenen Waffen aus Misrata stammen.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1371065177580437504

+ 15.03.: LNA/IS/Ubari. Wie die LNA bekannt gab, wurde der IS-Kommandant Mohammed Mailoud Mohammed, alias Abu Omar, in Ubari festgenommen. Er wird beschuldigt, terroristische Operationen in Libyen durchgeführt zu haben, insbesondere einen Angriff auf den Ölhalbmond.
Abu Omar erlitt bei seiner Festnahme eine Schussverletzung.
https://libyareview.com/11116/libyan-army-well-known-isis-commander-abu-omar-captured-in-ubari/

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 12.03.2021

Milizenkämpfe in Tripolis – die neue Außenministerin Naila Mangoush – Verschleppung von Journalisten – Türkei bricht weiterhin Waffenembargo

+ 11.03.: Milizen/Tripolis/Tadschura. In Tripolis sind zwischen verfeindeten Milizen Kämpfe ausgebrochen. Darin verwickelt sind Milizen aus Tadschura, die al-Rada- und die ad-Deman-Miliz. Es soll dabei um Entführung und einen Mord gehen und um die Bezahlung von gefordertem Blutgeld. Obwohl die Ex-‚Einheitsregierung‘ diese Milizen aufgelöst haben will, sind sie mit Panzern in Tripolis unterwegs. Die Zugangswege nach Tadschura (östlich von Tripolis) wurden blockiert.
Türkische Drohnen fliegen in niedriger Höhe über Tadschura.
https://twitter.com/LibyaReview/status/1370001837286436865
https://english.aawsat.com/home/article/2855446/clashes-erupt-near-tripoli-soon-after-new-libya-govt-approved

+ 12.03.: Milizen/Tripolis/Tadschura. Das Problem zwischen Tripolis und Tadschura scheint gelöst: Die Entführten wurden gegen Lösegeld freigelassen und Blutgeld wurde entrichtet.
https://twitter.com/Libyancitizen6/status/1370310190386544647

+ 11.03.: Najla Mangoush/Außenministerin. Zum ersten Mal wurde mit Najla Mangoush eine Frau libysche Außenministerin. Bisher arbeitete Mangoush als Strafverteidigerin und Universitätsprofessorin, vormals war sie im Nationalen Übergangsrat (NTC) aktiv. Nach einem Masterabschluss in Strafrecht an der Universität Bengasi studierte sie in den USA Konflikt- und Friedensmanagement an der Eastern Mennonite University und an der George Mason University. Sie hatte ein US-Regierungsstipendium für Academic Excellence (SAE) erhalten.
https://libyareview.com/11019/who-is-libyas-first-ever-female-foreign-minister/
Damit dürfte klar sein, welchen zukünftigen außenpolitischen Kurs Libyen fahren wird.

+ 11.03.: Kabinettsliste GNU. Der Posten des Verteidigungsministers soll vom dreiköpfigen Präsidialrat gemeinsam besetzt werden. Die gesamte Kabinettsliste findet sich hier:
https://www.libyaherald.com/2021/03/11/names-of-libyas-newly-endorsed-government-of-national-unity/

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 23.02.2021

Innenminister Bashagha: Attentat, Unfall oder False-Flag? / Milizen in Tripolis / Riesenbetrug bei Importen durch libysche Bank / Türkei verschafft sich Warenmonopol

+ 21.02.: Bashagha/SSA: Attentat – Unfall – False Flag? Auf die Autokolonne des Innenministers von Tripolis, Fathi Bashagha, wurde angeblich ein Anschlag verübt. Einer von Bashaghas Sicherheitsleuten wurde verwundet, einer der Angreifer starb, zwei weitere wurden festgenommen. Sie gehören dem Stability Support Authority (SSA) an. Laut ihnen soll es sich nicht um ein Attentat, sondern um ein Missverständnis gehandelt haben, das auf schlechte Koordination zurückzuführen sei.
Der noch amtierende, aber sich in Italien zur medizinischen Behandlung befindliche Premierminister der ‚Einheitsregierung‘ Faiez Sarradsch hatte die neu geschaffene Sicherheitstruppe, die Stability Support Authority, erst im Januar ins Leben gerufen. Sie soll seiner direkten Kontrolle unterstellt sein und wird von dem Milizenführer al-Kikli (alias Ghenewa) geleitet, sein Stellvertreter ist der neue Kommandeur der Tripoli Revolutionaries Brigade Ayoub Aburas (vormals wurden die TRB von Haitham Tadschuri geleitet).
Zwischen Sarradsch und Bashagha, von denen jeder seine eigenen Milizen unterhält, ist schon seit geraumer Zeit ein Machtkampf entbrannt.
https://twitter.com/smmlibya/status/1363573509507715076
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1363558014217838594
Fathi Bashagha ist mit sage und schreibe einer Wagenkolonne von 60 (!) Fahrzeugen in Tripolis unterwegs – zum Schrecken aller anderen Verkehrsteilnehmer.
Bashagha ist ein Mann der Moslembruderschaft und war einer der führenden Köpfe der dschihadistischen
Libyan Islamic Fightung Group (LIFG), der allerdings gemeinsam mit seinem Gegenspieler Parlamentspräsident Agila Saleh die Wahlliste der LPDF für eine neue libysche Exekutive anführte, die dann aber der Liste von al-Dabaiba und Menfi unterlag.

