Informationen - Analysen - Meinungen

Schlagwort: Kolonialismus (Seite 1 von 2)

Alarmstufe Rot in den Ländern der Sahelstaaten-Allianz

Eine gesprengte Ölpipeline und Terrorangriffe auf Militärposten im Niger zeigen, dass das Sahelgebiet aufgrund seines Ressourcenreichtums zum großen Krisengebiet geworden ist. Während der Westen allein auf militärische Stärke und koloniale Ausbeutung setzt, die er mit wirklich allen Mitteln zu erhalten sucht, punkten China und Russland mit Infrastrukturprojekten, Lebensmittelhilfe und Kreditlinien.
Der Juni 2024 entwickelt sich für Westafrika zum Terror-Monat.

Terrorakte gegen chinesische Ölpipeline im Niger

In der Nacht zum 16. Juni 2024 verübte eine sogenannte Patriotische Befreiungsfront (Front Patriotique de Libération/FPL) einen Terrorangriff auf die nigrische Infrastruktur, indem sie einen wichtigen Abschnitt der Ölpipeline, die vom Agadem Rift-Becken im Osten Nigers zum Atlantik Hafen Seme-Kpodji in Benin führt, sprengte. [1] Für den bettelarmen Niger bedeutet der Ausfall dieser Ölpipeline, die erstmals nigrisches Öl auf den Weltmarkt bringen soll, eine wirtschaftliche Katastrophe. [2]

Bereits am 12. Juni war laut der nigrischen Armee im Süden des Landes ein Angriff von „bewaffneten Banditen“ auf diese Pipeline erfolgt, der jedoch vereitelt werden konnte. Allerdings waren bei der Verteidigung der Pipeline sechs nigrische Soldaten getötet worden.

Die fast 2.000 Kilometer lange Ölpipeline war erst 2022 fertiggestellt worden und verfügt über eine Kapazität von 90.000 Barrel pro Tag. [3] Eine frühere Planung hatte den Transport des Öls vom Binnenland Niger durch Libyen ans Mittelmeer vorgesehen, wobei das nigrische Öl in Libyen in das dort bereits vorhandene Pipelinenetz hätte eingespeist werden können. Bekanntlich fanden diese Planungen 2011 mit der Nato-Intervention in Libyen ihr Ende. Mit der Sprengung der Niger-Benin-Pipeline ist vorerst auch der Weg zum Atlantik versperrt.

Weiterlesen

Patrice Lumumba und der afrikanische Freiheitskampf

Gerd Schumann: "Patrice Lumumba"Ausgehend von der brutalen und grausamen Schreckensherrschaft Leopold II. im Kongo, in die Patrice Lumumba hineingeboren wurde, schildert Gerd Schumann in seinem gerade erschienenen Bändchen „Patrice Lumumba“ den politischen Werdegang Lumumbas und seinen Freiheitskampf gegen Kolonialismus und für einen souveränen und geeinten Kongo.

Lumumba war der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident des Kongo. Seine offizielle Amtszeit dauerte von Juni bis Oktober 1960, also keine vier Monate. Die Ermordung Lumumbas hatten die Regierungen Belgiens und der USA angeordnet, ausgeführt wurde sie von der CIA mithilfe lokaler Kräfte. Eine Blutspur durchzieht seither den Kongo bis in die Gegenwart. Lumumba trotzte den kolonialen Kräften und musste dies mit seinem Leben bezahlen. Diese große Persönlichkeit der Weltgeschichte holt Gerd Schumann zurück in das „Geschichtsgedächtnis des Nordens“. Und so endet denn die Einleitung seines Buches mit den Worten: „Lumumba – presente!

Der Kongo unter der Knute des belgischen Königs Leopold I.

Die belgische Kolonialzeit im Kongo war eine Zeit unsäglichen Leids und Schreckens für die kongolesische Bevölkerung. Nachdem sich der belgische König Leopold II. den Kongo privat angeeignet und zu einer „Ein-Mann-Kolonie“ gemacht hatte (1885 bis 1908 „Freistaat“ Kongo), wurde diese 1908 zur Kolonie Belgisch-Kongo, die bis 1960 Bestand hatte.

