Informationen - Analysen - Meinungen

Schlagwort: 17. februar

Nachrichtenüberblick Libyen – 16. bis 28. Februar 2024

Jahrestag der libyschen Nakba (Katastrophe) am 17. Februar 2011 / Kurzfristige Schließung wichtiger Erdgas- und Erdölanlagen / Gerichtsentscheid: MoU mit Türkei bezüglich Kohlenwasserstoffe ungültig / / Zinten zieht Unterstützung für Dabaiba-Regierung zurück / Milizenkämpfe im westlichen Libyen / Absturz des Wohlstandsniveaus und der libyschen Währung

17. Februar 2011 – Tag der Nagba für Libyen

+ Rückblick auf die Ereignisse des 17. Februars 2011 als Beginn des Aufstands gegen die libysche Dschamahirija-Regierung und Oberst Muammar al-Gaddafi. Denkschrift des Präsidentschaftskandidaten Saif al-Islam Gaddafi von 2017.
Für die meisten Libyer ist der Tag des 17. Februar 2011 der Tag der Großen Katastrophe (Nakba).
Nachdem 2020 ein fragiler Waffenstillstand geschlossen wurde, spalten heute zwei illegitime ‚Regierungen‘ Libyen. Die Bevölkerung verarmt, viele politische Gefangene sind immer noch eingesperrt, die Infrastruktur verfällt und die Korruption treibt höchste Blüten, während die sogenannten politischen ‚Führer‘ weiterhin bestrebt sind, Wahlen hinauszuzögern, wenn nicht gar zu verhindern, um sich und ihren ausländischen Patronagen die Macht zu sichern. Libyen ist zum Spielball ausländischer Mächte verkommen.
https://gela-news.de/denkschrift-von-saif-al-islam-von-2017-zu-den-ereignissen-des-jahres-2011

+ Im Osten des Landes wird der 17. Februar nicht mehr gefeiert. Die Dabaiba-‚Regierung‘ versucht sich immer noch mit einer Feier auf dem Grünen Platz in Tripolis.
AgenziaNova spricht von einer immer stärker anwachsenden Bedeutung der Gaddafi-Anhänger in ganz Libyen, die den 17. Februar 2011 als große Katastrophe für das Land empfinden.
https://www.agenzianova.com/en/news/Libya%2C-the-eastern-government-declares-the-UN-envoy-persona-non-grata/

Dabaiba-‚Regierung‘ unter Druck

+ Am 17. Februar 2024, Jahrestag des Beginns der Revolte von 2011, erklärte Zinten öffentlich in einer Videobotschaft, dass es die Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis nicht länger anerkennen will, denn diese sei für die sich ständig verschlechternde Lage in Libyen verantwortlich.
Die Honoratioren von Zinten riefen das gesamte libysche Volk dazu auf, sich zu vereinen.
Die Tripolis-Regierung müsse gestürzt und die ausländischen Militärs aus Libyen vertrieben werden. Ein Oberster Rat solle das Land zu freien und fairen Wahlen führen.
https://libyareview.com/41718/zintan-withdraws-support-for-libyas-gnu-3/

+ In der Stadt Zinten forderten Demonstranten die Absetzung der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis. Die Demonstranten trugen Bilder von Abdulhamid Dabaiba sowie von Ali Dabaiba und seinem Sohn Ibrahim Dabaiba bei sich, denen vorgeworfen wurde, korrupt zu sein, Vetternwirtschaft zu betreiben, das libysche Volk zu verraten und eine Normalisierung mit Israel anzustreben.
https://libyareview.com/41938/public-displays-of-dissent-against-government-of-national-unity-in-libyas-zintan/

+ Das Berufungsgericht von Tripolis annullierte das zwischen der Dabaiba-Regierung in Tripolis und der Türkei geschlossene Memorandum of Understanding (MoU) zu Kohlenwasserstoffen.
Die Dabaiba-‚Regierung‘ hatte nie die Befugnis, solch eine weitreichende Vereinbarung ohne die Zustimmung des  Parlaments, das das MoU mit der Türkei vehement ablehnt, zu treffen.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1759625036007080136