+ 22.02.: Bashagha/SSA. Die Stabilization Support Authority (SSA) schildern den Vorgang so: Ein gepanzerter Wagen der SSA sei Bashaghas Autokolonne begegnet und die Wachen von Bashagha hätten unrechtmäßig das Feuer auf dieses gepanzerte Fahrzeug eröffnet. Bashaghas Leute hätten sich nicht ausreichend mit der SSA koordiniert. Es habe sich um keinen Attentatsversuch gehandelt.
https://almarsad.co/en/2021/02/22/stabilization-support-authority-we-will-pursue-those-involved-in-the-shooting-of-our-employees-by-law/

+ 22.02.: Bashagha/SSA. Videos, die auf AlMarsad veröffentlicht wurden, sollen zeigen, wie auf den verletzt am Boden liegenden Radwan al-Hingari, Mitglied der Stabilization Support Authority, geschossen wird. Sein Wagen hatte sich überschlagen und er lag verletzt am Boden.
Auf einer Überwachungskamera ist festgehalten, wie zunächst ein Wagen des Bashagha-Konvois, der mit hoher Geschwindigkeit unterwegs war, mit dem Fahrzeug der Stabilization Support Authority (SSA) zusammenstößt. Dieses kippte zur Seite und rutschte auf die gegenüberliegende Fahrbahn. Mehrere Menschen versuchten, die darin befindlichen Personen zu retten. Doch dann kamen die Sicherheitsleute von Bashagha und gaben Schüsse ab. Al-Hingari starb, zwei weitere Personen wurden verletzt.
Das gerichtsmedizinische Gutachten sagte allerdings, dass die Verletzungen von al-Hingari ausschließlich auf den Unfall zurückzuführen seien.
Es wird die Untersuchung des Vorfalls durch eine unabhängige Behörde gefordert.
https://almarsad.co/en/2021/02/22/special-video-shows-bashaghas-guards-shooting-after-al-hingaris-car-overturned/

+ 21.02.: Bashagha/Badaida. Der designierte Premierminister al-Dabaiba verurteilt den Anschlag auf Bashagha und fordert strafrechtliche Verfolgung der Täter. Auch Menfi bedauerte die Tat und forderte eine Untersuchung.
https://twitter.com/smmlibya/status/1363573509507715076
https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1363560636492509187

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 15.02.2021

Al-Menfi besucht Haftar, Saleh und die ostlibysche Stadt Tobruk / Stimmen zur ‚Interimsregierung‘ / Besatzungsmacht Türkei

Neue ‚Interimsregierung‘

+ 08.02.: Dabaiba/Staatsangehörigkeit. Laut LibyaDesk lassen Informationen darauf schließen, dass der neu bestimmte Premierminister Abdul Hamid Dabaiba eine zweite Staatsangehörigkeit besitzt. Das Wahlverfahren hatte aber die Voraussetzung, dass die Kandidaten nur einen libyschen Pass besitzen dürfen oder dass eine Erlaubnis der libyschen Sicherheitsbehörden für eine zweite Staatsangehörigkeit vorliegt. Sollte der Vorwurf zutreffen, kann das Genfer LPDF-Wahlergebnis vor Gericht angefochten werden. Auch steht die Untersuchung der UNSMIL bezüglich des Vorwurfs an Dabaiba, Stimmen gekauft zu haben, noch aus. Die Glaubwürdigkeit der UNSMIL wird dadurch noch mehr erschüttert.