Bei der Berliner Konferenz 1884 wurde über die Aufteilung Afrikas zwischen den Kolonialmächten – selbstverständlich unter Ausschuss der Betroffenen – verhandelt und im Februar 1885 die „Kongo-Akte“ verabschiedet, nach der der Kongo als Kolonie Leopold II. anerkannt wurde. Die Herrschaft über zwanzig Millionen Afrikaner wurde an etwa 3.000 Weiße übertragen. Der Kongo gehörte dem „nunmehr größten Landbesitzer der Welt“, der „ein System der blanken Ausbeutung und faktischen Leibeigenschaft“ errichtete. Exportiert wurden Elfenbein und später vor allem das für die inzwischen auf Hochtouren laufende Reifenproduktion so wichtige Kautschuk, das die kongolesischen Arbeitskräfte heranschaffen mussten. Schätzungen gehen davon aus, dass die unmenschlichen Arbeitsbedingungen zehn Millionen Menschen das Leben kosteten, manche Schätzungen liegen noch höher. Ganze Dörfer, die das Soll nicht erfüllen konnten, wurden massakriert. Eine Spezialität stellte das Abhacken von Händen dar, bei Toten und Lebenden. Die Einwohnerzahl des Kongos halbierte sich von 1880 bis zum Ersten Weltkrieg von geschätzt 29 Millionen auf nur noch um die zehn Millionen. Am Kongo-Fluss, im „Herzen der Finsternis“, (1) hatte einer der grausamsten Genozide der Weltgeschichte stattgefunden.

Als Leopold II. im Dezember 1909 starb, ging sein Privatbesitz „Kongo“ in die Verwaltung der parlamentarischen Erbmonarchie Belgien über. Die „autoritäre und brutale Ausplünderung nach rassistischen Regularien“ wurde fortgesetzt.

Das Leben des Patrice Lumumba

Lumumba wurde 1925 geboren. Einem bäuerlichen Elternhaus entstammend wurde er zunächst von katholischen, dann von evangelischen Missionsschulen geprägt. Sein Interesse galt der Aufklärung und den Schriften von Rousseau und Voltaire. Lumumba arbeitete etliche Jahre als Postbeamter und war dreimal verheiratet. Der auch rhetorisch hochbegabte und gebildete Lumumba trat 1956 der Liberalen Partei Belgiens bei und analysierte in seinem Buch „Le Congo. Terre d’Avenir. Est-il Menacé?“ (2) das belgische Unterdrückungssystem und die gesellschaftspolitische Lage in der Kolonie. Zu dieser Zeit sah sich Lumumba noch als reformerischer „Mittler zwischen der Regierung von Belgisch-Kongo und den Massen“. Im gleichen Jahr wurde er wegen angeblicher Unterschlagung zu zwölf Monaten Gefängnis verurteilt.

Lumumba schloss sich einer heterogenen Unabhängigkeitsbewegung an, wo er Joseph Kasavubu, Joseph-Désiré Mobutu und Moise Tschombé zu seinen Freunden zählte, die später zu Handlangern des Kolonialismus mutierten. Kasavubu sollte ihn als Ministerpräsidenten absetzen, Mobutu ließ ihn einsperren und Tschombé ließ ihn auf Geheiß von USA und Belgien grausam ermorden.

Weiterlesen

NIGER – Ereignisse, Analysen, Meinungen in der 35. Woche

Die Übernahme der politischen Macht durch das Militär und die Folgen (28.08. bis 03.09.2023)

+ Frankreich/Niamey. 28.08.: „Unterstützer der nigrischen Machthaber haben kurz vor dem Auslaufen eines Ultimatums zur Ausweisung des französischen Botschafters gegen die Militärpräsenz Frankreichs in dem Land protestiert. Sie versammelten sich am Sonntag nahe des Flughafens in der Hauptstadt Niamey. Dieser grenzt an einen Luftwaffenstützpunkt der nigrischen Armee, der auch ein französisches Militärlager beherbergt.“
https://www.tagesschau.de/ausland/niger-protest-franzoesische-truppen-100.html

+ Frankreich. 28.08.: „Der französische Präsident Emmanuel Macron hat in einer Rede vor Diplomaten klar gemacht, dass Sylvain Itte, Botschafter in Niger, ungeachtet des Militärputschs auf seinem Posten in dem westafrikanischen Land bleibe. Zugleich bekräftigte Macron, dass Frankreich auch weiterhin hinter dem gestürzten demokratisch gewählten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum stehe.“
https://www.tagesschau.de/ausland/niger-protest-franzoesische-truppen-104.html

+ Frankreich. 28.08.: „Im Niger wurde die Wasser- und Stromversorgung der französischen Botschaft in Niamey abgestellt. Darüber hinaus sind die Lieferung der Lebensmittel für die französischen militärischen Stützpunkte blockiert.“
https://t.me/infodefGERMANY/5726

+ Deutschland. „Laut RFI[-Radio] hatte das nigrische Außenministerium auf Geheiß des Putschistenführers General Abdourahmane Tchiani Briefe an die Botschaften von Deutschland und den USA sowie der Elfenbeinküste und Nigeria und eine ähnliche Botschaft an den französischen Botschafter vorbereitet. Aufgrund von Unstimmigkeiten in den Reihen der Spitzenbeamten der Armee hätten sie sich jedoch in letzter Minute anders entschieden, so der Radiosender. Hochrangige Militärs erkannten angeblich die Notwendigkeit an, >sich von Frankreich zu distanzieren<, drängten aber darauf, die Beziehungen zu anderen westlichen Ländern nicht einzuschränken, >weil sie Interessen in Niger haben< und das Land >sie braucht<, berichtete RFI.“
https://www.anti-spiegel.ru/2023/medien-in-niger-wurde-die-ausweisung-westlicher-botschafter-in-letzter-minute-abgesagt/

Weiterlesen

Nachrichtenüberblick: MENA und SUBSAHARA-AFRIKA – 34. Woche 2023

Die wichtigsten Ereignisse in MiddleEastNorthAfrica, der islamischen und der afrikanischen Welt

MENA und ISLAMISCHE WELT

+ Libyen/Russland/Prigoschin. Eine russische Militärdelegation unter Leitung des stellvertretenden Verteidigungsminister Junus-bek Jewkurow kam auf Einladung des Kommandanten der Libyschen Nationalarmee (LNA), Khalifa Haftar, in der ostlibyschen Stadt Bengasi an. Haftar beherrscht militärisch den Osten und Süden Libyens.
Der Besuch sei auf Grundlage der Ergebnisse der russisch-libyschen Verhandlungen bei der 11. Moskauer Internationalen Sicherheitskonferenz und dem militärtechnischen Forum Armee 2023 organisiert worden. Themen sollen die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus sowie andere Fragen eines gemeinsamen Vorgehens sein.
Es sollte die Rolle Moskaus nach dem gescheiterten Wagner-Aufstand in Russland bestätigt werden. Jewkurow erklärte gegenüber Haftar, dass Libyen für Russland sehr wichtig sei. Wagner-Kämpfer werden in Libyen bleiben, aber unter der Kontrolle Moskaus. Der Befehlshaber der Wagner-Streitkräfte werde ausgewechselt.
Die russische Delegation teilte Haftar mit, dass Russland eine direkte Verteidigungspartnerschaft zwischen seinen Armeen formalisieren wolle, um Wagners Rolle zu ersetzen.
Haftar erklärte sich zur Zusammenarbeit bereit, damit Russland die Rolle Wagners übernehmen könne, forderte jedoch verschiedene Arten von russischer Militärhilfe, etwa Ersatzteile für Militärgüter, die Durchführung von Flugzeugwartungen, Schulungen und iranische Drohnen.
Russische Waffen und Ausrüstungen bilden das Rückgrat der LNA.
https://libyareview.com/37127/libyan-army-russian-defense-delegation-to-discuss-military-collaboration-combat-terrorism-with-libya/
https://twitter.com/SaifFuture/status/1695403073089233200
https://twitter.com/SaifFuture/status/1695403446436815250

+ Libanon. „Der libanesische Staat ist bankrott. Die Bürger kommen nicht mehr an die Ersparnisse auf ihren Konten. Manche greifen zu Pistole und Benzinkanister. […]
Seit 2019 verliert die libanesische Lira stetig an Wert. Tausende verloren ihre Jobs, die gut ausgebildete Jugend wandert aus, viele Unternehmen nutzen die Krise, um ihre Leute zu schlechten Umrechnungskursen oder nur mit geringen US-Dollar-Beträgen zu bezahlen.“
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-palaestinenser-jericho-100.html

+ Libanon. „Im Oktober 2022 hatten Libanon und Israel sich auf die Abgrenzung der seeseitigen Wirtschaftszone geeinigt, um jeweils Gas- und Ölförderung vorzubereiten. Block 9 wurde dem Libanon zugesprochen. Israel, das einen kleinen Teil von Block 9 beansprucht, wird von der französischen TotalEnergies entschädigt. Sowohl Israel als auch der Libanon hoffen auf lukrative Geschäfte vor allem in der EU. […] Tatsächlich braucht der Libanon mögliche Gasvorkommen zunächst für die Versorgung der eigenen Bevölkerung. […]
Vor einer Woche wurde der vorläufige Untersuchungsbericht zur Überprüfung der Geschäfte der Libanesischen Zentralbank (BDL) der Presse zugespielt. Der mit »vertraulich« gekennzeichnete Bericht des Unternehmensberaters Alvares & Marshall (A&M) umfasst 332 Seiten und befasst sich mit den Geschäften der BDL in der Zeit vom 1.1.2015 bis zum 31.12.2020. Danach ist die Bank von einem Devisenüberschuss Ende 2015 in Höhe von 7,2 Milliarden US-Dollar auf ein Defizit Ende 2020 von 50,7 Milliarden US-Dollar abgestürzt. […]
Für den beispiellosen finanziellen Absturz wird der langjährige BDL-Gouverneur Riad Salameh verantwortlich gemacht, gegen den auch EU-Staaten wegen Korruption und Geldwäsche ermitteln. Salameh beendete seine Amtszeit nach 30 Jahren ordnungsgemäß am 31. Juli 2023. Kanada und die USA haben gegen Salameh und »Mitverschwörer« inzwischen Sanktionen verhängt. Seine Konten wurden gesperrt, er darf den Libanon nicht verlassen.“
https://www.zlv.lu/db/1/1480096683728/0

Weiterlesen

Frankreich und seine Kolonialträume

Der ostlibysche General Khalifa Haftar hilft Frankreich, seine Kolonialstrukturen wiederaufzubauen und überlässt Paris den Militärstützpunkt al-Wig im Südwesten Libyens.

Al-Wig ist ein strategischer Militärstützpunkt mit Flughafen im südwestlichen Libyen, in der tiefsten Sahara gelegen. Die nächstgrößere Stadt nördlich von al-Wig ist die etwa 150 Kilometer entfernte Oasenstadt al-Qatrun. Von der Hauptstadt Tripolis sind es knapp tausend Kilometer nach al-Wig, bedeutend näher sind in südlicher Richtung die Grenzen zu Niger und Tschad. Die Entfernung von al-Wig zum nigrischen Grenzort Tumu dürfte nur rund 200 Kilometer betragen.[1]

Schon während des letzten Weltkriegs war Frankreich an den Saharagebieten im Westen Libyens, die 1942 von General Leclerc besetzt wurden, interessiert, das heißt an einem „französischen Fessan“ . Es hätte damit die Grenzen von Libyen zu Algerien, Niger und Tschad kontrolliert, alles Staaten, in denen Frankreich seine Kolonialmacht sichern wollte. Ein riesiges Territorium wäre somit Teil des französischen Kolonialreiches in Afrika geworden. Obwohl bei Kriegsende das gesamte Libyen unter britischer und französischer Verwaltung stand, wurde Frankreich im Friedensvertrag mit Italien vom 10. Februar 1947 gezwungen, die Eingliederung des Fessan in den neuen monarchischen Staat „Vereinigtes Königreich Libyen“, der am 24. Dezember 1951 proklamiert wurde, anzuerkennen. Frankreich konnte seine Interessen in Libyen allerdings durch ein im August 1955 mit König Idriss geschlossenes Abkommen, das ihm die Ausbeutung der Bodenschätze für einen Zeitraum von zwanzig Jahren erlaubte, aufrechterhalten. Erst Muammar al-Gaddafis Revolution im Jahr 1969 beendete die koloniale Ausbeutung.

Frankreich hatte sowohl im I. Weltkrieg in Absprache mit Großbritannien seine Kolonialmachtansprüche in Afrika durchsetzen können (Sykes-Picot-Abkommen) als auch nach dem II. Weltkrieg gemeinsam mit Großbritannien und Italien seine Stellung als Kolonialmacht, die an Stelle des Osmanischen Reiches trat, in Afrika gefestigt. Durch die al-Fatah-Revolution im September 1969 wurden Frankreichs Kolonialansprüche in Libyen beendet, bis es 2011 im Nato-Krieg gegen Libyen, zu dem Paris einen Gutteil beigetragen hatte, zum Sturz der Dschamahirija und der Ermordung von Oberst Gaddafi kam. In dem darauffolgenden Chaos in einem Land, dessen Staatsstrukturen zerstört waren, versuchte Frankreich, sich seinen Beuteanteil zu sichern. Den Kolonialträumen wurde neues Leben eingehaucht.

Frankreichs Doppelspiel

Zu diesem Zweck spielt Frankreich ein Doppelspiel: Zum einen erkennt es die Regierung in Tripolis unter ‚Premierminister‘ Abdulhamid Dabaiba an – die mit Unterstützung durch die sogenannte ‚internationale Gemeinschaft‘ und mit Hilfe der von ihr finanzierten Milizen immer noch Tripolis kontrolliert – und unterhält zu dieser Tripolis-‚Regierung‘ gute Beziehungen. Zum anderen unterstützt das französische Außenministerium im östlichen Libyen den Oberkommandierenden der Libyschen Nationalarmee (LNA), den 80-jährigen Khalifa Haftar, der sich inzwischen heimlich mit Dabaiba über einen gemeinsamen Machterhalt geeinigt zu haben scheint.

Schon 2011 war es das Ziel des Nato-Krieges, Libyen in drei Teile zu zerschlagen: den nordwestlichen Teil, genannt Tripolitanien, an Italien, den östlichen Teil, die Kyrenaika einschließlich der südsaharischen Gebiete, an Großbritannien, und den südwestlichen Teil, genannt Fessan, an Frankreich. Allerdings traten neue Mitspieler auf den Plan, die bei der Verteilung des Landes auch nicht abseitsstehen wollten. Gerade hat Tripolis-Premier Dabaiba die Militärstützpunkte im Nordwesten Libyens an die Besatzungsmacht Türkei übergeben, während dank Haftar in den zentral-saharischen Gebieten die russische Wagner-Gruppe das Sagen hat, im Nordosten Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) den Ton angeben und der Südwesten jetzt an Frankreich übergeben wurde.

Weiterlesen

Nachrichtenüberblick: MENA und SUBSAHARA-AFRIKA – 16. Woche 2023

Die wichtigsten Ereignisse in MiddleEastNorthAfrica und der afrikanischen Welt

MENA

+ Palästina/Israel. Karin Leukefeld: „Massaker zur Staatsgründung. Vor 75 Jahren ermordeten zionistische Milizen die Einwohner des Dorfes Deir Jassin. Am 29. November 1947 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Resolution 181 (II), den Teilungsplan für Palästina. Unmittelbar darauf begann die systematische Vertreibung von bis zu 800.000 Palästinensern. Was die Israelis »Unabhängigkeitskrieg« nennen, ist für die Palästinenser bis heute die Katastrophe (arabisch: Nakba).
Laut UN-Charta wäre die UN-Vollversammlung nicht befugt gewesen, eine Entscheidung von solcher Tragweite zu treffen. Nach Artikel 1 Absatz 2 der Charta müssen »Beziehungen zwischen den Nationen« den Grundsatz von »Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker« respektieren. Palästina in einen arabischen und einen jüdischen Staat zu teilen, hätte mindestens ein Referendum der dort lebenden Bevölkerung erfordert.“
https://www.jungewelt.de/artikel/448855.nahostkonflikt-massaker-zur-staatsgr%C3%BCndung.html

+ Palästina. „Bei einem mutmaßlichen Anschlag in Ost-Jerusalem sind zwei Menschen verletzt worden. Die israelische Polizei teilte mit, es seien Schüsse auf ein Fahrzeug abgegeben worden. Zwei Insassen seien dabei verletzt und ins Krankenhaus gebracht worden. Der Vorfall ereignete sich in dem Viertel Scheich Dscharrah. Der Tatverdächtige konnte entkommen.“
https://www.tagesschau.de/ausland/schuesse-jerusalem-103.html

+ Palästina. „Der Wille soll gebrochen werden. Das Gefängnissystem für Palästinenser:innen im Westjordanland, das ausschließlich der Militärjustiz untersteht und nicht einer Zivilgerichtsbarkeit, dient gezielt der Erpressung und Kontrolle der Bevölkerung.“
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/ausland/palaestina-westjordanland-gefaengnis-system-repression-7647.html

+ Israel/Palästina. Karin Leukefeld: „Der israelische »Unabhängigkeitskrieg« gegen die arabische Bevölkerung in Palästina hält auch 75 Jahre nach der gewaltsamen Gründung des Staates Israel unvermindert an. Der damals von der Haganah ausgearbeitete »Plan D«, der die Vertreibung der arabischen Bevölkerung und die Zerstörung ihrer Dörfer vorsah, damit die Menschen nicht zurückkehrten, wird heute von der israelischen Besatzungsarmee fortgeführt.
Häuser, Schulen, Lager und Viehställe der Palästinenser werden zerstört. Ein System von Apartheid bestimmt den Alltag. Die Menschen werden vertrieben und in Lager gezwungen. Die Bewegung der Palästinenser ist eingeschränkt, freier Handel nicht möglich. Der Gazastreifen ist von Israel zu Land, Luft und Wasser blockiert. […]
Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) wurden seit Anfang des Jahres im Westjordanland 81 Palästinenser von israelischen Sicherheitskräften erschossen, 246 wurden verletzt. Im gleichen Zeitraum wurden durch Angriffe einzelner Palästinenser in Israel und im Westjordanland 14 Israelis getötet und 37 verletzt (Stand 27. März 2023).“
https://www.jungewelt.de/artikel/448856.nahostkonflikt-m%C3%B6rderischer-plan-d.html

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 26.03. bis 01.04.2023

USA mobilisieren Libyer gegen Wagner-Gruppe / erneutes Aufflackern von Milizengewalt / Bathili für Teilnahme aller Präsidentschaftskandidaten bei Wahlen / Libysche Parlamentsdelegation in Moskau / al-Kebir unumschränkter Herrscher des Geldes

USA gegen russische Wagner-Gruppe

+ 26.03.: Militärtreffen. In Anwesenheit des UN-Sondergesandten Abdoulaye Bathily fand in Tripolis ein Treffen zwischen den Befehlshabern der Militär- und Sicherheitseinheiten im Westen, Osten und Süden des Landes und des 5+5-Militärkomitees statt. Die Diskussion konzentrierte sich auf die Rolle des Militärs und der Sicherheitsinstitutionen bei der Schaffung eines günstigen Umfelds für das Vorantreiben des politischen Prozesses und die Durchführung von Wahlen im Jahr 2023. Es soll die Vereinigung zwischen östlichen und westlichen Militärmächten vorangetrieben werden.
Ausländische Streitkräfte, sprich russische Wagner-Gruppen, sollen abziehen und die Ölfelder geschützt werden.
Das nächste Treffen soll noch während des Ramadan in Bengasi abgehalten werden.
https://www.libyaherald.com/2023/03/historic-inclusive-jmc-55-tripoli-meeting-raises-hope-for-elections-and-permanent-peace/
https://twitter.com/SaifFuture/status/1640144547899494400

+ 26.03.: Militärtreffen. Herzliche Begrüßung bei der Ankunft der Stabschefs von Haftars LNA-Streitkräften (Abdelrazzaq an-Nadouri, Omar Amradschi, Ajoub al-Ferdschani, Faradsch Gaim). Dabei waren auch Mitgliedern des 5 + 5-Militärkomitees, dazu Imad Trabelsi, (‚Innenminister‘), Ghinwa al-Kukli, Mahmoud Hamza.
Fotos: https://twitter.com/SaifFuture/status/1640145807377588225/photo/1
siehe auch: https://gela-news.de/libyen-neues-schlachtfeld-im-nato-russland-krieg

+ 31.03.: Saif al-Islam/GB/Trabelsi. Von der Nachrichtenagentur LibyaPress scheint bestätigt, dass der Innenminister der Dabaiba-Regierung, Imad Trabelsi, seine engsten Mitarbeiter über ein Treffen mit der britischen Botschafterin Caroline Horndall informierte. Trabelsi soll von Horndahl Geheimdiesntinformationen über den Aufenthaltsort von Saif al-Islam Gaddafi erhalten haben und den Befehl, möglichst schnell eine Geheimdienstoperation gegen Saif al-Islam durchzuführen. Horndal soll auch die Bildung einer Stammesmiliz in der Stadt Zintan in Auftrag gegeben haben, die den Zintan-Militärrat ersetzen und anstatt der Dschuweili-Streitkräfte Tripolis sichern soll, falls die Militärs, die sie augenblicklich kontrollieren, gegen Militärbasen (al-Qardabiyah, al-Dschafra und Brak), die unter der Kontrolle der russischen Wagner-Gruppe stehen, in Marsch gesetzt werden.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1641635076512284672

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 31.10. bis 06.11.2022

Haftar droht mit Wiederaufnahme der Kämpfe / LNA und Milizen rüsten auf / Explorationsabkommen mit Türkei weiter stark kritisiert /Treffen der Arabischen Liga, des Arabischen Parlaments und der Afrikanischer Union – alle fordern schnelle Wahlen und ein geeintes, souveränes Libyen / Saif al-Islam gratuliert Lula da Silva zum Sieg bei den brasilianischen Präsidentschaftswahlen

+ 31.10.: LNA/Haftar. Der Oberbefehlshaber der Libyschen Nationalen Armee (LNA), Feldmarschall Khalifa Haftar, hat gedroht, „eine entscheidende Schlacht zur Befreiung Libyens zu führen, wenn die friedlichen Bemühungen um einen Abzug der ausländischen Streitkräfte scheitern“. Er sei „im Begriff, eine grundlegende Entscheidung zu treffen, um den Weg zur Wiederherstellung des Staates zu bestimmen“.
https://libyareview.com/28623/haftar-we-are-ready-for-a-decisive-battle-to-liberate-libya/
Das kommt der Aufkündigung des Waffenstillstandsabkommens gleich.
Haftar will der türkischen Mobilisierung mit Waffen und Söldnern mit englischer Unterstützung und dem amerikanischen Segen entgegentreten – so ein Kommentar auf Twitter.

+ 03.11.: Spannungen/Tripolis. Erhöhte Spannungen in Tripolis inmitten militärischer Mobilisierungen in ganz Libyen: Die Bewegungen der Milizen in Tripolis haben spürbar zugenommen, wie die der 444. Kampfbrigade, der Counter Terrorism Force (CTF) und der 111. Brigade zeigen, die ihre Sicherheitsoperationen und Bewegungen im Großraum Tripolis ausweiten. Gleichzeitig bestehen mehrere vielschichtige Spannungen und verkomplizieren die dysfunktionale und fluide Sicherheitsdynamik in Tripolis weiter.
LibyaDesk Weekly, No. 39-22
Es heißt, es gebe Absprachen mit den Anti-Dabaiba-Milizen zur Unterstützung des Sturzes von Dabaiba. Gleichzeitig wird al-Mischri als Alternative zu Baschagha gehandelt. Der Deal könnte lauten: Baschagha kommt weg, ebenso wie Dabaiba, dafür bekommt dann Mischri Tripolis.

+ 03.11.: USA/Haftar. Laut AfricaIntelligence verklagt eine libysch-US-amerikanische Allianz im US-Bundesstaat Virginia erneut den Befehlshaber der LNA, Haftar. Sie fordern von ihm Millionen USD wegen eines Angriffs auf eine Militärakademie in Tripolis im Januar 2020.
Nachdem Baschagha keine Rolle mehr spiele, drohe auch Dabaiba nach dem Plan der Regierungsbildung von Aqila Saleh (Parlament) und al-Mischri (Staatsrat/Moslembrüder) die Isolation. In Libyen drohten erneut unruhige Zeiten.
https://www.africaintelligence.com/north-africa/2022/11/03/libyan-american-alliance-goes-after-haftar-again,109841473-art

+ 06.11.: Wahlen/Haftar/Williams. In einem Artikel auf Brookings Institution of Peace erklärt die ehemalige UN-quasi-Sondergesandte Stephanie Williams, dass die Frage der Kandidatur Haftars ein Hauptgrund für das jüngste Scheitern der Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage für die Abhaltung von Wahlen sei. Haftar wolle seinen US-amerikanischen Pass nicht abgeben, aber gleichzeitig für das Präsidentenamt kandidieren.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1588928556402610177

Weiterlesen

Der Global Fragility Act (GFA) zur Beherrschung „fragiler“ Staaten

Mit dem Global Fragility Act (Gesetz zur globalen Fragilität) wird ein neues Kapitel der alten imperialen Politik Washingtons zur Unterdrückung schwacher Staaten aufgeschlagen. Das Pilotprojekt soll in Haiti starten, dann sollen afrikanische Länder – allen voran Libyen – die US-amerikanische „Führungsrolle“ zu spüren bekommen.

Der GFA wurde bereits am 20. Dezember 2019 mit der Zustimmung aller US-Parteien vom damaligen US-Präsidenten Präsident Donald Trump in Kraft gesetzt. Die jetzige Biden-Regierung sieht in dem Gesetz zu „Beginn eines entscheidenden Jahrzehnts“ ein probates Mittel zur „Förderung der nationalen Interessen Amerikas auf der Weltbühne“ und zur „Stärkung für Frieden und Stabilität in der Welt“, einer Welt, der sich die USA als vertrauenswürdiger Partner“ anbieten – ausgerechnet die USA!

Und so stellen sich die USA den Schwerpunkt ihres Wirkens mittels des FGA in „konfliktbetroffenen Gebieten“ vor: Es sollen die Beziehungen zur „lokalen Zivilgesellschaft“ aufgebaut werden, um damit sicherzustellen, dass die USA „eine wirksame Führungsrolle übernehmen“ kann, mit dem Ziel, „Extremismus und gewaltsame Konflikte“ zu verhindern. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die USA versuchen, mit dem Global Fragility Act und der Hilfe von NGOs ihre globale Hegemonie aufrechtzuerhalten und ehemalige und neu entstandene Kolonien zu beherrschen.

Das Pilotprojekt soll in Haiti starten und anschließend auf Libyen, Mosambik, Papua-Neuguinea sowie auf die westafrikanischen Länder Benin, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea und Togo ausgeweitet werden.

Militärisches Eingreifen eingeschlossen

Das US-Verteidigungsministerium soll bei der Umsetzung der Globalen Fragilitätsstrategie eine „eine breite Palette von Sicherheitsunterstützungsmaßnahmen“ bereitstellen und den USA damit ermöglichen, „militärische Ziele mit und durch ihre Partner in fragilen Staaten erfolgreich umzusetzen“ – so die Alliance for Peace Building, eine NGO, die sich für die Verabschiedung des GFA einsetzte. Die benötigten Gelder werden von USAID (United States Agency for International Development) und dem US-Außenministerium verwaltet. Patrick Quirk vom International Republican Institute (IRI) der National Endowment for Democracy (NED) beschreibt die GFA als „integralen Bestandteil der Strategie der Biden-Administration für eine globale demokratische Erneuerung“, um die „geopolitische und wirtschaftliche Position der Vereinigten Staaten“ zu erhalten“, „kurzfristige Interessen zu sichern“ und „mit seinen geopolitischen Rivalen zu konkurrieren“.

Bilateralismus statt Multilateralismus

Da die USA ihre außenpolitischen Ziele mit Hilfe der Vereinten Nationen, wo Russland und China immer intensiver ihr Vetorecht nutzen, und des Bretton-Woods-Systems, das den US-Dollar als Ankerwährung einsetzte, immer weniger durchsetzen können, soll nun die Globale Fragilitätsstrategie zum Einsatz kommen.

Weiterlesen

Verteilungskämpfe um die libyschen Ressourcen

Die libyschen Öl- und Gasfelder wecken infolge des Ukraine-Krieges vermehrt die Begehrlichkeiten des Westens. Nun wird versucht, das Land dreizuteilen und so mit Hilfe libyscher Handlanger den Zugriff auf die unter dem Saharasand verborgenen Bodenschätze zu erhalten.

Im Süden Libyens befinden sich unter dem Sand der Sahara die großen Erdöl- und Erdgasfelder sowie gigantische fossile Wasserreservoirs, die die Küstenstädte versorgen. Im Nordosten Libyens an der Mittelmeerküste liegen die bedeutendsten erdölverarbeitenden Anlagen und Verschiffungshäfen. Das östliche Libyen sowie der Süden stehen im Auftrag des libyschen Parlaments unter der Kontrolle und dem Schutz der Libyschen Nationalarmee (LNA).

Dagegen haben unter der Schirmherrschaft der UN westliche Staaten, die USA, Großbritannien, die EU, mit Hilfe der militärischen Präsenz der Nato-Macht Türkei im Westen Libyens immer wieder neue ‚Übergangsregierungen‘ in Tripolis eingesetzt, die sich mit Hilfe von Milizen und der Moslembruderschaft an der Macht halten, um die Libysche Zentralbank (CBL) und andere wichtige Finanzinstitutionen in der libyschen Hauptstadt zu kontrollieren. Eine Sonderrolle spielt Frankreich, das notgedrungen aufgrund der Kontrolle des Südens durch die LNA ein Doppelspiel zwischen den Kräften im Osten und der Regierung in Tripolis betreibt.

Augenblicklich spitzt sich die Lage erneut stark zu, da die Regierung in Tripolis unter dem bisherigen Premierminister Abdulhamid Dabaiba sich weigert, die Macht an die vom Parlament zunächst in Absprache mit dem von der Moslembruderschaft beherrschten Staatsrat an die neu ernanntn Regierung unter Premierminister Fatih Baschagha abzugeben.

Der Krieg ums Öl

Auch Libyen ist zum Schauplatz der Verteilungskämpfe um die für Industrienationen unverzichtbaren Ressourcen, insbesondere Öl und Gas, geworden. Seit dem Nato-Krieg 2011, der die staatlichen Institutionen zerschlug und den Staat zerstörte, also seit über elf Jahren, wird gegen den Willen der Bevölkerung versucht, das Land zu spalten.

Bisher ist dies für die alt-neuen Kolonialmächte noch immer nicht zufriedenstellend gelungen. Doch infolge des für den Westen so unvorteilhaft verlaufenden Ukraine-Krieges und des selbst verhängten Ölembargos gegen Russland, wird es für den Westen immer dringlicher, sich die libyschen Öl- und Gasfelder unter den Nagel zu reißen. Die Zerschlagung Libyens soll nun unter dem Vorwand des Föderalismus wieder Fahrt aufnehmen, um die Kontrolle über die an Bodenschätzen so reichen Saharagebiete zu erlangen.

Weiterlesen

« Ältere Beiträge