+ Parlamentspräsident Agila Saleh untersagte am 20. Februar allen Behörden und Firmen, Gelder der Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis zur Verfügung zu stellen: Namentlich genannt sind u.a.: Libysche Zentralbank, Staatsanwaltschaft, Rechnungsprüfungsbüro, Regulierungsbehörde, Ölkonzerne, Wirtschaftsentwicklungsfonds, Kommunikationsunternehmen.
Als Grund nannte Saleh die rechtswidrige Verschwendung von Mitteln. Die Dabaiba-‚Regierung‘ sei abgelaufen. Jegliche Auszahlung von Mitteln an die Dabaiba-‚Regierung‘ stelle einen Verstoß gegen das Gesetzes Nr. 2 von 1979 über Wirtschaftskriminalität dar.
https://en.alwasat.ly/news/libya/430224

Weiterlesen

Kurznachrichten Libyen – 19.02.2021

Libyen. Stimmen zum 10. Jahrestag des gewaltsamen Umsturzes in Libyen / Dabaiba in Ägypten / AI beschuldigt Milizen Menschenrechtsverbrechen

17. Februar 2011 – zehn Jahre danach

+ 15.02.: Gaddaf ad-Dam. SputnikNews schreibt: „Am Montag jährte sich der Beginn der libyschen ‚Revolution‘ zum zehnten Mal – eine Reihe von Aufständen, die in einer NATO-Intervention und der Aufteilung des Landes in instabile Teilstaaten gipfelten. Ahmed Gaddaf ad-Dam, Cousin und enger Vertrauter des ehemaligen Präsidenten Muammar Gaddafi, erinnerte in einem Exklusivinterview mit Sputnik Arab an die Ereignisse von 2011, die sein Land von einer der wohlhabendsten afrikanischen Nationen in einen gescheiterten Staat verwandelten.“
Gaddaf ad-Dam: >Libyen war keine Bedrohung für den Weltfrieden. Ein Eingreifen solcher Art von Seiten des UN-Sicherheitsrats war nicht gerechtfertigt<“. Er nahm damit Bezug auf die UN-Resolution 1973 von 2011, die einen sofortigen Waffenstillstand forderte und eine Flugverbotszone über Libyen ausrief. Doch selbst diese Resolution sah nicht vor, dass Libyen dermaßen massiv gebombt werden sollte, >mit dieser massiven Menge von Kampfflugzeugen – vierzigtausend Luftangriffe und zehntausende Raketenangriffe<.
https://sputniknews.com/middleeast/202102151082080973-how-it-happened-gaddafis-aide-recalls-origins-of-2011-revolution-that-destroyed-libya/
Am 4. Januar 2011, also wenige Tage vor dem >Aufstand<, lobte ein Bericht des UN-Menschrechtsrats Gaddafis Libyen in den höchsten Tönen: Menschenrechte wurden demnach umfassend garantiert, ganz besonders die Frauenrechte. (Dank für den Hinweis an Fx). Zum Nachlesen:
https://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/docs/16session/A-HRC-16-15.pdf

+ 15.02.: Ahmed Gaddaf-ad-Dam. Der Politiker der Libyschen Nationalen Kampffront, Cousin und Vertrauter Muammar al-Gaddafis, Ahmed Gaddaf ad-Dam, forderte, die Umstände der Ermordung des verstorbenen Oberst Gaddafi offenzulegen und die Verantwortlichen für seinen Tod zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Aggression gegen Libyen 2011 sei eine ungerechtfertigte Aggression gewesen. Auch wenn die damaligen Forderungen der libyschen Jugend vielleicht berechtigt waren, eine ‚Revolution‘ hätten sie – anders als in Tunesien und Ägypten – nicht gerechtfertigt. Die Libyer hätten ein gutes Leben gehabt, das Pro-Kopf-Einkommen sei das höchste in ganz Afrika gewesen. Es habe keinen Grund für eine Revolution gegeben.
Acht Monate lang sei von mit westlichen Ländern verbündeten Kräften versucht worden, Oberst Gaddafi zu töten. Wo immer er auch sein Zelt aufstellte, seien Flugzeugangriffe erfolgt. Als bei Sirte sein Konvoy von Raketen getroffen wurde, sei er noch am Leben gewesen. Seine anschließende Ermordung sei nie vor dem IStGH geahndet worden, obwohl es sich dabei um ein Kriegsverbrechen gehandelt habe. Die Weigerung, die Ermordung des Oberst Gaddafi aufzuklären, bestätige die Heuchelei der internationalen Gemeinschaft und auch die Lügen der in den arabischen Ländern aktiven Menschenrechtsorganisationen.
https://almarsad.co/en/2021/02/16/gaddaf-al-dam-libyan-youth-demands-may-have-been-legitimate-but-did-not-require-a-revolution/

+ 15.02.: SputnikNews:„Vor dem Arabischen Frühling war Libyen das wohlhabendste Land Afrikas, mit dem höchsten Human Development Index (HDI), der niedrigsten Kindersterblichkeit und der höchsten Lebenserwartung auf dem Kontinent. Heute ist Libyen unter mehreren Kriegsparteien aufgeteilt, hat Sklavenmärkte und dient als Hotspot für Migranten und Flüchtlinge, die bereit sind, Leib und Leben zu riskieren, um nach Europa zu gelangen. Trotz seines Reichtums an Energieressourcen sind weite Teile des Landes nach wie vor von Gas, Strom und Wasser abgeschnitten.
Zehn Jahre nach den Protesten in Bengasi im Februar 2011, die schließlich zum Sturz der Gaddafi-Regierung führten und von westlichen Medien als libysche ‚Revolution‘ bezeichnet wurden, reagieren viele Libyer zynisch bezüglich der ‚Früchte‘ der ‚Revolution‘ als da sind Chaos und Unruhen angeht.“
Dazu der libysche Autor Hussein Miftah: „Es gab keine ‚Revolution‘. Das Chaos, in dem wir leben, war nur die Folge der Neuordnung der Region durch externe Akteure. Das ist klar, wenn man sich ansieht, welche Kräfte in unserem Land präsent sind und aus welchem Grund“.
Laut Miftah kontrollieren Ableger der Moslembruderschaft „einen Teil des libyschen Territoriums. Früher hätten sie sich das nicht einmal träumen lassen. Jetzt werden sie von der Türkei unterstützt, die ihnen Geld und Waffen schickt. Sie kooperieren auch mit anderen extremistischen Bewegungen des politischen Islams in Nordafrika und erleben eine wahre Blütezeit“.
Naser Said, der Sprecher der Libyschen Nationalen Volksbewegung, eine Partei, die 2012 von ehemaligen Dschamahirija-Funktionären gegründet wurde, sagte, dass der Aufstand von 2011 Libyen um Jahrzehnte zurückgeworfen hat: „Die Ereignisse haben die Situation im Land auf den Stand der 1950er Jahre zurückgeworfen, als die Libyer ohne Strom, ohne medizinische Versorgung und in Armut leben mussten.“ Die Libyer müssten ihre Unabhängigkeit zurückerobern, auch wenn noch nicht klar sei, wie oder wann dies geschehen kann. „Acht Monate lang dauerte eine offenkundige Militärintervention der NATO. Dies war die größte und längste Militäroperation der Allianz außerhalb ihrer Grenzen nach dem Zweiten Weltkrieg“, mit Ausnahme von Afghanistan. „Heute haben wir weder Staatlichkeit noch Infrastruktur. Hunderttausende libysche Familien wurden aus ihren Häusern vertrieben, ihre Städte und Dörfer zerstört. Tausende von Libyern wurden kaltblütig getötet“.

Weiterlesen