+ 11.02.: Haftar/LNA/Menfi. Der LNA-Oberbefehlshaber Khalifa Haftar empfing den designierten Vorsitzenden des Präsidialrats, Mohamed al-Menfi im Hauptquartier des LNA-Generalkommandos in ar-Radschma und sicherte der neuen ‚Interimsregierung‘ seine Unterstützung zu bei der Zusammenführung der libyschen Institutionen und dem Weg, der zu den Dezemberwahlen führen soll. Menfi war aus Athen kommend in Bengasi eingetroffen.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1359878289704300554/photo/1
https://almarsad.co/en/2021/02/11/marshal-haftar-receives-menfi-at-al-rajma-lna-supports-new-presidency-in-unifying-institutions-and-holding-elections/
Anzumerken bleibt, dass Menfi zuerst Khalifa Haftar und erst danach Agila Saleh, den Parlamentspräsidenten besuchte. Militär sticht Parlament. Menfi war von 2014 bis 2019 als Botschafter in Griechenland tätig bis er aufgrund der Abkommen, die die ‚Einheitsregierung‘ mit der Türkei traf, von Griechenland des Landes verwiesen wurde. Jetzt musste er sich in Griechenland wieder andienen.

+ 12.02.: Tobruk/Menfi. Mohamed al-Menfi wurde in Tobruk vom Bürgermeister, Faradsch Boual-Khattabia, und dem Stabschefs der Luftwaffe, Generalleutnant Saqr al-Dscharoushi, sowie dem Leiter des Generalnachrichtendienstes, Generalmajor Mustafa al-Muqrin, empfangen.
https://twitter.com/MLNA2021/status/1360187460999917568

Weiterlesen

Libyen nach der Genfer LPDF-Wahl

Was bedeutet die neue ‚Interimsregierung‘ für Libyen und Fragen zu ihrer Legitimität / Neuer libyscher Regierungschef bekennt sich eindeutig zur Türkei

Der Plan zur Übergabe der Regierungsämter sieht folgendes vor: Die ‚Einheitsregierung‘ bleibt zunächst geschäftsführend im Amt. Die neue Interimsregierung muss innerhalb von 21 Tagen dem Parlament ihre gesamte Regierung vorstellen. Nach weiteren 21 Tagen muss das Parlament die neue Interimsregierung bestätigt haben. Sollte das Parlament diese Regierung nicht bestätigen, wie das 2015 bei der Sarradsch-Regierung der Fall war, die seither ohne Legitimierung das Amt ausübt, wird die Interimsregierung an die 74-köpfige LPDF zur Genehmigung verwiesen. Das heißt, das Parlament wird damit ausgehebelt. In der LPDF haben die Moslembrüder eine eindeutige Mehrheit, eine Bestätigung der ‚Interimsregierung‘ dürfte also gesichert sein.

Sobald der ‚Interimsregierung‘ vom Parlament oder von der LPDF das Vertrauen ausgesprochen wird, gehen alle Befugnisse der Exekutive auf die ‚Interimsregierung‘ über. Die von Abdulla Thinni im Osten geführte Übergangsregierung wird beendet. Das mag zwar so sein und der Westen hat dann wieder einmal eine ‚international anerkannte Regierung‘ als Erfüllungsgehilfen, an den tatsächlichen Machtverhältnissen im Land wird sich dadurch nichts ändern. Die Libysche Nationalarmee, die Politiker und libyschen Stämme und Städte, mit ihrer eigenen, gegen die Moslembrüder gerichteten Agenda, werden nach wie vor die wichtigsten bestimmenden Faktoren innerhalb des Landes sein und bleiben.

Auch die von Fajez as-Sarradsch geführte ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis, deren Namen reiner Hohn ist, wird beendet werden. Ihr Versagen in jeder Hinsicht war von vornherein absehbar, da sie mit Gewalt von ausländischen Kräften mit Hilfe der UN in Tripolis installiert wurde, ohne irgendeine Hausmacht hinter sich zu haben. Das Parlament hat diese ‚Einheitsregierung‘, die den Milizen in Tripolis komplett ausgeliefert war, niemals bestätigt. Aufgrund aller ungelösten Infrastrukturprojekte, von der Stromversorgung bis zur Abwasserentsorgung, dem Bargeldmangel und der prekären Sicherheitslage, ist sie bei der Bevölkerung in Tripolis verhasst. Keiner wird sie vermissen.

Die neue ‚Interimsregierung‘ wird nicht ernst genommen. Sie wird nicht mehr als ‚Tripolis-Regierung’, sondern als ‚Misrata-Regierung‘ wahrgenommen. Damit werden im westlichen Libyen alte Konflikte zwischen Tripolis und Misrata verschärft. Bereits am 03.02. hatten die tripolitanische Gemeinschaft, die Ältestenräte, der Verband der Märtyrerfamilien und verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen in Tripolis in einer Erklärung ihre Ablehnung der Nominierung umstrittener Persönlichkeiten für hohe politische Ämter bekundet.

Weiterlesen

« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »